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BTC vs. BCH: Das Beinah-Bitcoin-Armageddon

Stürmisches Wochenende: Französisches Schiff in der irischen See. Bild von "Defence Images" via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Am Wochenende war die Hölle los: Bitcoin Cash stieg auf zwischenzeitlich mehr als 2.000 Dollar, während Bitcoin rapide fiel. Die Bitcoin-Blockchain war derweil so verstopft, dass es kaum mehr möglich war, Bitcoin zu benutzen. Einige Börsen mussten deswegen sogar Bitcoin-Zahlungen suspendieren. Die Rede vom „Cashening“ dürfte jedoch noch verfrüht sein.

Fast unmittelbar, nachdem SegWit2x am Donnerstag abgeblasen wurde, begann das Drama. Praktisch gesehen war der Abbruch der Hardfork eine Richtungsentscheidung:

Wer damit nicht einverstanden ist, so die klare Konsequenz von Donnerstag, soll sich bitte eine andere Kryptowährung suchen. Und genau das geschah von Donnerstag bis Sonntag: Kleine und große Investoren tauschten Bitcoin gegen Bitcoin Cash. Dies kam nicht unerwartet, da Bitcoin Cash mehr oder weniger offen als Backup für ein Scheitern von SegWit2x ins Rennen gegangen war.

Aufgrund der Mining-Mechaniken wurde daraus ein Angriff. Denn sowohl Bitcoin als auch Bitcoin Cash werden durch denselben Algorithmus geschürft, SHA256. Wenn die Miner profitorientiert handeln, schürfen sie den profitableren Coin. Wenn also der Preis von Bitcoin Cash steigt, wird es für alle Miner plötzlich mehr profitabel, Bitcoin Cash anstatt Bitcoin zu minen. Also wandert die Hashpower ab, und die Blockintervalle bei Bitcoin werden größer. Bitcoin wird langsamer.

Preis von Bitcoin Cash im Verlauf einer Woche. Quelle: Bitcoin.de

So geschah es am Wochenende: Der Preis von Bitcoin Cash (BCH) stieg von Donnerstag bis Samstag Vormittag von 530 Euro auf bis zu 1.800 Euro; während Bitcoin (BTC) von 6.400 Euro auf bis zu 4.950 Euro abrutschte. Bitcoin Cash hatte auf den internationalen Märkten das mit Abstand höchste Handelsvolumen aller Kryptowährungen, bei der Wechselstube ShapeShift war der Tausch von Bitcoin gegen Bitcoin Cash das am häufigsten gewählte Wechselpaar. Der Anteil von Bitcoin an der gesamten Marktkapitalisierung der Kryptowährungen fiel von 62 Prozent am Donnerstag auf weniger als 50 Prozent am Samstag.

Der MemPool, dargestellt in Schichten von Gebühren auf der Webseite von Jochen Hoenicke

Das wahre Drama geschah jedoch derweil im MemPool. Bei Bitcoin haben am Donnerstag schon 60.000 Transaktionen darauf gewartet, endlich einen Platz in den Blöcken zu finden. Als dann die Miner zu Bitcoin Cash abwanderten, wurde die Blockchain nicht nur langsamer, sondern verlor, dank des Blocksize-Limits, auch an Kapazität. Auf dem Höhepunkt der Krise arbeiteten mehr als zwei Drittel der Miner an der Cash-Chain, weshalb auf der Bitcoin-Chain zuweilen nur 2 anstatt 6 Blöcke je Stunde gefunden. Die Folge war natürlich, dass der MemPool immer voller wurde. Bei Jochen Hoenickes MemPool-Visualisierung erreichte er gestern mit 147 Megabyte einen Höhepunkt. Dies ist mehr, als Bitcoin an einem ganzen Tag prozessiert.

Die Kosten, eine Transaktion in den nächsten Block zu bekommen, stiegen derweil immer weiter. Zu Stoßzeiten brachten selbst Gebühren von mehr als 1.000 Satoshi je Byte – für eine Standard-Transaktion mehr als 12 Euro – keine Garantie auf eine Bestätigung im nächsten Block. Manche Börsen, etwa die Dollar-Bitcoin-Börse Gemini, wussten sich nicht anders zu helfen, als Ein- und Auszahlungen in Bitcoin vorübergehend auszusetzen; auch ShapeShift suspendierte Bitcoin als Teil von Währungspaaren.

Mittlerweile hat sich die Lage wieder einigermaßen beruhigt. Die Mining-Schwierigkeit von sowohl Bitcoin als auch Bitcoin Cash hat sich angepasst, wodurch es wieder wesentlich profitabler ist, Bitcoin anstatt Bitcoin Cash zu minen. Dementsprechend sind wieder mehr als 90 Prozent der Miner zurück zu BTC gegangen, wodurch die Blöcke bei Bitcoin schneller und bei Cash langsamer gefunden werden. Daher baut sich der MemPool langsam ab; derzeit ist er wieder auf weniger als 120MB gesunken.

Auch die Preise haben sich wieder einigermaßen korrigiert. Bitcoin Cash ist von seinem bisherigen Hoch von 1.800 Euro zurück auf etwa 1.050 Euro gefallen, während Bitcoin wieder bei etwa 5.600 Euro steht.

Ob sich das „Cashening“ damit schon erledigt hat, ob die Wale bereits ihr Pulver verschossen haben, oder ob noch eine neue Welle folgen wird – das kann ich hier bestimmt nicht sagen. Heute am Abend wird Bitcoin Cash eine Hardfork zu einem neuen Difficulty-Algorithmus durchziehen. Dies kann ein entscheidender Moment werden.

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