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EOS: WTF?

Noch nie war eine Blockchain so viel wert, bevor sie überhaupt existiert hat. Das Meisterwerk von Blockchain-Architekt Dan Larimer verspricht, alle Probleme zu lösen, an denen andere Kryptowährungen leiden. Bisher macht es aber vor allem seine Gründer noch reicher. Anfang Juni wird EOS jedoch zeigen, was es leistet.

Bei vielen Kryptowährungen springen die Preise derzeit nach oben. Aber bei keiner so stark wie bei EOS. Allein seit Mitte März hat sich der Wert der gut 840 Millionen EOS-Token mehr als verdreifacht, indem er von etwa 5 auf gut 16 Dollar gestiegen ist. Damit steht EOS im Ranking der Kryptowährungen nach Marktkapitalisierung auf dem vierten Platz. Noch erstaunlicher wird dies, wenn man sich vor Augen führt, dass die Token noch Anfang November 2017 zu etwa 50 cent gehandelt wurde.

Das darf man Performance nennen: Der Kursverlauf von EOS.

Wer rechtzeitig investiert hat, hat seinen Einsatz verdreißigfacht – und das, während es EOS noch gar nicht gibt. Bislang existiert die Währung nämlich lediglich als ERC20-Token auf Ethereum. Was zum …? Wie kommt EOS dazu, das am stärksten gehypte Blockchain-Projekt dieses Jahres zu sein?

Bevor wir zur Technologie kommen, bleiben wir einen Moment bei den Personen hinter EOS stehen. Denn diese sind mindestens genauso interessant. Die angehende Blockchain hat nämlich einige der prominentesten und reichsten Akteure des Ökoystems hinter sich. Zum einen wäre da Dan Larimer, der als Erfinder von BitShares und Steem bereits bewiesen hat, dass er hochskalierbare Blockchains bilden kann. Unterstützt wird er von Brendan Blumer und Brock Pierce von der Investmentgesellschaft Block.one. Alle drei haben einen Platz in der Forbes-Liste der Reichen im Kryptoland inne.

Große Erwartungen

Eine große Rolle dabei, Larimer, Blumer und Pierce zu dreistelligen Millionären oder Milliardären zu machen, hat der Verkauf der EOS-Token gespielt. Der Token-Verkauft läuft sei etwa einem guten dreiviertel Jahr und wird nach 341 Tagen abgeschlossen sein. Dabei werden etwa 900.000 Token verkauft. Schon vor zwei Monaten hatte das Team mehr als zwei Milliarden Dollar eingenommen, was EOS zur erfolgreichsten ICO aller Zeiten macht.

Es scheint die Erwartung da zu sein, dass Dan Larimer mit seinem dritten Anlauf etwas Großes gelingt. Was aber genau möchte EOS erreichen? Das „Epic Operation System“ („episches Betriebssystem“) soll ein dezentrales Betriebssystem für Dapps (dezentrale Anwendungen) werden. Den üblichen Erklärungen zufolge, ob auf Reddit oder Steemit, wird EOS Accounts und Datenbanken haben, es ermöglichen, die User zu identifizieren, und dank verschiedener Verfahren in der Lage sein, auf Millionen von Transaktionen je Sekunde zu skalieren. EOS soll die Plattform für Smart Contracts und dezentrales Computing werden, und nebenbei noch zur Blockchain für alle finanzielle Transaktionen. Der Anspruch ist, alle anderen Kryptowährungen überflüssig zu machen.

EOS soll das Google der Blockchains werden. Darunter geht es offenbar nicht.

Die Technologie

Wie schon BitShares und Steem nutzt EOS das von Larimer entwickelte und auch schon von Lisk benutzte „Delegated Proof of Stake„-Verfahren (DPOS). Dieses ist, so das technische Whitepaper von EOS, „der einzige bekannte dezentrale Konsens-Algorithmus, der erwiesenermaßen in der Lage ist, die für Blockchain-Anwendungen notwendigen Anforderungen an die Performance zu erfüllen.“ Tatsächlich gelang es BitShares und Steemit, mit diesem Verfahren tausende von Transaktionen je Sekunde zu prozessieren, ohne dass die Latenz des Netzwerkes durch die Decke schießt. Zumindest in Testumgebungen. Doch auch im Alltag zeigt sich etwa Steem in der Lage, mit vielen Transaktionen (etwa 1,5 Millionen am Tag) zurechtzukommen

DPOS funktioniert kurz gesagt so, dass die „Community“ eine bestimmte Anzahl an Block-Produzenten – bei EOS sind es 21 an der Zahl – auswählt, die dann Transaktionen und Blöcke verifizieren und die Blockchain fortschreiben. Bei dieser Wahl bekommt jeder Nutzer eine Stimme in Relation zu der Anzahl von Token, die er hält. Man könnte es ein wenig mit dem Konzept der Wahlmänner in den USA vergleichen, mit dem Unterschied, dass es eine kontinuerliche Wahl gibt, bei der die User einen Block-Produzenten jederzeit feuern können, wenn er sich falsch verhält. Für ihre Arbeit werden die Block-Produzenten selbstverständlich durch EOS-Token belohnt. Sie gewährleisten auch, dass EOS eine Art „Regierung“ hat, die beispielsweise Entscheidungen fällt, wie die Software weiter entwickelt wird.

Wie das Whitepaper erklärt, wird EOS ein Account-System haben, das eher an Webseiten als an Blockchains erinnert: Die User werden durch einen Namen oder ein Pseudoym ausgewiesen. Jeder Account-Inhaber kann in verschiedenen Abstufungen bestimmen, welche Rechte zugeteilt werden, wenn andere User mit ihm interagieren. Dies ermöglicht es, den Akteuren im Ökosystem von EOS verschiedene Rollen zuzuweisen, je nachdem, welche Funktion sie in einem durch einen Smart Contract strukturierten Verhältnis ausüben. Auch wird es möglich sein, Guthaben zu bergen, wenn private Schlüssel gestohlen worden sind, oder Accounts einzufrieren, wenn durch diese etwa kriminelle Aktivitäten ausgeführt werden. Beides geschieht durch eine Mehrheitsentscheidung der Block-Produzenten.

Eine Vielzahl an Skripten sowie eine virtuelle Machine sorgen dafür, dass auf EOS so gut wie jeder denkbare Smart Contract ausgeführt werden kann. Damit tritt das Projekt in direkte Konkurrenz zu Ethereum — noch während es ausschließlich als Token auf der Ethereum-Blockchain existiert.

Um auf Tausende, oder gar Millionen von Transaktionen (so die Darstellung von EOS) zu kommen, setzt das Projekt auf mehrere Konzepte. Zum einen geht man davon aus, dass die 21 Blockproduzenten eine ausreichend gute Hardware haben, um die Datenlast zu bewältigen. Weiter wird die Datenverarbeitung bei EOS massiv parallelisiert. Vor allem aber soll EOS ein Universum aus Sidechains aufbauen, die man mit demselben Token verwenden kann.

Die regierbare Blockchain

EOS plant, eine beherrschbare Blockhain zu bilden. Eine Kryptowährung, die aristokratisch verwaltet wird, indem die 21 Block-Produzenten weitgehende Rechte haben, in die finanziellen und anderen Interaktionen einzugreifen. Die Unabänderlichkeit, die wir von Bitcoin und auch von Ethereum kennen – zumindest sind Änderungen bei Ethereum mittlerweile extrem schwierig – wird von EOS ebensowenig angestrebt wie die Erlaubnisfreiheit, die jeder Adresse bei Bitcoin oder Ethereum dieselben Rechte gibt.

EOS ist, anders ausgedrückt, der Versuch, den Regierungen dieser Welt eine Blockchain schmackhaft zu machen. EOS bietet einige der Vorteile von Blockchains – Transparenz, Dezentralität, Offenheit – ohne den Kontrollverlust zu übernehmen, den viele Regierungen von Blockchains befürchten. Ich persönlich finde das relativ langweilig, weil EOS zwei der spannendsten Aspekte von Blockchains – die Erlaubnisfreiheit und die Unveränderlichkeit – einfach aufgibt, und das, was eine Kryptowährung nicht haben sollte, wieder einführt: eine Regierung.

Aber bei vielen anderen kommt EOS offenbar gut an. So hat etwa Bitfinex bereits zugesagt, eine dezentrale Börse auf Basis von EOS bilden zu wollen (EOSFINEX), und der große Hersteller von Bitcoin-Mining-Hardware Bitmain bewirbt sich bereits auf eine Stelle als Block-Produzent. Daneben gibt es zahlreiche weitere Projekte, die vorhaben, die EOS-Blockchain zu verwenden.

Noch gibt es diese jedoch noch nicht einmal offiziell, auch wenn sie bereits als Testnetz existiert. Anfang Juni jedoch soll EOS offiziell live gehen. Dann wird man sehen, ob das Projekt die hohen Erwartungen erfüllen wird.

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