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Twitter-Alternative Gab.com: Mit Bitcoin gegen die Finanz-Blockaden

"Pioneer" by Mary Ann Clarke Scott from flickr.com. Lizenz nach Creative Commons 2.0

Gab.com ist eine Alternative für Twitter, die vor allem von Vertretern fragwürdiger, nach rechtsextrem neigender Meinungen genutzt wird. Seit einiger Zeit wird die Plattform zunehmend von Zahlungsdienstleistern geblockt. Bitcoin ist für sie ein Befreiungsschlag.

Lasst uns über Gab.com reden. Die Plattform wurde 2016 als Alternative zu Twitter gegründet, die die freie Meinungsäußerung schützt. Viele Menschen, die bei Twitter rausgeflogen sind, weil sie eine falsche Meinung vertreten haben, sind seitdem zu Gab.com ausgewandert.

Meinungsfreiheit kann auch hässlich sein

Dass eine Meinung zensiert wird, bedeutet nicht automatisch, dass sie besonders wertvoll ist. Im Gegenteil. Gab.com wurde rasch zum Sammelbecken der amerikanischen Alt-Rights, also der neuen Rechten, etwa Alex Jones vom Daily Stormer oder Milo Yiannopolous. Ein Blick auf die Posts im Bereich „Politics“ zeigt das übliche Einerlei: Gegen Muslime, Flüchtlinge, Homosexuelle und Feministen, für die Volkskultur, Todesstrafe, den ach so diskriminierten weißen Mann, das Recht, Muslime zu beleidigen und Waffen zu tragen. Undsoweiter.

Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, würde ich sagen, auf Gab.com tummelt sich der Zorn des weißen Mannes der 70er, der nicht damit klar kommt, dass sich die Welt geändert hat. Ist aber nur mein Eindruck, und mir ist klar, dass es gute Gründe dafür gibt, konservativ zu sein, und dass Meinungen ein Spektrum sind, das von moderat bis extrem reicht.

https://twitter.com/getongab/status/1082826929751744512

Seit einigen Monaten steht Gab.com nun zunehmend unter Druck. Auslöser war, dass der Attentäter von Pittsburgh, der in einer Synagoge mindestens 11 Menschen getötet hatte, auch Nutzer von Gab.com war und dort seine jämmerlich-grausige Tat mehr oder weniger explizit angekündigt hat. Seitdem weigern sich mehr und mehr Firmen, mit Gab.com zusammenzuarbeiten. Neben Webhostern sind es vor allem Zahlungsprovider, darunter Stripe, Sqare und PayPal.

Gab.com soll finanziell ausgetrocknet werden. Um dennoch Einnahmen mit einem „Upgrade“ des Accounts zu generieren, das zusätzliche Optionen freischaltet, ist Gab schon seit einiger Zeit vollständig auf Bitcoin-Zahlungen sowie Geldsendungen per Post umgestiegen. Vor kurzem haben aber auch der Zahlungsdienstleister BitPay, und schließlich Coinbase – zugleich Zahlungsdienstleister und Börse – die Accounts von Gab.com gesperrt.

https://twitter.com/getongab/status/1082815918764261376

Zensur: Pro und Contra

Man muss eine Meinung nicht mögen, um ihr Recht auf Meinungsfreiheit zu unterstützen. Gab.com spricht eine bestimmte Schicht von Menschen an, die in unserer Zeit offenbar das starke Gefühl hat, dass in der Gesellschaft etwas schiefläuft. Sie leiden darunter, dass in Wirtschaft und Politik scheinbar eine Geisteshaltung die Oberhand gewonnen hat, die ihnne zu links, weich, feministisch, asylfreundlich, tolerant, sozialistisch, grün und verkopft ist. Die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten zeigt besser als alles andere, wie breit die Ablehnung dieser als elitär wahrgenommenen Haltung ist.

Hilft es, solche Meinungen zu zensieren, indem man Plattformen wie Gab.com den Geldhahn zudreht? Vielleicht schon. Das Internet ist ein Schlachteld der Propaganda, auf dem wenige skrupellose Personen es schaffen, durch zielgerichtetes Trollen mit Sockenpuppen Massen zu beeinflussen und die Demokratie zu unterminieren. Es könnte sinnvoll sein, die Reichweite der Manipulation von Meinungen zu begrenzen, indem man die Kanäle kontrolliert. Zumindest kann man hoffen, damit Flächenbrände zu verhindern.

Es könnte aber auch sein, dass Zensur alles nur noch schlimmer macht: dass wichtige Diskussionen blockiert werden, sich bestimmte Gruppen radikalisieren, weil sie sich zensiert fühlen, und der offene Meinungsaustausch in einer Demokratie dadurch ersetzt wird, dass alle sich nur noch in ihren Filterblasen gegenseitig bestätigen. In Deutschland sieht man, was passiert, wenn die großen Medien rechtskonservative Meinungen ignorieren und belächeln – die entsprechende Zielgruppe wandert auf Medien aus, die auf journalistische und ethische Standards pfeifen, um ihre Zielgruppe in dem zu bestätigen, was sie ohnehin schon denken.

Wenn man Meinungen zensiert, gibt man sie und ihre Vertreter auf und überlässt sie oft Extremismus und Verschwörungstheorien.

Die Welt in der wir leben

Ob man es nun gut findet oder schlecht – mit Bitcoin hat Gab.com eine Möglichkeit, trotz der Blockade durch Zahlungsdienstleister Geld einzunehmen.  Das ist eine Tatsache, die man hinnehmen muss. Bitcoin verhindert es, dass man unbeliebte Meinungen – und auch Propaganda – durch Finanzblockaden verhindert. Das ist die Welt, in der wir heute leben.

Da Coinbase und BitPay nicht mehr funktionieren, benutzt Gap.com den BTCPay Server, eine Open-Source-Alternative. Um sie zu verwenden, benötigt man einen Full Node, an den die Software andockt, um ein ähnliches Checkout zu generieren wie BitPay. Die Händler, die dieses Tool benutzen, empfangen natürlich Bitcoins und nicht, wie oft bei BitPay, Euro oder Dollar.

https://twitter.com/getongab/status/1082865040405934080

BTCPay unterstützt neben Bitcoin auch Lightning- sowie Litecoin-Transaktionen. Bislang hat Gab.com jedoch nur Bitcoin und Litecoin freigeschaltet. Lightning fehlt noch. Eventuell, weil sie erst noch einen Lightning-Node aufsetzen müssen, eventuell, weil sie noch nicht genau wissen, wie sie ausreichend eingehende Liquidität erhalten können. Aber Gab.com ist offenbar zuversichtlich, dies hinzukriegen, und preist Lightning auf Twitter an:

https://twitter.com/getongab/status/1081653842570227713

Wenn man das so liest, könnte man meinen, dass Gab.com zum Bitcoin-Maximalismus neigt: Nur Bitcoin ist das einzig echte wahre, während alle Altcoins Shitcoins oder Scamcoins sind.

Auch das muss man nicht gut finden, um anzuerkennen, dass es eine Meinung ist – und dass niemand daran gehindert werden kann, sie auszusprechen. Das ist nun mal die Welt, in der wir leben.

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