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Das Metanet von Bitcoin SV: Genial – oder doch nur wahnsinnig?

X marks the spot. Bild von Matteo Garza via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Bitcoin SV baut sich sein eigenes Internet in die Blockchain. Das sogenannte „Metanet“ soll nicht nur Geld, sondern auch das Internet neu erfinden. Hinter den Schlagwörtern findet man eine emsige Schar von Entwicklern, die daran arbeiten, dies zu verwirklichen. Noch nie war es so einfach, Dateien auf die Blockchain zu laden – und selten war es so verwirrend, über Blockchain nachzudenken.

Ich habe mich in den letzten Wochen ein wenig damit beschäftigt, was Bitcoin SV (BSV) derzeit mit dem sogenannten „Metanet“ aufbaut. Mir ist klar, dass der eine oder andere Leser kein Interesse an BSV hat und es wegen einer bestimmten Person, die einen starken Einfluss auf BSV hat, sogar verabscheut. Daher habe ich gezögert, überhaupt darüber zu schreiben. Aber es wäre auch sinnlos, für mich zu behalten, was ich erfahren habe.

Also: Bitcoin SV ist der jüngste Coin im Portfolio der auf Bitcoin.de gehandelten Coins. BSV enstand aus der Hardfork von Bitcoin Cash im November; im Selbstverständnis seiner Fans ist BSV der einzig wahre Bitcoin. Craig Wright, der selbsternannte Satoshi, gilt hier unter ihnen nicht wie ansonsten fast überall als Betrüger, sondern als der echte Erfinder von Bitcoin. Seine Firma, nChain, entwickelt den BSV-Client, der die Stütze des Netzwerks ist.

So wenig Handelsvolumen, dass es nicht einmal für einen vernünftigen 48-Stunden-Chart reicht. Quelle: Bitcoin.de

Der üble Leumund von Craigh Wright färbt auf den Ruf von Bitcoin SV ab. Nachdem wichtige Teile des Ökosystems von Bitcoin Cash, etwa BitPay oder Bitcoin.com, auf der BCH-Seite geblieben sind, dümpelt der Kurs von Bitcoin SV vor sich her, in der Tendenz eher ab- als aufwärts. Das Transaktionsvolumen ist gering, die Nachfrage nach BSV-Trades ist auf dem Marktplatz von Bitcoin.de minimal.

Das Werk zweier Entwickler

Gleichzeitig passiert etwas einigermaßen interessantes auf Bitcoin SV: Das Metanet breitet sich aus. Craig Wright hat den Begriff bei einer Präsentation auf der CoinGeek-Konferenz letzten November geprägt; er meinte damit – soweit man ihn deuten kann — dass Bitcoin nicht nur ein Transaktionsmittel ist, sondern ein „Internet auf einer Blockchain“. Ein Metanet, das durch Transaktionen verknüpft ist und dessen Inhalte unlöschbar, unveränderbar und durch Hashes validierbar sind. Das Metanet bedient all das, was unter dem Stichwort „Blockchain-Technologie“ versprochen wird, und bindet es in den Maximalismus des „wahren“ Bitcoins ein. Alles, wirklich alles, geht auf die Blockchain. Oder so.

Während Craig Wright damit beschäftigt ist, jede Idee zu patentieren, die ihm in den Sinn kommt, haben vor allem zwei Akteure im BSV-Ökosystem begonnen, seine Vision zu verwirklichen: Steven Shadders und _unwriter.

Shadders, der Leitentwickler bei nChain ist, hat das Limit für opreturn-Transaktionen von 220 Bytes auf 100 Kilobytes erhöht und die Mining-Pools überzeugt, dieses neue Limit zu übernehmen. Damit wurde es plötzlich möglich, per opreturn lange Nachrichten oder gar Bilder auf die Blockchain hochzuladen, wo sie von jedem Full Node gespeichert und bei Bedarf verbreitet werden.

Noch wichtiger dürfte der Beitrag des anonymen Entwicklers Unwriter sein. Er schafft die Tools, um Daten auf die Blockchain zu bringen und dort zu lesen. Sein BitDB-Node sortiert Bitcoin-Transaktionen in eine andere Datenbank – ich glaube, Mongo – um sie sortieren, zerlegen und besser abrufen zu können. Auf Basis von BitDB laufen zahlreiche weitere Werkzeuge: das Planaria-Universum von individualisierten BitDB-Nodes, ein Bitcom-Protokoll, durch das onchain-Dateien definieren, wie andere Daten zu entschlüsseln und zu verbinden sind, das b://- und c://-Protokoll, der Datapay-Mechanismus, um Daten hochzuladen, der Bottle-Browser und mehr. Der Ausstoß von Unwriter ist bei Bitcoin SV bereits jetzt legendär, es ist kaum möglich, Schritt zu halten, selbst wenn man nahe dran bleibt.

Elementare Werkzeuge

Die für die User wichtigsten Werkzeuge sind jedoch Seiten wie BitcoinFiles, Bitco.Media und Bitpaste.app, mit denen man Daten auf die BSV-Blockchain hochladen und durch die Transaktions-ID abrufen kann. Mit add.bico ist es sogar möglich, wesentlich größere Dateien abzuspeichern, indem man ein Protokoll (Bitcom) benutzt, das definiert, aus welchen Transaktionen die Datei in welcher Reihenfolge aufgebaut wird.

Das zweite wichtige Werkzeug ist MoneyButton. Das ist eine Webwallet auf der einen, und ein Button auf der anderen Seite, durch den eine Webseite eine mit einem Klick ausführbare Transaktion aufrufen kann. In der Praxis ist man bei MoneyButton eingeloggt und drückt einen Knopf, um eine Transaktion auszulösen, mit der man per op_return eine Datei abspeichert. Da die Transaktion vom Server – also MoneyButton – produziert wird, bekommt der User von der ganzen Komplexität dahinter nichts mit. Er drückt einfach einen Knopf.

Diese Entwicklung führte erwartbarerweise dazu, dass die Größe der Blöcke von Bitcoin SV seit einigen Wochen immer weiter ansteigt. Klar – wenn man Dateien mit einer Größe von mehreren Megabyte hochladen kann, werden die Blöcke rasch groß. Seit Anfang März ist die Blocksize auf BSV konstant größer als auf BCH; am vergangenen Wochenende hat sie auch die von Bitcoin für einige Zeit überholt.

Ist es der Beginn von etwas großem – oder nur eine Ablenkung davon, dass BSV es nicht geschafft hat, Bitcoin Cash als wichtigsten „Big Block Bitcoin“ abzulösen? Wir schauen uns an, was genau los ist, so dass sich jeder seine eigene Meinung bilden kann.

Opreturn

Um zumindest im Ansatz zu verstehen, was hier technisch passiert, sollte man das Transaktionsskript op_return kennen. Diese Skript schafft in einer Transaktion einen nicht ausgebbaren Output – der Befehl gibt ein „fail“ zurück – der eine gewisse Menge an Daten enthalten kann. Bei Bitcoin (BTC) sind diese Daten maximal 80 Byte groß, bei Bitcoin Cash (BCH) 220 Byte, und bei Bitcoin SV (BSV) 100 Kilobyte. Opreturn ist eine beliebte Methode, um Daten in die Bitcoin-Blockchain (BTC) zu bringen. Laut Statistik gibt es bereist 17 Millionen opreturn-Outputs auf Bitcoin (BTC). Einer der stärksten Verursacher dieser Outputs ist Veriblock, eine Plattform, die versucht, ein Netz von Blockchains durch Bitcoin-Transaktionen zu sichern.

Op-Return hat den starken Vorteil, dass man die Daten „prunen“, also wieder löschen kann. Sollten sie einmal überhand nehmen, kann ein Full Node sie relativ einfach als Ganzes von seiner Festplatte werfen, ohne dass er dabei aus dem Konsens ausschert. Es ist auch möglich, nur die Op-Return-Inhalte zu löschen, aber weiterhin das volle Set aller Transaktionen zu behalten. Dies macht Op-Return weniger schädlich für die Infrastruktur einer Blockchain, was auch der Grund war, weshalb die Core-Entwickler es eingeführt haben: Leute, die unbedingt Daten auf der Blockchain speichern wollen, sollen dies nicht über das UTXO-Set machen – was einen sehr viel nachhaltigeren Schaden anrichtet – sondern über die Op-Returns.

Die Datenlimits sind an sich keine Konsens-Regel, aber die meisten Nodes und Miner beschränken sie aufgrund lokaler Einstellungen. Alles, was Shadders also gemacht hat, war, dieses lokale Limit bei einem Pool aufzulösen. Der Rest passierte dann mehr oder weniger von selbst.

Macht es überhaupt Sinn?

Über keine Sache dürften die Meinungen so weit auseinander gehen wie über diese Frage. Die Entwickler von Bitcoin, Core, sind strikt gegen die Nutzung von Bitcoin als Datenspeicher. Für sie ist dies kein Feature, sondern ein Angriff, mit dem sie allerdings wegen des geringen Limits für Op-Returns einigermaßen leben können. Bitcoin ist ein Transaktionssystem für dezentrales digitales Bargeld; alles, was darüber hinausgeht, ist Spam und sollte eher verhindert werden. Auch die Entwickler von Bitcoin Cash teilen diese Sichtweise, zumindest im Groben. So gesehen ist das, was Bitcoin SV derzeit macht, kollektiver Selbstmord.

Bei Bitcoin SV sieht man es erwartungsgemäß anders. Hier gilt, dass es keine schlechten Transaktionen gibt. Alles, was die Blockchain benutzt, soll gefördert werden; wenn Bitcoin nicht onchain skaliert, so die Ansicht, wird es scheitern. Schließlich werden die Miner in Zukunft, wenn der Blockreward ausläuft, davon abhängig sein, an den Gebühren einer großen Menge Transaktionen zu verdienen. Vermutlich wäre es auch der Bitcoin-SV-Szene lieber, wenn ihre Blockchain für eine große Menge rein finanzieller Transaktionen genutzt werden würde. Aber dies passiert nicht, und es gibt wenig Hinweise darauf, dass dies in naher Zukunft passieren wird. Daher könnte es eine strategisch nicht ganz verkehrte Entscheidung sein, die Blockchain auf Teufel komm‘ raus groß zu machen – und selbst dann, wenn man seine Urlaubsfotos in hoher Auflösung auf sie lädt.

Zudem schafft Bitcoin SV mit „Blockspace“ und dem „Metanet“ ein eigenes Produkt, dass man nur für Bitcoin SV kaufen kann. Das könnte strategisch sinnvoller sein, als darauf zu warten, dass andere die Blockchain als reines Zahlungsmittel für andere Dinge verwenden.

Was bedeutet es, Daten auf der Blockchain abzuspeichern?

Günstig, so viel ist klar, sind die Daten onchain schon mal nicht. Wenn man je Byte 1BSV-Satoshi bezahlt, kostet ein Megabyte 0,01 Bitcoin SV, also knapp 60 Cent. Bei gewöhnlichen Festplatten liegt der Preis je Megabyte bei 2 Cent, bei zeitlich begrenzten Cloud-Speichern noch einmal deutlich tiefer. Was also, außer viel Geld für wenig Speicher zu bezahlen, soll man davon haben, Daten auf die BSV-Blockchain zu laden?

Unveränderbarkeit

Zum einen sind die Daten unveränderlich und bleiben so lange bestehen, wie BSV besteht (auch wenn es denkbar ist, dass Op-Return-Daten einmal von den Nodes gelöscht werden). Demnach ist man nicht vom Cloud-Provider oder der Fortexistenz einer Festplatte oder eines anderen Datenspeichers abhängig, um auf abgespeicherte Daten in Zukunft zuzugreifen. Das macht das „Metanet“ zu einer alternativen Backup-Methode für wichtige Dateien.

Man könnte etwa darüber nachdenken, Daten des öffentlichen Interesses auf die Blockchain auszulagern, beispielsweise Dokumente des Bundestags, wichtige historische Quellen, Staatsverträge, Teile des kulturellen Erbes und so weiter. Es wäre vorstellbar, dass die BSV-Blockchain zu einer Art digitalen Bibliothek wird, die das Erbe der Menschheit bewahrt und verhindert, dass wir durch das „digitale Vergessen“ als eine dunkle Epoche in die Geschichte eingehen.

Gleichzeitig ist es auch ziemlich gruselig, Daten an die Blockchain hochzuladen. Man macht es ja nicht anonym, sondern mit einer Bitcoin-SV-Adresse, und wenn man etwas falsches macht, gibt es keine Möglichkeit, den Fehler auszubügeln. Was auf der chain ist, bleibt auf der Chain. Es wäre ein Horror, damit mein Blog zu führen, wenn ich Fehler nicht korrigieren kann; wenn ich gar an Aussagen denke, die juristische Folgen haben können, wird es verheerend. Ich habe auch darüber nachgedacht, manche pdfs oder papers, die ich gesammelt habe, als Backup, hochzuladen. Oder Musikdateien.

Aber ich lasse es. Die Urheberrechtslage ist nicht klar; selbst bei digitalisierten Büchern, deren Autoren vor mehr als 100 Jahre gestorben sind, kann es sein, dass derjenige, der das Werk eingescannt hat, eine Form von Urheberrecht hat. Das in der Cloud oder auf der eigenen Webseite zu speichern, ist nicht so wild, weil man es im schlimmsten Fall wieder löschen kann. Auf der Blockchain kann man es aber nicht löschen. Es gibt keinen Reload. Das, was einmal onchain ist, wird – so zumindest der Plan – für alle Zeiten von jedem abrufbar sein.

Physische Ereignisse sind endgültig. Was in der materiellen Welt geschehen ist, ist geschehen. Es gibt kein strg+z und kein neu laden. Informationen im Internet zu veröffentlichen, ist ein wenig wie ein Computerspiel: Wenn man versagt, lädt man neu. Auf der Blockchain dagegen ist Information wie früher, als sie in Stein gemeisselt, von Hand abgeschrieben oder als Zeitung gedruckt wurde: Sobald das physische Ereignis – die Produktion des Mediums – abgeschlossen ist, gibt es kein Zurück mehr. Das zwingt zu Sorgfalt und Akribie.

Zur gleichen Zeit gibt es auf der Blockchain auch keine endgültige Anonymität. Im Internet ist es nicht so schwer, eine Nachricht oder Datei anonym zu teilen. Auf der Blockchain geht das nicht. Der Urheber eines Uploads muss im Zweifel auch dazu stehen, es getan zu haben.

Serverlose Webseiten und ein Internet ohne IP-Adressen

Etwas verwirrender, aber nicht weniger interessant ist ein zweiter Aspekt: Daten auf der Blockchain sind „Webseiten ohne Server“. Sie sind keiner IP-Adresse zugeordnet, die auf eine spezifische, physische Festplatte im Irgendwo hindeutet, sondern der ID einer Transaktion. Im Idealfall kann ein Node – oder ein Lightnode – direkt auf diese zugreifen, indem er sich mit dem Bitcoin-Netzwerk verbindet. Das Metanet bricht die Struktur des Internets auf.

Dass es die Transaktions-ID ist, über die Daten adressiert werden, anstatt einer IP-Adresse, hat einen bemerkenswerten Effekt: Die ID einer Transaktion ist ihr Hash. Ein User kann daher prüfen, ob die Nachtricht korrekt ist, indem er selbst den Hash berechnet.

Abseits des praktischen Nutzens ist das eine interessante Idee. Die Miner oder Full Nodes werden mächtige Knoten im Metanet, sie sind die Datentürme, von denen die anderen ihre Informationen abrufen. Ich habe keine Ahnung, ob das überhaupt viel Sinn ergibt, aber es klingt nach etwas, über das Nachzudenken Spaß macht. Wie werden sie Geld verdienen? Werden sie die Informationen kostenlos hergeben, oder werden sie sie unter Verschluss halten? Wird der Datentausch effizienter, weil er nicht mehr über IP-Adressen geroutet wird? Wird er auch privater, weil er vom physischen Ort entkoppelt ist? Und so weiter.

Praktischer gesehen wird es etwa vorstellbar, dass die Infrastruktur der Software-Entwicklung – Hilfsprogramme, Bibliotheken für die verschiedenen Sprachen, Skripte, Frameworks und so weiter – nicht mehr von einem Server geladen werden müssen, sondern als Teil des Metanets von Grund auf existieren. Keine Abhängigkeit davon, dass der Server sie weiter bereitstellt, kein Risiko, dass sich das Skript ändert und so weiter. Analog zum Archiv des menschlichen Wissens gibt es ein Archiv des Wissens von Software.

Generelle IT-Werkzeuge könnten auf der Blockchain öffentlich zugänglich sein. Ich denke hier natürlich an eine Bitcoin-Wallet, die man an sich, mit Javascript und einem Passwort, auf der Blockchain abspeichern könnte. Prinzipiell könnte man diese Idee so weit treiben, dass einmal in ferner Zukunft ganze Betriebssysteme auf der Blockchain liegen.

Ist das nicht Wahnsinn?

Doch, das ist es. Definitiv. Am vergangenen Wochenende haben einige User – vermutlich nicht mal zehn – größere Dateien auf die BSV-Blockchain geladen, um einen spontanen „Stresstest“ zu veranstalten. Das allein hat bereits Blöcke von Größen von gerne 20 bis 30 Megabyte verursacht. In dieser Woche hat Ryan X. Charles von MoneyButton sich vorgenommen, ein Gigabyte an Bildern onchain zu bringen. Er hat es nicht geschafft, weil er sein eigenes System, MoneyButton, mit der Menge an Daten überflutet hat. Aber es gab auch mehrere Blöcke mit einer Größe von mehr als 50 Megabyte, und, erst heute Nacht: 113 Megabyte.

Was passiert nun, wenn das Tausende machen, so wie auf Twitter oder Instagram? Das weltweite Datenvolumen betrug 2017 23 Zettabyte; bis 2015 soll es auf 175 Zettabyte anschwellen. Ein Zettabyte sind eine Milliarde Terabyte, was üblicherweise der Platz ist, den eine moderne Festplatte hat. Aber natürlich muss man nicht vom weltweiten Datenvolumen ausgehen. Das umfasst so viele Doppelungen, weil so viele Informationen gleichzeitig an so vielen Stellen gespeichert werden, und wie wir oben gesehen haben, ist der Druck, nur vollendete und rechtlich einwandfreie Daten hochzuladen, im Metanet sehr viel größer als im Internet.

Wahnsinn ist es dennoch. Nehmen wir, um klein anzufangen, das digitale Archiv von Bayern. Es umfasst rund 950 Terabyte und wird im Supercomputer-Center des Münchner Leipnitz-Centers gespeichert und gewartet. Es wäre ohne Zweifel nett, wenn das Archiv auf einer Blockchain wäre, anstatt von einem Supercomputer-Center abhängig zu sein. 900 Terabyte entsprechen 900 handelsüblichen Festplatten, oder 9 der bisher größten Festplatten (Stand 2018).

Es wäre zum derzeitigen Zeitpunkt vermutlich absolut unmöglich, einen Full Node zu betreiben, der alle digitalisierten historischen Dokumente Bayerns speichert. Und Bayern ist nur ein Bundesland eines einzigen Staates, und die historischen Quellen nur ein Bruchteil der Daten, die entstehen. Eine Blockchain kann nicht alles speichern, sondern nur einen winzigen Bruchteil, und selbst dies wird ihr extrem viel abverlangen.

Szenarien

Es gibt mehrere Ideen, wie es dennoch Sinn ergibt: Zum einen, weil nicht alles hochgeladen wird. Natürlich. Das hatten wir ja schon. Keine Exabyte an raubkopierten Filmen und Daten, keine Datenberge, die zu unwichtig sind, um eine Upload-Gebühr zu bezahlen, keine Datenbanken, die man privat halten will, uns so weiter. Am Ende entscheidet der Markt, für welche Daten es Sinn ergibt, ins Metanet zu gehen. Vielleicht werden es auch viel weniger sein, als erwartet; und wenn die Infrastruktur unter der Masse bröckelt, können die Miner immer noch das Volumen kappen, um einen Gebührendruck zu erzwingen.

Es wäre also denkbar, dass die Full Nodes gar nicht so groß werden, wie befürchtet. Anstatt aller digitalen Dokumente werden nur Schlüsseldokumente in Reinform abgespeichert, während die anderen indiziert und gehasht werden, um ein Beispiel zu haben.

Zum anderen könnte man spekulieren, ob es nicht doch eine natürliche Form der Datenteilung geben wird: Full Nodes, die nur einen Teil der Daten speichern. Man könnte sich Spezialisten für historische Daten, politische Dokumente, Bilder, Software-Programme und so weiter vorstellen, die einmal Geld dafür verlangen werden, dass jemand die Daten abruft. In letzter Instanz führt dies, um das Szenario weiter zu spinnen, dazu, dass die Miner oder Full Nodes zu etwas ähnlichem wie Internet-Provider werden, die Daten vielleicht nicht nach räumlichen, sondern nach thematischen Aspekten weiterleiten. Dies natürlich wird in Konsequenz nicht so viel am heutigen Modell der isolierten Server ändern, weil dann der Erhalt der Daten wieder von einer – oder wenigen – Instanzen abhängig sein wird.

Aber natürlich gibt es noch ein gigantisches Problem: Der initiale Download der Blockchain. Dieser dauert bereits jetzt, bei etwa 180 Gigabyte, gerne mal einige Tage. Das wird schon bei einigen Terabyte vertrackst, bei Exabyte nahezu unmöglich, und mit Größen von Petabytes zum Jahrhundertprojekt. Selbst wenn jemand in der Lage ist, solche Datenmengen durch eine Leitung zu ziehen, wird es irrsinnig aufwändig, die Blockchain von vorne bis hinten zu validieren. Sollte darauf weithin verzichtet werden, könnten die „Provider von Blockchains“ die Inhalte von Op-Returns verfälschen. Und wenn es nicht mehr unveränderbar ist – was wäre es dann noch wert, sie auf einer blockchain anstatt in der Cloud abzuspeichern?

(Irgend-)ein Fazit

Es ist schwer, ein Fazit über etwas zu schreiben, das erst begonnen hat. Verzweiflung, Unsinn oder Genie? Um etwas zu konstatieren, das auch nur im Ansatz ein Fazit ist, muss man warten, wie es weitergeht. Hat die Welt überhaupt ein Interesse an Blockchain-Speicher? Werden die Metanet-Entwickler sinnvolle Strukturen für das Blockchain-Internet entwerfen und umsetzen können? Wird es an rechtlichen Problemen scheitern? Wird die Datenlast die technologische Infrastruktur zerquetschen?

All das ist, ohne Zweifel, ein Experiment – und zwar eines, das mit der eigentlichen Idee von P2P-Cash zunächst gar nicht so viel zu tun hat. Für diejenigen, die allerdings an „Blockchain“ an sich interessiert sind, könnte Bitcoin SV einen Blick wert sein. Wenn es darum geht, Daten auf eine Blockchain zu bringen, gibt es derzeit kein vergleichbares Werkzeug.

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