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„Die meisten Bitcoiner wollen das lieber nicht hören …“

Da grinst der Kürbis-Meckel. Bild von BenGrantham via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Unser Kommentator Paul Janowitz schreibt in einem Gastartikel über den Aufstieg von Monero zur Währung der Wahl im Darknet – und wie es geschehen konnte, dass der Altcoin Bitcoin hier den Wind aus den Segel nahm.

Die erste kommerzielle Anwendung Bitcoins war die Silkroad Anfang 2011. Die meisten Bitcoiner wollen das heute lieber nicht hören. Aber es ist so.

Die Silk Road war ein Darknet-Marktplatz. Man kann sich das wie ein eBay ohne Zensur vorstellen. Verkauft wurden vor allem Drogen, als Zahlungsmittel wurde ausschließlich Bitcoin akzeptiert. Damit bestand erstmals eine reale Nachfrage nach Bitcoin, was wahrscheinlich die Rally im Frühjahr 2011 auslöste, die den Kurs auf damals sagenhafte 30 Dollar trieb.

Etwas mehr als 2 Jahre später wurde die Silkroad im Oktober 2013 von den US Behörden geschlossen und Ross Ulbricht als mutmaßlicher Betreiber aka „Dread Pirate Roberts“ festgenommen. Doch wie bei einer Hydra, der für jeden Kopf, der abgeschlagen wird, zehn neue wachsen, entstanden etliche neue Marktplätze, die den Platz der Silkroad ausfüllten.

Alphabay und White House Market

Nach einigen Jahren etablierte sich Alphabay als zuverlässiger neuer Top-Marktplatz. Der Umsatz übertrumpfte den der Silk Road laut Ermittlungen um mindestens das 10-fache. Am Anfang akzeptierte Alphabay wie Silkroad nur Bitcoin. Später jedoch integrierte der Marktplatz Monero und riet sogar allen Usern aus Sicherheitsgründen dazu, diese Währung statt Bitcoin zu nutzen.

Bitcoin blieb allerdings bis zum Shutdown Mitte 2017 die dominierende Zahlungsmethode auf Alphabay. Zu dieser Zeit gab es unzählige andere Marktplätze wie Agora, Osiris, Atlantis, Evolution, Hansa, Hydra, Sheep, usw. Diese waren aber mehr oder weniger Klone der Silk Road ohne echte Verbesserungen. Viele von ihnen haben nach einigen erfolgreichen Monaten einen Exit-Scam abgezogen, indem sie die Userguthaben gestohlen haben und offline gegangen sind.

Nach Alphabay setzte sich ab Anfang 2019 der White House Market (WHM) durch. Er glänzte durch Kompetenz in Sachen Privatsphäre und Sicherheit. Die Verschlüsselung von Nachrichten mit PGP/GPG wurde erzwungen, JavaScript im Torbrowser nicht erlaubt – und als Zahlungsmethode war nur noch Monero gestattet.

Bitcoin war anfangs noch über einen Swap-Dienst möglich, wurde später aber komplett unterbunden. Trotz der extrem restriktiven Regeln wurde WHM zum größten Marktplatz im Darknet. Nach etwa 1,5 Jahren schlossen ihn die Gründer, ausnahmsweise ohne Exist Scam. Jeder User hatte einige Wochen Zeit, seine Wallet zu transferieren. Die Besitzer sagten, sie hatten genug verdient, um die Seite vom Netz zu nehmen.

Der White House Market hat eine große Lücke hinterlassen, vor allem hinsichtlich der Sicherheit der Nutzer. Die nachfolgenden Marktplätze waren beim Messaging und bei JavaScript viel weniger restriktiv. Allerdings ließen auch sie als Zahlungsmittel in der Regel nur Monero zu.

Die Zeitenwende im Darknet

Ohne dass es von der Öffentlichkeit wirklich bemerkt worden ist, kam es im Darknet zu einer Epochenwende. Monero hat Bitcoin ersetzt. Heute findet man kaum mehr einen Marktplatz, bei dem man mit Bitcoin bezahlen kann. Lightning, das unter Bitcoinern auch als Privacy-Lösung beworben wird, findet man nirgendwo.

Die einzige Ausnahme war der „Hydra Market“. Dies war ein russischsprachiger Marktplatz, der sich auf die Staaten der ehemaligen Sowietunion beschränkt hat, dort aber faktisch ein Monopol hatte und neben Bitcoin-only Zahlungen auch einen einzigartigen Lieferservice implementiert hatte, bei dem Pakete an bestimmten Orten versteckt wurden. Der Marktplatz hatte ambitionierte Pläne mit einem ICO, globaler Expansion und weiteren Services. Anfang 2022 durchkreuzten allerdings deutsche Behörden diese Pläne, als sie die Serverinfrastruktur beschlagnahmten. Der Hoster lässt sich nicht zweifelsfrei ermitteln, dürfte aber bei den günstigen deutschen Hostinganbietern zu verorten sein.

Viele Bitcoiner spielen diesen Teil der Geschichte herunter. Die früheren Bitcoiner, die noch eher in der Tradition der Cypherpunks standen, traten oft offen für die Darknet-Marktplätze ein, auch wenn sie sie selbst nicht benutzt hatten. Die heutigen Bitcoiner, denen es eher ums Investment geht, scheuen sich viel stärker, sich mit illegaler Nutzung zu identifizieren.

Dabei aber vergessen sie jedoch, dass genau diese illegale Aspekte am Anfang von Bitcoins Adoption als Währung standen. Gerade graue Märkte sind oft die Treiber neuer Technologien. So wie die Pornographie VHS / DVD / BluRay und Streaming zum Durchbruch verhalf, sind es bei Kryptowährungen die Bereiche, die von regulären Finanzströmen abgeschottet sind.

Monero trägt die Fackel des digitale Bargelds weiter

Ein weiteres wenig rühmliches Thema, welches durch Bitcoin groß geworden ist, ist die Ransomware. Doch auch sie verabschiedet sich mehr und mehr von Bitcoin und bevorzugt Monero. Wenn überhaupt, dann verlangen die Erpresser einen Aufpreis, wenn ihre Opfer mit Bitcoin bezahlen wollen, etwa um 10-30 Prozent, wie zuletzt beim größten Brasilianischen TV-Sender:

All dies sind wahrlich keine Anlässe, stolz zu sein. Allerdings wird Monero eben wie Bargeld benutzt. Wenn man einen Euro-Schein bekommt, weiß man nicht, ob dieser zuvor für Drogengeschäfte oder Lösegeld eingesetzt wurde. Der Schein ist fungibel und austauschbar gegen jeden beliebigen anderen der gleichen Notation oder entsprechend mehrere. Dies entspricht dem Grundsatz des Whitepapers von Bitcoin: „Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System“.

Viele Bitcoiner haben sich von diesem Ziel mittlerweile distanziert. Der neue, dominante Narrativ von Bitcoin ist „Wertspeicher“ oder „Digitales Gold“. Man sollte sich dabei die Frage stellen, ob es in der Geschichte der Menschheit ein einziges Asset gab, welches keine Nutzung hatte und trotzdem wertvoll wurde.

Den Anspruch, ein digitales Bargeld zu schaffen, hat Bitcoin an Monero aufgegeben. Dies ist mittlerweile auch außerhalb des Darknets sichtbar. Zumindest in den USA sieht man einen eindeutigen Trend, dass Monero verstärkt für Zahlungen verwendet wird. CoinCards beispielsweise verkauft Guthabenharten für Bitcoin und andere Kryptowährungen und veröffentlicht Statistiken, aus denen seit Monaten hervorgeht, dass Monero deutlich mehr genutzt wird als Bitcoin, geschweige denn das Lightning Network. Ähnlich sieht es aus bei Cake Pay, einem Service von Cake Wallet, des ersten Non-Custodial Monero Wallets für iOS, welches mittlerweile auch Bitcoin implementiert hat.

Aktive Entwicklung durch Hard Forks

Den Anspruch, die Eigenschaften von Bargeld digital zu reproduzieren, wird von den Monero-Entwicklern mit den regelmäßigen Hard Forks immer weiter ausgebaut. Die markantesten Updates diesbezüglich waren Ring Confidential Transactions, die von Greg Maxwells Confidential Transactions abgeleitet wurden und den Betrag einzelner Transaktionen verschleiern, danach wurden Ringgrößen erzwungen, von 5 über 11 auf heute 16.

Monero ist aber auch „unendlich“ skalierbar. Es gibt keine feste, sondern eine dynamische Blockgrößenbeschränkung. Die standardmäßige Blockgröße beträgt 300kB, kann jedoch von einem Miner um bis zu 100% erhöht werden. Dabei allerdings verliert dieser dann den gesamten Base Reward seines Blocks. Die Strafe ist negativ quadratisch, sodass eine Erhöhung um 10% lediglich 1% des Rewards „kostet“, eine Erhöhung um 50% aber bereits 25%. Damit es sich für die Miner lohnt, die Gebühren zu erhöhen, braucht es Transaktionsgebühren, die die Einbußen mindestens ausgleichen. Sobald die Blockgröße allerdings erhöht wurde, gemessen am Median der letzten 100 Blöcke, sinkt die minimale Gebühr pro Byte.

Die Community hat sich auch darauf eingestellt, dass Monero in verschiedenen Jurisdiktionen von zentralen Börsen gebannt wird, in den meisten Fällen ohne offizielle Gesetzgebung, eher erzwungen durch Banken wie z.B. in Australien, Großbritannien oder Südkorea. Trotz der wegen der hohen Privatsphäre eingeschränkten Möglichkeiten von Scripts auf der Monero Blockchain gibt es mittlerweile Atomic Swaps zu Bitcoin oder Ethereum. Beide sind noch nicht perfekt im User Interface, werden aber kontinuierlich weiterentwickelt. Neben Bisq und Localmonero werden zwei neue dezentrale Börsen Haveno und Serai entwickelt und von der Community gesponsort.

Es gibt dabei keinerlei Bestrebungen, Monero mit Smart Contracts oder ähnlichen DeFi Systemen weiterzuentwickeln. Stattdessen besteht ein breiter Konsens, dass man sich auf „digitales Bargeld“ konzentriert und die Angriffsfläche so klein wie möglich hält. Hard Forks werden nur noch „nach Bedarf“ durchgeführt, zuletzt über 1,5 Jahre Abstand deutlich seltener als der anfangs angestrebte 6-monatige Zyklus. Die nächste Hard Fork wird wahrscheinlich ein neues Signaturschema „Seraphis“ und auch ein neues Adressschema „Jamtis“ beinhalten. Beide sind aber noch in der Entwicklung und werden mit Sicherheit noch mehr als ein Jahr bis zur Implementierung benötigen.

Disclaimer: Dieser Beitrag repräsentiert nicht die Meinung des Bitcoinblog.de, sondern ausschließlich die des Gastautors. Der Artikel soll weder Monero noch illegale Marktplätze bewerben. Wir distanzieren uns entschieden davon, Kryptowährungen für illegale Zwecke gleich welcher Art zu verwenden, und raten unseren Lesern ohne Wenn und Aber davon ab.

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