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Harter Krypto-Crash: Welche Rolle spielen die gut 100.000 Silk-Road-Coins, die sich letztens in Bewegung gesetzt haben?

Mehr als 100.000 Coins wachen aus einem Dornröschenschlaf auf und setzen sich in Bewegung. Diese Coins wecken Erinnerungen an die alten Zeiten von Silk Road und Mt. Gox – und sorgen auf den Märkten für Entsetzen, indem sie zum Teil auf Börsen aufschlagen.

Es gab in den letzten drei Monaten eine Menge Kurseinbrüche. Aber keiner war so abrupt und steil wie der der letzten Tage. Der Bitcoin-Preis ist in weniger als 12 Stunden von 7.400 Dollar auf 6.400 Dollar gefallen. Noch härter traf es beispielsweise Bitcoin Cash, das von 640 Dollar auf etwa 500 gestürzt ist. Das hat schon weh getan, und es hat die Hoffnung, dass der Preis nun wieder in eine Aufwärtstrend wechselt, einigermaßen ruiniert.

Der Crash folgte auf ein bemerkenswertes Ereignis auf der Blockchain: Mehr als 100.000 Bitcoins aus einer Wallet, die mit der Silk Road verbunden ist, haben sich in Bewegung gesetzt und sind teilweise auf Börsen aufgelaufen. Auch wenn man keine Kausalität beweisen kann, ist das zeitliche Zusammentreffen zumindest sehr auffällig.

Bekanntlich ist die Blockchain – und damit auch die Vergangenheit von Bitcoin-Transaktionen – absolut transparent. Dies hat den faszinierenden Effekt, dass jede Bewegung der „Wale“ – große Bitcoin-Besitzer – von der Bitcoin-Szene bemerkt und analysiert wird.

Silk Road Coins auf Wanderschaft

Vor einigen Tagen hat nun ein solcher Hobby-Blockchain-Detektiv berichtet, dass eine Wallet, die mit dem legendären Online-Drogen-Bazaar Silk Road in Verbindung steht, Guthaben bewegt. Die Wallet enthielt ursprünglich 111.114,62 Bitcoins (und ebenso viele Bitcoin Cash), die sie in mehreren Schritten auf viele einzelne Adressen mit jeweils 100 Bitcoins verteilt hat. Dies wirkt wie ein ungeschickter Versuch, die Coins zu waschen.

Diese Adressen mit je 100 Coins sind seit dem Frühjahr 2014 still geblieben. Nun haben sie begonnen, sich wieder zu rühren. Ein Beispiel ist die Adresse 1KyJr2L6CN5XhDfv9Sb5q3kjKwFCrRxTLy. Der auf ihr liegende Betrag wurde sowohl als Bitcoin als auch als Bitcoin Cash an eine jeweils neue Adresse versendet.

Die ursprüngliche Adresse mit den 111.114 Bitcoins war die 1933phfhK3ZgFQNLGSDXvqCn32k2buXY8a. Diese Adresse ist einigermaßen berühmt, weil es Hinweise darauf gibt, dass sie zu Dread Pirate Roberts aka Ross Ulbricht gehört, dem Administrator der Silk Road, der sich seit dem Sommer 2013 in Gewahrsam der amerikanischen Justiz befindet. Ein anderer Blockchain-Analyst hatte im Herbst 2013 herausgefunden, dass die Adresse vermutlich über Mixer mit einer Adresse zusammenhängt, die Ross Ulbricht 2011 einmal auf bitcointalk gepostet hatte. Sie könnte eine Art Cold Wallet sein, auf der der Admin der Silk Road seine Gewinne verwahrt hat. Gleichzeitig hat die Adresse aber merkwürdigerweise in den letzten zwei Jahren gelegentlich kleine Beträge versendet.

Eine andere Theorie ist, dass die Adresse zu Mt. Gox gehört, der Börse, die Anfang 2014 so sensational implodiert ist. Dafür spricht, dass die Guthaben auf der Adresse unmittelbar nach der Bankrotterklärung durch den Mt.Gox-Geschäftsführer Mark Karpeless auf die vielen anderen Adressen verteilt wurden. Es wäre durchaus denkbar, dass Ross Ulbricht seine Guthaben über Mixer auf die Wallet von Mt. Gox überführte, um sie dort zu verkaufen, und dass Mt. Gox die Wallet nach der Verhaftung des Silk-Road-Admins eingefroren hat. Rätselhaft wäre hier noch, weshalb Mt. Gox danach die Coins auf so viele Adressen verteilt hat. Seinerzeit wurde gemunkelt, Mark Karpeless versuche, die Coins zu mixen, um sie als persönliche, geheime Reserve zu nutzen.

Eine dritte Theorie schreibt die Coins unserem liebsten Faketoshi zu, Craig Stephen Wright. Denn dieser hat in einem Dokument einmal behauptet, die Coins der Adresse 1933… gehörten ihm. Allerdings ist das Dokument, wie die meisten Schriftstücke von Craig Wright, vermutlich gefälscht, und Wright hat sich die Adresse einfach aus dem Internet geklaubt, wo sie als prominentes Beispiel lange kursierte. Daher dürfte diese Theorie eher unwahrscheinlich sein.

… und sie kommen an Börsen an

Wem auch immer sie gehören: Die Coins sind erwacht, und in den letzten Tagen haben sich die Hinweise gemehrt, dass sie auf den Wallets von Börsen eingetrudelt sind. Der Blockchain-Forscher, der schon darauf hingewiesen hatte, dass sich die Coins bewegen, hat einen Graphen gebildet, der verfolgt, wann sie wohin gegangen sind.

Dabei hat er festgestellt, dass mindestens 15.593 Bitcoin auf Wallets von Bitfinex und Binance geflossen sind. Davon wurden 11.114 Bitcoin auf die zu Bitfinex gehörende Adresse 1Kr6QSydW9bFQG1mXiPNNu6WpJGmUa9i1g überwiesen und 4421 Bitcoins zu der Binance-Adresse 1NDyJtNTjmwk5xPNhjgAMu4HDHigtobu1s. Weitere 210 Bitcoins gingen an eine Adresse, die als eine von Bitmex identifiziert werden konnte.

Es gab Gerüchte, dass ein großer Teil der Coins gegen Monero verkauft wurde, um sie so effektiver zu anonymisieren. Ein Hinweis darauf gab der außerordentlich gute Kursverlauf von Monero in den folgenden Tagen, der um gut 20 Prozent anstieg. Allerdings gibt es keinen weiteren guten Hinweise darauf, weshalb die Theorie vermutlich reine Spekulation bleibt.

Kurz nachdem die Coins auf den Börsen eintrudelten, erreichten die Shorts auf Bitfinex ein neues Allzeithoch. Ein Short zu kaufen bedeutet, dass man eine Wette darauf abschließt, dass die Preise sinken. Short stehen immer wieder im Verdacht, ein probates Mittel der Marktmanipulation zu sein: Man kauft sich Shorts und führt dann (wodurch auch immer) einen Kursverfall herbei. Dank der Shorts wird man so immens davon profitieren.

Es kann sein, dass einige Trader mit den Shorts lediglich darauf reagiert hatten, dass sich eine große Menge „alter Bitcoins“ in Bewegung setzt, um womöglich verkauft zu werden. Es wäre aber auch denkbar, dass der Besitzer der alten Coins selbst die Shorts gekauft hat, um davon zu profitieren, wenn er Coins in einer Menge auf den Markt wirft, die den Kurs drücken muss.

Unbekannt, aber einflussreich

Wer der mysteriöse Wal ist, ist nicht bekannt. Klar dürfte sein, dass es nicht das FBI ist, denn die Coins wurden – entgegen der Praxis der US-Behörden – nach der Verhaftung von Ross Ulbricht gewaschen, indem sie auf viele Adressen mit Guthaben von je 100 Bitcoin verteilt wurden. Sie dürften vermutlich auch nicht Ross Ulbricht selbst gehören, da dieser kaum eine Gelegenheit gehabt haben dürfte, aus dem Gefängnis heraus solche Operationen durchzuführen. Denkbar, aber sehr spekulativ, wäre eine Art Notfallprogramm von Ross Ulbricht, das die Coins über Irrwege an jemand anderen verteilt.

Wahrscheinlicher ist aber, dass die Wallet zu Mt. Gox gehört. Entweder Mark Karpeless selbst oder ein anderer Mitarbeiter der Börse hat nach dem Bankrott versucht, sie vor dem Zugriff der Insolvenzverwaltung zu verbergen. Entweder ist dies gelungen, und der Mitarbeiter oder Mark Karpeless versucht nun, auszucashen. Oder es ist nicht gelungen, und der Insolvenzverwalter hat die Coins nun doch gefunden und versucht, sie gegen Dollar oder Yen zu verkaufen. Dies wäre nicht das erste Mal.

Welche der Vermutungen nun richtig ist, weiß man aber nicht. Das einzige, das man weiß, ist, dass die Bewegung der alten Coins die Märkte kräftig erschüttert haben.

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