Auf dem Rollup Base interagieren nun Künstliche Intelligenzen. Der Betreiber Coinbase hat eine spezielle Wallet für KIs entwickelt. Doch ist es wirklich mehr als nur Schall und Rauch?
Coinbase-CEO Brian Armstrong kündigte vor kurzem stolz an, dass auf Base, einem von Coinbase entwickelten Rollup für Ethereum, nun KIs KIs bezahlen. Er nennt dies einen „wichtigen Schritt dahin, dass KI nützliche Arbeit erledigt“.
Die KIs auf Base nutzen Token, um Token zu kaufen: Sie nutzen Blockchain-Token, die Werte repräsentieren, so wie Bitcoin oder Stablecoins, um Token für LLMs (Large Language Models) zu kaufen, also mehr oder weniger Wörter, die die LLMs verarbeiten.
KIs können kein Bankkonto eröffnen, aber eine Wallet benutzen
Wenn man heute, erklärt Armstrong, einer KI eine Aufgabe gibt und dann Stunden oder Tage weg bleibt, wird sie die Aufgabe oft nicht zu Ende führen. „Zum Teil liegt es an der Begrenzung der Technologie selbst. Doch ein anderer Grund ist, dass KIs keine Transaktionen ausführen können, um die Ressourcen zu erwerben, die sie brauchen.“
KIs haben keine Kreditkarte. Sie können keine AWS-Rechenzyklen kaufen, keine Webseite ordern, keinen Flug, kein Hotelzimmer buchen und so weiter. Sie können keine Paywalls öffnen, um etwa wissenschaftliche Artikel zu kaufen, sie können keine Werbung auf Twitter oder Facebook schalten und so fort.
Eine KI kann, sagt ein lange beliebter Satz, kein Bankonto eröffnen, aber eine Krypto-Wallet benutzen. Mit der „MPC Wallet“ hat Coinbase eine Wallet speziell für KIs entwickelt.
Die MPC Wallet ermöglicht „finanzielle Autonomie“ für KIs: KI-Agenten können autonom finanzielle Entscheidungen treffen und eigenständig Transaktionen versenden. Die Idee ist nicht neu – aber entzündet sie nun einen Hype?
So autonom wie ein Hund Gassi geht
Wie so oft beim Thema KI wird auch hier ein wenig übertrieben.
Denn eine KI hat mitnichten die autonome Kontrolle über Krypto-Wallets – das ist überhaupt nicht möglich. Eine Krypto-Wallet verwahrt die privaten Schlüssel für Adressen auf einer Blockchain. Üblicherweise auf einer Festplattte, in einer Hardware-Wallet oder auf einem Stück Papier, üblicherweise gesichert durch ein Passwort oder eine PIN, das oder die nur im Kopf ihres Besitzers steckt.
Keine dieser Optionen ist für eine KI möglich. Eine KI besitzt nichts und hat keine Privatsphäre. Sie hat keinen Festplattenspeicher, keinen Zugriff auf ein eigenes Rechensystem oder Hardware-Wallet, und kein von der Außenwelt getrenntes Gehirn.
Wenn man davon spricht, dass KIs autonom Wallets bedienen, bedeutet das lediglich, dass ihnen der Zugriff auf eine Wallet erlaubt wird, die einem Menschen gehört. Der Mensch kann den Schlüssel jederzeit zurückziehen. Eine KI bedient eine Wallet so autonom, wie ein Hund Gassi geht. Sie kann kein Bankkonto eröffnen – und keine Wallet besitzen.
Aufgeblasen, aber nicht trivial
Man kann einer KI erlauben, über eine API eine Wallet zu benutzen. Das ist aber nichts besonders. Schon heute existieren APIs, über die Programme Wallets verwenden können, etwa den Bitcoin Client oder die Wallets von Börsen, aber auch Bankkonten oder PayPal.
Wenn man sagt, dass eine KI eine Wallet verwendet, heißt das nur, dass man dasselbe macht, was schon lange üblich ist: man erlaubt einem Algorithmus, über Geld zu verfügen, nur dass der Algorithmus in dem Fall eben eine KI ist. Nichts spricht dagegen, das auch ohne die Wallet von Coinbase zu tun.
Die Nachricht ist also aufgeblasen – aber das bedeutet nicht, dass sie trivial ist. Denn Wallets für Kryptowährungen könnten sich sehr viel besser dafür eignen, von intelligenten autonomen Agenten angesteuert zu werden.
Beispielsweise sind Krypto-Transaktionen „Push“- anstatt „Pull“-Transaktionen. Das Konto wird nicht rückwirkend belastet, wie bei PayPal, sondern unmittelbar. Man kann unkompliziert und sicher einen gewissen Betrag auf eine Wallet überweisen, über den die KI verfügen kann, ohne sich Sorgen zu machen, dass ein „Irrtum“ der KI das Bankkonto ausräumt.
Darüber hinaus kann eine KI in vollem Umfang die Funktionalitäten einer Blockchain nutzen. Sie könnte bei Bitcoin Multisig-Transaktionen nach Belieben generieren, bei Ethereum oder Base Smart Contract wie es nötig ist. All diese Funktionen sind bei PayPal und im Bankkonto nicht möglich, und wenn, dann müsste ein zentraler Akteur sie extra freischalten.
Mühelos Millionen Transaktionen managen
Eine solche ehrlichere Perspektive findet man auch in der Dokumentation. Neben dem Unsinn der „finanziellen Autonomie“ von KIs listet sie auch realistischere Versprechen.
So ermöglicht die MPC-Wallet etwa, „komplexe finanzielle Transaktionen zu automatisieren, die für Menschen zeitaufwendig wären, und sie zu skalieren.“ Man kann mit einem Prompt, wie man es bei ChatGPT eingibt, einer KI beispielsweise befehlen, hundert Transaktionen zu bilden.
Coinbase wirbt auch damit, dass die MPC-Wallet den nahtlosen Anschluss ans Ökosystem der dezentralen Finanzen erlaubt. Man könnte mit einem sprachlichen Befehl die KI etwa beauftragen, eine bestimmte Summe in fünf verschiedene Währungspaare zu wechseln und diese im DeFi-System anzulegen, um nur ein Beispiel zu nennen.
Mit der MPC-Wallet kann man „sicherzustellen, dass KI-Operationen kontrollierbar und sicher bleiben“, während man „mühelos Millionen von Transaktionen managt.“
So wenig, wie ChatGPT eine autonome Person ist, haben KIs autonomen Zugriff auf eine Wallet. Vielmehr geht es darum, den Algorithmus, der schon jetzt die APIs von Wallets ansteuert, durch eine KI zu ersetzen, ihn also besser, verständiger und schlauer zu machen.
Kryptowallets können, anders gesagt, tatsächlich einigermaßen intelligent werden. Und das ist tatsächlich ein spannender Schritt, nicht nur bei Kryptowährungen, aber bei ihen womöglich einfacher, unkomplizierter, machtvoller und sicherer als bei Banken und anderen zentralisierten Dienstleistern.

