Newsticker

Denn ein Parkplatzsensor bekommt kein Bankkonto

Das IoT Lab von Bosch in St. Gallen

Ein Lab des Technologie- und Dienstleistungsunternehmens Bosch bloggt über den Bitcoin. Was steckt dahinter – und wie kommen Bitcoin und das Internet-of-Things zusammen? Ein kleiner Ausblick in eine mögliche Zukunft der Geräte.

Markus Weinberger ist offenbar offen für neues. Zumindest zieht sich diese Eigenschaft durch die Karriere des Maschinenbau-Ingenieurs bei Bosch. Zuerst war er als Doktorand im Automobilbereich, einem der Kerngeschäfte des über 50 Milliarden Euro Unternehmens. Dann beschäftigte er sich immer mehr mit der Software der elektronischen Steuerung, um schließlich in der Organisationsentwicklung mit Social Media zu arbeiten und nun für Bosch Software Innovations das Bosch IoT Lab im schweizerischen St. Gallen zu leiten.

Markus Weinberg, Direktor des IoT-Labs von Bosch in St. Gallen.

Markus Weinberg, Direktor des IoT-Labs von Bosch in St. Gallen.

Internet-of-Things (IoT) ist die Vision, dass jedes Ding der physischen Welt mit dem Internet und den anderen Dingen vernetzt wird und so in der Lage ist, Daten über seinen Zustand und die Umwelt zu erfassen, und sich aus dem Internet Daten zu holen und Befehle zu empfangen“, erklärt Weinberger die große Idee, die hinter seinem täglichen Job steht. Man könnte sagen, die Dinge bekommen ein Bewusstsein, wo und was sie sind.

Ein Doktorand hat alle anderen mit dem Bitcoin-Fieber angesteckt

Das Bosch IoT Lab entstand aus einer Kooperation von Bosch mit der Uni St. Gallen und der ETH Zürich. „Sieben Doktoranden beider Universitäten beschäftigen sich mit Ideen, wie wir Anwendungen des Internet-of-Things kommerziell nutzen können,“ erzählt Weinberger.

Was aber hat der Bitcoin damit zu tun? Und weshalb warten zwei seiner Doktoranden, wie der Leiter bloggt, sehnsüchtig auf den 21 Bitcoin Computer?

„Das Thema Bitcoin begann bei uns vor etwa 1,5 bis 2 Jahren. Ein Doktorand an einem anderen Lehrstuhl war ein Early Adopter und hat die anderen mit dem Bitcoin-Fieber angesteckt, so dass sich immer mehr Doktoranden damit beschäftigt haben. Das war anfangs ein passives Einsaugen.“ Inzwischen wird, motiviert durch die positiven Reaktionen des Bosch Managements, intensiver am Bitcoin-Thema gearbeitet.

Wie aber bringt das Lab den Bitcoin und das Internet-of-Things zusammen? Die Antwort könnte man sich mit einem Satz erschließen: Ein Parkplatzsensor bekommt kein Bankkonto.

Stell dir vor, ein Parkplatzsensor bezahlt selbständig seine Miete

“Mit den sehr geringen Transaktionsgebühren haben wir die Chance, ein Micropayment aufzubauen. Auf diese Weise könnte ein Sensor etwa Daten verkaufen,” mein Weinberger, “unsere Doktoranden haben spannende Anwendungen beschrieben, etwa wie ein Sensor Wetterdaten verkauft oder ein Parkplatzsensor andere Geräte über freie Parkplätze informiert (siehe dieses und dieses Paper).“

Die Vision von Geräten, die ihre Sensordaten selbständig verkaufen und damit einen großen, dezentralen Markt der Daten bilden, ist jedoch noch nicht alles. „Geräte könnten mit einem Micropayment autark agieren. Sie können selbständig Daten verkaufen und, wenn wir ein wenig in die Zukunft spinnen, damit ihre Miete und ihren Strom bezahlen, so wie ein eigenes Unternehmen.“

Oder, wenn man noch weiter geht, und das Thema „Fog Computing“ aufgreift: „Das Gerät könnte sich auch Rechenleistung von anderen Computern kaufen. Der Sensor schickt Daten in den Nebel, wie kleine Tröpfchen, und bezahlt ein paar Satoshi dafür, dass er von anderen Computer ein wenig RAM bekommt.“

Damit wären wir auch beim 21 Bitcoin Computer, der ein ähnliches Ziel verfolgt. „Einige unsere Doktoranden wollen den Computer sehr gerne kennenlernen. Allerdings kam unsere Bestellung bisher nicht an, und wir hatten bislang nur einen Fernzugang zu einem der Modelle in San Francisco. Ich habe kurz einige Satoshi gemined.“ Ob es aber wirklich Sinn macht, die Computer selbst Bitcoins minen zu lassen, oder die Geräte einfach mit einigen Satoshi auszustatten, weiß Weinberger derzeit noch nicht.

Bitcoin und Blockchain

Zahlreiche Firmen – von der Deutschen Bank zu IBM – beschäftigen sich derzeit neben der Währung Bitcoin auch stark mit der Blockchain. Neben dem Geldaspekt findet der Leiter des Bosch IoT Labs aber auch die Blockchain, diesmal ohne die Währung Bitcoin, interessant, zum Beispiel wegen ihrer Public Ledger Eigenschaft. „Das Verwalten von und Handeln mit Zugriffsrechten auf Geräte könnte mit der Blockchain sehr elegant und unter Achtung der Privatsphäre gelöst werden“, so Weinberger.

Die Frage, weshalb Bitcoin und nicht PayPal oder ein anderes Bezahlverfahren, scheint ihn etwas zu irritieren: „Mir wäre nicht bekannt, dass PayPal Micropayment-fähig ist. Zudem, stellen Sie sich vor, Sie melden bei der Bank ein Konto für einen Parkplatzsensor an. Der Blockchain ist es egal, ob hinter einer Adresse ein Kühlschrank, eine Firma oder ein Mensch steht. Das macht den Bitcoin für das Maschinen-Payment so interessant.“

Natürlich ist sich Weinberger bewusst, dass auch Bitcoin keine grenzenlose Kapazität hat und auch nicht wirklich umsonst ist. „Da wären wir bei Theorie und Praxis. Wenn es wertvolle Daten sind, wie etwa über den Zustand von Flugzeugturbinen, dann kann man höhere Transaktionsgebühren bezahlen, als zum Beispiel für vernetzte Wasserflaschen.“ Und selbstverständlich ist es ausgeschlossen, dass man „20 Milliarden Sensoren an die heutige Blockchain bringt.“

Für Weinberger könnte die Zukunft des Bitcoins darin liegen, dass die Blockchain ein Settlement-System ist, auf dem Sidechains oder andere Systeme aufsetzen, die dann tatsächlich die Mikrotransaktionen von Milliarden von Sensoren verarbeiten können.

Das stärkste System ist am stärksten

Eine eigene Blockchain zu entwickeln, findet Weinberger aber unnötig und kontraproduktiv: „Es gibt zwar einige technische Themen, die mit der Bitcoin-Blockchain tatsächlich schwierig zu lösen sind, vor allem wenn man hohe Zahlen an Transaktionen hat. Aber es gibt bereits Entwicklungen, die diese Themen adressieren.“ Für Weinberger ist klar, dass eine Blockchain nur dann nicht manipulierbar ist, wenn sehr viel Rechenleistung in ihr steckt. „Kleine Blockchains sind verwundbar, daher macht es sehr viel Sinn, sich auf ein etabliertes System zu verlassen. Ich habe zwar keine Glaskugel, um in die Zukunft zu schauen, aber derzeit ist das Bitcoin.“

Stellenangebot!

Du hast einen Master in einem technischen Fach und interessierst dich für den Bitcoin, die Blockchain und das Internet-der-Dinge? Dann sucht das IoT-Lab von Bosch genau dich. Hier ist eine Stellenausschreibung des Labs, die explizit Bitcoin-Kenntnisse wünscht.

Über Christoph Bergmann (2561 Artikel)
Das Bitcoinblog wird von Bitcoin.de gesponsort, ist inhaltlich aber unabhängig und gibt die Meinung des Redakteurs Christoph Bergmann wieder ---

9 Kommentare zu Denn ein Parkplatzsensor bekommt kein Bankkonto

  1. Meines Erachtens ist mit dem Bitcoin von Anfang an etwas schief gelaufen, weil der Bitcoin nicht das ist wozu er tatsächlich benutzt wird.
    Der Bitcoin ist ein Aufbewahrungsmechanismus für Werte und kein Zahlungssystem. Die Art wie wir generell Geld verwenden ist sehr fragwürdig und wenig effektiv.

    Stellen wir uns doch einmal vor wir würden uns für unsere Arbeit vom Arbeitgeber nicht einmal im Monat bezahlen lassen sondern wir hätten einen Vertrag, der besagt das der Arbeitgeber unseren Lohn jede Nanosekunde auszahlen würde. Der erhaltene Wert des Lohnes würde, je kürzer wir das Zahlungsintervall machen würden, sich Null annähern aber nie erreichen.

    Nehmen wir als zweites an wir würden unsere Miete oder die Parkplatzgebühr ebenfallls im Nanosekunden Takt bezahlen, dann wären Mieten und Gebühren ebenfalls nahezu null.

    Würde man dieses Prinzip auf die Spitze treiben, dann würde ein einziger Satoshi Geldmenge reichen um alle laufenden Zahlungen dieser Welt zu tätigen. Man müsste nur schnell genug sein.

    Ein einziger Satoshi Geldmenge in einer Blockchain zu sichern ist aber völlig verrückt. Genau diese versucht BOSCH aber in seinem LAB und der Rest der Welt ebenfalls. Eine Cola-Dose hat in Fort Knox nichts verloren.

    Werte aufbewahren hat mit Zahlungsverkehr absolut nichts zu tun.

    • Hallo Herr Schumacher, ich verstehe Ihren Punkt. Es dürfte zu den Ironien der Geldwirtschaftslehre gehören, dass Geld theoretisch desto weniger wert ist, je besser es funktioniert, also je flüssiger es umläuft.

      Ich meine aber, man sollte beim Bitcoin ergebnisoffen bleiben. Wenn er digitales Gold wird, das selten zum Bezahlen und überwiegend zur Wertaufbewahrung verwendet wird, in Ordnung, wenn er ein Instrument des Nanopayments werden sollte, ebenfalls in Ordnung. Leute haben Ideen, was man mit einer Kryptowährung machen kann, manche Ideen funktionieren, manche sind technisch unmöglich, für manche Ideen gibt es einen Bedarf, für andere nicht, und am Ende werden wir sehen, was passiert … sollte am Ende ein einzelner Bitcoin einen globalen Mikromarkt der Daten bedienen – gerne. Sollte Bosch bemerken, dass dies besser mit Dogecoins geht – ebenfalls gerne.

      • Hallo Herr Bergmann, danke für die Antwort!
        Mein kurzer Text hier sollte die Leser einfach mal auf neue Gedanken bringen. Meistens versucht man Probleme zu beheben, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt.

        Geld hat niemals einen Wert, sondern nur Arbeit, denn nur Arbeit schafft Wohlstand. “gutes” Geld sollte als einzigen Zweck haben jemanden dazu zu bewegen Arbeit zu verrichten – also Wohlstand zu erzeugen. Geld, das Wohlstand ohne Arbeit schafft ist schlechtes Geld und sollte geächtet werden.

        Bitcoin ist ein guter Schritt in diese Richtung aber nicht perfekt. Ich sehe Bitcoin als Experiment um mehr Licht in das Dunkel des Geldwesens zu bringen.

  2. Ich hoffe Herr Weinberg hat schon von Ethereum gehört, denn das was sein Lab vorhat braucht smart contracts und muss nicht auf ein Hack in der Bitcoin blockchain hoffen. Bei Bitcoin können nur private keys das Geld kontrollieren, in Ethereum können das smart contracts (also verifizierbarer, validierbarer code kann Geld besitzen und bewegen). Das ist genau was das IoT braucht.

    Bitcoin ist gut als Zahlungsmittel, aber IoT gehört Ethereum. Damit wäre auch Bosch’s IoT labs in bester Gesellschaft mit anderen grossen Firmen wie RWE, IBM, JP Morgan, UBS, die alle auf Ethereum setzen.

    • IoT gehört Ethereum?
      Mit bis zu 20 Transaktionen pro Sekunde möchte ich kein weltweites IoT Netz mit ETH betreiben, und schon gar nicht mit Bitcoins 7 TPS.
      Ethereum ist mit seinen VMs super zum Entwickeln, aber den massenhaften Betrieb hunderter DAPPS und Millionen von Nutzern will ich erstmal sehen.
      Bitcoin ist ein guter Showcase und wir alle sind ihm dankbar als Lückenbüßer und Wegbereiter gedient zu haben. Persönlich freue ich mich schon ihn in 30 Jahren als die erste Blockchain Ever stolz meinen Enkeln im virtuellen Technik Museum zeigen zu können.

    • Funny Kommentar – IBM verwendet Hyperledger und NICHT Ethereum – Security, Skalierung, Timeloops…und vieles mehr sind bei ETH nicht für Blockchain für Business geeignet. Übrigens setzen auch die anderen hier genannten auf Hyperledger und nicht auf Ethereum….

  3. Das IoT irgendwie mit Blockchains verbandelt wird, so wie irgendwann auch alle anderen nur erdenklichen Bereiche halte ich für auch für unabdingbar. Das es keine neue Blockchain dafür braucht, naja darum kann man sich streiten. Das Ethereum das wird bezweifel ich mal und schon gar nicht das IoT Ethereum “gehört”. Ethereum und Bitcoin haben beide den Entscheidenden Nachteil das sie kaum die erforderliche Geschwindigkeit bieten können die für Milliarden Geräte und noch mehr Transaktionen notwendig ist.
    Bitcoin max. 7 Transaktionen pro Sekunde, Ethereum 20TPS?
    Dafür braucht es schon ein System mit hunderten oder gar tausenden TPS, siehe DPOS2.0.

    Ethereum ist seinen VMs und Smart Contracts gut wenn es um die Entwicklung neuer Modelle geht, sind Die aber erstmal entwickelt wird es sich kaum für die Betreiber lohnen weiterhin auf dieser Blockchain zu bleiben. Dafür würde es IMHO einfach zu teuer und zu langsam werden. Soll mich die Zukunft etwas Besseren belehren.

    Was ich aber Grundsätzlich für falsch halte ist das der Bosch IoT Direktor der Meinung ist eine Blockchain wäre nur so sicher wie Rechenleistung reingepumpt wird. Ich habe bei Bitcoin 1-2 Hände an Mining Pools die das Netzwerk kontrollieren, Stand heute haben 2 davon über 51% Mehrheit, wenn das eine sichere Verteilung der Macht ist dann gute Nacht.

    Ich glaube das eine Blockchain vollständig anpassbar sein muss und das geht “aktuell” nur durch ein semi-Demokratisches Verwaltungssystem wie DPOS.
    http://www.btswolf.com/blockchain/dpos-protokoll/

    Eine Blockchain ist kein Stück Zombiesoftware sondern eher ein Unternehmen das gelebt werden muss um erfolgreich zu sein und sie muss technisch wandelbar sein, sonst ist sie irgendwann technisch obsolet. Dazu vielleicht noch dieser geistige Erguss: http://www.btswolf.com/2016/01/10/bitshares-investition-erwecken/

  4. Oh und bezogen auf die Sicherheit einer Blockchain die laut Direktor IoT von Bosch nur gewährleistet wäre wenn unglaublich viel Rechenleistung daran verschwendet wird dann gute Nacht. POW ist super wenn es darum geht Leuten einen Anreiz zu geben das Netzwerk zu betreiben und zu promoten, ansonsten ist es einfach nur Umweltverschmutzung.
    Eine zukunftsfähige Blockchain muss flexibel sein sonst wird sie schneller als einem lieb ist technisch obsolet. Und das geht IMHO nur wenn man die Blockchain wie ein Unternehmen behandelt und nicht wie eine Zombiedatenbank, an der jeder Mining Pool zerrt bis mal ein neues Feature eingebaut ist oder ein Parameter verändert wird.

  5. Ich möchte mich nicht an einer bestimmten Sicht der Welt festbeißen. Ich denke die Themen “IoT” und auch “Bitcoin/Cryptocurrency/Blockchain” sind noch recht jung, und es gibt noch viel zu lernen. Insofern bin ich sehr dankbar für die vielen interessanten Gedanken und Hinweise in den obigen Kommentaren.

Kommentar verfassen

%d Bloggern gefällt das: