Auf den Altcoin-Märkten ist Dash derzeit der Coin der Stunde. Dash wartet mit Features auf, auf die Bitcoin neidisch sein darf, krankt aber an einer kontroversen Distribution der Coins. Was man über Dash wissen muss, erfahrt ihr hier.
Vermutlich hätte ich diesen Artikel vor einem Monat schreiben sollen. Das wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, um Dash zu kaufen. Aber wie so oft darf man annehmen, dass ein Altcoin, wenn er auf dem Bitcoinblog landet, schon den Zenit seines Hypes erreicht hat. Dennoch möchte ich euch Dash vorstellen.
Bitcoin steigt ja schon kräftig und erfreut die Investoren mit einem neuen Allzeithoch. Aber das ist nichts gegen das, was bei Dash passiert. In den letzten Tagen ging es gerne mal um 10 oder 20 oder gleich 50 Prozent rauf. Und zwar nicht gegen den Dollar, sondern gegen Bitcoin!
Im Ranking der Coins nach der Marktkapitalisierung ist Dash auf Platz 3 geklettert (hinter Bitcoin und Ethereum). Schaut man sich den langfristigen Dollar-Preis von Dash an, fällt eine erstaunliche Wertentwicklung ins Auge: War der Preis im November 2015 bei etwa 2 Dollar, so liegt er heute bei mehr als 50. Das ist mal eine Rendite von mehr als 2000%. Und das in 15 Monaten.
Darkcoin, CoinJoin
Für jeden, der vor einem Jahr mehr als einen Bitcoin in Dash gesteckt hat, dürften die letzten Wochen ein Freudenfest sein! Für mich nicht, ich habe, leider, keine Dash. Die Frage, die sich viele stellen, ist vermutlich: Lohnt es sich, jetzt noch einzusteigen? Eine Antwort darauf kann ich natürlich nicht geben. Aber ich kann versuchen, zu erklären, was Dash ist und welchen Beitrag der Coin zum Ökosystem der Kryptowährungen leistet.
Vor vorne: Dash ist ein Kind des Konzeptes CoinJoin. CoinJoin ist ein Verfahren, um Transaktionen zu mischen und so die Privatsphäre zu verbessern. Bei Bitcoin ist das auch möglich, allerdings nur über Dritte, denen man zumindest zum Teil vertrauen muss. Dash hingegen hat das Verfahren so umgesetzt, dass es Teil des Protokolls ist.
Für alle, die an dieser Stelle mehr über CoinJoin wissen wollen: Eine Transaktion besteht aus Inputs und Outputs. Beide sind mit Adressen verbunden. Man nimmt Inputs von einer oder mehreren Adressen, und macht daraus Outputs, die zu einer oder mehreren Adressen führen. Das zusammen ergibt die Transaktion. Weil diese transparent in der Blockchain steht, ist Bitcoin alles andere als „anonym“.
Man könnte aber nun einfach alle inputs und outputs von vielen Transaktionen nehmen, sie vermischen und dann als eine Transaktion in einen Block stecken. Das ist das Prinzip von CoinJoin. Man verschmilzt Transaktionen. Versteht ihr? Es gibt weiterhin Inputs und Outputs, und diese gehen weiterhin vom Sender einer Zahlung zum Empfänger. Aber es gibt keine Transaktionen mehr. Wer hat bezahlt? Alle.
CoinJoin wird etwa von JoinMarket oder, theoretisch, von CoinShuffle verwendet. Es gibt diverse Vorhaben und Pläne, ein CoinJoin in Wallets wie Mycelium zu bringen, aber derzeit ist es eher schwer zu benutzen – und droht genau deswegen, dass man am Ende mit Coins dasteht, die schmutzig sind und auf einer Blacklist stehen. Dash hingegen setzt CoinJoin als Grundeigenschaft einer Kryptowährung um. Zunächst unter dem Namen XCoin im Januar 2014. Im Februar wurde der Name dann in Darkcoin geändert; im März 2015 gab es einen weiteren und bis heute gültigen Markenwechsel zu „Dash“, um von der Assoziation zum Darknet wegzukommen.
Kontroverser Start, aber gute Features!
Der englische Wikipedia-Eintrag drückt ganz gut aus, was Dash so kontrovers wie interessant macht:
In der ersten Stunde nach dem Launch wurden etwa 500.000 Coins gemined, gefolgt von weiteren 1.000.000 Coins in den darauf folgenden sieben Stunden und schließlich noch einmal 400.000 in 36 Stunden. Die genannten 1,9 Millionen Coins wurden in 48 Stunden gemined …
Heute gibt es rund 7 Millionen Dash (oder Darkcoin oder XCoin). Die Entwickler haben die Distribution „versehentlich“ so programmiert, dass sie in den ersten Stunden nach der Veröffentlichung eine unerhört große Menge der Coins für sich selbst minen können. In der Altcoin-Szene ist das als „Instamining“ verschrieen und gilt als Grund, die Finger von einem Coin zu lassen.
Interessant wird Dash nun allerdings dadurch, dass es sich trotz dieses kontroversen Starts am Kryptomarkt behaupten konnte. In der Regel verlieren Coins mit einem großen Instamining, nachdem die Entwickler ausgecasht haben. Dash nicht. Wikipedia schreibt:
… nach mehr als drei Jahren der Entwicklung wurde Dash zu einer Kryptowährung mit mehr als 50 Freiwilligen, die äußerst lästige Probleme gelöst hat, wie langsame Bestätigungen, Blocksize-Erhöhungen, dezentrale Regierung, eigenes Funding der Entwickler … Dash wurde zur aktivsten Community auf BitcoinTalk mit mehr als 6.000 Seiten, 122.000 Antworten und 6,6 Millionen Visits.
In der Tat wirbt Dash mit einigen speziellen Features, auf die Bitcoin, ehrlich gesagt, schon ein wenig neidisch sein kann:
- Masternodes: Masternodes sind der Kern von Dash. Man kann seinen Node zum Masternode machen, indem man beweist, mindestens 1.000 Dash parat zu halten. Masternodes führen besondere Aufgaben aus und erhalten als Belohnung 45 Prozent der Mining-Erträge. Die Einführung von Masternodes löst zum einen das Problem, normale, nicht schürfende Knoten zu belohnen – und ermöglicht zum anderen, mithilfe der Masternodes spezielle Aufgaben dezentral zu verteilen. Und genau darum dreht sich bei Dash alles.
- PrivateSent: Die Idee von PrivateSent – CoinJoin – war der eigentliche Grund, warum Dash Masternodes eingeführt hat. Die Masternodes sammeln Transaktionen von anderen Knoten und verschmelzen sie mit einem aktualisierten und erweiterten CoinJoin. Dabei sprechen sie sich durch ein spezielles Protokoll ab.
- InstantSend: Mit der Neuerfindung als Dash haben die Entwickler begonnen, das Masternode-System auszubauen. So können die Masternodes einen internen Konsens darüber bilden, welche Inputs für welche Outputs reserviert sind, und damit Transaktionen fast in Echtzeit bestätigen.
- Dezentrale Blockchain-Regierung: Die Masternodes stimmen ferner über Vorschläge ab, was die Entwicklern programmieren sollen, und verteilen 10 Prozent der Mining-Erträge am Ende eines Monats, um die beschlossenen Projekte zu finanzieren. Mit diesem System gelang es den Dash-Entwicklern etwa, im Frühjahr 2016 das Blocksize-Limit innerhalb von 24 Stunden auf 2 MB zu erhöhen.
Wird Dash von irgendjemandem benutzt?
Man kann sagen, was man will: Das sind Ideen mit Potenzial. Im Prinzip könnte man sogar so weit gehen, zu behaupten, dass Dash all die Probleme und Sorgen löst, über die Bitcoin seit Jahren zankt. Und zwar auf eine recht elegante Weise:
- Die Anreize für Masternodes halten das Netzwerk auch bei großer Last aufrecht
- PrivateSent verbessert die Privatsphäre und Fungibiliät
- InstaSent ermöglicht das Bezahlen vor Ort und in Echtzeit
- Die dezentrale Regierung hilft dem Netzwerk, einen Konsens über die weitere Entwicklung zu finden und zu bekräftigen
Alles Dinge, die man sich für Bitcoin auch wünschen kann. Wie gut sie aber umgesetzt sind, und ob sie überhaupt benutzt werden – das weiß ich nicht wirklich. Schaut man sich die Charts an, sieht es nicht nach viel Aktivität aus:
Die Anzahl der täglichen Transaktionen stagniert seit 2014 mit unter 5.000 am Tag. Natürlich könnte es sein, dass es PrivateSent Transaktionen von Masternodes sind, die viele andere Transaktionen bündeln, so dass der tatsächliche Anstieg der Nutzung von Dash als besonders private Währung gar nicht sichtbar ist. Spricht ja für die Sache. Es wäre interessant, zu erfahren, ob die Größe der Blöcke gestiegen ist. Aber dazu finde ich gerade nichts (wer etwas weiß, nur raus damit!). Dass jedoch auch das durchschnittliche tägliche Transaktionsvolumen in Dollar bis zum Anstieg des Preises vor kurzem stagniert, spricht zumindest nicht dafür, dass wirklich viel passiert ist, was die Potenzierung des Preises in den letzten Wochen rechtfertigt.
Mit einer Größe von gut 1 Gigabyte ist die Dash-Blockchain im Vergleich mit Bitcoin winzig. Allein im vergangenen Jahr ist die Bitcoin-Blockchain um 40 Gigabyte gewachsen. Dass Dash die Kapazität, die derzeit auf Bitcoin lastet, ertragen kann, muss es erst noch beweisen. Dash könnte die Lösung sein, um auf einer Blockchain „onchain“ Kapazität zu schaffen, während der Trend der Bitcoin-Entwicklung eher darauf zielt, „offchain“ Kapazität bereit zu stellen. Es ist denkbar, dass genau das der Grund für die derzeitige Rally von Dash ist – es bietet eine alternative Vision der Skalierung. Aber all das bedeutet nicht, dass Dash das Scalability-Problem bereits gelöst hat.
Was mich persönlich jedoch mehr abschreckt, ist das Instamining. Ich finde, dass ein gutes Geld nicht auf diese Weise entstehen sollte. Aber ich weiß auch nicht genau, was dabei geschehen ist. In einem offiziellen Statement dazu schreibt Dash:
Fakten zum Instamining
1. Es gab kein Premining in Dash
2. ~1,86 Millionen in den ersten 24, ~2,02 Millionen in den ersten 48 Stunden
3. Das repräsentiert etwa 10-15 Prozent der vollständigen Menge, die jemals ausgegeben wird
4. Diese Schöpfung übersteigt die vorhergesehene und angekündigte Rate um ein weites
Laut Dash wurden die meisten dieser Coins schon lange in Umlauf gebracht. Keiner hatte damals geahnt, dass Dash einmal ein so großes Ding werden wird. Wäre möglich und würde den negativen Effekt des Instaminings zumindest teilweise ausspülen.
Aber es gibt noch weitere Gründe, vorsichtig zu sein: Ist PrivateSent wirklich privat? Oder ermöglicht es den Masternodes sogar, noch mehr Transaktionsdaten zu sammeln? Etwa die Adresse und IP? Reduziert das System der Masternodes die normalen Nodes zu Light-Wallets? Und überhaupt: Ist es die Vision von Dash, dass es nur Miner und Masternodes gibt? Dass Masternodes langfristig Banken werden und alle andere von ihnen abhängig sind? Reproduziert Dash genau jene Abhängigkeit von Mittelsmännern, von denen Bitcoin befreit hat?
All das sind Fragen, die man im Hinterkopf behalten sollte, falls man darüber siniert, in eine Kryptowährung einzusteigen, die ihren Wert im Lauf der letzen 15 Monate mehr als verzwanzigfacht hat. Aber es ändert nichts daran, dass Dash Potenzial hat.