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FIO: Das universelle Alias-System für alle Kryptowährungen

Grafik auf FIO Webseite

Das FIO-Protokoll verknüpft einfach zu merkende Aliase mit Adressen beliebiger Kryptowährungen. Es ist noch sehr jung, hat es aber schon in einige Wallets geschafft und ist mit so gut wie jedem Coin kompatibel. Der Trick von FIO ist, dass es selbst aus einer Blockchain besteht – was in diesem Fall tatsächlich sehr viel Sinn ergibt.

Im Prinzip sind sich alle einig, dass Blockchain-Adressen eine der dümmsten und unbequemsten Erfindungen sind, seit es Bitcoin gibt. Adressen sind eine scheußlich lange, unmöglich zu merkende Zahlenkombination, die unhandlich, umständlich und abschreckend ist. Solange Kryptowährungen über Adressen laufen, werden sie ein Nerd-Phänomen bleiben, das gewöhnliche Menschen, die ihren Kopf woanders haben, eher nicht benutzen werden.

Glücklicherweise gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Adressen zu vermeiden. Sogenannte „Alias-Protokolle“ verknüpfen Adressen mit einem einfach zu merkenden Handle, beispielsweise im Format einer E-Mail-Adresse. Wir haben bereits Open Alias für Bitcoin und Monero vorgestellt, PayMail für Bitcoin SV, ENS Domains für Ethereum sowie PayID für Ripple. Heute widmen wir uns einem fünften Alias-Protokoll: FIO.

FIO ist, um das voranzustellen, das vielleicht interessanteste Alias-Protokoll, und das einzige bisher vorgestellte, das das Zeug hat, tatsächlich zum universellen Alias-System für ALLE Kryptowährungen zu werden.

Technische Übersicht

Anders als die bisher vorgestellten Systeme ist das FIO Protokoll selbst eine Blockchain und Kryptowährung. Die Entwickler haben am Anfang gut 680 Millionen FIO-Token erzeugt, die sie sich selbst und der von ihnen gegründete FIO Foundation gutgeschrieben oder für Giveaways, die Entwicklung und Marketing reserviert haben. Weitere knapp 320 Millionen Token werden im Lauf der Zeit für die Block-Produzenten, die Foundation und neue User erzeugt werden. Aber das Token ist an sich eher eine wichtige Nebensache – es dient der Entwicklung des Protokolls und als Spamschutz.

Die FIO-Blockchain ist eine DPoS-Blockchain nach dem Vorbild von EOS, Lisk oder Steem. DPoS steht für Distributed Proof of Stake und meint, dass die Token-Besitzer die Blockproduzenten wählen, die neue Blöcke bilden. DPoS hat sich als Konsensalgorithmus bewährt, um stabile, schnelle, gut skalierbare und anpassungsfähige, aber teils nicht ganz so dezentrale Blockchains zu bilden.

FIO benutzt die eigens gegründete Blockchain als dezentrale Datenbank, um Krypto-Adressen mit Aliasen zu verbinden. Man registriert durch eine Transaktion ein Alias, das die Form von Name@Domain hat, wobei die Domain beispielsweise eine Wallet ist. Ich habe mir etwa mit der Wallet Edge das Alias chrietzsche@edge geholt. Anschließend kann man diesem Alias Adressen zuordnen, was durch weitere Transaktionen geschieht. Wallets, die FIO unterstützen, können dann die Aliase auflösen.

In Zukunft wird man wohl FIO-Token benötigen, um solche Domains zu registrieren. Die Edge-Wallet erlaubt dafür schon jetzt, eine andere Kryptowährung zu benutzen, die dann wohl gewechselt wird. Die von mir ebenfalls getestete Midas-Wallet dagegen nutzt ein Gratisprogramm von FIO, um Usern kostenlose Domains zu gewähren. Gerade am Anfang dürfte es sich die Foundation leisten können, so viele Adressen zu spendieren, wie die User wünschen.

Daneben erlaubt FIO auch, Zahlungsaufforderungen zu versenden: So kann jemand an mich, also an chrietzsche@edge, eine Rechnung senden, durch die er von mir einen bestimmten Betrag verlangt. Diese Rechnung wird dann als Transaktion auf der FIO-Blockchain prozessiert, meine Wallet erkennt sie und fordert mich auf, die Rechnung zu bezahlen. Zumindest wäre das der ideale Fall.

Darüber hinaus kann man durch FIO an Zahlungsaufforderungen oder auch an beliebige Zahlungen Nachrichten hinzufügen. Diese sind dann in der Regel so verschlüsselt, dass lediglich der Empfänger sie lesen kann.

Dass FIO eine Blockchain hat, die nur für Adressauflösungen zuständig ist, ist an sich ein brillanter Zug. Die FIO Foundation kann die Blockchain so gestalten, dass sie diese Aufgabe perfekt erfüllt und noch weitere, damit zusammenhängende Funktionen übernimmt. Dass man etwa Zahlungsaufforderungen verschicken und Zahlungen Nachrichten anhängen kann, ist eine klasse Funktion. Sehr gut vorstellbar ist auch, dass dank der FIO Blockchain in Zukunft Multisig-Zahlungen endlich userfreundlich werden und vieles mehr.

Integration

Wie jedes Alias-Protokoll ist FIO nur so viel wert, wie die Verbreitung in den Wallets. Das genialste System bringt nichts, wenn man es nicht benutzen kann, und Open Alias und PayID können noch so sehr behaupten, sie seien offene, blockchain-übergreifende Systeme, wenn die Wahrheit der Wallets unmissverständlich zeigt, dass es Systeme für Monero und Bitcoin bzw. Ripple sind.

Wie also sieht es bei FIO aus?

Ein Vorteil, den FIO durch die eigene Kryptowährung hat, ist es, dass die Foundation massenweise Token hat, um sie an Wallets und Börsen zu verschenken, die das FIO Protokoll implementieren. Daher sieht die Integration des noch sehr jungen Protokolls in Wallets gar nicht so schlecht aus:

Die Wallets Edge und Midas haben FIO schon weitgehend implementiert. Zumindest erlauben sie es, FIO-Adressen zu registrieren, mit verschiedenen Coins zu verbinden und an diese zu bezahlen. Edge ermöglicht es auch, an andere FIO-Accounts Zahlungsaufforderungen zu versenden, doch die von mir getestete Midas-Wallet hat davon leider nichts mitbekommen.

Laut FIO-Webseite hat Guarda FIO ebenfalls bereits implementiert. In der Web Wallet konnte ich zwar einen Account registrieren, doch angezeigt wurde er mir nicht, und er hat wohl auch niemals die Blockchain ereicht. In der Android-Version dagegen habe ich die Option gar nicht erst gefunden. Neben diesen Wallets haben laut Webseite auch die Wallets Scatter, Tribe, Trust Wallet und Infinito FIO implementiert. Um ehrlich zu sein kenne ich die Wallets nicht, zum Teils handelt es sich um Multicoin-Wallets, zum Teil um EOS-Wallets. Weitere Wallets sind bereits dabei, FIO zu integrieren, andere breiten sich darauf vor.

Das schlagende Argument für FIO ist gar nicht mal, dass es bereits nach kurzer Zeit eine so weitreichende Wallet-Integration aufweist. Es ist vielmehr, dass FIO als bisher einziges der untersuchten Alias-Protokolle tatsächlich blockchain-agnostisch ist. Die meisten Wallets erlauben es, Dutzende, wenn nicht hunderte von Coins zu benutzen.

Während ich mit den bisherigen Protokollen zum Teil eine große Mühe hatte, sie auch nur auf einen Coin anzuwenden, kann ich euch hier mitteilen, dass ihr mir an chrietzsche@edge BTC, BCH, ETH, XRP, EOS, LTC, BSV, XLM, DASH, XTZ und XMR schicken könnt. Falls mir jemand in einer weiteren Währung spenden möchte, kann ich das jederzeit freischalten. Diese weite Bandbreite macht FIO tatsächlich zu dem, was Open Alias und PayID gerne sein wollen: Einem blockchainübergreifenden Alias.

Diskussion

Die bemerkenswert weite Integration in den Wallets dürfte nicht nur an den Bounties der FIO Foundation liegen, sondern an der Architektur.

Denn bei Systemen wie Open Alias, PayMail oder PayID müssen die Wallets das Alias hosten: Sie müssen es auf einem Server abspeichern und auf Anfrage auflösen. Das bedeutet für die Wallet ein permanentes Investment in Infrastruktur, und es nimmt sie in Verantwortung, sich beispielsweise gegen Hacker zu schützen.

Bei FIO dagegen müssen die Wallets lediglich das machen, was sie sowieso die ganze Zeit machen – nämlich mit einer Blockchain interagieren – um eine Adresse aufzulösen. Dies gibt FIO einen bedeutenden Vorteil gegenüber anderen Systemen und sorgt für eine zügige Integration vor allem bei Multicoin-Wallets.

Weniger schön dagegen ist die Privatsphäre. Wie schon bei ENS, Open Alias und PayID ist die Verknüpfung von Alias und Adresse vollkommen transparent. Wer mein Alias kennt, weiß genau, wie viel ich auf welcher Blockchain damit empfangen habe und was ich damit gemacht habe. Das macht ein solches Alias für ernsthafte Zwecke im Prinzip unbenutzbar, wenn man keine private Blockchain wie Monero benutzt. Zumindest sollte man sich im klaren sein, dass man auch mit FIO seine Hosen herunterlässt.

Die Auflösung Onchain macht diese Sache eher noch schlimmer: Bei Open Alias kann man die Adresse immerhin gelegentlich ändern, bei PayID im Prinzip auch. Wie bei ENS wird sie bei FIO dagegen für immer sichtbar sein. Immerhin hat FIO vor, in Zukunft „Freundeslisten“ einzuführen: Listen von Freunden, die das Alias entschlüsseln können, während es für den Rest der Welt verborgen bleibt. Wenn man dann viele FIO-Adressen erzeugt und diese selektiv weitergibt, könnte daraus eine zumindest in Teilen akzeptable Privatsphäre entstehen.

Dennoch bleibt PayMail für Alias-Systeme auf transparenten Blockchains die einzige Option, die eine gute Privatsphäre gewährt. Wenn man dagegen Monero benutzt, kann man dagegen ruhigen Gewissens sowohl Open Alias als auch FIO verwenden.

Sieht man aber von der Privatsphäre ab, ist FIO das vielleicht vielversprechendste Alias-System, das es derzeit für Kryptowährungen gibt – und, wer weiß: Warum sollte FIO in Zukunft nicht auch für Banken und andere Zahlungsmittel gelten?

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