Hinweis: Dieser Artikel ist vom 25. November 2012 und erfährt in Kürze ein Update mit den neusten Entwicklungen.
Wohin fährt der Bitcoin-Zug? Diese Frage bekomme ich in letzter Zeit sehr oft gestellt. Sie zu beantworten, ist nicht leicht, denn die Zukunft voraussagen kann auch ich nicht. Dennoch gibt es aus meiner Sicht viele Gründe, die kurz-, mittel- und auch langfristig eher für einen weiterhin steigenden Kurs als für einen sinkenden Kurs sprechen. Diese Gründe möchte ich nachfolgend einmal einzeln betrachten.
Disclaimer: Dies ist keine Anlageempfehlung! Ich habe persönlich selbst ein wenig in Bitcoins investiert und werde wohl auch weiter kaufen 😉 Jedem Bitcoin-Einsteiger sei gesagt, dass ein Investment in Bitcoins im schlimmsten Fall (wie auch bei Aktien, Anleihen, Währungen…) zu einem Totalverlust führen kann. So gesehen gibt der nachfolgende Text meine persönliche Meinung wieder und soll Chancen und Risiken eines Investments in Bitcoins gleichermaßen beleuchten.
1. Steigende Popularität
Um die Popularität eines Themas zu messen, gibt es verschiedene Ansätze. Eine Möglichkeit ist, z.B. Google Trend zu nutzen. Wenn man dort nach dem Thema Bitcoin sucht erhält man folgendes Ergebnis:
Man kann gut erkennen, dass nach dem Hype im Juni/Juli 2011 das Interesse am Thema Bitcoins erst einmal spürbar nachgelassen hat. Die Gründe hierfür sind vermutlich den meisten Bitcoin-Usern bekannt, aber ich will diese für Neueinsteiger noch einmal kurz erläutern:
Der Hauptgrund für das nachlassende Interesse ist im sinkenden Kurs zu suchen, der in Folge einer deutlichen Überhitzung im Juni 2011 seinen Höhepunkt erreichte. Viele User, die gar nicht wussten, was Bitcoins überhaupt sind, investierten ihr Geld in Bitcoins in der Hoffnung, das schnelle Geld zu machen. Wie der alte Börsenfuchs André Kostolany schon zu sagen pflegte: „Börse ist reine Psychologie und wenn die Gier anfängt, das Hirn zu fressen, dann ist der Crash nicht mehr weit…“. Mitten im Sinkflug des Kurses wurde dann auch noch die größte Bitcoin-Börse, Mt. Gox, gehackt, was die eh negativ gegenüber Bitcoins eingestellte Presse fälschlich als Sicherheitslücke im Bitcoin-System darstellte. Vielmehr waren es aber Sicherheitsprobleme bei mehreren Bitcoin-Dienstleistern und keine Fehler im Bitcoin-System selbst. Egal, die Unsicherheit vieler Bitcoin-User führte zu vielen Verkäufen, was den Kurs bis auf einen Preis von rund $2 USD im Dezember 2011 fallen ließ. Wie man sieht, gleicht die Bitcoin-Kursentwicklung fast 1:1 dem Google Trend:
Wenn man sich die Statistiken im größten Bitcoin-Forum anschaut, dann kann man gut erkennen, dass die Aktivität der User (=steigende Anzahl der Beiträge) dort erst wieder ab April 2012 angezogen ist und die steigende Aktivität dieser User seit August 2012 auch wieder zu spürbar steigenden Registrierungen neuer User geführt hat. Von einer Trendwende zu sprechen, wäre vermutlich noch zu früh, aber der Trend verfestigt sich und ein langsames, aber dafür nachhaltiges Wachstum ist den meisten Bitcoin-Fans bestimmt lieber als ein neuer Hype mit anschließendem Katzenjammer.
2. Halbierung der „Bitcoininflation“ am 2928.11.2012
Donnerstag, den 29.11.2012 Mittwoch, den 28.11.2012, soll es soweit sein. An diesem Tag wird voraussichtlich der 210.000ste Block mit 50 neuen Bitcoins generiert. Die genaue Uhrzeit, wann es soweit sein wird, könnt Ihr unter bitcoinclock.com einsehen. Die Gesamtmenge aller Bitcoins wird an diesem Tag 10,5 Mio. Bitcoins erreichen. Das ist die Hälfte aller jemals in den Umlauf kommenden Bitcoins, denn bei 21 Mio. Bitcoins ist Schluss, aus, vorbei, Ende-Gelände. Mehr als 21 Mio. Bitcoins wird es niemals geben (können), da der Algorithmus, auf dem das Bitcoin-System basiert, dann quasi zu Ende gerechnet ist. Die maximale Anzahl von Bitcoins wird erst ca. im Jahr 2130 erreicht sein, wobei zwischen dem Jahr 2033 und 2130 nur noch rund 330.000 Bitcoins hinzukommen werden. Die genaue Entwicklung könnt Ihr im Bitcoin-Wiki einsehen. Was auch noch berücksichtigt werden muss: jeden Tag werden einige Bitcoins wegen fehlender Backups oder verlorener Passwörter praktisch vernichtet. Diese Bitcoins existieren zwar noch, aber da niemand sich als der rechtmäßige Eigentümer ausweisen kann, können diese Bitcoins nicht mehr genutzt werden. So gesehen wird die Anzahl aller Bitcoins im Umlauf langfristig sogar schrumpfen. Das wäre in etwa so, als wenn man Eigentümer aller noch existierenden 12 blauen Mauritius Briefmarken wäre und 11 davon in einer öffentlichen Aktion vernichten würde. Der Wert der übrig gebliebenen Marke würde nach so einer Maßnahme sehr wahrscheinlich extrem steigen.
Am 29.11.2012 28.11.2012 feiern wir also sozusagen das „Bitcoin-Bergfest“. Das ist jedoch nicht die einzige Besonderheit an diesem Tag. Denn gleichzeitig mit der Generierung des 10.500.000sten Bitcoins wird sich die Menge der ca. alle 10 Minuten neu hinzukommenden Bitcoins von 50 auf 25 halbieren. Pro Tag wird es dann also statt (wie bisher) 7.200 neue Bitcoins nur noch 3.600 geben. Die Halbierung erfolgt alle 210.000 Blocks bzw. ca. alle 4 Jahre.
Wenn wir jetzt also mal hypothetisch davon ausgehen, dass die Nachfrage von potenziellen Bitcoin-Käufern nicht steigt, sondern einfach nur so bleibt wie sie ist, aber die Anzahl der neu hinzukommenden Bitcoins sich halbiert, dann kann der Bitcoin-Preis eigentlich nur steigen. Denn eine gleichbleibende oder steigende Nachfrage bei gleichzeitig halbiertem Angebot führt gemäß den Gesetzen des freien Marktes unweigerlich zu einem steigenden Preis. Das ist auf dem Fischmarkt in Hamburg so und ist auf dem Bitcoin-Markt nicht anders – Angebot und Nachfrage regeln immer den Preis.
Soviel zum 1×1 der Börse und aller Märkte dieser Welt. Eine Garantie für einen steigenden Preis gibt es natürlich nicht, aber die Wahrscheinlichkeit, dass der Preis nach dem 29.11.2012 weiter steigen wird, ist aus meiner Sicht wesentlich größer als die Wahrscheinlichkeit, dass nichts passieren wird oder gar der Bitcoin-Preis sinkt.
3. Immer mehr Applikationen, Dienstleister und Akzeptanzstellen
Aber auch in der Offline-Welt tut sich einiges. So kann man nicht nur Edelmetalle wie Gold oder Silber mit Bitcoins kaufen, man kann auch schon länger sein Bier und Burger im Berliner Room77 mit Bitcoins bezahlen. Dem Betreiber des Room77, Jörg Platzer, ein Bitcoinpionier der ersten Stunde und Gastgeber des monatlichen Berliner Bitcoin Stammtischs, geht das aber noch nicht weit genug. Er rief vor zwei Wochen den „Berliner Bitcoin Kiez“ aus und machte sich am „Bitcoin Friday“, dem neuen jährlichen Bitcoin-Feiertag, auf die Socken, um mit freiwilligen Helfern weitere Kneipen und Restaurants als Bitcoin-Akzeptanzstellen zu gewinnen. Neben dem Room77 konnten 3 weitere Lokalitäten erschlossen werden.
Es versteht sich von selbst, dass mit immer mehr Apps, Dienstleistern und Akzeptanzstellen natürlich auch die Popularität und vermutlich auch die Nachfrage nach Bitcoins steigen wird. Denn wer mit Bitcoins bezahlen möchte, muss welche kaufen oder aber generieren. Dem Thema „Bitcoins generieren“ oder besser gesagt dem sogenannten „Bitcoin Mining“ widmet sich der nächste Punkt.
4. Steigende Investitionen der Bitcoin-Miner
Daher braucht man als Bitcoin-Miner schon seit einigen Monaten leistungsstarke Grafikkarten, deren GPUs (=Graphics Processing Units) die schwierigen Rechenaufgaben viel schneller lösen können als herkömmliche CPUs, die in normalen Notebooks und PCs verbaut werden. Jetzt ist es aber so, dass je mehr User weltweit sich an dem Lösen dieser Rechenaufgaben beteiligen, sich die Wahrscheinlichkeit, Bitcoins zu erhalten, immer weiter verringert. Einzige Lösung: man muss immer wieder mehr und/oder stärkere Rechner anschaffen – ein ständiges Wettrüsten also unter den Minern auf der ganzen Welt.
Dieser Rüstungswettbewerb hat dazu geführt, dass mittlerweile eine richtige „Mining-Industrie“ entstanden ist. Es gibt Unternehmen wie butterflylabs.com oder btcfpga.com, die ausschließlich damit Geld verdienen, immer bessere sogenannte „Mining-Rigs“ zu entwickeln und zu verkaufen. Solche Mining-Rigs besitzen in der Regel keinen Anschluss für Bildschirm und Tastatur und haben nur einen Zweck: Bitcoins zu generieren. Das teuerste Rig von Butterflylabs kostet fast 30.000 US Dollar! Und wer denkt, die hätten davon noch keine „Kiste“ (siehe Bild) verkauft, der irrt. Ich konnte die Auktion auf der diesjährigen Bitcoin-Konferenz in London live mitverfolgen, als so ein „Mini Rig“ (altes Modell) für umgerechnet rund 20.000,- Euro ersteigert wurde.
Die neue Generation der Bitcoin-ASIC-Miner steht quasi kurz vor der Auslieferung und wird ungefähr das 60fache (!) der Leistung im Vergleich zu den aktuellen Mining-Rigs haben. Das bedeutet natürlich unweigerlich, dass jeder Bitcoin-Miner, der weiterhin Bitcoins generieren möchte, sich wohl oder übel neue Hardware anschaffen muss, da man in Kürze mit den alten Mining-Rigs keine „Kartoffel mehr vom Acker ziehen“ wird – wie man bei uns in Ostwestfalen so zu sagen pflegt 😉 Auf Deutsch: die Kosten für den Strom, den man für ein aktuelles Mining-Rig investieren muss, um Bitcoins zu generieren, werden schon bald (nach Einführung der neuen Mining-Rig-Generation) nicht mehr im Verhältnis stehen zu den Preisen, die man für den Verkauf der „geminten“ Bitcoins bekommt. Ergo: es wäre in diesem Fall billiger, die Bitcoins auf Marktplätzen zu kaufen, als selbst welche zu generieren.
Warum dies zu einem steigenden Preis führen wird? Nun ja, die Miner investieren eine Menge Geld in neue Hardware und das natürlich nicht zum Spaß. Da soll jeder in Hardware und Strom investierte Euro und Dollar wieder eingespielt werden. Das führt jedoch dazu, dass nur wenige Miner ihre Bitcoins bei schlechten Preisen auf dem Markt verkaufen. Im Zweifelsfall bunkern sie ihre geminten Bitcoins und hoffen auf steigende Preise. Natürlich gilt das nicht für alle Miner. Wer sein „letztes Hemd“ in teure Mining-Hardware investiert hat, der ist in der Regel gezwungen, die generierten Bitcoins sofort in Fiat-Money (=Euro, US-Dollar ect.) umzutauschen. Gleiches würde bei länger fallenden Kursen gelten. Da könnten dann schon mal größere Mengen Bitcoins auf den Markt kommen, weil einige „zittrige Hände“ (auch dieser Begriff wurde vom Börsenfuchs André Kostolany geprägt) dann panisch ihre Bitcoins auf den Markt werfen würden, was die Preise weiter drücken würde. Insgesamt werden die steigenden Investitionen in Bitcoin-Hardware aber aus meiner Sicht eher zu steigenden Bitcoin-Preisen führen.
5. Zuspitzung der Eurokrise / fehlende Investitionsmöglichkeiten
Nun ja, eine Folge der Euro-Krise ist auf jeden Fall, dass Anleger in der Eurozone (und der ganzen Welt) sich viele Gedanken machen, wo sie denn ihr liebes Geld anlegen sollen. Da werden dann immer die gleichen „Säue durchs Dorf getrieben“ und Immobilien in 1a-Lagen, sichere Unternehmensanleihen und Aktien von vermeintlich gesunden Unternehmen empfohlen. Natürlich dürfen Edelmetalle – und hier vor allem Gold – nicht fehlen, die nach Expertenmeinung zu 5-10% in jeden guten Anlagemix gehören.
Grundsätzlich kann wohl festgehalten werden, dass es immer sinnvoll ist, auch finanziell auf mehreren Beinen zu stehen. Niemand wird wohl sein ganzes Vermögen in Beton investieren. Auch kann niemandem ernsthaft empfohlen werden, sein ganzes Vermögen in Gold zu parken. Gold ist nach Expertenmeinung immer noch das sicherste aller klassischen Investments – wenn es mal ganz hart kommen sollte und man die Beine in die Hand nehmen muss. Gold war seit Menschengedenken noch nie nichts wert und kann in kleineren Mengen gut transportiert werden – natürlich unter Berücksichtigung des Verlustrisikos durch Diebstahl, Raub und Beschlagnahmung.
Das charmante an Bitcoins ist, dass man diese ohne Probleme über Grenzen hinweg digital transportieren und verschicken kann. Man könnte z.B. seine Bitcoins auf einem USB-Stick transportieren oder (sofern man davon ausgehen kann, dass das Internet nicht mal weltweit abgeschaltet wird) man legt sich ein paar Bitcoins in die Cloud bei Dropbox & Co. oder man schickt sich seine Bitcoins als Anhang einer E-Mail an sich selbst und ruft sie dann im Ausland ab – alles verschlüsselt, versteht sich 😉
Aber warum soll der Bitcoin-Preis durch die aktuelle Währungs- und Verschuldungs-Krise steigen? Ganz einfach: es fehlt einfach an wirklich guten alternativen Anlagemöglichkeiten. Bitcoins können da eine (!) von mehreren Möglichkeiten sein, das eigene Vermögen auf mehrere Anlageformen zu verteilen. Diversifizierung ist hier das Stichwort. Ich selbst würde niemanden ernsthaft empfehlen, einen großen Teil seines Geld in Bitcoins zu investieren. Dafür gibt es auch einige Dinge die noch schiefgehen können.
Soweit zu den Gründen, warum ich der Meinung bin, dass der Bitcoin-Preis in den nächsten Wochen und Monaten weiter steigen wird. Natürlich gibt es wie immer im Leben eine zweite Seite der Medaille mit Risiken, die ich auch kurz beleuchten möchte:
Fehler im Bitcoin-System
Mit jedem Tag unwahrscheinlicher, aber nicht völlig auszuschließen, sind Fehler im Bitcoin-System. Auch wenn es sich beim Bitcoin-System um eine Software mit offenem Quellcode handelt und jeder Hacker dieser Welt die letzten 4 Jahre Zeit hatte, Fehler im System zu finden, so ist es dennoch nicht 100-prozentig auszuschließen, dass doch noch irgendwo Sicherheitslücken existieren, die ausgenutzt werden könnten. Auch gibt es weiterhin die theoretische Gefahr, dass ein potenzieller Angreifer über 50% der Rechenleistung im Bitcoin-System stellt und damit faktisch das Bitcoin-System in seine Kontrolle bringen könnte. Mit jedem weiteren Bitcoin-Miner sinkt diese Gefahr jedoch.
Verbot von Bitcoin durch die Staatengemeinschaft
Sollten sich die Staatengemeinschaft oder einzelne Staaten entschließen, Bitcoins zu verbieten, dann würde das natürlich erst einmal dramatische Folgen für den Bitcoin-Kurs haben. Auch wenn selbst die EZB und das FBI davon ausgingen, dass es (sofern überhaupt möglich) technisch sehr schwer werden würde, ein Bitcoin-Verbot durchzusetzen, so würde allein das Verbot von Bitcoin-Handelsplätzen wie bitcoin.de zu einer extremen Verunsicherung im Markt führen und viele Panik-Verkäufe nach sich ziehen. Bitcoins wären dann wirklich nur noch eine „Untergrundwährung“ und würden in diesem Bereich bestimmt erst recht und noch verstärkt genutzt werden. Denn letztlich wäre ein Verbot indirekt ein Beleg dafür, dass das Bitcoin-System funktioniert und großes Potenzial hat.
Ich freue mich über jeden Kommentar mit weiteren Gründen für einen steigenden Bitcoin-Preis sowie weiteren Risiken und über allgemein helfende Kritik, diesen „lebenden“ Blogpost noch besser zu machen.
Foto Chartanalyse mit Frau © Konstantin Gastmann / pixelio.de
