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ICO: Die eierlegende Wollmilchsau der Projektfinanzierung – oder doch nur Hype und Abzocke?

ICO, die Distribution von Token durch einen Vorverkauf, ist immer häufiger DAS Instrument, um Blockchain-Projekte zu finanzieren. In dieser Woche ging der ICO von FirstBlood – ein Blockchain-E-Sport-Projekt – wegen des starken Andrangs nach zwei Minuten zu Ende, während das noch anlaufende ICO von Iconomi – das selbsternannte „Uber for Fund Management“ – 7 Millionen erreicht hat. Gleichzeitig gibt es dutzende weitere ICOs. Sind ICO die eierlegende Wollmilchsau der Projekt-Finanzierung – oder nur eine weitere Blase der Krypto-Wirtschaft?

Wo fangen wir an? Bei der ICO, der „Initial Coin Distribution“, einer gnadenlos guten Idee, um Geld dafür zu bekommen, eine Idee zu haben. Man verspricht, eine wunderbare Kryptowährung zu erschaffen, und verkauft deren Einheiten im Vorfeld gegen Bitcoin oder andere Kryptowährungen, um damit die Entwicklung zu finanzieren. Wenn die Coins dann einmal auf den Altcoin-Börsen aufschlagen, können die Investoren sie (hoffentlich) mit einem Aufschlag verkaufen.

Von Mastercoin bis IOTA

Das erste mir bekannte ICO war 2013 von Mastercoin. Der Mastercoin-Entwickler hat Bitcoins, die an ihn geschickt worden sind, gegen eine vielfache Anzahl von Mastercoins verkauft. Mastercoins sollten, so sein Versprechen, auf dem Bitcoin aufsitzen und verrückte Dinge machen wie Token bilden oder Verträge bilden. Die Bitcoin-Blockchain wurde dabei zur öffentlichen und auditsicheren Nachweis für das Investment.

Das Konzept war schon damals irre erfolgreich. Der Entwickler hat rund 1 Million Dollar eingenommen, die Mastercoins gingen später zum zehnfachen Preis weg, und es entstand das ganze Universum von Mastercoin, Counterparty und Omni, das es nach drei Jahren dazu gebracht hat, dass BitFinex nach dem Hack Anteile auf Omni-Basis herausgibt.

Mit Ethereum hat das ICO-Konzept eine ganz neue Stufe erreicht. Die Ethereum-Foundation hat mehr als 10 Millionen Dollar (in Bitcoin) für die „Ether“ genannten Geldeinheiten der noch zu bildenden Ethereum-Blockchain eingenommen. Was damals unerhört viel schien, zeigte sich später als Schnäppchen, als die Ethereum-Investoren ihre Ether für das 20-40-fache verkaufen konnten.

Geradezu ins Absurde wurde die Sache schließlich getrieben, als die DAO startete, und die Eigentümern der (mittlerweile extrem im Wert gestiegenen) Ether-Token mehr als 150 Millionen Dollar (in Ether) investierten. Weniger spektakulär, aber immer noch eine relativ große Nummer waren die ICO von Lisk (3-4 Millionen) und IOTA (0,5 Millionen). Abgesehen von der DAO – die gehackt wurde – haben sich die hier genannten ICO für die Investoren durchgehend rentiert.

Disruptiv, einfach, gefährlich

Das ICO-Konzept ist genial und naheliegend. Es ist ein Musterbeispiel dafür, wie man eine Blockchain – ob Bitcoin oder Ethereum – nutzt, um Eigentumsrechte an Token zu definieren, die in irgendeiner Weise im Zusammenhang zur Wertentwicklung des sie herausgebenden Projektes stehen. Mit der Ethereum-Blockchain ist es sogar möglich, die Token als Smart Contract so anzulegen, dass sie automatisch entstehen, wenn Ether an eine Adresse eingezahlt werden. Die Perfektion dieses Vorgangs war vermutlich mit ein Grund, weshalb die DAO eine so bizarr hohe Summe einsammeln konnte.

ICOs zeigen, was „Blockchain-Technologie“ für den Finanzmarkt bedeutet. Man kann sich ohne Bankkonto, ohne Anmeldung, in Sekunden oder Minuten, in ein Projekt einkaufen und diesen Einkauf auditsicher nachweisen. Eine ICO ist Crowdfunding bzw. -investing auf Kokain. Sie macht es jedem extrem einfach, sehr viel Geld mit nicht mehr als einem Slogan und einer Webseite einzunehmen. Dass man solche Angebote mit Vorsicht genießen sollte, versteht sich von selbst. Nicht nur trotz, sondern gerade wegen des riesigen Erfolgs vergangener ICOs.

Es gibt Dutzende von ICOs. Alleine derzeit laufen laut der Übersichtsseite ico-list.com 17 ICOs. Noch mehr starten bald, und genauso viele sind schon vorbei. Unter denen, die gerade laufen, ist eine Blockchain basierte Versicherung (Bitpark), ein Blockchain-Supply-Chain-Projekt (blockfreight), ein chinesisches Medienunternehmen (iSunMedia), die „Next Generation Blockchain“ Synero, die Wallet Lykke, eine Plattform zum Handel und Austausch von SmartContracts und Tokens (deCLOUDs) und allerlei nebulöses und unnützes. Was dabei ein ernstgemeintes Projekt ist und was eine Nebelfahne, ist schwer zu erkennen. Daher, nochmal: bitte mit Vorsicht investieren.

Mehr als 15 Millionen Dollar: Die drei erfolgreichsten aktuellen ICO

Die drei erfolgreichsten aktuellen ICO-Projekte sind ICONOMI, FirstBlood und Synero:

Alleine diese drei Projekte haben mehr als 15 Millionen Dollar eingespielt. Irre, oder? Bei aller notwendigen Skepsis gegenüber der Monsterblase, die sich derzeit offenbar bildet, und trotz der berechtigten Bedenken, ein „Token ohne Projekt“ zu kaufen – hier formt sich gerade ein neuer, spannender Markt, der das Crowdfundung und Investment neu erfindet. Es wird hohe Gewinne, aber auch hohe Verlust geben.

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