Website-Icon BitcoinBlog.de – das Blog für Bitcoin und andere virtuelle Währungen

Zur Vorbereitung auf stürmische Tage: Was kann Ende Juli und Anfang August mit Bitcoin passieren?

Irgendwann muss man eigene Wege gehen. Bild: "Stille Trennung" von C MB 166, aufgenommen im Zoo von Leipzig, geteilt über flickr.com. Lizenz: Creative Commons

SegWit2x, UASF, UAHF: Die kommenden Wochen können ganz schön aufregend sein. Bitcoins Blocksize-Debatte spitzt sich zu. Wenn es gut läuft, geht es endlich weiter, doch wenn es schlecht läuft, kommt es zum Chain-Split. Wir erklären, was alles geschehen kann und wie man sich vor den Risiken wappnet.

21. Juli: SegWit2x

SegWit2x ist eine Kooperation zahlreicher Firmen und Miner des Ökosystems, die den scheinbar ewigen Blocksize-Streit bereinigen soll. Unter Leitung von Jeff Garzik entwickelt eine Arbeitsgruppe einen Client, der sowohl SegWit einführt als auch eine Hardfork zu einer Basis-Blocksize von 2 Megabyte drei Monate nach SegWit-Aktivierung anvisiert. Diese duale Lösung soll als eine Art Minimalkompromiss alle im Ökosystem zumindest ein bißchen zufriedenstellen und, mehr als alles andere, demonstrieren, dass Fortschritt möglich ist.

Die Basis von SegWit2x ist Bitcoin Core. Die Arbeitsgruppe senkt lediglich die Schwelle zur Aktivierung von SegWit von 95 auf 80 Prozent und implementiert die kommende Hardfork. Laut der von Garzik skizzierten Roadmap soll eine produktionsreife Version von SegWit2x am 21. Juli erscheinen. Diese wird von den beteiligten Unternehmen und, vor allem, ungefähr 80 bis 90 Prozent der Miner benutzt werden.

Knapp 90 Prozent der Blöcke sind für SegWit2x. Quelle: Coin.dance

Wenn alles nach Plan läuft, wird ab dem 21. Juli das folgende geschehen: Die Miner werden SegWit2x benutzen und mit dem Versionbit 4 ihre Bereitschaft zur Softfork signalisieren. Wenn anschließend 80 Prozent von 336 Blöcken diese Bereitschaft signalisieren, wird die Aktivierung von SegWit mit BIP91 vorbereitet. Dies kann frühestens nach etwa 2,5 Tagen, also irgendwann am 23. Juli geschehen. Weitere 336 Blöcke später wird BIP91 in Kraft treten.

BIP91 ist eine Art Trick, um die weitestmögliche Kompatibilität von SegWit2x mit den bestehenden SegWit-Nodes herzustellen. Sämtliche Core-Nodes ab Version 0.13.1 haben bereits SegWit implementiert, warten aber, wie von BIP141 definiert, darauf, dass 95 Prozent der Blöcke mit dem Versionbit 2 für SegWit signalisieren. BIP91 wird, wenn es aktiviert ist, beginnen, ebenfalls über das Versionbit 2 Bereitschaft anzuzeigen und gleichzeitig alle Nicht-SegWit-Blöcke zurückweisen. Damit sollte das Ziel von 95 Prozent relativ schnell erreicht werden. Dies könnte Mitte August so weit sein. Dann wird SegWit in allen Knoten im Netzwerk, die bereit sind, eingelockt, und weitere zwei Wochen später aktiviert. Ab da an kann man dann das neue Transaktionsformat benutzen.

Wenn SegWit2x es bis hierhin geschafft hat, wird es keine Spaltung der Blockchain geben. Der Aktivierungsweg nimmt neben SegWit2x auch Core- und UASF-Nodes mit. Alle werden SegWit benutzen können und, hoffentlich, froh darüber sein. Für den User ändert sich zunächst nichts.

Drei Monate nach der Aktivierung von SegWit wird SegWit2x allerdings die versprochene Hardfork zu einer Basis-Blocksize von 2MB einleiten. Diese Hardfork kann in einer Chainsplitt enden, muss aber nicht. Da uns bis dahin noch ein paar Monate bleiben, verschiebe ich diese Diskussion auf einen späteren Zeitpunkt. Es ist ohnehin fraglich, ob die beteiligten Unternehmen zu ihrem Wort stehen werden, während die Entwickler-Community rund um Core die 2MB Hardfork bereit einstimmig abgelehnt hat.

Schließlich stellt sich zunächst ja noch die Frage, was passiert, wenn SegWit2x scheitert. Dann könnte es nämlich schon im August zum Chain-Split kommen.

1. August: UASF mit BIP148

Sollte es SegWit2x nicht gelingen, BIP91 mit 80 Prozent der Hashrate bis Ende Juli auszulösen, droht die Chain-Split durch die UASF. Die sogenannte User aktivierte Soft Fork mit BIP148 bedeutet, dass die „User“, die einen solchen Client benutzen, ab dem 1. August sämtliche Nicht-SegWit-Blöcke ablehnen werden. Derzeit signalisieren 14 Prozent der Nodes UASF, und 70 Prozent davon, also knapp 10 Prozent aller Nodes, scheinen auch bereit zu sein, dies durchzusetzen.

Die blaue Kurve in der Mitte zeigt der Anteil der Blöcke, die bereit für SegWit sind.

Das erfordert jetzt ein Stück Vorstellungskraft. Derzeit signalisieren knapp 50 Prozent der Miner Bereitschaft für SegWit, wie es von Core im November 2016 veröffentlicht wurde. Das bedeutet, solange ab dem 1. August diese Miner Blöcke finden, passiert gar nichts. Die UASF-Nodes folgen wie alle anderen der längsten Chain. Sobald aber ein Miner einen Block veröffentlicht, der kein SegWit signalisiert, spaltet sich die Chain. Denn die UASF-Nodes lehnen diese Blöcke ab.

Nicht missverstehen: Dies bedeutet nicht, dass die knapp 50 Prozent der Miner, die derzeit für SegWit stimmen, auf der UASF-Chain minen. Denn für sie sind die anderen, die Nicht-SegWit-Blöcke, weiterhin valide. Sie minen eine Chain, die wie bisher zum Teil aus SegWit- und zum Teil aus Nicht-SegWit-Blöcken besteht. Für sie bleibt weiterhin alles beim Alten. Lediglich für die UASF-nodes ändert sich etwas: Sie lehnen jede Chain ab, in die ab dem 1. August ein Nicht-SegWit-Block eingegangen ist.

Die UASF-Mütze, gesichtet in Arnheim. Der Druck auf der Rückseite zeigt, woher sie kommt: Excellion ist das Pseudonym von Samsom Maw, Chief Strategy Officer von Blockstream.

Sobald also ein Block erscheint, der nicht für SegWit signalisiert, werden die UASF Nodes abgeschaltet. Aller Wahrscheinlichkeit nach verhungert die UASF-Chain. Sie kann nur wachsen, wenn ein Miner selbst BIP148 benutzt, also die Chain seiner Mitbewerber ignoriert und Blöcke für die langsamer wachsende UASF-Chain bildet.

Der Mining-Pool Slush lässt seine User wählen, was die von ihnen gefundenen Blöcke signalisieren sollen. Derzeit stimmen 8 Prozent von Slushs Minern für die UASF, was bei der derzeitigen Hashrate des Pools 0,5 Prozent der gesamten Leistung des Netzwerks entspricht. BitFury, derzeit für rund 3 Prozent der Netzwerkleistung verantwortlich, hat im März, als zum ersten Mal von der UASF geredet wurde, einen einzigen Block mit dem Signal „UASF“ erzeugt. Wang Chun von F2Pool schließtlich, mit rund 10 Prozent der globalen Hashrate ein Schwergewicht, hat sich einmal auf twitter mit der UASF-Mütze gezeigt, gibt ansonsten aber widersprüchliche Aussagen von sich.

Insgesamt spricht nicht sehr viel dafür, dass die UASF-Chain auf eine nennenswerte Hashrate kommt. Unter den Unternehmen finden sich auch nur wenige prominente Supporter. Zwar listet UASF.co, das Hauptquartier der Bewegung, eine auf den ersten Blick ansehnliche Liste von Firmen, die UASF unterstützen. Allerdings sind die allermeisten davon eher unbekannt und unbedeutend. Als einzige Börse ist darin die niederländische Euro-Börse bitonic.nl gelistet, weiter herausragend sind die Wallets Trezor, Electrum, Samourai und Mycelium. Trezor und Electrum haben erklärt, ihren Usern die Wahl zu geben, auf welcher Chain sie sind. Bei Samourai und Mycelium wäre es hingegen möglich, dass sie die User zwingen, blind für die echte Blockchain zu sein.

Auch diese Unterstützung scheint allerdings zu dünn zu sein, um die Miner dazu zu bewegen, ausreichend Hashrate in die UASF-Chain zu investieren, um diese auch nur einige Tage fortzuschreiben. Selbst unter den Core-Entwicklern stehen nur wenige hinter der Bewegung. Wenn es der UASF-Chain nicht gelingt, mehr als 20-30 Prozent der Hashrate zu bekommen, wird die Chain bis zur Unbenutzbarkeit langsam. Allerdings weiß man bei Bitcoin nie, was passieren kann.

Ab dem 4. August: Bitmains UAHF mit BitcoinABC

Falls es dazu kommt, dass SegWit2x scheitert und die UASF trotz allem erfolgreich aktiviert wird, wird es eine „Legacy Chain“ geben (die alte Chain) und eine UASF-Chain. Bitmain hat angedroht, in diesem Fall eine weitere Fork einzuleiten. Nämlich die UAHF (User aktivierte Hardfork). Diese wird nicht SegWit aktivieren, sondern die Blocksize auf ein hartes Limit von 8 MB erhöhen, das aber durch ein von den Minern gesetztes weiches 2 MB Limit ergänzt wird.

Bitmain hat hierfür bereits eine Roadmap für die UAHF vorgestellt. Neben den größeren Blöcken umfasst diese Extension Blocks, SegWit, Lumino, Rootstock und sogar Bitcoin-NG, der Darling des ersten Scaling Bitcoin Workshops. Durch Einführung einer neuen Regel schützt sich die UAHF-Chain vor sogenannten „Wipe-Outs“, also der Auslöschung durch die längere Chain. Auch eine sogenannte „Replay Protection“ ist vorgesehen, welche es Börsen und anderen Plattformen leichter machen wird, die UAHF-Chain zu erkennen. Diese Fülle an geplanten Features macht die Aussicht auf eine UAHF relativ beliebt in der Big Block Community.

Auf der Future of Bitcoin hat der Entwickler Amaury Sechet den Client BitcoinABC vorgestellt. Dieser wird wohl von Bitmain für die UAHF benutzt werden. BitcoinABC ist eine Fork von Bitcoin Core 0.14.1, aus der SegWit entfernt und das vom Nutzer selbst einstellbar Blocksize-Limit von Bitcoin Unlimited implementiert wurde. Auch Bitcoin Unlimited und Bitcoin Classic werden kompatibel zur UAHF sein.

Bitmain hat angekündigt, die UAHF-Chain für mindestens drei Tage privat zu minen. Danach soll sie veröffentlicht werden, allerdings nur dann, wenn erstens der Chainsplit durch die UASF beständig ist und zweitens der Markt Nachfrage nach größeren Blöcken signalisiert.

Allerdings sind Diskussionen zur UAHF hoch spekulativ. Schließlich es es recht unwahrscheinlich, dass es sie überhaupt geben wird.

Die UASF-Chain ändert den Mining-Algorithmus

Luke Dashjr, ein Core-Entwickler und einer der stärksten UASF-Eiferer, hat angekündigt, dass man den Mining-Algorithmus ändern werde, wenn die UASF nicht ausreichend bemined wird. Diese Drohung, die Miner zu „feuern“, indem man ihre Asics per Algorithmus-Änderung wertlos macht, wurde in der Vergangenheit schon immer wieder laut, als die Miner mit der Classic / Unlimited Hardfork zu größeren Blöcken geliebäugelt haben.

Ob Luke und seine UASF-Genossen diese Drohung wahrmachen, steht derzeit noch in den Sternen. Falls ja, wird dies voraussichtlich einen Altcoin erzeugen.

Was können, sollen und müssen die User tun?

Meiner Ansicht nach ist die Gefahr eines Chain-Splits in den kommenden Wochen gering. Bis jetzt spricht nichts dagegen, dass SegWit2x die Deadline des 21. Juli einhält, womit das Ökosystem ohne Disruptionen SegWit bekommen wird. Dies wird die Fork jedoch nur aufschieben, da für Oktober oder November die kontroverse 2MB-Hardfork angeplant ist.

Aber selbst wenn SegWit2x scheitert, aus welchen Gründen auch immer, gibt es bislang recht wenig Anzeichen, dass eine kritische Masse an Minern auf den UASF-Zug aufspringt. Derzeit wirkt BIP148 eher so, als würde jemand drohen, sich selbst die Augen auszustechen, wenn der andere nicht ein bestimmtes Kleidungsstück anzieht. Wer Fan der UASF ist, sollte bei Slush minen sowie die oben genannten Wallets und Börsen benutzen, um dabei zu helfen, eine kritische Masse zu erreichen.

Wer hingegen wenig von der Idee hält, solle es tunlichst vermeiden, Börsen und Wallets zu verwenden, die BIP148 in voller Härte durchziehen. Denn in dem Fall wird der User blind für die Mainchain – also für Bitcoin – und wird außer Lage gesetzt, Transaktionen zu empfangen und zu versenden. Während Trezor und Electrum klar gemacht haben, dass sie dem User die Wahl lassen, wäre es möglich, dass Bitonic, Mycelium und Samourai für den User entscheiden, dass er ab dem 1. August keinen Zugang zur Bitcoin-Mainchain hat. User sollten um Klarstellung bitten und, wenn nötig, alle Bitcoins von diesen Plattformen abziehen.

… und was, wenn es tatsächlich zur Chainsplit kommt?

Trotz allem ist es möglich, dass die UASF im August eine Chain-Split auslöst. In dem Fall wird die Sache kompliziert.

BIp148 hat keinerlei Form von Replay Protection. Das bedeutet, dass Transaktionen zunächst auf beiden Chains gültig sein werden. Sie werden nicht im gleichen Block sein, sondern zeitversetzt bestätigt. Doch an sich spricht nichts dagegen, dass ein Coin gleichzeitig auf beiden Chains wandert.

Vor allem Börsen fürchten daher das Risiko, Double Spends zum Opfer zu fallen. Es ist nicht klar, ob die Börsen einen UASF-Coin überhaupt listen werden, da sie bereits bei Bitcoin Unlimited klar gemacht haben, einen Forkcoin nur listen zu können, wenn dieser Replay Protection bietet.

Dennoch werden die meisten Handelsplätze, darunter auch Bitcoin.de, unmittelbar nach dem Chainsplit beginnen, die Coins zu trennen. Dies machen sie sowohl zur eigenen Sicherheit, als auch als Service für die User, die in der Regel nicht die technischen Fähigkeiten haben, um einen Coin selbst zu splitten. Dies erfordert es, einen Double Spend auszuüben oder Zugang zu frisch erzeugten Coins zu haben. Im Falle von Bitcoin.de können sich die User beide Arten von Coins, die Legacy Coins und die UASF-Coins, auszahlen lassen. Allerdings sollte man für diesen Fall eine Wallet haben, die den Wechsel zwischen den Chains erlaubt, wie Trezor oder Electrum, oder mehrere Wallets benutzen.

Wer gerne Bitcoin behalten will, also den Coin, der sowohl den Legacy Coin als auch den UASFCoin umfasst, kann einfach beide Coins an dieselbe Adresse auszahlen. Allerdings sollte man sich bewusst sein, dass dies für die Zukunft Risiken und Verwirrungen mit sich bringen kann.

Sollte es nach der SegWit-UASF zur Bigblock-UAHF kommen, sollten die User sichergehen, dass sie auch bereit für diese Chain sind. Dies wird durch die Clienten ABC und eventuell auch Classic und Unlimited möglich sein. Die beiden letzteren allerdings nur dann, wenn die UAHF Chain die meiste Hashrate hinter sich hat.

TD;LR oder drei Safety-Regeln für den Chain-Split

Abschließend noch ein paar Regeln, die euch helfen sollen, eure Bitcoins unbeschadet durch eine Chain-Split zu manöverieren. Da es ein Ereignis wäre, das es bisher nicht gab, können wir natürlich nicht garantieren, dass ihr mit diesen Regeln Erfolg habt:

  1. Vertraut eure Bitcoins keiner Börse, Wallet oder sonstiger Plattform an, die diese für politische Zwecke aufs Spiel setzt. Weder für UASF noch UAHF. Vertraut nur Plattformen, die neutral sind und die es im Falle einer Chainsplit erlauben, alle möglichen Coins zu benutzen.
  2. Übereilt nichts. Solange ihr einen Bitcoin nicht überwiesen habt, steckt in ihm jeder mögliche Forkcoin. Unbewegte Bitcoins können gar nicht von einer Fork betroffen sein. Falls es möglich ist, ist Nichts-Tun die sicherste Variante.
  3. Trennt die Coins, die ihr ausgeben wollt. Vermutlich werden die Plattformen die Coins getrennt behandeln, um keinen Replay Angriffen zum Opfer zu fallen. Wenn ihr Bitcoins auf solche Plattformen einzahlt, solltet ihr das nur tun, nachdem ihr die Coins getrennt habt. Ansonsten lauft ihr Gefahr, die andere Seite der Bitcoins ins Nirwana zu schießen.

Viel Glück!

Anhang:

Offizielles Statement von Bitcoin.de zum Umgang mit einer Hardfork durch SegWit2x/BIP148

Die mobile Version verlassen