Website-Icon BitcoinBlog.de – das Blog für Bitcoin und andere virtuelle Währungen

Die große Wahl über Bitcoins Zukunft hat begonnen

Ballot Box. Bild von michael_swan via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Die Miner stimmen derzeit darüber ab, wie Bitcoin skalieren soll. Segwit oder Unlimited? Alles hängt von der Entscheidung der großen chinesischen Pools ab. Wenn sich keine Lösung durchsetzt, wird Bitcoin bleiben, wie er ist. Was auch eine Entscheidung ist.

Kann sein, dass es euch noch nicht aufgefallen ist. Aber Bitcoin veranstaltet gerade die transparenteste Wahl aller Zeiten.

Es geht um die Frage, ob Segregated Witness oder Bitcoin Unlimited. Skalieren mit Core oder einem alternativen Team. Oder, einfach gesagt: Wie soll Bitcoin die Kapazität erhöhen, die mit einem Blocksize-Limit von 1 MB eindeutig zu gering für den Bedarf an Transaktionen ist. Soll das Limit per Softfork ein bißchen angehoben werden, um dann den Weg für offchain-Lösungen zu ebnen – oder soll man schlichterdings die Miner darüber entscheiden lassen, was die perfekte Blockgröße ist, wie es Unlimited vorschlägt?

Leser dieses Blogs kennen die Debatte zur Genüge. Wir haben das ermüdend lange diskutiert, die „Blocksize-Kriege“ haben die Bitcoin-Community geteilt, haben zu Zensur geführt, dazu, dass manche Entwickler wütend oder resigniert das Handtuch geworfen haben, haben ganze Bataillone von Blocksize-Trollen hervorgebracht und ganz allgemein die Stimmung erheblich verschlechtert.

Vielleicht – vielleicht – bringt die derzeitige Abstimmung der Miner die Erlösung, so dass sich die Bitcoin-Community endlich wieder der Geldrevolution zuwenden kann, anstatt sich gegenseitig anzukeifen. Die Wahl der Miner läuft so ab, dass jeder Miner, wann immer er einen Block findet und diesen an die Blockchain anhängt, er eine kleine Nachricht in diesen Block schreiben kann. Diese Nachricht ist seine Stimme, und sie ist für alle Zeiten in der Blockchain gespeichert.

Derzeit stimmen knapp 20 Prozent der Miner für SegWit, und etwa 10 Prozent für Unlimited. Beide Lösungen sind damit noch weit davon entfernt, genügend Stimmen zu haben, um aktiviert zu werden. Das Rennen ist noch offen.

Wir stellen hier in Kürze die beiden Kandidaten sowie ihre Unterstützer vor und geben einen kleinen Ausblick auf den weiteren Verlauf dieser wichtigen Wahl.

SegWit: Mehr Kapazität durch eine SoftFork

SegWit ist die Lösung von Bitcoin Core, um möglichst schnell die Kapazität zu erhöhen. Ihr solltet das Konzept bereits kennen. Wenn nicht, dann lest diesen oder diesen Artikel.

Hier nur so viel: SegWit führt ein neues Adress- und Transaktionsformat ein, das die Signatur aus der Berechnung der Blocksize ausklammert. Wenn jeder dieses Format benutzt, erhöht sich die Kapazität je Block auf 1,7-2,0 MB. Darüber hinaus hat SegWit viele Vorteile, wie etwa die Beseitigung von Malleablen Transaktionen, was nützlich sein kann, um mit offchain-Lösungen wie dem Lightning Netzwerk zu skalieren.

Der in Sachen Kapazitätserhöhung vermutlich wichtigste Vorteil ist jedoch, dass SegWit als „Softfork“ ausgeführt werden kann. Sprich: Das Upgrade ist Rückwärtskompatibel. Nur die Miner müssen updaten, alle anderen, die Nodes, können, wenn sie wollen, müssen aber nicht, sondern können auch bei 1 MB Blöcken bleiben. Ein Upgrade via Softfork ist in jedem Fall weniger disruptiv als ein Upgrade per Hardfork.

Die Aktivierung von SegWit folgt der für Softforks üblichen Prozedur: Sobald 95 Prozent der Miner über eine Periode von 2.016 Blöcken (etwa 2 Wochen) ihre Zustimmung signalisieren, wird es aktiviert. Ist dies nach Ablauf eines Jahres nicht geschehen, gilt SegWit als abgelehnt und wandert in die Tonne.

Eine Menge von Wallet-Entwicklern und Firmen haben bereits damit begonnen, an der Implementierung von SegWit zu arbeiten. Einige haben die Integration bereits abgeschlossen, etwa Bitfinex, BTC China, GreenAddress, Ledger oder Trezor, andere arbeiten daran, und die nächsten haben noch gar nicht begonnen.

Die Wahl für SegWit wurde am 15. November eröffnet. Derzeit hat SegWit gut 20 Prozent der Blöcke hinter sich bzw. die Zustimmung der Mining Pools BitClub, BTC China, Slush und ckpool.

Blocks, die für SegWit stimmen. Quelle: Bitcoin.sipa.be

Auch BitFury hat die Zustimmung angekündigt, stimmt aber noch nicht offiziell mit ab. Zusammen stellen diese Pools etwa 30-35 Prozent der Hashrate des Bitcoin-Netzwerkes. Ihre Stimme ist nicht überraschend, da sie bereits zuvor angekündigt haben, hinter Core zu stehen.

Um SegWit zu aktivieren, reicht die Zustimmung dieser Pools allerdings nicht aus.

Unlimited: Lasst einfach die Miner entscheiden, wie groß die Blöcke sind

Der konkurrierende Kandidat für die Skalierung von Bitcoin ist Bitcoin Unlimited. Auch dieses Konzept sollte euch bekannt sein: Unlimited nimmt die Codebase von Bitcoin Core, entfernt das Blocksize-Limit für Miner und richtet für Nodes eine Möglichkeit ein, zu signalisieren, wie groß die Blöcke sein dürfen, und „exzessive“ Blöcke abzulehnen. Die Idee von Unlimited ist, dass der Markt die perfekte Blocksize finden soll.

Nach XT und Classic ist Unlimited der dritte Versuch, gegen Core den Minern die Möglichkeit zu geben, für eine Erhöhung des Blocksize-Limits zu stimmen. Anders als die Vorgänger bietet Unlimited eine dauerhafte Lösung, indem die Miner flexibel entscheiden können, welche Blocksize die richtige ist.

Die Entwickler hinter Unlimited haben sich in den letzten Monaten zu einer Art Zentrum des Widerstands gegen die Dominanz von Core entwickelt. Mit einer anonymen Spende von rund 500.000 Dollar sowie einer zu erwartenden Unterstützung durch den jüngst von Bitcoin.com und BitMain eingerichteten Entwicklungs-Fund dürfte Unlimited in der Lage sein, die eigenen Vorstellung von onchain-Skalierung umzusetzen.

Der bisher wichtigste Beitrag von Unlimited zur Entwicklung der Software ist xtreme thin blocks, ein Feature, das die Spitzen des Verbrauchs an Bandbreite eines Nodes deutlich reduziert. Der größte Mining-Pool der Welt, BitMains Antpool, hat dieses Feature gemeinsam mit dem Unlimited-Entwicklern getestet.

Die erste offizielle Unterstützung durch Miner erhielt Unlimited jedoch erst, als Roger Ver ankündigte, mit dem Mining-Pool von Bitcoin.com Unlimited zu benutzen. Ein wenig später – kurz nach dem dritten Scaling Bitcoin Workshop – begann auch der Pool ViaBTC, Unlimited fürs Mining zu verwenden.

Diese Grafik zeigt die letzten 1000 Blöcke. Die bunten Blöcke sind für Unlimited oder Classic, die schwarzen für SegWit, die grauen noch unentschieden. Quelle: NodeCounter

Mit diesen beiden Pools kommt Unlimited derzeit auf etwa 10 Prozent der Hashrate des Netzwerkes. Wie bei den Stimmen für SegWit ist dies zwar eine signifikante Quote, aber noch weit davon entfernt, für eine Aktivierung auszureichen.

Es sieht also so aus, als hienge der Weg von Bitcoins künftiger Skalierung von der Entscheidung der „Swing Pools“ ab, die noch nicht gestimmt haben. Wer sind sie?

Swing Pools

Die mit Abstand größten Pools haben noch nicht gewählt. Dies sind AntPool (etwa 19 Prozent) – der Pool des Mining-Hardware-Herstellers Bitmain – und F2Pool (etwa 16 Prozent). Ohne die Zustimmung dieser beiden Pools ist es nicht möglich, Bitcoin zu verändern. Ebenfalls wichtige Swing Pools sind BW.com (etwa 10 Prozent) und HaoBTC (etwa 5 Prozent). Diese vier Pools sind aus China. Es scheint so, als würde dort die Entscheidung getroffen werden, wie es mit Bitcoin weitergeht.

Verteilung der gesamten Hashrates auf Pools. Quelle: Blockchain.info

Wofür werden diese Swing Pools wohl stimmen? Eine Andeutung gab am 17. November Haipo Yang, Gründer von ViaBTC, in einem AMA (Ask Me Anything) auf r/btc. Er sagte:

„Die meisten Pools in China haben ihr Vertrauen in Core verloren und sich Unlimited zugewandt. Ich weiß von einigen Pools, dass sie privat gesagt haben, dass sie nicht SegWit, sondern Unlimited unterstützen werden.“ Konkret seien dies, so Yang, AntPool, F2Pool, HaoBTC und BW.com. Also die vier maßgeblichen Swing Pools.

Am 20. November twitterte Yang, dass Jihan Wu, Boss von Bitmain und Antpool, auf der Party zum zweiten Geburtstag von HaoBTC angekündigt habe, bald Unlimited zu unterstützen.

Wenn Haipo Yang die Wahrheit spricht, haben sich die chinesischen Miner bereits entschiden. Aber da noch niemand von ihnen diese Absicht offiziell machte – sei es durch ein Statement, sei es durch das Minen entsprechend markierter Blöcke – kann die Wahl noch als in der Schwebe befindlich betrachtet werden. Viele sagen, die chinesischen Miner spielen politische Spiele.

Alles nur Politik?

Im Frühjahr haben sich die chinesischen Miner und eine Handvoll Core Entwickler in Hongkong getroffen, um gemeinsam zu diskutieren, wie man Bitcoin einvernehmlich skalieren soll. Am Ende dieses Meetings stand das sogenannte „Hongkong Abkommen„, das den Blocksize-Streit beenden sollte: Die Miner versprachen, keine Software zu benutzen, die inkompatibel zu Core ist (wie Classic oder Unlimited), und SegWit zu unterstützen. Die Entwickler versprachen im Gegenzug, den Code für eine Hardfork zu veröffentlichen, die die Blocksize erhöht.

Rückblickend sieht das Abkommen aus wie eine Verschwendung von Kerosin, Papier und Zeit. Die involvierten Entwickler zeigen wenig bis gar kein Interesse, die angekündigte Hardfork zu programmieren, und Peter Todd, der Teil des Abkommens war, beschuldigt die chinesischen Miner, das Abkommen gebrochen zu haben, indem sie „sofort weitere politische Spiele gespielt haben.“

Kann man vermutlich sehen wie man will. Doch klar ist, dass die chinesischen Miner unter diesen Umständen vermutlich kaum bereit sein werden, den Core Entwicklern entgegenzukommen, indem sie für SegWit stimmen.

Die Miner haben damit klar die Macht, per Veto SegWit und andere Veränderungen von Bitcoin zu blockieren. Die Frage ist, ob sie auch die Macht haben, Veränderungen wie Unlimited zu erzwingen. Viele Leute sagen, wenn dies geschehen würde – wenn also die Miner einfach so forken – werden die Entwickler den Mining-Algorithmus ändern, so dass die Miner mit einem Haufen wertloser Hardware zurückbleiben.

Auch das kann man sehen, wie man will. Klar ist aber nun, dass ein immer wahrscheinlicheres Ergebnis der Situation ist, dass wir weder SegWit noch Unlimited bekommen. Bitcoin wehrt sich vehement dagegen, überhaupt geändert zu werden, und verknöchert. Ob das nun gut oder schlecht ist – das kann man erneut sehen wie man will.

Die mobile Version verlassen