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Der lange ersehnte Bitcoin-ETF und die Frage, was Bitcoin wirklich ist …

Taylor und Cameron Winklevoss auf der TechCrunch Disrupt. Bild von TechCrunch via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

In wenigen Wochen werden wir erfahren, ob es den Bitcoin ETF der Winklevoss Brüder geben wird. Die Finanzwelt sieht in einem solchen ETF das ideale Instrument, um in Bitcoin zu investieren. Interessanterweise fordert der ETF aber auch die Frage heraus, was Bitcoin genau ist.

Am 11. März wird die US-Börsenaufsicht SEC die lange erwartete finale Entscheidung darüber abgeben, ob der seit bald 4 Jahren von den Winklevoss-Zwillingen angemeldete Bitcoin-ETF „COIN“ genehmigt wird oder nicht. Die Entscheidung gilt als wegweisend, da COIN das perfekte Instrument sein kann, um es etabilerten und institutionellen Anlegern zu ermöglichen, in Bitcoin zu investieren. Von der Rentenkasse über die Versicherung zum Vermögensverwalter.

Bislang ist die Auswahl von Bitcoin-Finanzprodukten, in die solche institutionellen Investoren anlegen dürfen, sehr überschaubar. In Deutschland ist es etwa nur der XBT Tracker, der, anders als ein ETF, nicht im Verhältnis von 1:1 mit Bitcoins unterfüttert ist. Die Verpflichtungen des XBT Providers werden zwar durch Bitcoins gedeckt, aber der Prospekt nennt keine genauen Relationen. Ein ETF wie COIN wird dementsprechend den Anlegern deutlich mehr Sicherheit und Vertrauen bieten. Obendrein darf er als bekannes, etabliertes Instrument auf eine wesentlich weitere Reichweite hoffen als die doch eher exotischen alternativen Produkte.

Dementsprechend bullisch würden die Märkte vermutlich auf eine Genehmigung durch die SEC reagieren. Spence Bogart von Needham & Company schätzt laut der Forbes, dass der ETF alleine in der ersten Woche rund 300 Millionen Dollar in den Bitcoin-Markt spülen würde, was das gegenwärtige Handelsvolumen multiplizieren würde.  „Es wäre schwierig, 300 Millionen Dollar in Bitcoin zu bringen ohne drastisch den Preis zu erhöhen.“

Konstruktion von COIN

Die große Frage, der man nun entgegenzittern darf, ist: Wird die SEC das Projekt der Winklevoss-Zwillinge erlauben?

Wie streng die Vorgaben sind, und wie schwierig es ist, sie zu erfüllen, zeigt bereits die komplizierte Anmeldung und Konstruktion des ETF. So wurde für ihn bereits Ende 2014 eine Trust in Delaware gegründet, die als Custodian die Bitcoins halten soll. Hierfür wird ein eigens entwickeltes Verfahren der Cold Wallet verwendet, das bereits beim Patentamt angemeldet ist und sowohl Hardware als auch Software einsetzt. Die Anmeldung beschreibt ferner genau, wie die Herausgabe von Anteilen am ETF ablaufen wird. Zunächst sollen wohl 10 Millionen Anteile zu je 0,01 Bitcoin verkauft werden, was immerhin der gewaltigen Summe von 100.000 Bitcoins oder 0,5 Prozent aller jemals verfügbaren Einheiten der Kryptowährung entspricht. Die Bewertung der Anteile unterliegt der in New York ansässigen und ebenfalls von den Winklevoss-Zwillingen gegründete Börse Gemini, die den Preis des Bitcoins durch tägliche Auktionen festsetzt.

Ob die SEC den COIN ETF freigeben wird, ist eine offene Frage, zu der verschiedene Mutmaßungen zirkulieren. Während einer Wette bzw. einer Option auf BitMex zufolge die Wahrscheinlichkeit bei 35-45 Prozent liegt, sieht Spencer Bogart sie lediglich bei etwa 25 Prozent. Der Grund sei, dass die SEC grundsätzlich eher konservativ entscheide. Immerhin, so Bogart, hat die Regulierung der chinesischen Börsen durch die Zentralbank in den vergangenen Wochen die Chancen etwas erhöht, da die mangelnden Geldwäsche-Regeln sowie das aufgeblasene Handelsvolumen in China von der SEC gelegentlich als Grund gegen eine Stattgabe des ETF vorgebracht worden waren. Auch die bereits bestehende Regulierung in New York sowie die mittlerweile ebenfalls bekannte, wenn auch noch nicht durchgesetzte Regulierung in der EU dürfte dazu beitragen, Bitcoin solider erscheinen zu lassen.

Dennoch, so Bogart, sprechen die Anreize der Mitarbeiter der SEC gegen eine Freigabe: Wenn der ETF startet, und Leute daraufhin damit Geld verlieren, kann derjenige, der ihn abgesegnet hat, seinen Job verlieren. Wenn er ihn ablehnt, droht diese Gefahr nicht. Daher sollte jedes Risiko ausgeschaltet werden, auch wenn man sich fragen muss, wie unter diesen Umständen überhaupt jemals etwas genehmigt wird.

Wie der ETF mit einer möglichen Hardfork umgeht

Mit der Auktion und dem eigenen Verfahren der Schlüsselspeicherung versucht der ETF, die Risiken der Volatilität und Hacks zu bändigen. Dies haben die Winklevoss Zwillinge und ihre Mitarbeiter zu einem bestimmten Grad in der eigenen Hand. Gänzlich ihrem Einfluss entzieht sich jedoch ein weiteres Risiko: Eine mögliche Hardfork im Lauf von diesem oder dem nächten Jahr aufgrund des weiterhin ungeklärten Blocksize-Problems. Laut den Wetten auf bitbet.us liegt die Chance hierfür bei rund einem Drittel.

Eine Hardfork bedeutet nicht nur ein deutliches Risiko für Bitcoin als Ganzes – da eine Spaltung von Bitcoin den wichtigen Netzwerkeffekt zerstören und Vertrauen im allgemeinen untergraben könnte — sondern auch für jede Bitcoin-Firma als solche. Auf welche Seite der Fork soll man sich schlagen? Wie geht man mit Double Spends und Replay Attacken um? Um immerhin solcherlei Risiken zu reduzieren, berücksichtigt die Definition des ETF eine Hardfork und beschreibt, wie darauf zu reagieren ist:

Im Falle einer noch geschehenden Modifikation des Bitcoin Netzwerkes, die in einer Hard Fork mit zwei getrennten und inkompatiblen Bitcoin Netzwerken resultiert, wird der Custodian in Beratung mit dem Sponsor das Bitcoin-Netzwerk auswählen, welches die größte kumulierte Rechenschwierigkeit in den 48 Stunden, die auf eine Hardfork folgen, aufweist.

Interessanterweise gehört es damit zu den Regeln des ETF, welcher Seite der Fork er folgen wird. Sollte er genehmigt werden, würde sich damit erstmals eine ökonomische Entität mit einem nicht geringen Anteil der Bitcoins juristisch verbindlich dazu verpflichten, im Falle einer Fork auf einer vorhersehbaren Blockchain zu bleiben. Dies macht eine Hardfork immerhin ein Stück weniger riskant.

Definition des Bitcoin

Die Regel, wie sich der ETF im Falle einer Fork verhält, lässt aber noch zwei Fragen offen. Zum einen: Was macht der ETF mit den Coins auf der Blockchain, die er zurücklässt? Wie die Fork von Ethereum und Ethereum Classic gezeigt hat, kann es sich hierbei um signifikante Werte handeln. Zum anderen: Wird der ETF jeder Fork folgen, welche die höchste Hashrate hat – oder behält er sich vor, bei Änderungen, die den Rahmen des Tolerierbaren überschreiten, doch auf der Blockchain mit weniger Hashrate zu bleiben? Was wenn die Miner beispielsweise die Ausschüttung von Bitcoins erhöhen? Muss der ETF dann diese Änderung mit tragen?

Notwendig ist eine Definition der Kerneigenschaften von Bitcoin, die nicht in Frage gestellt werden, aber die genügend Spielraum lassen, um moderate Änderungen zu ermöglichen. Zufälligerweise – oder auch mit Rücksicht auf den ETF – hat der ehemalige Chefentwickler Gavin Andresen letzte Woche eine solche Definition vorgeschlagen:

Bitcoin ist das Guthaben der bisher nicht ausgegebenen, gültig signierten Transaktionen, die in einer Kette von Blöcken gespeichert werden, die mit dem Genesis Block beginnen (hash 000000000019d6689c085ae165831e934ff763ae46a2a6c172b3f1b60a8ce26f), der geplanten Schöpfung von 21 Millionen Coins folgen und die meisten kumulativen Double-SHA256-Proof of Works haben.

Ob diese Definition nun perfekt ist oder nicht, ob man sie ergänzen und modifzieren müsste, und ob es überhaupt im Generellen Sinn ergibt, Bitcoin zu definieren – das ist alles eine ganz andere Diskussion, die einen eigenen Artikel verdient. Hier soll gesagt werden, dass mit dem ETF eine solche Definition erstmals rechtsverbindliche Wirkungen haben könnte – und dass sie helfen kann, die Risiken einer Hardfork im generellen zu reduzieren, indem sie Akteure auf vorhersehbare Entscheidungen verpflichtet.

Ob diese Frage jedoch kriegsentscheidend dafür wird, ob der ETF genehmigt wird oder nicht – das ist eine andere Frage. Gewissheit hierüber wird der 11. März bringen.

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