BitLizenz: schlechte Aussichten für Bitcoin in New York
Regulierung

Gestern hat New Yorks oberster Finanzaufseher Ben Lawsky die mit Spannung erwartete BitLizenz vorgestellt. Die Regulierungsvorschriften sind hart, machen es extrem schwer, in New York ein Bitcoin Start-Up aufzuziehen – und kriminalisieren einen Großteil der weltweiten Bitcoin-Unternehmen. Die Community ist entsetzt, für die Finanzindustrie herrscht dagegen fortan Rechtssicherheit.
Dabei haben Ben Lawsky und die Bitcoin-Szene eigentlich einen guten Start gehabt. Der Superintendant der Finanzaufsicht des Staates New York hatte sich in einem AMA (Ask Me Anything) auf reddit den Fragen der Community gestellt und den Eindruck hinterlassen, seinen Job mit Humor und Sympathie für die neue Währung zu machen. Dementsprechend wurden große Hoffnungen darauf gesetzt, dass das erste Regulierungswerk zum Bitcoin eine sorgfältige Balance zwischen Sicherheit und Innovationsfreundlichkeit findet.
Tja. Hätte man mal die Credit Suisse oder all die anderen Banken gefragt, die mit dem “härtesten Cop der Wall Street” bereits zu tun gehabt haben. Lawsky vertritt ein New York des Law and Order, das nach den Terroranschlägen des 11. September hart gegen Kriminalität und seit der Lehmann-Pleite 2008 auch gegen die Finanzindustrie vorgeht. Die BitLizenz, die in 45 Tagen in Kraft treten soll, fügt sich komplett in diese Linie ein. Sie ist vielleicht noch härter. Laut Lawsky soll sie vor allem den Kundenschutz gewährleisten und Geldwäsche verhindern.
Die kompletten Vorschriften sind hier zu finden. Am wichtigsten dürfte sein, dass jedes “Virtual Currency Business” eine BiTLizenz beantragen muss. In diese Kategorie fällt jedes Unternehmen, das virtuelle Währungen empfängt oder versendet, sichert, speichert, hält, kauft oder verkauft, für Händler wechselt oder prozessiert oder herausgibt. Kurz: jeder. Ausnahmen erhalten Händler, die Bitcoins wie eine Währung annehmen, Konsumenten, welche mit Bitcoins bezahlen sowie Finanzunternehmen, die bereits eine Lizenz für eine Börse haben. Eine Untergrenze für geringfügige, nicht-lizenzpflichtige Beträge gibt es nicht.
Sprich: Online-Wallets, Online-Glücksspiele, Faucets, Mixer, Market-Maker, Händler auf LocalBitcoins, Altcoin-Börsen, Mining-Pools – sobald sie für New Yorker zugänglich sind, benötigen sie eine BitLizenz. Da Bitcoin-Unternehmen meist im Internet agieren und dieses auch New York erreicht, werden also all diese Dienstleister wie blockchain.info oder greenaddress oder changetip oder cloudbet oder Ghash, egal von wo aus sie operieren, nach New Yorker Recht künftig als kriminell gelten, sofern sie nicht New Yorker I.P.-Adressen blocken. Oder eine BitLizenz beantragen, was ob der Vorgaben der Finanzaufsicht eher zum Scheitern verurteilt ist. Es sind unter anderem folgende:
- Das Unternehmen muss die Namen und Lebensläufe aller Mitarbeiter an die Behörde übergeben. Von den leitenden Angestellten muss es darüber hinaus Fingerabdrücke einreichen, die an das FBI weitergeleitet werden.
- Es muss Eigenkapital in von der Finanzaufsicht zu bestimmender Höhe halten. Darüber hinaus muss es für jeden Bitcoin, den es für Kunden aufbewahrt, einen weiteren Bitcoin als Reserve halten. Die Einnahmen darf es nur in eine begrenzte Auswahl von Dollar-notierten Anlagen investieren.
- Sämtliche Transaktionsdaten und Korrespondenzen mit Kunden sind für zehn Jahre aufzubewahren.
- Das Unternehmen muss von jedem Kunden die Identität und physische Adresse feststellen. Wenn ein Kunde eine Transaktion im Wert von mehr als 10.000 Dollar durchführt, ist die Behörde zu informieren.
- Das Unternehmen muss seine Cybersicherheit mit der Finanzaufsicht absprechen und von dieser regelmäßig prüfen lassen
Für Börsen sind diese Bedingungen erträglich, da sie nicht allzu weit von dem freiwilligen Standard entfernt sind, den sich die meisten Handelsplätze bereits selbst auferlegt haben. Das ist die gute Nachricht. Es wird voraussichtlich recht bald eine Börse in den USA geben, eventuell auch von Akteuren der Wall Street gestartet, die hierfür ja bereits eine Lizenz haben. Als Investment dürften virtuelle Währungen funktionieren.
Die schlechte Nachricht ist, dass Bitcoins in New York kaum mehr als Geld funktionieren. Es wird wohl kaum ein Start-Up geben, dass das Potenzial des Bitcoins als programmierbares Geld bzw. Magic Internet Money ausschöpfen wird. Die User werden nicht ihre Identität preisgeben, um mal ein paar Bits auf eine Online-Wallet zu überweisen, und sie werden dies auch nicht tun, um einem Miner-Pool beizutreten, um Coins auf eine Glücksspielseite zu überweisen oder um via twitter oder reddit zu tipen. In diesen Gebieten werden die New Yorker Unternehmen das Nachsehen haben – und ihre globalen Konkurrenten werden sich künftig hüten, einen Fuß in die Stadt mit der Freiheitsstatue zu setzen, da sie dort kriminalisiert sind, weil ihr Service auch von New Yorkern genutzt werden kann.
Die Bestimmungen treten in 45 Tagen in Kraft. Bis dahin bleibt allen Interessierten noch die Möglichkeit, Kommentare und Verbesserungsvorschläge einzureichen. Denn bekanntlich stirbt die Hoffnung ja zuletzt.
Zitat: “Die schlechte Nachricht ist, dass Bitcoins in New York kaum mehr als Geld funktionieren…. Die User werden nicht ihre Identität preisgeben, um mal ein paar Bits auf eine Online-Wallet zu überweisen, und sie werden dies auch nicht tun, um einem Miner-Pool beizutreten, um Coins auf eine Glücksspielseite zu überweisen oder um via twitter oder reddit zu tipen. ”
Steht das nicht im Widerspruch zu dem zuvor genannten: “Ausnahmen erhalten Händler, die Bitcoins wie eine Währung annehmen, Konsumenten, welche mit Bitcoins bezahlen” oder habe ich etwas übersehen?
Naja, in diesem Sinne haben Sie recht. Allerdings weiß ich nicht, ob etwa ein Zahlungsdienstleister funktioniert, wenn er nicht die Identität der Kunden (nicht der Shops, sondern der Konsumenten) feststellt. Ebenso darf theoretisch auch niemand eine Online-Wallet für New Yorker anbieten, was alles in allem die Usability des Bitcoins als Geld beträchtlich einschränken wird.
@Boris:
man muss unterscheiden zwischen 2 Dingen:
Diese genannten Ausnahmen, müssen keine Bitlizenz erwerben, das ist richtig.
Aber die Bitlizenz besagt unter anderem, dass die User des Services bekannt sein müssen, sich also verifizieren müssen. Und das bedeutet für die normalen User dann, dass sie sich nicht nur auf Börsen verifizieren müssen, sondern eben auch bei all die anderen Anbieter wie z.b Online Wallets.
Ich denke aber, dass C. Bergmann es etwas negativer geschrieben hat, als die ganze Sache eigentlich ist. Z.b werden größtenteils die negativen Aspekte genannt. Zudem hätte es keinen negativen Einfluss auf den Bitcoin gesamt, nur weil man sich nun überall verifizieren muss. Zumindest private Wallets auf dem PC können ja schließlich noch so anonym wie bitcoi nunmal ist, genutzt werden. Das ist auch widerum gut für den Bitcoin,, weil dann nicht ganz soviele Menschen Online Wallets nutzen, sondern sich eben die Blockchain selbst runterladen, was das Netzwerk stützt.
Ich sehe diese Regulierung also nicht als negativ, sondern als notwendig an. Und solange es eben private Wallets als Alternative zu Online Wallets gibt, man also nicht gezwungen wird, alles preiszugeben, ist alles im Lot.
Und vllt werden die einen oder anderen Punkte in der Kommentarphase ja nochmal überarbeitet, wer weiß.
“Ich denke aber, dass C. Bergmann es etwas negativer geschrieben hat,”
Etwas? So ein unterirdisches Niveau bin hier eigentlich nicht gewohnt (mal abgesehen von einem bestimmten Gastautor, der aber zum Glück längst weg ist)
Alle Interpretationen dieses Regulierungsvorschlags (der ja noch mit Eingaben an B.Lawsky durch ihn dann modifiziert werden kann) sind etwas vorschnell geschrieben.
Sorgfältiges Lesen und Beurteilen braucht etwas Zeit. Man sollte die Beurteilungen der Betroffenen(Börsen, Funds etc. ) noch abwarten. Bislang haben diese ja auch noch nichts Konkretes gesagt, außer allgemeiner Zustimmung zu einer Regulation an sich.
Die Regulationsvorschläge sind jedoch für die Consumer-Protection ( man denke an Mt.Gox u nd andere) sehr gut,für die Firmen sicher sehr aufwändig und kapitalintensiv.
Und durchaus auch kurstreibend, wenn sie den bitcoin-Bestand der Kunden mit eben so vielen bitcoin hinterlegen müssen.
Dem allgemeinen,eher negativen Urteil von Christoph kann ich nicht zustimmen.
Spitze dass das so schön diskutiert wird. Ich freue mich immer über Widerspruch. Zustimmen möchte ich damit, dass es für Börsen kein Problem sein wird, die Bestimmungen einzuhalten und davon sehr wohl auch die Konsumenten profitieren (eventuell). Das Problem für mich liegt darin, dass Bitcoin als “magic internet money”, das man programmieren kann und das durchs Netz flutscht, nicht mit einer umfassenden Kundenverifizierungspflicht für jeden, der etwas mit Bitcoins anbietet, zusammenpasst. Das zerstört einige der essenziellen Vorteile des Bitcoins.
Nun ja — wir werden sehen, was passiert. Schönes Wochenende!
P.S.: Das “kurstreibend” Argument kam mir noch gar nicht in den Sinn. Jippie!
“Spitze dass das so schön diskutiert wird. ”
Ja ja, wer provoziert bekommt auch Aufmerksamkeit. 😉
“…Darüber hinaus muss es für jeden Bitcoin, den es für Kunden aufbewahrt, einen weiteren Bitcoin als Reserve halten. ”
wir diskutieren ja gerade die dazugehörige englische Originalaussage im “Prognose” Thread. Ich denke, dass das so nicht stimmt und der Regulierungsvorschlag nur vorsieht, dass eine Börse genausoviele Bitcoins besitzen muss, wie sie einem Kunden schuldet.
Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, das so eine Regelung lange Bestand haben wird. Hier wird mit faschistischen Methoden versucht das Fiat Money System zu schützen.