Website-Icon BitcoinBlog.de – das Blog für Bitcoin und andere virtuelle Währungen

EU: Rat und Parlament einigen sich über Krypto-Regulierung.

Gut für DeFi und NFTs, aber schlecht für Stablecoins und, vor allem: keine AML bei den meisten Transaktionen an User-Wallets. Das sind die Eckpunkte des Ergebnisses von Verhandlungen zwischen Europäischem Rat und Parlament. Manches ist hart, aber größtenteils kann die Branche aufatmen. Vor allem in Deutschland. 

Das Europäische Parlament und der Europäische Rat haben sich über einen Teil der MiCA-Verordnung geeinigt. Diese soll europaweit geltende regulatorische Standards für Kryptowährungen schaffen.

Mit einer Einigung von Parlament und Rat ist ein essenzieller Teil der Trilog genannten Verhandlungen abgeschlossen, die auf einen Entwurf des Europäischen Parlaments folgten.

Die Umsetzung der Travel Rule

Der stärkste Reibungspunkt lag offenbar in der Umsetzung der Travel Rule. Diese Regel bestimmt, „dass Informationen über die Quelle des Assets und den Empfänger mit der Transaktion reisen und von beiden Seiten gespeichert werden.“ Bei den Daten handelt es sich um den Namen und die Postadressen der Beteiligten, zum Teil auch um den Zweck der Transaktion. Seit die Financial Action Task Force (FATF) Ende 2019 beschlossen hat, die Travel Rule auch auf Kryptowährungen anzulegen, wird sie global umgesetzt.

Rat und Parlament haben das Folgende zur Travel Rule beschlossen:

Stablecoins, NFTs und die ESMA

Darüber hinaus wird MiCa noch weitere Aspekte abdecken. Ernest Urtasun vom Europäischen Parlament informiert über diese auf Twitter.

Wie die Krypto-Szene die Einigung bewertet

Die Bewertungen dieser Einigkeit gehen weit auseinander. Die Krypto- oder Bitcoin-Szene ist natürlich entsetzt und befürchtet, dass sich Europa damit ins Abseits schießt.

Diese Ansicht scheint aber vor allem von einem Mangel an Verständnis für die regulatorischen Wirklichkeiten getragen zu sein. Es ist seit Jahren unvermeidbar, dass die Travel Rule so gut wie überall umgesetzt werden wird. Die Fragen waren lediglich wann und wie. Es wird daher relativ peinlich, wenn zwei prominente Bitcoiner in einem offenen Brief an die EU ihre vollkommene Ahnungslosigkeit der Regulierung zur Schau stellen und schwammige Forderungen erheben, die noch nicht einmal diskutabel sind.

Patrick Breyer, der für die Piratenpartei im Europaparlement sitzt, kritisiert zwar scharf, dass die Regeln „gesetzestreue Bürger ihrer finanziellen Freiheit berauben“. Doch auch er erkennt an, „dass es für eine lange Zeit viel schlimmer aussah.“ Die Verhandlungen hätten eine Schlüsselforderung des Parlaments – die Verifizierung von unhosted Wallets – deutlich entschärft.

Auch CoinDesk jubelt, dass es für die meisten Transfers zu unhosted Wallets keine AML-Prüfungen gebe (AML = Anti Money Laundering: Maßnahmen gegen Geldwäsche).

Für Kryptouser und -Unternehmen ist MiCA sicherlich kein Anlass für Freudensprünge. Für Stablecoins sind die Regularien schon beinahe vernichtend streng, und die Travel Rule wird allen Börsen und Dienstleistern mächtig Kopfzerbrechen bereiten. Dennoch dürfte die Branche aufatmen: Es kam weniger streng als geplant. Kein Verbot von „unhosted Wallets“, wie es die EU-Kommission einmal ins Spiel gebracht hat, kein Automatismus, der Transaktionen an oder von User-Wallets zum Hochrisikofall abstempelt, wie ihn das Parlament und zuvor schon die FATF gefordert hatten.

Dazu ein Freifahrtschein für DeFi und NFTs.

Wie MiCA die deutsche Regulierung lockert

Insgesamt dürfte die EU-Einigung milder zu sein als eine Verordnung, die für Deutschland bereits seit Oktober 2021 aktiv ist. Diese kennt etwa keine Schwellenwerte für verschärfte Kontrollpflichten bei Interaktionen mit User-Wallets.

So sollte die EU-Verordnung den erstaunlichen Effekt haben, dass die Regulierung in Deutchland durch sie nicht strenger, sondern laxer wird. Eine einheitliche EU-weite Regelung kann den Flickenteppich der nationalen Praktiken ablegen, der viele Startups in der EU massiv hemmt, gerade wenn diese finanziell nicht über die Mittel verfügen, für jedes Land einen Anwalt zu beauftragen.

In Zukunft könnte es so laufen, dass sich Startups bei der ESMA registrieren und damit EU-weit zugelassen werden. Für manche Märkte wird dies bedeuten, dass die Regeln strenger werden. Für Deutschland, Frankreich und die Niederlande werden sie dagegen wohl lockerer.

Die FDP, die durch Finanzminister Christian Lindner an den Verhandlungen teilgenommen hat, schaffte es so, die noch unter Finanzminister Scholz beschlossene Verordnung für Deutschland indirekt außer Kraft zu setzen.

Für User von Bitcoin und Kryptowährungen wird sich mit der Umsetzung von MiCA, vor allem der Travel Rule, dennoch manches ändern. Es wird nicht eben besser mit der Privatsphäre, und das Netz, durch das die Behörden pseudonyme Bitcoin-Adressen mit echten Identitäten verbinden, wird immer enger. Auch wenn die konkrete Umsetzung eher günstiger als erwartet ausfällt, war es noch niemals so wichtig, eine eigene Wallet zu verwenden.

Die mobile Version verlassen