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Datenschützer in Kenia, Korea und Bayern prüfen Worldcoin

Der Orb von Worldcoin. Foto von der Worldcoin-Webseite

Worldcoin belohnt Menschen mit Token dafür, ihre Iris scannen zu lassen. Das dystopisch wirkende Projekt erregt das Misstrauen von Datenschützern in vielen Länder. In Kenia fiel eine Entscheidung, in Korea und Bayern wird noch geprüft.

Ja, es sieht ziemlich gruselig aus. Ein „Orb“ steht in den Stadtzentren, Leute stehen Schlange, halten, wenn sie dran sind, ihre Augen vor eine Kamera, und dann, wenn der Orb den Irisscan abgeschlossen hat, bekommen sie einige Worldcoin-Token (WLC). Krypto geht auch in dystopisch.

Bei vielen Menschen, insbesondere in Entwicklungsländern, kommt dieses Angebot gut an. Schon heute hat Worldcoin die Iris von mehr als 5,8 Millionen Menschen gescant. Doch von Anfang an waren Datenschützer misstrauisch, und an vielen Orten wurde Worldcoin deswegen auch gestoppt.

In Südkorea hat die „Kommission für den Schutz persönlicher Informationen“ am 29. Februar eine Untersuchung eingeleitet. Sie reagierte damit auf Beschwerden über die Sammlung personenbezogener Daten in Südkorea. Noah Kim, der einzige koreanische Mitarbeiter von Worldcoin, antwortete kürzlich auf die Vorwürfe: Der Orb verifiziere ausschließlich die Individualität und Menschlichkeit, sämtliche Daten werden sofort gelöscht. Iris-Scans seien, verglichen mit Gesichtserkennung und Fingerabdrücken, die günstigste und zuverlässige Methode, um einen „Proof of Humanity“ zu generieren.

In Kenia ist man schon einen Schritt weiter. Dort wurde Worldcoin im August 2023 verboten, bis Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes ausgeräumt sind. Mittlerweile ist die Untersuchung abgeschlossen; Verstöße gegen Gesetze und Datenschutzvorgaben wurden nicht festgestellt. Damit ist Worldcoin in Kenia wieder erlaubt.

Wenn Worldcoin so arbeitet, wie das Konzept besagt, wären tatsächlich so gut wie keine datenschutzrechtlichen Bedenken angemessen. Wenn der User seine Iris scannt, generiert der Orb einen speziellen Hash daraus, der auf eine Blockchain hochgeladen wird. Man kann aus diesem Hash nicht auf die Iris selbst schließen, man kann ihn einzig nutzen, um zu erkennen, ob dieser User schon einmal an einem Orb war, also verhindern, dass sich jemand doppelt registriert. Auch im Betrieb werden niemals Daten zur Iris enthüllt, da Zero-Knowledge-Proofs verwendet werden. Worldcoin nutzt modernste Kryptographie, um die anfallenden Daten auf ein absolutes Minimum zu reduzieren.

Wenn — wenn es so läuft, wie Worldcoin geplant hat. Denn die einzelnen Orb-Betreiber könnten durchaus Möglichkeit haben, den Prozess zu manipulieren, etwa indem sie die Rohdaten schlicht nicht löschen. Daher hängt viel davon ab, dass Worldcoin – oder entsprechende Aufsichtsbehörden – die Iris-Scans überwachen. Die Bayerische Landesbehörde für Datenschutzaufsicht (BayLDA) ist davon noch nicht überzeugt. Da die Firma hinter der Technologie, Tools for Humanity, im mittelfränkischen Erlangen sitzt, ist sie zuständig. Sie hat im vergangenen Jahr eine Prüfung eingeleitet, diese aber noch nicht abgeschlossen.

Die BayLDA hat vor kurzem ihren Jahresbericht für 2023 veröffentlicht. Darin schreibt sie, man prüfe „aufgrund der hohen Sensibilität der verarbeiteten biometrischen Daten das Vorgehen des Unternehmens.“ Dazu führe man auch „Vor-Ort-Kontrollen, die zum Standardvorgehen bei derartigen innovativen Technologien mit sehr großer Zielgruppe gehören, durch: Zum einen wurde ein Standort in Berlin besucht, an dem Nutzende sich registrieren konnten, zum anderen kontrollierte ein Team des BayLDA den Firmensitz der primär für die Entwicklung
und Testung der Technologie zuständig ist.“ Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen, aber es werden für 2024 Ergebnisse erwartet.

In Spanien haben sich die Behörden und Gerichte bereits ein Urteil gebildet – und Worldcoin verboten.

So gut wie überall, wo Worldcoin auftritt, droht ein Verbot. Jede Datenschutzbehörde wittert instinktiv einen Missbrauch und startet eine Untersuchung, die im besten Fall anstrengend ist um im schlechtesten Fall in einem Verbot endet. Aber bei all dem – warum überhaupt? Warum macht Worldcoin, ein Projekt von OpenAI-Gründer Sam Altman, das alles?

Worldcoin scannt die Iris der Menschen, um einen „Proof of Humanity“ zu generieren, einen „Beweis, ein Mensch zu sein“. Mit diesem soll man sich dann im Internet ausweisen können – und zwar als nicht mehr, als als einzigartiger Mensch, kein Bot, keine Sockenpuppe, sondern ein Mensch. Das ist, so die Vision, notwendig, um im Zeitalter der generativen KIs nicht vollkommen die Orientierung und den Verstand zu verlieren.

Mit der „World ID“ kann man sich bereits heute bei verschiedenen Systemen verifizieren, etwa Discord, Reddit, Shopify, Telegram und anderen. Es sind noch nicht viele, aber es ist ein Start.


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Über Christoph Bergmann (2883 Artikel)
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6 Kommentare zu Datenschützer in Kenia, Korea und Bayern prüfen Worldcoin

  1. Multiakademiker // 26. Juni 2024 um 19:00 // Antworten

    … Das „erregt “ eben NICHT „das Misstrauen von *sonderbarerweise* als Datenschützer definierten Kreis

    Korrekt ist:
    Das ist ein Skandal für jede Person!

    Allein der Gedanke, gegen Geld derartige biometrische Systematische Erfassung zu besitzen, erinnert an …..

    Zutrittskontrolle über iris.
    Bezahlen nur über Iris

    Zum Medikament nur über Iris

    Lohntüte nur über Iris…

  2. Ich persönlich bevorzuge einen Chip unter der Haut ,aber zusammen mit dem Iris Scan wird es natürlich sicherer und einfacher.
    Die technologische Entwicklung ist einfach Wahnsinn und spannend,Zweifler gab es schon immer.

    • Paul Janowitz // 27. Juni 2024 um 12:35 // Antworten

      Ich hoffe, das ist Satire.

      Einen Chip unter der Haut halte ich analog zu einem Chip auf einer Karte noch für relativ unbedenklich, wenn man damit z.B. eine Hot Wallet mit gewissem Limit absichert, um damit jederzeit bezahlen zu können ohne etwas mitschleppen zu müssen. Sollte der Chip irgendwann kompromittiert sein, kann man ihn relativ einfach austauschen.

      Ein Irisscan ist dabei gravierend etwas anderes und wird früher oder später auch analog zu anderen biometrischen Merkmalen wie Fingerabdruck kompromittiert werden und dieser lässt sich nicht mal eben austauschen.

  3. Ja, es ist spannend, sehr spannend.
    In Deutschland ist nun die Abgabe von Fingerabdrücken bei der Beantragung eines „Personalausweises“ für alle Antragsteller verpflichtend. ( Einst wurden nur Gaunern, Betrügern, Dieben und anderen Tätern bei der kriminaltechnischen Erfassung aller Relevanten Daten ihre Fingerabdrücke abgenommen )
    Wann kommt der Iris-Scan?
    Und wann kommt über diesen…
    – die Lohntüte
    – die Apotheke
    – die Zutrittsgenehmigung
    – das Bezahlen
    – das Reisen etc.
    Spannend……
    Ein jeder mache sich bitte sein eigenes Bild und überlege genau !!

  4. Ich halte die Initiative von Worldcoin trotzdem für richtig und wichtig. Lieber ein „privates“ Unternehmen, das misstrauisch von den ganzen Staaten der Welt „überwacht“ wird, als viele staatliche Akteure, die ohne genauere Überwachung die biometrischen Daten ihrer Bürger sammeln.
    Wichtig wäre noch, dass das „private“ Unternehmen keine Gewinnerzielungsabsichten haben sollte.

  5. Den „Proof of Deletion“ (of sensible Data) gibt es leider bei keiner Technik. Somit sind Irisscans schon ab dem Moment wertlos – wie heute die statischen Scanbilder von PERSOs -, wo Identitätsdaten in großem Stil erhoben werden.

    Wenn mit irgendeinem manipulierten Gerät – sieht man dem Gerät ja von aussen nicht an – Rohdaten der Iris erfasst werden, kann damit jeder beliebige gültige Hash immer und immer wieder erzeugt werden. Damit die Hashes als gültige Identität erkannt werden muss das jeder Orb mehr oder weniger auf die gleiche Weise tun.

    Es ist viel besser mit potentiell unsicheren Methoden Identitäten zu beweisen. Da schaut der Prüfer dann immer auch genauer hin und prüft mehrere zufällig ausgesuchte Merkmale statt immer nur eines.

    Ich glaube der perfekte Identitätsbeweis ist schlicht unmöglich. Bin nicht mal sicher, dass ich selbst überhaupt nur ein Person bin 😉

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