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Spanische Großbank Santander vergibt Darlehen gegen tokenisierte Güter wie Soja oder Weizen

Ein Sojabohnenfeld. Bild von United Soybean Board via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Santander gibt argentinischen Landwirten ein Darlehen, welches diese durch Soja-, Mais- und Weizentoken als Sicherheit abdecken. Die Token werden von einem argentinischen Startup auf der Ethereum-Blockchain herausgegeben und sollen den Handel mit landwirtschaftlichen Produkten verbessern.

Seit einigen Jahren kursiert in Krypto-Kreisen das Wort von der Tokenisierung. Alles und jeder wird als Token auf die Blockchain kommen, und dies wird die Welt transparenter, marktwirtschaftlicher, fairer und besser machen. Bisher war dies aber vor allem eine Theorie, hinter der man kaum mehr als die Spekulationsmärkte von ICOs, DeFi und NFTs finden konnte.

Mit einer Kooperation zwischen Agrotoken und der größten spanischen Bank Santander könnte sich dies nun ändern. Agrotoken ist ein argentinisches Startup, das landwirtschaftliche Güter wie Weizen, Mais und Soja tokenisiert. Ein Agrotoken entspricht einer Tonne der jeweiligen Feldfrucht. Die Token sind, so das Whitepaper, “neue Stablecoins auf Basis echter Güter.”

DIe Agrotoken werden auf Ethereum gebildet, laufen aber auch auf der Sidechain Polygon oder der alternativen Blockchain Algorand. Sie sollen auf der einen Seite einen idealen Stablecoin schaffen, und auf der anderen es den Landwirten ermöglichen, die Vorteile von Token oder DeFi zu genießen.

Mit Santander hat Agrotoken nun einen mächtigen Partner gefunden. Die Bank hat während eines Probelaufs im Februar Darlehen an argentinische Landwirte vergeben, welche durch Agrotoken gedeckt sind. Dies sei das erste Mal, so ein Sprecher von Santander Argentina, “dass ein Finanzdienstleister Blockchain-Technologie und Krypto-Assets genutzt hat, um den landwirtschaftlichen Kreditmarkt zu erweitern und neue Geschäftsgelegenheiten für Landwirten zu erschließen.”

Der Test war offensichtlich erfolgreich. Santander erwartet, in den kommenden sechs Monaten Darlehen an 1.000 argentinische Landwirte zu vergeben, die durch Soja-, Mais- und Weizentoken kollateralisiert sind. Mitte des Jahres soll das Programm auf Brasilien ausgeweitet werden, und im Herbst auch auf die USA. Zusammen stellen diese drei Länder 70 Prozent der globalen Weizen-, Mais- und Sojabohnen-Produktion.

Die als Sicherheit genutzten Token werden in einem Smart Contract vorübergehend eingefroren. Erst wenn die Darlehen zurückgezahlt werden, durch Fiatgeld oder Token, öffnet Santander den Smart Contract. Wenn die Farmer Token benutzen, etwa Dollar-Stablecoins, könnte man den Prozess vollständig automatisieren.

Die argentinische Aktienbörse Matba Roex listet die Agrotoken bereits ebenfalls. Dies war offenbar die Bedingung, damit Santander sie als Sicherheit für ein Darlehen verwenden kann.

Angesichts der gegenwärtigen Preisturbulenzen bei Rohstoffen, auch und vor allem bei Weizen, dürften solche Token für viele Investoren äußerst interessant sein. Wer möchte nicht eine Tonne Weizen in seiner Wallet halten und diese auf einer DeFi-Plattform verzinsen oder als Sicherheit für Dollar-Kredite nutzen? Bisher allerdings ist ein Handel der Agrotoken außerhalb von Matba Roex noch nicht möglich. Das Startup verspricht jedoch, dass dies in naher Zukunft möglich werden soll.

Die Frage ist allerdings, ob solche Token in der derzeitigen beunruhigenden wirtschaftlichen Situation mehr schaden oder mehr nutzen. Verbessern sie den Handel mit landwirtschaftlichen Gütern, so dass die Produzenten mehr bekommen und die Konsumenten weniger bezahlen, weil Mittelsmänner und Reibungen wegfallen und sich die Geschäftsbedingungen für Landwirte verbessern? Oder regen sie erst recht dazu an, Lebensmittel zu horten und die Preise für die Token – und damit für die Lebensmittel – nach oben zu manipulieren?

Angesichts der Preisexplosionen auf den Terminmärkten für Weizen, andere Lebensmittel und auch Düngemittel könnte diese Frage im wahrsten Sinne des Wortes über Leben und Tod entscheiden.

Über Christoph Bergmann (2695 Artikel)
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