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Macht die Lightning-App Tippin.me den Exit Scam?

Tippin.me ist eine beliebte Lightning-App für Mikrospenden mit Bitcoin. Nun jedoch gibt es Hinweise, dass die Macher der App mit den User-Bitcoins verschwinden. Wahrscheinlicher ist aber etwas anderes …

Tippin.me ist – oder war – eine Treuhand-Wallet für Lightning, die es erlaubte, dass man bequem Spenden einnimmt. Da es technisch nicht ganz untrivial ist, ohne eine solche Treuhandwallets Lightning-Spenden zu akzeptieren – wir haben die Problematik beschrieben – haben relativ viele Leute den Service verwendet.

Warum auch nicht? Es handelt sich nicht um die Ersparnisse eines halben Lebens, sondern um Trinkgelder, um einige Cents oder Sat(oshi)s, die man bekommt, weil man im Internet etwas gepostet oder getweetet hat, das anderen gefällt. Dank einer Plugin für den Browser, einem einfach integrierbaren Codeschnippsel für Webseiten und einer Undercover-Integration auf Twitter hat Tippin.me Mikrozahlungen mit Lightning extrem vereinfacht.

Tippin.me funktionierte so gut, dass sogar Twitter-Gründer Jack Dorsey von dem Service geschwärmt hat.

Seit Anfang Mai jedoch mehren sich Befürchtungen, dass Tippin.me den klassischen Exit-Scam macht, die Geißel jedef Krypto-Treuhand: dass das Unternehmen einfach aus dem Internet verschwindet und die Bitcoins der Kunden mit sich nimmt, es also kurzerhand alle Spenden selbst vereinnahmt.

Die Indizien sind schmerzhaft deutlich: Der Service ist in Teilen unerreichbar, die Admins sind weder in der Szene bekannt noch namentlich genannt, Auszahlungen der Bitcoins nicht möglich, der Twitter-Account schreibt seit beinah einem Jahr nicht mehr, und die Support-Channels, etwa auf Telegram, schweigen ebenfalls beharrlich. Sehr viel lauter kann eine Warnung nicht ausfallen.

Der Node von Tippin.me steht allerdings noch. Er ist mit 246 Channels recht gut vernetzt und enthält mit etwas über acht Bitcoins mehr als 220.000 Dollar. Das mag eine ansehnliche Summe sein, rangiert unter den Exit Scams im Ökosystem der Kryptowährungen aber in einer so geringen Größenordnung, dass es noch nicht mal der Erwähnung wert ist.

Allerdings scheinen Auszahlungen zuweilen noch zu glücken, und es gibt auch keine Spuren, dass Tippin.me die Bitcoins von ihrem Lightning-Node abzieht. Das spricht stark gegen einen geplanten Exit-Scam. Wahrscheinlicher ist, dass die Admins auf etwas schäbige Weise die Lust an ihrem Geschäft verloren hat, weil die Mikro-Spenden mit Lightning niemals so richtig abgehoben haben. Wie bei jeder anderen vergleichbaren App, etwa ChangeTip, das vor Jahren in der Szene Wellen geschlagen hat, um dann sang- und klanglos zu verschwinden.

Daraus jedoch den üblichen Appell zu ziehen, die Schlüssel selbst zu verwahren, scheint etwas weit hergeholt. Natürlich sollte man, wo es möglich ist, die Schüssel selbst verwahren, und natürlich sind alle Verluste, die durch Tippin.me entstehen, Verluste durch einen Treuhänder. Allerdings ist es haarsträubend aufwändig, denselben Service ohne Treuhand nachzubilden.

Wenn es ein Beispiel gibt, dass Treuhänder einen sehr großen Nutzen haben, aber mit überschaubaren Risiken einhergehen, dann dürfte das Tippin.me sein. Auch nach einer Abwicklung des Geschäftes, die bisher bemerkenswert unanständig und ungeordnet wirkt.

Über Christoph Bergmann (2693 Artikel)
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