Staking Pools von Ethereum begrenzen Marktanteile freiwillig
Einige Staking-Pools vereinbaren, ihren Anteil am Staking auf eine bestimmte Schwelle zu begrenzen. Die beiden größten Pools, Lido und Coinbase, sind aber nicht dabei. Ist die Initiative also nur Augenwischerei?
Am 31. August erklärte der Ethereum-Entwickler Superphiz, dass mittlerweile vier Staking-Pools einer Selbstbegrenzung zugestimmt haben, für die er schon seit mehr als einem Jahr lobbyiert: Rocket Pool, Stakewise. Stader Labs und Diva Staking.
„So wird unsere Chain erfolgreich: Koordination über Gier, Kooperation anstatt alles für den Gewinner.“
Superphiz setzt sich seit Mai 2022 dafür ein, dass jeder Pool unter 22 Prozent der gesamten Staking-Rate bleibt. Die Zahl ist nicht zufällig. 66 Prozent aller Validatoren müssen zustimmen, damit eine Transaktion finalisiert wird. Wenn alle Pools unter 22 Prozent bleiben, müssen mindestens vier Pools kooperieren, um zu betrügen. „Das ist noch eine tiefe Schwelle, aber es ist ein Anfang“.
Der erste Pool, der zustimmte, war StakeWise, kurz darauf Rocket Pool. Am 3. Juli zog Puffer Finance nach, und am 9. August erklärte Stader, sich dem anzuschließen, um ein dezentralisiertes, diverses und starkes Ökosystem des Stakings zu unterstützen.
Aber wie relevant sind diese Pools überhaupt? Zur Verteilung der Staking-Einlagen existieren mehrere Charts, die nicht ganz identisch sind.
Bei Beaconcha.in sind fast 62 Prozent der Staker unbekannt, gefolgt von Lido mit 16,3 und Coinbase mit 4,3 Prozent. Alle anderen kommen auf maximal drei Prozent. Rocket Pool hat 3,03 Prozent, Stakewise 0,29, und die anderen genannten findet man hier gar nicht.
Ein Chart auf Dune Analytics hingegen weist Lido 31,7 Prozent der Einlagen zu und verordnet 29,5 Prozent den unbekannten Stakern. Coinbase kommt hier auf 9,4 Prozent, Rocket Pool auf etwa drei. Auch ein weiterer Chart auf Dune Analytics geht in diese Richtung, Rocket Pool ist hier bei 2,6 Prozent und Stakewise weit unter einem Prozent, während Lido, Coinbase und die unbekannten Staker das Geschehen dominieren.
Unabhängig von diesen Unterschieden zeigen die Charts einstimmig, dass eben die Pool, die sich auf das 22-Prozent-Limit verpflichten, weit davon entfernt sind, dieses jemals zu erreichen. Das macht die Selbstverpflichtung einfach. Wenn ich Milliardär wäre, würde ich auch gerne eine Vermögenssteuer von 70 Prozent bezahlen.
Die Lido-DAO hingegen entschied sich mit 99,81 Prozent dafür, sich nicht selbst zu beschränken. „Sie zeigen die Intention, die Mehrheit der Validatoren der Beacon Chain zu kontrollieren“, kommentiert Supherphiz diese Entscheidung. Gerade die Partei, bei der es am notwendigsten wäre, verweigert sich also der Selbstverpflichtung?
Nicht ganz. Denn Lido ist kein klassischer Staking-Pool und keine einzelne Entität. Stattdessen ist Lido eine „Koordinations-Layer zwischen einer Vielzahl von Stakern und Node-Betreibern,“ erklärt Arthur von DeFiance Capital.
Genau genommen ist Lido ein Smart Contract. User können hier ihre Ether einlegen und erhalten im Gegenzug stETH: Token, die die Ether-Einlage repräsentieren und so verzinst werden, als würden sie selbst staken. Die im Smart Contract angesammelten echten Ether werden hingegen gleichmäßig an derzeit 28 Validatoren verteilt. Selbst wenn Lido einen Anteil von 66 oder mehr Prozent der gesamten gestakten Ether erreicht, gibt es keine Instanz, die diese Marktmacht ausnutzen kann, da Lido selbst dezentralisiert ist.
Ganz unbedenklich ist die Dominanz von Lido dennoch nicht. Die Mehrheit der Validatoren macht sich von einem Smart Contract abhängig. Was, wenn er einen Fehler hat? Wird dies Ethereum in eine existenzielle Krise stürzen? Oder werden sich die Entwickler gezwungen sehen, zu forken, um den Fehler rückgängig zu machen?
Abgesehen von diesen derzeit hypothetischen Befürchtungen ist die Staking-Landschaft von Ethereum vorbildlich dezentralisiert, in einem weit stärkeren Umfang als bei Bitcoin oder anderen Proof-of-Work-Systemen. Angesichts dessen ist die Selbstverpflichtung einiger Pools auf 22 Prozent nett, aber auch unnötig.
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