Im Blockrausch – der Jahresrückblick

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Wow. Was für ein Jahr. Man könnte Bücher darüber schreiben, was in Sachen Bitcoin alles passiert ist. Wir geben Ihnen immerhin einen kleinen Überblick – vom sagenhaften Wachstum über die Infrastruktur zu Hackern und Zentralbanken. Mit Dank für Ihre Treue, als Kunde und als Leser.
Der Jahresrückblick beginnt mit einer schönen Überschrift, die nicht von mir oder sonst jemandem aus der zugegebenermaßen etwas bitcoin-zentrischen Bitcoin-Hemisphäre stammt, sondern vom Wall Street Journal:
2013 – das Jahr des Bitcoin
Ja, tatsächlich? War der Bitcoin DAS Phänomen des Jahres? Es gab hunderte von Schlagzeilen. Fast alle Zeitungen haben über den Bitcoin geschrieben, sogar die BILD, und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung brachte letztens Steuertipps für Bitcoins, so, als wäre es die normalste Sache der Welt.
Dennoch wollen wir nicht übertreiben. 2013 ist viel passiert, was für das unmittelbare Leben der Menschen einschneidender war als das Auf und Ab des Bitcoin-Preises: Taifune, Überschwemmungen, eine Bundestagswahl, ein Krieg in Mali, die Sexismus-Debatte, der Pferdefleisch-Skandal und Edward Snowden … aber angesicht eines totalüberwachten Internets und einer schwelenden Eurokrise spielt der Bitcoin schon am Puls der Zeit mit. Digitale Freiheit, Privatsphäre, Geld – sind das nicht die großen Themen der Gegenwart? Daher lassen wir den Satz, 2013 sei das Jahr des Bitcoin gewesen, einfach mal so stehen …
An einer Sache kann es keinen Zweifel geben: Der Bitcoin war die Anlage des Jahres. Ganz objektiv und mit himmelweitem Abstand.
Der Preis startete mit etwa 10 Euro, nahm im April die erste Blase, etwa zu der Zeit, als in Zypern Sparer enteignet wurden, schnellte auf über 200 Euro, stürzte ab, fing sich bei 80 Euro und stieg von dort aus langsam wieder an, bis die China-Blase aufging und der Preis auf verrückte 800 Euro schnellte. Auch nach dem Platzen der zweiten Blase des Jahres geht der Bitcoin mit etwa 500 Euro auf Sylvester zu. Summa Summarum ist der Preis um etwa 5.000 Prozent gestiegen. Irre.
Asics, ATMs und Akzeptanz
Die globale Bitcoin-Infrastruktur wurde derweil massiv ausgebaut – was für Miner auch frustrierend war. Das Bitcoin-Netzwerk verzeichnete einen beispiellosen Zufluss an Rechenleistung; der Anstieg der Hash-Rate ist dem des Preises weit davongaloppiert: Von etwa 20.000 im Frühjahr auf beinah 11.000.000 Gigahash Ende Dezember – ein Wachstum von 55.000 Prozent.
Für den Privatmann lohnt es sich seit der Mitte des Jahres nicht mehr, den Rechner anzuwerfen und Bitcoin zu schürfen. Die kryptographischen Rätsel sind einfach zu schwer geworden. Der Grund für die Explosion von Hash-Rate und Schwierigkeit sind die Asics: Chips, die speziell für die kryptographischen Rätsel konstruiert wurden. Sie können nichts anderes, als Blöcke zu finden, sind darin aber unschlagbar gut.
Die Sicherheit des Netzwerkes profitiert von diesem Blockrausch: Es hasht mehr als 2.000 mal schneller, als es der schnellste Supercomputer der Welt, Chinas Tianhe-2, könnte. Selbst wenn man die 500 schnellsten Supercomputer der Erde verbinden würde, könnte man die Blockchain nicht kapern. Bei weitem nicht. Eine 51-Prozent-Attacke ist so schwer wie nie zuvor.
Ebenfalls ausgebaut wurde die Wechsel-Infrastruktur. Die größte Börse Mtgox hatte 2011 noch mehr als 80 Prozent Marktanteil. Ende 2013 dürften es weniger als 30 Prozent sein. Es gibt immer mehr Börsen, in immer mehr Ländern. Die Preis-Aushandlung hat sich dezentralisiert.
Im Herbst wurden zudem die ersten Bitcoin-ATMs ausgeliefert. Diese Automaten wechseln Bargeld gegen Bitcoins oder, zumindest teilweise, Bitcoins gegen Bargeld. Bislang stehen welche etwa in Kanada, Schweden, Finnland, den USA und, gerüchteweise, auch in der Türkei und Litauen. Einer der Hersteller, Lamassu, arbeitet bereits mehr als 100 Bestellungen ab. Eine Karte auf der Homepage der Firma zeigt, wo die Modelle bald stehen werden. Deutschland ist noch nicht dabei.
Die vielleicht wichtigste Infrastruktur ist jedoch die Akzeptanz als Zahlungsmittel. Und auch in dieser Hinsicht war 2013 ein unglaublich erfolgreiches Jahr.
Alleine beim Zahlungsanbieter BitPay sind 12.000 Shops registriert; wer auf die Weltkarte coinmap.org schaut, wird sehen, dass es rund um den Globus tausende von Akzeptanzstellen gibt – alleine in Berlin schon 43. Hotelzimmer? Ein Zahnarzt? Eine Pizza? Computerspiele? Autos? Gibt es alles. Und vieles mehr.
Begehrlichkeiten
Tja. Der hohe Preis weckt leider auch kriminelle Begehrlichkeiten. Ddos-Attacken gegen Börsen und Mining-Pools kamen öfters vor, als einem lieb sein kann, und während einer besonders heftigen Serie ausgeklügelter Hacks wurden mehrere Börsen, Zahlungsdienstleister und Online-Wallets um Bitcoins im Wert von Millionen von Euros erleichtert. Auch das beliebte Forum bitcointalk ist mehrfach Angriffen erlegen, wodurch etwa die Passwörter der Nutzer entwendet worden sind.
Manchmal hat man das Gefühl, als sei die Cybersicherheit noch nicht reif für den Bitcoin. Eventuell wird aber dessen rasante Aufstieg die Gesellschaft dazu zwingen, nachzurüsten und das Thema Computersicherheit zur Kern-Kulturtechnik zu erheben, da es nun nicht mehr „nur“ um Daten sondern ganz konkret um Geld geht.
Eine Grundregel ist bekanntlich, dass man niemals den Anhang einer Email öffnen darf, sofern man dem Absender nicht vertraut. Wer diese Regel missachtet hat, konnte im Herbst sein kryptographisches Wunder erleben: Eine Malware verschlüsselt das gesamte System und gibt den Schlüssel gegen ein Lösegeld in Bitcoins frei. Der Kryptolocker genannte Trojaner verbreitete sich epidemisch. Berichten zufolge trieb er sogar eine alte Dame an den Bitcoin-ATM in Vancouver.
Behörden und Banken
Auch die Staatsmacht wurde 2013 auf den Bitcoin aufmerksam. Logisch. Als im Frühjahr die Regulierung einsetzte, mussten einige amerikanische und europäische Börsen und Wechselstuben schließen. Wer weiter operieren wollte, muss den Bedürfnissen der Aufseher entgegenkommen und beispielsweise die „Know-Your-Customer“-Regel einhalten und die Identität der Kunden verifizieren. Unreguliert ist der Bitcoin mittlerweile nicht mehr.
Gleichzeitig haben sich die Strafverfolgungsbehörden warmgelaufen und die ersten Bitcoin-Verbrecher zur Strecke gebracht. Etwa Pirateat40, legendärer Ponzi-Betrüger, und Dread Pirate Roberts, der noch viel berühmtere Mastermind des Tor-Schwarzmarktes Silk Road.
Gegen Ende des Jahres haben auch die Banken reagiert. In Deutschland hat etwa die Commerzbank mit geglückten Sätzen, aber etwas plumpen Argumenten vor dem Bitcoin gewarnt, während die Sparkassen Berichten zufolge bereits zur Tat geschritten sind und Überweisungen zu internationalen Börsen blocken. Weltweit haben die Zentralbanken reihenweise Warnungen vor der Kryptowährung herausgegeben, von Zypern über Frankreich bis zu Indien, und die Volksrepublik China hat mit der einem diktatorischen Staat eigenen Vehemenz gleich Nägel mit Köpfen gemacht, woraufhin die Blase geplatzt und der Kurs deutlich eingebrochen ist.
Und Bitcoin.de?
Für uns war 2013 ein spannendes und erfolgreiches Jahr. Der sportliche Aufstieg des Preises war für uns natürlich äußerst erfreulich, hat aber auch Herausforderungen mit sich gebracht. Daher sind wir stolz, trotz der sich verschärfenden Konkurrenz unser Volumen gehalten zu haben und das Jahr als größter Exchange der Eurozone zu verlassen. Ebenfalls von Erfolg waren unsere kontinuierlichen Verbesserungen der Sicherheitssysteme, durch welche wir unsere Kunden vor Verlusten durch Hackerangriffen schützen konnten. Schließlich hat uns die gestiegene Popularität des Bitcoins eine Flut von Neuanmeldungen eingebracht, was unseren Anspruch, einen zeitnahen und persönlichen Support zu bieten, zu einer mitunter schweißtreibenden Aufgabe gemacht hat. Wir denken aber, auch in dieser Hinsicht mit Stolz zurückblicken zu können, und bitte um Verständnis, falls sich die eine oder andere Antwort verzögert hat.
Das Highlight des Jahres war klar die Kooperation mit der Fidor Bank, die uns schon jetzt in regulatorischer Hinsicht massiv weitergebracht hat. Einen Effekt, dem unsere Kunden und wir entgegenfiebern, wird die Synchronisierung des Handels auf Bitcoin.de mit dem System der Fidor Bank sein. Insgesamt erweist sich dies als recht dickes Brett, an dem wir jedoch mit Hochdruck bohren. Wir erwarten, im Frühjahr die technischen Umsetzung vollbracht zu haben.
Zu guter Letzt – dieses Blog
Für mich als Autor dieses Blogs begann in der Mitte des Jahres eine wundervolle neue Aufgabe. Ich freue mich, hier täglich 2.000 bis 3.000 Leser begrüßen zu dürfen, von denen sich viele weder mit Lob noch mit Kritik zurückhalten. Vielen Dank hierfür.
Etwas Bauchschmerzen machte mir letztens ein Kommentar eines Lesers, der erzählt hat, er habe einen Kredit aufgenommen, um sich Bitcoins beim Preis von 800 Euro je Stück zu kaufen und wisse nicht, wie er den Kredit zurückzahlen soll.
Möglich, dass in der einen oder anderen Woche meine Begeisterung mit mir durchgegangen ist und ich die Neutralität verloren habe. Daher nehme ich mir für 2014 vor, verstärkt auch die negativen Entwicklungen des Bitcoins zu thematisieren, Signale auf Kurseinbrüche bzw. -korrekturen früher zu kommunizieren und öfters auch die Risiken eines Investments in Bitcoins zu erwähnen.
Man kann es nicht oft genug sagen: Investieren Sie niemals mehr, als Sie verkraften können, zu verlieren. Und nehmen Sie niemals einen Kredit auf, um Bitcoins zu kaufen. Niemals.
Wir wünschen einen frohen Rutsch und ein glückliches neues Jahr!
Schöner Artikel.
Erlauben Sie mir diese Anmerkung: Jede Spekulation und jeder Kauf auf Kredit birgt ein zusätzliches Risiko gegenüber dem Kauf mit eigenem Geld. Sogar der Kauf eines Eigenheims auf Kredit führt regelmäßig zu finanziellen Problemen, wenn der Altbau anders als erwartet marode oder die Baufirma langsam oder pleite ist.
Mitleid oder ein schlechtes Gewissen muss niemand haben. Jeder darf in diesem Land glücklicherweise das Risiko einer Geldanlage (und die damit verbundene Renditechance) selbst wählen. Hohe Gewinne darf man (nach Abzug der Steuern) dabei genauso für sich verbuchen wie hohe Verluste.
In diesem Sinne: Einen guten Rutsch!
Danke.
In dem Zusammenhang amüsiere ich mich jedes Mal aufs Neue über die Warnung auf der bitcoin.de Startseite “Die auf bitcoin.de zum Handel angebotenen Bitcoins sind nicht für alle Investoren geeignet.”
Wo kann ich denn dann bitte die für alle Investoren geeigneten Bitcoins kaufen, frage ich mich da jedes Mal aufs Neue… 🙂
Wie man als Unternehmer immer sagt, eigenes Geld kann man verballern.
Macht man es mit fremden Geld wird es dreimal so teuer.
Geld spielt immer mit neuen Dingen, und jetzt sind es die Bitcoins.
Das erste Spiel des Geldes waren Tulpen in Holland. Auch Sie erreichten sehr schnell einen hohen Wert. Das war vor ca 400 Jahren so. Die große Blase waren ja im Jahr 2000 die Internetaktien. Natürlich haben Märkte immer Bewegungen und es geht nicht nur Abwärts. Es gibt immer wieder Zwischenerholungen, doch nach einer Euphorie kam immer die Ernüchterung.
Die Euphorie ist immer der Anfang vom Ende. Das war schon seit 400 Jahren so, und da wird sich auch nichts ändern.
ATMs-> Deutschland nicht dabei.
Schschschaade eigentlich, Bargeld rein – BTC raus – auf bitcoin.de ähnlich einer Kreditkartenzahlung einzahlen und loslegen – schön wär’s.
Sparkassen zur Tat geschritten -> habe aber auch erlebt dass eine Abendüberweisung (20:00 Uhr)von Sparkasse zu Sparkasse in ein anderes Bundesland am Morgen danach (10:00 Uhr) vom Empfänger bestätigt wurde.
Bei Überweisungen der FIDORBANK läßt man sich hingegen Zeit….
Trotz allen Unwegbarkeiten ein gutes Neues wünscht
Waterloo
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