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Geldwäsche, mal wieder. Bitte die Kirche im Dorf lassen.

Eine namhafte deutsche Zeitung eines Verlages, auf den man nicht verlinken darf, hat in dieser Woche einen Artikel veröffentlicht, der so falsch ist, dass es einen schütteln muss. Es geht dabei einmal mehr um den Bitcoin und die Geldwäsche, und irgendwie wird etwas suggeriert, was gar nicht gegeben ist.

Die namhafte deutsche Zeitung, auf die hier nicht verlinkt wird, beginnt ihren Artikel mit dem ehemaligen Minister Karl Theodor von uns zu Guttenberg, der, so die Zeitung leicht höhnisch, im Finanzministerium kein Gehör mehr findet. Guttenberg wolle angeblich für die virtuelle Währung Bitcoin Werbung machen.

Fehler 1: So, wie nicht jedes Tier mit Hörnern ein Stier ist, ist nicht alles, was eine Kryptowährung ist, ein Bitcoin. Guttenberg möchte für Ripple Werbung machen, was in vielerlei Beziehung das Gegenteil von Bitcoin ist.

Laut der namhaften Zeitung habe das Finanzministerium nämlich große Zweifel am Konzept Bitcoin. In dieser Woche fände eine Tagung der Financial Action Task Force (FATF) statt, bei der es um die Frage geht, wie man mit virtuellen Währung umgehe. Die Amerikaner wollen dort angeblich einige Grundsätze durchboxen, „die das Kunstgeld voranbringen“. Bei Deutschland stießen sie damit jedoch auf Widerstand.

Beinah schon klischeehaft sehen die Amerikaner die Vorteile kryptographischer Währungen – sie machen grenzüberschreitende Transaktionen günstiger – während man in Deutschland eher die Risiken sieht – die Gefahren von Geldwäsche und Terrorfinanzierung. Laut dem Artikel „aus gutem Grund“. Schließlich stehe der größte Geldwäscheskandal der jüngeren Geschichte in Zusammenhang mit Bitcoins: Liberty Reserve, eine 2013 von US-Behörden geschlossene Plattform, über die angeblich 6 Milliarden Dollar gewaschen worden sind. Deutschland schlage das „deutsche Modell“ vor, laut dem die Handelsplattformen, auf denen Bitcoins zu erwerben sind, ihre Kunden identifizieren müssen.

Fehler 2: Entspricht Fehler 1. Nicht alles, was eine digitale Währung ist, ist Bitcoin. Liberty Reserve hatte ein eigenes, zentralisiertes digitales Bargeld herausgegeben, das an den Dollar gekoppelt war und sich unter Kriminellen einer großen Beliebtheit erfreut hat.

Neben den beiden erwähnten Fehlern besteht der Artikel aus Gerüchten über ein Treffen wichtiger Leute des internationalen Kampfes gegen die Geldwäsche, einer etwas kruden Interpretation der US-Haltung zu Bitcoins und ganz viel Meinung.

Eher wahrscheinlich ist hingegen, dass sich die Financial Action Task Force mit dem Bitcoin beschäftigt. Der Arbeitskreis mit Sitz in Paris hat bereits im Sommer 2014 ein kurzes Papier zu virtuellen Währungen veröffentlicht. Dieses räumt ein, dass virtuelle Währungen wie der Bitcoin Vorteile haben könnten, konzentriert sich aber naturgemäß vor allem auf die Probleme im Zusammenhang mit Geldwäsche. Hier nennt sie neben der Silk Road auch Liberty Reserve und eine Cybercrime-Gruppe, die Western Union benutzt hat.

Allgemein dürfte der Bitcoin das zwar vielleicht sensationellste Instrument der Geldwäsche sein, aber auch eines, das nur eine winzige Rolle spielt. So wurde allein der vergangenen Woche die US-Bank Capital One wegen Geldwäsche untersucht, die HSBC aus Genf hat eine Strafanklage wegen Beihilfe zur Geldwäsche in Milliardenhöhe zu erwarten und auch die deutsche Commerzbank sieht sich Geldwäschevorwürfen ausgesetzt. Solange es Banken gibt, scheint die Welt keine Kryptowährung zu brauchen, damit Geld gewaschen wird.

Laut einem frischen Kommentar von pymts.com übersteigen die Kosten von Anti-Geldwäschemaßnahmen deren Nutzen um ein Vielfaches. Die Maßnahmen gegen die Geldwäsche fruchten nur in maximal einem Prozent der globalen Geldwäscheströme, die auf 2 Prozent des globalen Bruttosozialproduktes oder etwa 1,5 Billionen Dollar geschätzt werden. Die Finanzierung von Terrorismus, ein winziger Anteil der gesamten Geldwäsche, werde durch dieses System kaum verhindert. Angesichts solcher Werte kann ein teilanonymes Zahlungssystem nicht wirklich so viel verschlimmern, dass man sich Sorgen machen muss.

Den schwachen Erfolgen der Regularien der FATF stehen recht hohe Kosten gegenüber. Alleine in den USA belaufen sie sich auf Bankenseite auf rund 7 Milliarden Dollar. Proportional seien die Kosten in kleineren Ländern noch größer, so pymnt.com. Bei Ländern wie Somalia führen die Anti-Geldwäschebestimmungen sogar dazu, dass nun keine einzige amerikanische Bank mehr Geld in das Land überweist, da die Gefahr der Terrorismusfinanzierung zu groß sei. Laut pymnts.com habe der absolute Großteil des Remittances nach Somalia – der ein Drittel des Bruttonationaleinkommes ausmache – humanitären und sozialen Zwecken gedient.

All dies sollte nun nicht bedeuten, dass man gleich ganz auf Anti-Geldwäschemaßnahmen verzichten sollte. Ganz und gar nicht. Allerdings sollte sich etwa eine Verschärfung der bestehenden Regularien daran orientieren, ob der Nutzen die Koste rechtfertigt. Wenn die Anti-Geldwäsche-Regeln ohne nennenswerte Erfolge dazu führen, dass ein ganzes Land von den finanziellen Strömen abgeschnitten wird, weil es in ihm Terroristen gibt, werden die Maßnahmen zu einer Gießkannen-Sanktion, die vor allem diejenigen trifft, die Transaktionen am nötigsten haben.

Vor allem aber sollte man, was den Bitcoin angeht, bitte einmal die Kirche im Dorf lassen.

 

Über Christoph Bergmann (2802 Artikel)
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15 Kommentare zu Geldwäsche, mal wieder. Bitte die Kirche im Dorf lassen.

  1. tschaka

    • Die Fanzindustrie darf berechtigte Angst vor jeder Art von Kryptowährung haben! Nicht nur dass ihr das Privileg der Geldschöpfung aus der Hand genommen wird – die Basis für alle ergaunerten realen Werte durch die Banken. Geldwäsche ist ein lukratuves Geschäftsfeld! Warum sollten die Banken dieses an Bitcoin & Co. abgeben?

  2. Es mag ja sein, dass man manche Webseiten nicht verlinken darf/soll, aber es besteht wohl kein Grund, den Namen einer Zeitung, auf die man sich bezieht, nicht zu nennen. Vielleicht denken Sie schon zu anonym-kryptografisch, nach all der Beschäftigung mit Kryptowährung und anonymen, dunklen Kanälen. Also, bitte etwas Licht, aus welcher Zeitung stammt der Artikel?

    • Name required // 26. Februar 2015 um 18:30 // Antworten

      welt.de vermutlich?

    • Habe gleich mal gegoogelt, wie das mit dem rechtlichen ist. Es ist erlaubt auf fremde Webseiten zu verlinken…. und zwar selbst dann, wenn der Inhaber der Webseite dies nicht möchte. Wurde erst letztes Jahr vom Europäischen Gerichtshof noch einmal bestätigt. Es ist nur dann verboten, wenn der Webseiten-Betreiber die Inhalte nicht offen zugänglich macht. Und das ist hier nicht der Fall. Der Beitrag ist offen zugänglich und die Zeitung möchte ja ausdrücklich, dass möglichst viele Ihre Beiträge lesen 🙂
      Die Zeitung könnte Christoph verbieten, dass er Werbung für sich oder seinen Blog hier auf deren Webseite (z.B. im Kommentarbereich) macht. Aber umgedreht, darf er von hier aus nauf den Artikel verlinken, auf den er sich bezieht.

      Aus Respekt vor Christoph werde ich den Link trotzdem nicht einfach so hier im Kommentarbereich reinsetzen.
      Wer aber bei google eingibt, kommt zum gewünschten Artikel.

      • Da habe ich wohl was vergessen 🙂 Google: Freibrief zur Geldwäsche Sebastian Jost

      • Hallo, ja, ich ahne es 🙂

        Aber wenn schon ein gewisser Verlag ein Gesetz durchlobbyiert hat, dass das Verlinken potenziell unter Strafe stellt, dann tue ich ihm gerne den Gefallen :/

      • Danke für die Google-Hilfe. Wie gesagt, ich finde es Quatsch, wenn man nicht einmal die Zeitung nennt (um Verlinkung geht es ja nicht einmal), bzw. es ist sogar einfach eine fehlende Quellenangabe in einer seriösen Diskussion. Also habe ich gegoogelt und nenne die Zeitung: es ist „Die Welt“. Wäre ja noch schöner, wenn man nicht mal mehr sagen darf, worüber man eigentlich redet.

  3. Macht es denn inhaltlich einen großen Unterschied, ob es nun der Bitcoin oder eine andere Kryptowährung ist, über die man relativ einfach Geld waschen kann?

    • Ob es einen Unterschied macht? Nun, wenn eines Ihrer entfernten Familienmitglieder, dem Sie ja womöglich relativ ähnlich sehen, Mist baut und dafür Sie mit Namen und Bild in der Zeitung landen – was würden Sie sagen?

      • Den Vergleich von Bitcoin mit einer Person finde ich albern. Auf solche Gedanken kommen wohl Bitcoin-Anbeter, die ihre Wünsche auf dieses Zahlungsmittel projizieren. Eben dieses Gefühl habe ich des öfteren, wenn ich über Bitcoin lese. Das Gegenteil (die Verteufelung) existiert natürlich genauso und natürlich ist es kein Aushängeschild eines Journalisten, wenn er so verallgemeinert. Trotzdem bleibt doch der Kern der Sache, dass man mit Bitcoins und anderen Kryptowährungen eben leichter Geld waschen kann, oder? Klar ist das auch bei Banken vorgekommen, aber da haben dann immerhin aktiv Leute daran mitgewirkt, während es bei den Kryptowährungen schon im Grundaufbau angelegt ist. Bei mancher Kryptowährung mehr, bei mancher weniger.

      • Wo wir also von Personen und richtig zu benennenden Kryptowährungen sprechen: Die Info, dass der tolle „Doktor“ von und zu Guttenberg für den Ripple Lobbyarbeit macht, finde ich dann doch wieder sehr relevant und passend, wenn ich die Info aus Christophs Artikel zum Ripple einbeziehe, dass dieser eher ein Versuch von Banken ist, in diesem Markt Kontrolle zu erlangen. Ja, ich finde, das passt viel besser in das Bild, das ich von Guttenberg und seiner Partei habe… 😉

  4. Alle Fiat-fähigen Exchanges, die auch Fiat-Auszahlungen tätigen, verlangen eine vollständige Identifikation des Kontoinhabers. Alle Transaktionen stehen pseudonym öffentlich in der Blockchain, über die privaten Keys können diese eineindeutig zugeordnet werden. Wie wir seit Snowden wissen, wird das Internet weiträumig überwacht und Aktivitäten (xpider etc.) getrackt. Wer glaubt denn ernsthaft, dass unter diesen Umständen anonyme Geldwäsche zu realisieren sei?

    • Wenn die Überwachung zu 100% angewendet würde und funktionieren würde, gäbe es ja Null kriminelle Aktivitäten über das Internet. Und dann gäbe es ja auch keinen Widerstand, denn „die“ hätten ja sowieso alles im Griff. Meine Internet-Erfahrung widerspricht dem aber stark, wenn ich auch nicht grundsätzlich an der Power der Überwachungseinrichtungen zweifle. Und dass die da solche Mühe hineinstecken, liegt genau daran, dass sie eben nicht wirklich alles im Griff haben, aber alles daransetzen, die Oberhand zu behalten. Was vielleicht (und meiner bescheidenen Meinung nach) besser ist, als wenn NOCH schlimmere Leute die Herrschafft erlangen. Ich frage mich manchmal, wer hier das Kind mit dem Bade ausschüttet… NSA ist vielleicht nicht gerade schön, aber immerhin noch entfernt mit demokratischen Rechtsstaaten verwandt, im Gegensatz zu „freier Kriminalität“. Ich glaube jedenfalls nicht, dass die absolute Anarchie zu einer friedlichen, freien Welt führt und habe eine rosa Bitcoin-Brille auf – aber ich schweife ab…

  5. Das die Überwachung funktioniert steht ausser Frage, schauen Sie sich nur den Fall Silkroad/ Dark Market an. Da hat der Veranstalter auch gedacht, hinter Verschlüsselung sei er sicher und er wurde trotzdem erwischt.

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