Die Blockchain-Lizenz für digitale Kunstwerke

Kunst ist eines dieser Dinge, die den Sprung ins digitale Zeitalter nicht wirklich geschafft haben. Ein Künstler und eine Anwaltskanzlei haben nun eine Lizenz entwickelt, welche helfen soll, einen Markt für digitale Kunstwerke entstehen zu lassen. Echte Kunst bedeutet heute weiterhin, dass ein analoges Ding auf Auktionen zu mitunter abenteuerlichen Preisen verkauft wird. Ein Grund dafür, dass es keine digitalen Kunstwerke in diesem Sinne gibt, liegt für Stephan Vogler darin, dass digitaler Kunst eine wesentliche Eigenschaft fehlt: die Knappheit.
Mitunter versuchen Künstler, die ein digitales Kunstwerk geschaffen haben, diesen Fehler auszubügeln, indem sie es in limitierter Auflage ausdrucken. Eine wirkliche Lösung kann dies aber nicht sein, da dabei der digitale Charakter zerstört wird. Die Blockchain, als eine Sache, die die analoge Knappheit ins digitale Zeitalter bringt, scheint da wie gerufen zu kommen. Der Unternehmer und Künstler Stephan Vogler hat nun mit den Kunstrechtsexperten der Berliner Kanzlei dtb Rechtsanwälte eine Lizenz entwickelt, die digitale Kunstwerke mit Hilfe der Bitcoin-Technologie in technisch und rechtlich limitierte und eigenständig handelbare virtuelle Güter verwandelt.
Dabei wird das Nutzungsrecht an einem Kunstwerk in die Blockchain eingepflanzt und kann dort durch Transaktionen weitergegeben werden. Das resultierende virtuelle Gut ist damit auf ein einzelnes Exemplar limitiert. Im Detail funktioniert es so: Der Künstler, der sich ein Kunstwerk lizensieren lässt, benennt im Lizenzvertrag eine Bitcoin-Adresse. Dann tätigt er von dieser Adresse aus eine Transaktion, in deren Output er über die Funktion OP_Return die Botschaft LICTIP10 sowie den SHA-256-Hashwert über die Datei des Lizenzgegenstands enthält. (OP_Return erlaubt es, einer Transaktion 40 Byte an Metadaten hinzuzufügen, macht dabei aber die Transaktion ungültig. Ein Beispiel ist diese Transaktion, in der Stephan Vogler die Lizenz für eines seiner eigenen Kunstwerke verortet hat).
Auf diese Weise wird die Lizenz sowie das digitale Kunstwerk in der Blockchain verankert. Wenn nun der ursprüngliche Lizenzgeber von der Lizenzadresse aus eine Überweisung macht, wird die Lizenz weitergegeben. Sie ist dann für den ursprünglichen Lizenznehmer aufgelöst und geht auf den neuen Lizenznehmer weiter. Dieser kann sie dann handeln, wie es ihm beliebt. Die Blockchain garantiert also, dass stets nur eine einzige Entität ein Nutzungsrecht an einem digitalen Kunstwerk hat und dass diese Entität sich ausweisen kann, indem sie durch eine signierte Nachricht beweist, den privaten Schlüssel für die entsprechende Adresse zu besitzen.
“Die Lizenz verhindert keine Raubkopien,” erklärt Stephan Vogler, “sie sorgt ‘nur’ dafür, dass es nachprüfbar eine einzelne Person gibt, welche die exklusiven Nutzungsrechte besitzt. Die Lizenz macht diese exklusiven Nutzungsrechte mit Hilfe von Bitcoin selbständig tranferrierbar und handelbar. Man kann sich das virtuelle Gut als ein Stück Papier vorstellen, auf dem steht: ‘nur wer dieses Papier besitzt, darf das digitale Werk nutzen’. So wie Bitcoin Banknoten ersetzen kann, ersetzt Bitcoin auch dieses Stück Papier.”
Vielen Dank für den guten Artikel!
Einen Hinweis habe ich noch: die Verwendung von OP_RETURN macht nur den Transaktion Output, in dem OP_RETURN verwendet wird, ungültig (wobei diesem Output sowieso keine Bitcoins zugewiesen werden). Die Transaktion bleibt gültig und die Nutzungsrechte sind einem anderen gültigen Output in der gleichen Transaktion zugewiesen.
Ich habe Ihnen außerdem noch eine Mail grschrieben.
Und was soll diese Lizenz nun bringen, wenn Jan und Jedermann das zugrunde liegende digitale Kunstwerk doch beliebig kopieren kann?
Der Besitzer des virtuellen Guts kann seine exklusiven Nutzungsrechte beweisen und gegen unerlaubte Nutzungen durch Jan und Jedermann juristisch vorgehen. So darf nur der Besitzer z.B. Poster des Kunstwerks drucken und diese verkaufen.
Das bringt aber keinen Vorteil zur jetzigen Situation. Wenn man einen einfachen schriftlichen Vertrag mit dem Urheber hat, kann man die Rechteinhaberschaft noch leichter beweisen. Wozu also den umständlichen Umweg in die Blockchain wählen, welcher sowieso nicht rechtssicher ist?
Folgende Vorteile besitzt das virtuelle Gut gegenüber einem schriftlichen vom Author unterzeichneten Vertrag auf Papier:
– Die Echtheit der Signatur und des Signaturdatums des dem Gut zugrundeliegenden Werks kann zweifelsfrei bewiesen werden.
– Der “Besitz” des immateriellen Guts und der Anspruch auf die damit verbundenen Nutzungsrechte können vom Besitzer zweifelsfrei beweisen werden.
– Das Gut lässt sich sicher instantan weltweit mit minimalen Transaktionskosten weitergeben
Wenn das Gut mit Bitcoins bezahlt wird, kann der Verkauf ohne Treuhänder sicher weltweit abgewickelt werden.
Der “Umweg” über die Blockchain ist rechtssicher. Genauer: Die Einräumung der exklusiven Nutzungsrechte durch den Author lässt sich über das Verfahren rechtssicher beweisen (basierend auf dem deutschen Signaturgesetz und einer mathematischen Beweisführung).
Ein schriftlich unterzeichneter Vertrag ist diesem Verfahren unterlegen. Fälschungen von Unterschriften sind im Kunstmarkt keine Seltenheit. Auch solche die von Sachverständigen nicht erkannt werden.
Hallo Stephan,
wenn ich das richtig verstanden habe, könnte ich nicht nur einmal einen Schlüssel benennen, sondern auch z.B. die Lizenz dreimal unabhängig voneinander mit drei Schlüsseln in die Blockchain einfügen?
Interessanter Ansatz.
Ich schätze, Du meinst mit Schlüssel die in der Lizenz benannte Bitcoin-Adresse.
Ja, das ist richtig. Ein Künstler kann auch verschiedene Bitcoin-Adressen für unterschiedliche Lizenzen benutzen. Diese Lizenzen könnten sich z.B. in der Art der Nutzungsrechte oder der geographischen Einschränkung der Nutzungsrechte unterscheiden.
Ich kapiers nicht
Guides & Tutorials For The Open Minded Person: http://libri7.tumblr.com/
Sehr interessante Idee. Jedoch macht es für den Künstler selbst doch keinen Unterschied ob er nun eine limitierte Version seines digitalen Kunstwerkes physisch anfertigen lässt und diese Werke verkauft, oder ob er eine limitierte Anzahl von Dateien lizenziert. Also mir wäre das egal. Am Ende lebt die digitale Kunst (wenn es eine Grafik ist) erst richtig, wenn sie physisch geworden ist. Die Projektion eines Bildes z.B. auf einem Display, bekommt seinen Wert in meinen Augen auch erst, wenn daraus etwas Greifbares geworden ist. Immerhin ist die Beständigkeit der digitalen Kunst vom Speichermedium abhängig und wie wir alle wissen, kann es eine .jpg-Datei niemals mit einem gerahmten Bild aufnehmen. Was man nicht anfassen kann, kann man nicht wirklich besitzen. Das es bei Bitcoin funktioniert, lässt für mich noch lange nicht den Schluss zu, dass es auch bei Kunst funktioniert. Das Argument der Knappheit halte ich auch für fehlgeleitet. Wer das Recht auf die Datei hat, kann jede beliebige Knappheit kreieren. Dazu brauche ich keine Lizenz. Ein virtuelles Kunstwerk ist in meinem Augen der Weg der Kreation selbst. Daraus muss nicht zwingend eine digitale Wesenheit bestehen bleiben. Meine Aussagen beziehen sich jedoch nur auf digital erschaffene Bilder. Bei anderen Kunstprojekten mag es anders aussehen.
Ein im Grunde vergleichbares (oder sogar identisches Thema wird in Kürze der Kölner Arbeitskreis EDV & Recht am 28.06.2017 untersuchen, und zwar wie in jeder seiner Veranstaltungen, einmal technisch und einmal rechtlich. Der Veranstaltungstitel lautet: Blockchain und der Handel mit Softwarelizenzen.
Link zur Veranstaltung: http://akeur.de/veranstaltungen_neu.php?datum=2017-06-28
Link zur Anmeldung: http://akeur.de/anmeldung_datum.php?datum=2017-06-28