Medien fabulieren von Bitcoins und IS – G-7-Finanzminister wollen Bitcoin stärker regulieren
Propagandaalarm

Es kommt, wie es kommen musste: Die Medien dichten eine Verbindung zwischen Bitcoin und dem IS herbei, die Finanzminister der G-7 wollen die virtuellen Finanzströme strenger regulieren und haben dabei auch Bitcoins im Auge. Den Preis für die irreführendste Überschrift räumt dabei die Frankfurter Rundschau ab.
Eigentlich wollte ich nie wieder Medienkritik betreiben. Wie hasserfüllt das Klima gegenüber Journalisten mittlerweile ist, zeigen die Aussagen von SWP-Chefredakteur Ulrich Becker (“Der Hass widert uns an“), während die Kommentare in den Leserspalten demonstrieren, wie sehr die Medienkritik mittlerweile den Rechten und der Pegida in die Hände spielt.
Aber, sorry, das, was ich heute gesehen habe, ist zuviel. Schaut euch mal den Screenshot an, den ich eben von einem Artikel der Frankfurter Rundschau geschossen habe:
Terrorfinanzierung? Waffengeschäfte mit Bitcoins? Ohne Fragezeichen in einer Überschrift? Ernsthaft? Der darunter zu findenden Artikel räumt übrigens ein, dass es keinen Hinweis darauf gibt, dass Bitcoins vom IS benutzt werden. Die vollkommen anderslauende Suggestion durch Überschrift und Dachzeile dürfte mit zu den Tiefpunkten des bundesdeutschen Journalismus gehören.
Journalisten müssen gerade in Zeiten des Terrors die Freiheit verteidigen
Aber fangen wir vorne. Kritische, nüchterne und sachliche Journalisten sind nach Paris wichtiger denn je. Es ist wohl unvermeidbar, dass die europäischen Staaten handeln und dabei auch – leider – Freiheiten einschränken und die Überwachung verschärfen werden. Umso wichtiger ist es, dass man genau hinschaut und sich an der heiligen Maxime des Rechtsstaates orientiert: dass jede Person und jede Sache als unschuldig gilt, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist. Nur so lässt sich verhindern, dass der Terror Europa zu einem Polizeistaat macht und Freiheiten opfert, die nichts mit dem Terrorismus zu tun hat.
Leider erfüllen die Medien diese Aufgabe nicht. Ganz im Gegenteil. Auch die Berliner Zeitung flüstert ihren Lesern mit Überschrift und Dachzeile ein, dass der Bitcoin die Währung des Terrors ist. Hier der Screenshot.
Woher kommt diese Vermutung, und was ist an ihr dran?
Die Deutsche Welle hat bereis im September 2015 die Verbindung gezogen. Das gebührenfinanzierte Medium schrieb einen Bericht unter dem Titel “Bitcoin: Islamic State’s online currency venture” (“Bitcoin: das Online-Währungsprojekt des Islamischen Staates”). Darin wird die Vermutung verlautet, der IS habe eine Bitcoin-Wallet mit rund 20 Millionen Dollar. Der Autor Lewis Sanders hat kurz darauf getwittert, dass dies falsch sei und diese Aussage später und nicht von ihm hinzugefügt wurde. Sie steht bis heute in dem Artikel.
Direkt nach den Anschlägen in Paris hat newsbtc ein Interview mit einem Hacker von Ghost Security gebracht, in dem dieser behauptete, der IS habe eine Wallet mit Bitcoins im Wert von 3 Millionen Dollar. Die Adresse der Wallet nannte er nicht, obwohl dies der ideale Beweis seiner Behauptung wäre und die perfekte Methode, um das System zu regulieren. Fabio Bossi beschreibt im Cointelegraph, wie dubios die Gruppe Ghost Security erscheint und wie nahe sie den Geheimdiensten steht. Scheinbar hat Ghost Security mittlerweile auch betont, dass es keinerlei Verbindung zwischend den Anschlägen von Paris und Bitcoin gebe.
Ein drittes Indiz für die Verwendung von Bitcoins durch den IS gab ein Blogpost im Sommer 2014, in dem zu Spenden in Bitcoins aufgerufen wird und der islamistische Blogger den Tag herbeisehnt, ab dem die Kryptowährung international verbreitet ist. Der jugendliche Blogger wurde mittlerweile verhaftet und wird 11 Jahre im Gefängnis verbringen.
Experten: Bitcoins spielt keine Rolle in der Terrorfinanzierung
Wir haben also: Eine Falschaussage, eine Aussage einer einzelnen, dubiosen Quelle und die folgenschweren Träumereien eines Jugendlichen. Hält man sich an die Regel, dass nur über Fakten zu berichten ist und diese durch zwei unabhängige Quellen zu verifizieren sind, existiert kein journalistisch berichtenswerter Hinweis darauf, dass der Islamische Staat Bitcoins benutzt.
Folgt man dem Urteil von Experten wie den staatlichen britischen Geldwäschebeauftragten, die erst im Oktober 2015 eine Studie veröffentlicht haben, spielt Bitcoins in Sachen Geldwäsche eine ziemlich kleine und in Sachen Terrorfinanzierung überhaupt keine Geige. Unter allen Instrumenten und Zahlungsmitteln liegen laut der Studie in Bitcoins das geringste Risiko. Während der Bericht schreibt, dass britische Banken jährlich mehrere hundert Milliarden Pfund waschen und Bargeld ein wesentlicher Teil der Terrorfinanzierung darstelle, meint er zu virtuellen Währungen, dass diese “gegenwärtig keine Methoden sind, durch die Terroristen Geld einsammeln oder bewegen.”
Ohnehin: Falls es diese Wallet mit 3 Millionen Dollar gibt, dann stellt dies nur einen Klacks im Budget des Islamischen Staates dar. Alleine aus dem Verkauf von Öl verdient der IS täglich 2-3 Millionen Dollar. Hinzukommen noch Erlöse aus Bargeld-Spenden, Lösegeld und Schutzgeldern, die jeweils im 3-stelligen jährlichen Millionen-Betrag liegen.
Wäre es für Medien jetzt nicht angebracht, über die echten Kanäle der Terror-Finanzierung – Gold, Öl, Bargeld, eventuell Banken- zu schreiben, anstatt einen unbedeutenden, aber meinetwegen spektakulären Nebenschauplatz mit skandalös-irreführenden Überschriften zu bekriegen?
Den meisten Medien ist all dies aber offenbar leider … schnuppe.
Auch die Politik scheint in dieselbe Falle zu tappen. Gestern hat der Spiegel darüber berichtet, dass die Finanzminister der G7-Länder die virtuellen Geldströme genauer ins Visier nehmen wollen, um den Terroristen den Geldhahn abzudrehen. Die deutsche Welle – wie so gut wie jedes andere Medium – schreibt über diesen nur in der Printausgabe vorliegenden Bericht: Die Finanzminister hätten darüber gesprochen, wie man die virtuellen Geldströme besser regulieren soll. Dabei habe ein Teilnehmer auch gesagt, man müsse an die neuen FinTechs herankommen. Laut dem Spiegel-Bericht hätten die Finanzminister den Verdacht, dass der Islamische Staat auch Bitcoins benutze.
Woher diese schlimmste aller Vermutungen wohl kommen mag?
Die Artikel wurden doch sicher von der Finanzmafia finanziert ^^
Danke für den aufschlussreichen Bericht, Herr Bergmann 🙂 Vielleicht liest den ja ein Politiker…
Am Freitag sollen sie sich scheinbar darüber beraten
nimms sportlich und freue dich auf das kaufwetter, kürzlich hat man ja etwas liquidiert und jetzt kann man bald zurückkaufen.. der black friday kommt auch bald, da muss man flüssig sein 😀
Wenn die Finanzminister der G7-Länder die virtuellen Geldströme ins Visier nehmen, sollte man davon ausgehen können, dass sie Profis zu Rate ziehen und die Logik überwiegt und die Schlussfolgerung zeigt, dass Bitcoin-Transaktionen besser rückverfolgt werden können als Banktransaktionen. Bankangestellte mögen bestechlich sein, die Blockchain ist es nicht. Versucht mal 1 Million EUR oder USD in Bitcoin zu wechseln, diese an eine Adresse zu versenden welche BTC zurückwechselt in Fiat. Wenige BTC-Dienstleister haben genügend Cash dies zu ermöglichen. Bitcointransaktionen lassen sich easy zurückverfolgen. Ich habe es mit einer eigenen BTC-Adresse bei Blockseer.com versucht, das Ergebnis: Nicht nur alle Transaktionen von Adresse zu Adresse waren (sogar grafisch) abgebildet, sondern auch der Dienstleister bei welchem ich einige BTC halte war identifiziert. Wie schnell entsprechende Behörden zu den Inhabern der Konten gelangen brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Lässt sich hoffen, dass es noch Journalisten gibt welche den Sachverhalt richtig darstellen wollen und nicht einfach kopieren was ein anderer geschrieben hat. Bitcoin ist eine wunderbares Instrument welches Milliarden von Menschen ohne Bankkonto einen Anschluss ans Finanzsystem ermöglicht und deren Leben dadurch massiv verbessert. Bitcoin ist ein Geschenk für die Menschheit, es wird wohl Höhen und Tiefen geben, aber die Welt dreht vorwärts.
Wie schön um wahr zu sein. Überall in der EU kann ich gegen Bargeld Feingold kaufen ohne Beleg oder Rückverfolgung. Langsam wirkt es lächerlich was da geschrieben wird in den Medien und es reicht langsam auch. Schwarze Schafe finden immer ein Zahlungsmittel um
die staatliche Kontrolle zu umgehen.
Es wird immer vergessen, dass virtuelle Währungen einzig das Mittel zum Transferieren der Beträge über Ländergrenzen hinweg sind. Am Anfang und Ende der Kette steht immer eine Fiat-Währung. Das Problem des Umtausches von enormen Geldbeträgen in virtuelle Währungen und retour stößt auf riesige Probleme. Sofern die Geldquellen des IS verstopft werden sollen, müssen Dollars und Euros vernichtet werden; besser noch: Kauft ihnen kein Öl mehr ab. Solange der IS das Öl der “eroberten” Quellen gegen jede x-beliebige Währung der Welt verscheuern kann, besitzt er damit eine nicht versiegende Finanzquelle.
Zum Glück gibt es auch noch weitere vernünftige Stimmen im Netz – vorhin erst auf http://www.bloombergview.com/articles/2015-11-20/bitcoin-is-better-than-cash-for-keeping-track-of-terrorists und http://m.nasdaq.com/article/the-european-crackdown-on-bitcoin-is-misguided-cm545083 gestoßen.
Bei jeder Krise gibt es mind. einen Sündenbock, um albernen Aktionismus seitens der Politik zu rechtfertigen. Diesmal ist es Bitcoin und wieder mal Computerspiele, die von selbsternannten Experten verteufelt werden.
Die USA sind die grössten Terroristen. Sie betreiben Terrormanagement und können sogar mit Bitcoins etwas anfangen und wenn es nur Propaganda ist.
“Die USA sind die grössten Terroristen…”
Das genau ist der Punkt! Seit 9.11 zündeln sie an allem was ihnen brennbar erscheint und hinterlassen nichts anderes als ‘failed states’. Das wird trotzdem nix mit der NWO – Auch das Imperium Romanum ging unter. Hat allerdings lang gedauert.