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Anteil der kriminell motivierten Bitcoin-Transaktionen sinkt auf zehn Prozent

Die Blockchain bringt alles ins Scheinwerferlicht. Bild von Martin Fisch via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Der Anteil der Transaktionen, die kriminelle Zwecke haben, hat bei Bitcoin abgenommen. Stattdessen dominieren heute Transaktionen mit spekulativen Zielen – und zwar bei weitem. Allerdings nehmen die Angriffe auf Börsenaccounts drastisch zu.

Unter den US-Behörden dürfte sich die DEA mit am ausgiebigsten mit Bitcoins beschäftigt haben. Die Drug Enforcement Agency (auf deutsch „Drogenvollzugsbehörde“) spürt seit fünf bis sieben Jahren im Darknet Drogenhändler auf und hat schon mehr als einen Darknet-Bazaar gesprengt. Sie kam vor allem durch die Festnahme von Ross Ulbricht aka Dread Pirate Roberts zu teils auch zweifelhaftem Ruhm.

Vor fünf Jahren, erklärt die DEA-Mitarbeiterin Lilita Infante dem Magazin Bloomberg, hätten kriminelle Aktivitäten noch rund 90 Prozent der Bitcoin-Transaktionen motiviert. Heute sei dieser Anteil auf etwa zehn Prozent gesunken.

Man darf das aber nicht falsch verstehen. Es bedeutet nämlich nicht, dass Bitcoin als Zahlungsmittel für Illegales im Darknet weniger gefragt ist. Laut Infante sei die Nutzung von Bitcoin unter Kriminellen seit 2013 sogar deutlich angestiegen – allerdings eben bei weitem nicht so stark wie die Anzahl an Bitcoin-Transaktionen insgesamt, die von etwa 50.000 am Tag auf rund 250.000 gestiegen ist.

„Das Volumen krimineller Aktivität hat erheblich zugelegt, wie auch die Anzahl der Transaktionen und deren Wert in Dollar.  Aber die Ratio ist gesunken,“ so Infante. „Die Mehrheit der Transaktionen wird heute für Spekulationen benutzt.“ Dies bestätigt eine Studie des Europäischen Zentrums für Drogen und Drogenmissbrauch, die konstatiert, dass der Drogenumsatz im Darknet auf vergleichsweise tiefem Niveau nur langsam wächst.

Ist das jetzt eine gute oder eine schlechte Nachricht?

Das Verschleiern krimineller Transaktionen galt vielleicht mal eine „Killer-App“ von Bitcoin. Allerdings dürfte sich langsam auch in kriminellen Kreisen die Erkenntnis durchgesetzt haben, dass Bitcoin-Transaktionen alles andere als anonym und daher kaum für Geldwäsche geeignet sind – während das Volumen der Spekulation förmlich explodiert ist. Dies hat auch schon zuvor eine Studie herausgefunden, an der die Bundesbank beteiligt war: Die Sündenökonomie verliert an Bedeutung.

Natürlich ist es eine gute Nachricht, dass Bitcoin es damit endgültig aus der Schmuddelecke des Drogen- und Schwarzmarktgeldes geschafft hat. Die wenigsten, die weltanschaulich hinter der Kryptowährung stehen, sind dafür, dass kriminelle Aktivitäten ungeahndet bleiben. Ihnen geht es vielmehr darum, ein hartes, globales und unabhängiges Geld zu schaffen, das nicht nur für zwielichtige Gestalten attraktiv ist, sondern für jedermann. So gesehen ist die Entwicklung zu begrüßen. Je früher Bitcoin seinen Mief als Schwarzmarktgeld verliert, desto eher kann es seinen Zweck erfüllen.

Allerdings sollte man nicht darüber hinwegsehen, dass dies für eben die Investoren, die nun das Gross der Transaktionen stellen, nicht zwingend eine gute Nachricht ist. Denn die Schwarzmärkte schaffen eine viel stabilere Nachfrage als die reine Spekulation. Wie Paul Krugmann letztens (mal wieder) betonte, kann ein Wert, der allein auf Spekulation beruht, ins Bodenlose fallen, wenn sich die Spekulanten entscheiden, dem dahinterstehenden Gut nicht länger zu vertrauen. Der Wert von reinen Spekulationsgütern beruht auf der selbsterfüllenden Prophezeiung, dass es eine steigende Nachfrage danach gibt; wenn sich diese Prophezeiung umkehrt – und alle denken, der Wert würde vepuffen – könnte auch dies selbsterfüllend werden: Der Wert verpufft. Am Ende benötigt jede Spekulation eine echte Nachfrage als Boden, und wenn deren Anteil zu klein ist, wird es schwierig, den Preis stabil zu halten.

Viele Börsenaccounts ungenügend sicher

Gleichzeitig lockt die zunehmende Spekulation auch andere Formen der Kriminalität an. Die russische Cybersicherheitsfirma Group-B stellt in einem Bericht fest, dass die Anzahl der gehackten Accounts auf Krypto-Börsen 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 369 Prozent gestiegen ist, und dass 2018 sich anschickt, den Rekord noch einmal deutlich zu brechen.

Der Grund liegt vor allem darin, dass User – und auch Börsen – bei der Sicherheit schlampen. Zum einen wird oft ignoriert, wie wichtig eine 2-Faktor-Authorisierung ist, also dass man sich nicht nur mit Username und Passwort einloggt, sondern noch ein weiteres Signal dazugibt, wie eine PIN, die von einem anderen Gerät wie einem Yubikey kommt. Zum anderen sind die Passwörter oft schwach. Unter den 720 Accounts, die die Analysten untersucht haben, hatte jeder Fünfte ein Passwort von weniger als acht Zeichen. Sollten darin noch vollständige Wörter vorkommen, können Brute-Force-Angriffe diese Passwörter relativ einfach knacken. Acht, besser zehn oder zwölf, weitgehend zufällige, Zeichen sollten es schon sein.

Daneben gibt es Fehler im Source Code, Phishing Angriffe, unautorisierte Zugriffe auf die User-Datenbanken, Schwächen in der Speicherung und falsche Auszahlungen von Guthaben. All diese Probleme, meint Group-B, können gelöst werden, indem Unternehmen und User achtsamer mit ihrer Sicherheit umgehen. So sollte etwa eine Zwei-Faktor-Authorisierung Standard sein, wie es etwa bei Bitcoin.de gehandhabt wird.

Der wichtigste Grund dürfte aber sein, dass das vergangene Jahr mehr neue Bitcoin- und Kryptouser gesehen hat als jedes Jahr zuvor. Gerade gegen Ende des Jahres sahen sich Börsen und Marktplätze einem Ansturm neuer Kunden gegenüber, dem sie kaum mehr Herr werden konnten. Diese neuen User wollen schnell handeln, weil sie Angst haben, den richtigen Einstieg zu verpassen, und sie haben wenig Erfahrung mit Passwort-Sicherheit, 2FA und anderen Sicherheitsmaßnahmen. Die Plattform, die es den Usern am einfachsten macht – oft auf Kosten der Sicherheit – gewinnt in dieser Situation die meisten Kunden.

Damit bestätigt der Bericht der Cybersicherheits-Analysten den Kommentar der DEA-Ermittlerin Infante: Die kriminell motivierten Transaktionen schrumpfen im Vergleich zu den spekulativ bedingten – aber dies hat zur Folge, dass eine andere Form der Kriminalität aufblüht: die der Hacks der Accounts von Tradern und Investoren.

Über Christoph Bergmann (2802 Artikel)
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5 Kommentare zu Anteil der kriminell motivierten Bitcoin-Transaktionen sinkt auf zehn Prozent

  1. 2013 waren es laut Artikel 90% von 50.000 Transaktionen (=45.000), jetzt 10% von 250.000 (=25.000), aber es sind mehr geworden? Irgendwas passt da nicht…

    • Stimmt, darüber bin ich auch gestolpert, aber ich wollte die Sache nicht verkomplizieren …

      • Hätte ich ehrlicherweise im Artikel aber erwähnt, dass die Urheber es nicht so genau mit der Mathematik nehmen… Der Rest der Analyse ob nun die 90% oder 10% ist wahrscheinlich vernachlässigbares Geblubber ohne tatsächlichen Hintergrund.

        Noch interessanter wird es aber zum Schluss:

        Privacy-focused cryptocurrencies like Monero and Zcash aren’t liquid enough and while they’re more anonymous than Bitcoin, “we still have ways of tracking them,’’ Infante said.

        Während man in der Tat nahezu alle Transaktionen bei Zcash tracken kann, da sie sich nicht von Bitcoin unterscheiden. Es gibt auch keinen Client ausser dem Core Command Line Interface, der überhaupt Transaktionen erlaubt, die anonym erfolgen. Vom rechenintensiven Aufwand gar nicht zu sprechen und daher unterstützt auch keine Exchange oder kein Serviceprovider z-Adressen von Zcash.
        Bei Monero sieht die Sachlage deutlich anders aus, da alle Transaktionen mit allen Privacy Features erfolgen, nicht per Opt-In, es gibt nicht einmal ein Opt-Out, es sei denn man veröffentlicht auf einem anderen Weg seine View-Keys. Das „Tracking“ kann sich lediglich darauf beschränken, dass Exchanges gemonitored werden und bei entsprechenden Geldflüssen der „Urheber“ ermittelt und überwacht wird. Beträge, Sender, Empfänger und Adressen sind für externe Betrachter der Blockchain komplett verborgen und damit beschränken sich Ermittlungsmaßnahmen auf die bisherigen Möglichkeiten bei Bargeld.

  2. Für mich und für viele Experten ( selbst bei der europäischen Antidrogenbehörde) ist die Drogenprohibition ohnehin gescheitert. Bei den Behörden wird das aber nur unter vorbehaltener Hand gesagt. Es ist alles ideologisch begründet und auf Rassismus und Diskriminierung aufgebaut. Wenn man die Anfänge der weltweiten Prohibition bzw. den War in Drugs betrachtet, dann sieht man es. Diese Illusion einer drogenfreien Gesellschaft ist und bleibt eine Illusion. Der Konsum von Drogen gehört seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte dazu. Selbst im Tierrreich ist das nicht selten anzutreffen. Aber hauptsächlich bei Wirbeltieren bzw. genauer genommen Säugetieren. Deswegen betrachte ich den Drogenhandel, ob im Darknet, klassisch draußen und die Bezahlung mit Kryptowährungen nicht als kriminell. Auch wenn ich damit nichts zu tun habe. Klar Leid und Tod entsteht durch Drogenkonsum, Anbau und Handel. Aber laut neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen ist es der Prohibition und dem Stigmata “Drogen“ zu verdanken.

    Handel mit Kinderpornografie ist dagegen kriminell und genau das sollte man bekämpfen. Und den betroffenen Kindern helfen.

    • Handel mit Kinderpornografie ist dagegen kriminell und genau das sollte man bekämpfen. Und den betroffenen Kindern helfen.

      Nicht nur der Handel damit, da sind wir wahrscheinlich mit den allermeisten Lesern hier einig.
      Das KiPo und Terror Argument wird allerdings all zu gern von der Politik verwendet, um eigene Interessen gegen den allgemeinen Willen des Volkes durchzusetzen, denn wer ist schon gerne in einer Ecke mit Kinderschändern? Aber machen wir uns nichts vor, das Böse im Menschen gab es schon seit der Steinzeit und mit einem Bitcoin/Crypto Verbot wird sich das nicht ändern. Natürlich wäre es für Ermittlungsbehörden einfacher, wenn wir rund um die Uhr überwacht wären, auch wenn wir nur auf die Toilette gehen. Will das jemand? Teilweise ist es ja schon real…

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