Ein Patreon-Ersatz und andere Lightning-News

Tallycoin möchte ein Ersatz für die Sponsoring-Plattform Patreon sein und akzeptiert Bitcoins und Lightning. Bitrefill bietet derweil mit Thor an, Channels zu Usern zu öffnen, während es mit der Wallet of Satoshi nun eine Lightning-Wallet gibt, die einfach zu benutzen, aber auch ziemlich zentralisiert ist.
Das Lightning-Netzwerk ist in der Bitcoin-Szene weiterhin ein Top-Thema. Fast jede Woche gibt es spannende Neuigkeiten von dem offchain-Netzwerk, dessen gesamte Kapazität mittlerweile auf mehr als 530 Bitcoins gestiegen ist.
Crowdfuning mit Lightning
Fangen wir damit an, dass es mit Tallycoin eine Plattform gibt, die in Konkurrenz zur Sponsoring-Plattform Patreon treten möchte. Patreon ist eine in den letzten Jahren immer beliebter gewordene Webseite, auf der User durch monatliche Spenden Künstler oder Autoren unterstützen können. Nachdem Patreon in den letzten Monaten durch die Zensur von Autoren oder Sprechern mit unbequemen Meinungen aufgefallen ist, wittert die Kryptoszene Morgenluft, und es beginnt ein Rennen darum, die beste Alternative zu bieten.

Crowdfunding-Seite von Rene Pickhardt auf Tallycoin
Tallycoin hat einen unbestreitbaren Vorteil: Es läuft mit Bitcoin (BTC) – und sogar mit Lightning. Allerdings dürfte die Seite kein vollwertiger Ersatz für Patreon sein. Ein Künstler kann sich hier lediglich einloggen, seine Bitcoin-Adressen und eine Lightning-Invoice abspeichern und dann eine Fundraising-Seite generieren. Auf dieser definiert er das Ziel seines Projektes, die maximalen Einnahmen sowie eine Timeline. Ein Beispiel ist die Seite von Rene Pickhardt, der ein Buch über Lightning schreiben will, das sich vor allem an Entwickler richtet. Auf der Seite können Förderer dann per Bitcoin- oder Lightning-Transaktion einzahlen.
Tallycoin ist eher wie die (ehemalige) Plattform Krautjournalismus als wie Patreon – mit dem großen Unterschied, dass die Seite niemals die Gelder der Fundraiser verwahrt, sondern diese direkt von Förderer zu Genießer gehen. Die Seite macht im Prinzip nicht mehr, als die Fundraising-Seiten sowie einen Zahlungsbutton zu generieren. Vielleicht nicht das, was sich Patreon-Fans erhoffen, aber ein interessantes Konzept für Crowdfunding. Was mir bisher jedoch noch entgangen ist, ist eine Übersicht über die einzelnen Projekte.
Mit Thor einen Channel mit ein wenig Liquidität bekommen
Das Stockholmer Startup Bitrefill war von Anfang an vorne dabei, wenn es um Lightning geht. Bei Bitrefill kann man Gutscheinkarten oder Mobilfunkguthaben gegen Bitcoins bezahlen, natürlich auch mit Lightning. Nun stellt Bitrefill “Thor” vor, einen Service, der hilft, Lightning-Channels zu öffnen. “Dieser Service wird es jedem erlauben, einen leeren Lightning Channel von Bitrefills Node im Lightning-Netzwerk zu bekommen.”
Einem Screenshot zufolge ist der Channel zwar von Seiten desjenigen, der ihn anfordert, leer, wird von Bitrefill aber mit 500.000 Satoshi gefüllt. Bei den derzeitigen Marktpreisen sind das etwa 16 Euro. Das bedeutet, dank Thor kann man nun ohne weitere Voraussetzungen mit einer Lightning-Wallet Geld in diesem Umfang empfangen. Das reicht für keine großen Sprünge, aber man kann zumindest kleine Spenden oder Trinkgelder annehmen. Online bleiben die Channels für 30 Tage.
Damit ist zumindest ein Anfang gemacht, um eine der größten Hürden von Lightning zu meistern: Die Notwendigkeit von eingehender Liquidität, um Geld zu empfangen.
Wallet of Satoshi – die erste Lightning-Bank
Schließlich haben wir mit der Wallet of Satoshi noch eine neue Android- und iOS-Wallet für Lightning. Herausgegeben wird sie von Living Room of Satoshi, einem australischen Bitcoin-Startup. Bisher gibt es die Wallet nur im Beta-Modus, Zugang erhält man, wenn man ihrem Twitter-Account folgt.
Rene Pickhardt hat sie getestet und twittert darüber. Er war sofort in der Lage 1.700 Satoshi zu empfangen und 250 Satoshi zurückzuzahlen. Beide Transaktionen haben weniger als drei Sekunden gedauert. Das ist schon mal gut. “Es gibt uns ein Gefühl dafür, wie die Zukunft des Bezahlens aussieht.” Der Wallet of Satoshi ist es gelungen, die große Herausforderung zu lösen, ohne Aufwand ausreichend Liquidität zu genießen.
Die Methode hat enthält allerdings einen Wermutstropfen: Die Wallet bildet keinen lokalen Lightning-Node – und damit auch keine eigenen Channels – sondern greift auf den Node von Living Room of Satoshi zu. Alle Zahlungen gehen von diesem ein und aus. “Das hat einige Nachteile. Zum Beispiel, wenn der Node herunterfährt, ist der Service unterbrochen. Wenn die Festplatte crasht, sind die Guthaben weg. Einen sicheren depotführenden Service zu leisten, ist wirklich hart.” Darüber hinaus könnte man noch anmerken, dass die Wallet of Satoshi nicht viel mehr als ein zentraler Service ist, der für seine Kunden ein Kontobuch führt, und Überweisungen durch eigene Lightning-Transaktionen ausführt. Quasi eine Bank.
Das ist zwar nicht so, wie man sich das Lightning-Netzwerk erhofft hätte, aber es ist auch nicht so verkehrt. Wenn man seiner Bank traut, ist es kein Problem, wenn diese Transaktionen für einen ausführt; und die Transaktionen selbst geschehen ja nicht nur innerhalb der Bank, sondern zwischen ihr und anderen, unabhängigen Lightning-Nodes. Und es sind Lightning-Zahlungen, die nicht zulasten der Onchain-Kapazität gehen.
Ideal ist es dennoch nicht. Glücklicherweise muss dies aber nicht der finale Zustand von Lightning sein. Acinq, der Betreiber der beliebten Android-Wallet für Lightning, hat bereits angekündigt, noch in diesem Jahr die Option freizuschalten, mit Eclair für Android auch Zahlungen zu akzeptieren.
Das, was Bitrefill da veranstaltet ist genau das, wofür man LN eventuell nutzen kann: Micropayments.
Ich würde das mit einer Geldbörse vergleichen, in der kaum jemand ständig mehr als 100 Euro Cash mit sich herumträgt und falls diese gestohlen wird, sind diese eben weg. Genau das gleiche gilt für Lightning Channels, für die man ständig online sein muss und wenn das Smartphone gestohlen / verloren ist, kann man den Channel nicht überwachen und verliert womöglich seine verbliebenen Coins eben (wenn ein Channelpartner nicht ehrlich ist – analog zum Finder eines Geldbeutels).
Eine Bitcoin Transaktion hat heute im Schnitt über einen halben Bitcoin und liegt damit wahrscheinlich jenseits einer herkömmlichen Banküberweisung oder gar (Kredit-)Kartenzahlung. Trotz der vergleichbar mickrigen Umsätze oder Marktkapitalisierung. Wir alle müssen dazu beitragen, dass Bitcoin oder eben andere seriöse Coins als Zahlungsmittel nicht nur akzeptiert sondern genutzt werden. Ich für meinen Teil nutze bevorzugt Dienstleister, die Monero akzeptieren und bezahle auch damit (kann ja gleich per Kraken auffüllen wenn ich möchte). Wo zumindest Bitcoin akzeptiert wird, nutze ich meist xmr.to. Ich sehe Bitcoin und allgemein Cryptowährungen immer noch primär als digitales und grenzenloses Bargeld, welches noch ganz am Anfang steht. Es gibt neben dem monetären Ansatz eventuell noch einige sinnvolle Projekte wie Supplychains, Eigentumsrechte, aber die meisten “Blockchain”-Projekte sind leider Bullshit da eine herkömmliche Datenbank effizienter ist. BTC wird sich auch mit Lightning nicht als Zahlungsmittel durchsetzen und selbst 500 BTC Gesamtkapazität nach etlichen Monaten sind bei Marktvolumina auf den Börsen ein ziemlicher Witz. BCH/BSV hat jeweils zu wenig technische Kompetenz und zu wenige einzelne Entwickler, die keinen Peer-Review für ihren Code bekommen, der dringend eigentlich notwendig ist.
Ich mag als Shill gelten, aber derzeit ist Monero in meinen Augen das einzige Projekt, welches diese Probleme adressiert und tatsächlich versucht sie zu lösen ohne sich in irgendeinen Marketingschrott zu verlaufen (das übernehme dann z.B. ich). In der heutigen Marktsituation wäre ein Flippening zu jedem anderen Coin als XMR wahrscheinlich auch schädlich für die gesamte Szene. Dauert aber wahrscheinlich noch ein paar Jahre, im aktuellen Bärenmarkt müssen noch etliche ICO-Scams ausgerottet werden, was den Markt noch weiter runterziehen dürfte. Auch ein Urgestein wie Bitpay mit seinen debilen Payment URLs ohne Alternative herkömmliche Adressen (die für Bitcoin schon immer Standard waren und von open source Wallets unterstützt werden) gehört für mich mittlerweile in die Kategorie “Schädlich” und auf eine Ebene mit PayPal und genau diesen Kropf wollten “wir” mit Hilfe von Bitcoin eigentlich bekämpfen. Hoffentlich müssen wir nicht ähnliche Grabenkämpfe bei Monero erleben wie wir sie von Bitcoin kennen und das ist tatsächlich meine größte Sorge. Bisher verläuft die Entwicklung, deren Finanzierung, die ganzen Upgrade Forks sehr harmonisch und hoffentlich bleibt uns das noch lange erhalten. Ohne den unnötigen Blocksize Krieg wäre Bitcoin womöglich deutlich weiter als wir es uns ausmalen können… Bei Monero habe ich die Hoffnung jedenfalls noch nicht verloren und gerade Menschen in repressiven Regimes könnten einen wichtigen Beitrag leisten (ohne eine Absicht dazu). Aktuell gibt es eine Art Airdrop vom Marketingcoin DASH in Venezuela, aber dieser Effekt dürfte nach dem kostenlosen Geld ziemlich schnell verpuffen, zumal DASH auch eine PoW Chain ist, die in meinen Augen nicht sicher ist (auf deren dämliche CoinJoin Implementierung gehen wir lieber nicht ein).