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Lightning: Ein Bug und Statistiken, in die zuviel hineingedeutet wird

Blitz. Bild von Carolina Ödman via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Wer einen Lightning-Node hat, sollte schleunigst updaten, falls er das die letzten Monate versäumt hat. Denn es gibt einen Bug in alten Versionen, der zum Verlust von Coins führen kann. Das Lightning-Netzwerk steht derzeit zudem in der Kritik, weil es nicht wächst, wie erwartet, sondern den Statistiken nach schrumpft. Das stimmt, aber man sollte wissen, was die Statistiken bedeuten, bevor man zuviel in sie hineininterpretiert.

Vergangenen Freitag gab Blockstream-Entwickler Rusty Rusell bekannt, dass Lightning-User ihre Nodes updaten sollten. Denn man habe drei Sicherheitsprobleme gefunden, die, so Rusell in der Mailing-Liste, „zum Verlust von Guthaben führen können.“ Um was für Probleme es sich genau handelt, ist nicht bekannt; es wurden offizielle „CVEs“ reserviert (Common Vulnerabilities and Exposures, zu deutsch „Häufige Schwachstellen und Risiken“), aber diese haben noch keinen Inhalt. Rusell kündigt eine genaue Beschreibung der Fehler in vier Wochen an.

Allerdings erklärt er, welche Lightning-Implementierungen betroffen sind. Dies sind alle Versionen von C-Lightning unter 0.7.1, von LND unter 0.7, und von Eclair unter 0.3. Wer sich jetzt fragt, ob er nun auch schnell ein Update machen muss, kann entweder in seinem Lightning-Knoten die Versionnummer prüfen, oder schauen, wann die jeweiligen Versionen veröffentlicht wurden. Für C-Lightning und LND gilt, dass jeder, der nicht seit Anfang Juli ein Update heruntergeladen hat, in Gefahr steht, bei Eclair wurde der Fehler schon am 9. Mai behoben.

Da über den Bug nicht mehr bekannt ist, wäre es sinnlos, tiefgehender darüber zu spekulieren, um was es sich handelt. Man könnte vielleicht noch annehmen, dass es ein protokollweiter Fehler ist, da er wohl in allen drei Lightning-Implementierungen auftaucht; auffällig ist auch, dass er bei C-Lightning und LND beinah zum selben Zeitpunkt ausgemerzt wurde. Aber viel mehr ist derzeit noch nicht zu sagen.

Wortwitze über abnehmende Charts

Nicht viel angenehmer war ein Thema, mit dem Lightning in den letzten Wochen ebenfalls für Medienaufmerksamkeit gesorgt hatte: Die stagnierende oder abnehmende Kapazität des Netzwerks. Wir haben schon vor gut zwei Monaten darüber geschrieben, und seitdem hat sich nicht viel geändert. Anstatt der damals noch knapp 950 Bitcoin Kapazität sind es jetzt nur noch 850; anstatt der 39.700 Channels sind es jetzt 36.500. Der abnehmende Trend hat sich bestätigt und fortgesetzt.

Warum das jetzt plötzlich ein Thema wurde, ist mir aber rätselhaft. Angefangen hat es damit, dass Trustnodes am 20. August einen Artikel darüber veröffentlicht hat, dass LNBIG, der größte Betreiber von Lightning-Channels, im Monat gerade mal 20 Dollar verdient, während er Bitcoins im Wert von 5 Millionen Dollar in den Hot Wallets seiner Lightning-Nodes hält und Tausende von Dollar an Gebühren bezahlt hat, um die Channels zu öffnen. Auch das haben wir schon vor zweieinhalb Monaten thematisiert.

Trustnodes ist grundsätzlich kritisch gegen Lightning und BTC, weshalb der Autor die Sachlage nutzt, um ein recht negatives Fazit zu Lightning zu ziehen: Er sieht es „fundamental in Frage gestellt, ob Lightning Transaktionen tatsächlich günstiger als onchain-Transaktionen sein können.“ Es scheint „ein wenig unklar zu sein, ob die Mathematik des Settlements funktioniert, wenn man die Kollateralisierung berücksichtigt. So, wie es aussieht, scheint es nicht zu funktionieren.“

Kurz darauf hat Dashnews, ein Magazin, das, wie der Name schon nahelegt, vor allem für Dash da ist, über die abnehmende Kapazität des Lightning-Netzwerks geschrieben. Der Artikel vom 26. August stellt fest, dass Lightning „sein Momentum im Wachstum“ verloren hat – um dann, natürlich, Dash als onchain-System zu bewerben. Wenige Tage später, am 1. September, hat dann CryptoCoinsNews das Thema aufgegriffen. Das Magazin erkennt „einen bemerkenswärten Abstieg des Lightning Netzwerks im Jahr 2019.“ Auch hier erfährt man, dass der große Lightning-Node-Betreiber LNBIG keine Gewinne macht, sondern mit Verlust arbeitet, um das Netzwerk altruistisch zu unterstützen. Der URL zufolge war der Arbeitstitel des Artikels ziemlich radikal – „Das Lightning-Netzwerk stirbt wegen schlechter Anreize“ – wurde dann aber wohl in den etwas gemäßigteren, aber immer noch deutlichen Satz geändert „Das Lightning-Netzwerk schrumpft wegen fürchterlicher Anreize.“ Am selben Tag gibt es dann auch einen CoinTelegraph-Artikel dazu: „Das Lightning-Netzwerk ist weniger elektrisierend als erhofft.“

Natürlich steckt hinter diesen Meldungen ein Stückchen Häme, mal mehr, mal weniger verborgen. Dies ist nicht weiter verwunderlich. Erstens, weil Lightning seit 2015 als die absolute, endgültige und ideal Skalierungstechnologie für Bitcoin angepriesen wird, und es nun natürlich enttäuschend ist, dass das Netzwerk offenbar sehr viel langsamer wächst als versprochen. Eine perfekte Lösung, die kaum einer will? Zweitens ist Lightning die Technologie der Wahl für die (giftigen) Bitcoin-Maximalisten, die sich mit ihrer Neigung, jeden links und rechts von ihrem Weg als Scammer und Shitcoiner zu beschimpfen, während sie jede Kritik an Lightning als „FUD“ abtun, nicht eben Freunde gemacht haben.

Die Meldung hat einen wahren Kern. Den Statistiken zufolge stagniert Lightning nun seit bald einem halben Jahr und hat vom Höhepunkt aus sehr deutlich abgenommen. Neben den einfachen Statistiken zur Anzahl an Nodes, Channels und der Kapazität in Bitcoin bestätigen dies auch die etwas komplexeren Statistiken zur Anzahl von Channels je Node, zur Anzahl der Cut-Nodes, deren Wegfall eine Route zerstört, sowie zur Dichte des Netzwerks – sie alle bestätigen eine Tendenz, die seit mehreren Monaten eher ungünstig ist.

Warum die Statistiken nicht für das ganze Lightning-Netzwerk sprechen

Allerdings geben die Statistiken nicht das vollständige Abbild wieder. Wer die vorhandenen Daten nicht in das Gesamtbild einordnet, wird sie ohne Zweifel falsch verstehen; wenn man die Statistiken zu Lightning ohne Kontext betrachtet und daraus Schlüsse zieht, entstehen tatsächlich Missinformationen.

Manchmal wird gesagt, immer mehr User würden private Tor-Nodes betreiben, die man nicht in den Statistiken wiederfindet. Das ergibt auf der einen Seite Sinn: Seit einigen Monaten wird der beliebte LIghtning-Node Casa mit der Option ausgeliefert, über Tor ans Netzwerk anzudocken, und wenn man sich bewusst macht, dass ein Lightning-Node die IP-Adresse mit der Bitcoin-Adresse öffentlich verbindet, sollte es absoluter Standard sein, Lightning über Tor zu benutzen, wenn man den Node zuhause laufen lässt. Ich würde mir niemals so ein Ding ins Haus stellen, ohne Tor zu benutzen.

Andererseits gibt das Argument wieder keinen Sinn, weil die Tor-Nodes und ihre Kapazität durchaus in den Statistiken auftauchen. Irgendwie muss man sie ja finden, ansonsten könnte man keine Zahlung über sie routen. Das ist tatsächlich zum Teil problematisch, weil ein Tor-Node so ähnlich wie ein „Hidden Service“ funktioniert, also eine dieser Webseiten, die man nur besuchen kann, wenn man sich mit Tor ins Internet einwählt. Damit normale Nodes dennoch eine Route über die Tor-Nodes nehmen können, werden diese durch „Bridge-Nodes“ verbunden; das sind Knoten, die sowohl mit Tor als auch dem normalen Internet verbunden sind, und so die Information verbreiten, dass es hier eine Route gibt, die über Tor ans Ziel führt. Langer Absatz, kurzer Sinn: Die Statistiken enthalten Tor-Knoten. An ihnen liegt es nicht.

Jemand anderes hat nun nahegelegt, dass Tor indirekt einen Effekt hat, weil Tor-User besonders sensibel in Sachen Privatsphäre sind. Denn ein Lightning-Node ist nicht verpflichtet, einen Channel bekanntzugeben. Es gibt laut BOLT 7 private oder öffentliche Channels. Volle Lightning-Nodes bilden standardmäßig öffentliche Channels, die im Netzwerk bekannt gemacht werden, so dass die anderen über sie Zahlungen leiten können. Schließlich möchte man ja mithelfen, das Netzwerk besser zu machen, und dabei auch ein paar Satoshi an Gebühren verdienen. Wer dies allerdings nicht will, hat die Möglichkeit, private Channels zu bilden, die er nur für die persönlichen Überweisungen nutzt. Gerade wenn man KEIN Tor benutzt, sollte man dies unbedingt tun.

Dies ist besonders für mobile Wallets relevant. Denn Apps wie Eclair, Breeze oder Lightning App bilden standardmäßig private Channels, selbst dann, wenn sie sowohl ein- als auch ausgehende Liquidität haben, womit sie eigentlich Zahlungen weiterleiten könnten. Aber vermutlich dürfte es dem Aku eines normalen Smartphones eher nicht zumutbar sein, permanent im Lightning-Netzwerk zu sein und Zahlungen weiter zu reichen. Da es in den letzten Monaten immer mehr mobile Apps gibt, die den Usern die Option geben, mit Lightning zu bezahlen, ohne öffentliche, in den Statistiken sichtbare Channels zu unterhalten, könnten wir hierin tatsächlich einen maßgeblichen Grund dafür finden, weshalb Lightning in den Charts schrumpft – es aber vielleicht in Wirklichkeit gar nicht macht. Aber naturgemäß ist es unmöglich, hier konkret zu werden und zu schätzen, wie groß die Dunkelziffer der privaten Channels tatsächlich ist.

Die Werte in den Statistiken geben also vermutlich nicht das gesamte Lightning-Netzwerk wieder, weshalb pauschalisierte Aussagen, dass es schrumpfen würde, nicht angebracht sind. Was aber zutrifft, ist, dass der aktive Teil des Netzwerks, der nutzbar ist, um Zahlungen zu routen, rückläufig ist. Und das ist mit Sicherheit kein gutes Signal, sondern eines, das tatsächlich geeignet ist, Enttäuschungen zu entfachen.

Lektüre und Konferenz

Daneben schreitet die Entwicklung von Lightning aber fortwährend voran. Mitte Oktober wird in Berlin die vermutlich größte Lightning-Konferenz der Welt stattfinden, bei der mehr oder weniger jeder, der etwas mit Lightning macht, anwesend sein wird, von Blockstreams Christian Decker über Elizabeth Stark von Lightning Labs und Jameson Lopp von Casa zu Jack Mallers von Zap. Wie die bisherigen Lightning-Hackdays wird auch diese Veranstaltung zum Treffpunkt der europäischen und teils auch globalen Bitcoin-Szene.

Auch auf dem Buchmarkt wird sich Lightning ausbreiten. Andreas Antonopolous, der Autor des berühmten Buches „Mastering Bitcoin“, hat angekündigt, zusammen mit Rene Pickhardt und Olaoluwa Osuntokun von Lightning Labs ein Buch über Lightning zu schreiben: „Mastering Lightning“. Mit O’Reilly steht auch schon ein Verlag bereit, um das Buch herauszubringen und zu bewerben.

Schließlich wird Lightning auch weiter in den E-Kommerz integriert. So ist OpenNode, ein Zahlungsdienstleister für Onchain- und Lightning-Transaktionen, nun mit Shopify kompatibel;

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8 Kommentare zu Lightning: Ein Bug und Statistiken, in die zuviel hineingedeutet wird

  1. Schließlich möchte man ja mithelfen, das Netzwerk besser zu machen, und dabei auch ein paar Satoshi an Gebühren verdienen. Wer dies allerdings nicht will, hat die Möglichkeit, private Channels zu bilden, die er nur für die persönlichen Überweisungen nutzt. Gerade wenn man KEIN Tor benutzt, sollte man dies unbedingt tun.

    Das LN basiert fundamental auf dieser Annahme und ohne öffentliche Channels macht Routing auch keinen Sinn. Private Channels sind in meinen Augen auch relativ sinnbefreit, wenn es da nicht die unendlichen Fees OnChain gäbe.

    bei der mehr oder weniger jeder, der etwas mit Lightning macht, anwesend sein wird

    Ich wohne in Berlin, aber habe auf diese Konferenz ziemlich wenig Lust, denn sie polarisiert schon wieder in Richtung Maximalismus. Auch wenn ich mit LN zu tun habe oder haben muss, sind viele Dinge einfach „Broken by Design“ und das größte Thema dürfte für Händler die Inbound Liquidity sein. Glücklicherweise ist das bereits so komplex, dass das von den Maximalisten kaum jemand versteht und somit zum Nicht-Problem deklariert wird.

    Aber vielleicht tue ich mir das auch doch noch an, mal sehen.

    • Du könntest auch hierher kommen
      https://b2029.org/hello-metanet-workshop-002
      Ich kann dir garantiert eine Freikarte besorgen. Und liegt auch recht nahe an der Brücke, die nach dir benannt werden sollte, aber dann einen Rechtschreibfehler bekommen hat.

      • Bist Du dort anwesend?
        Ist zwar leider ein Wochenende, an dem Meine Frau Frühschichten hat, aber könnte mir vorstellen, mal reinzuschauen (Du kannst dann gerne Babysitten – ein wenig Spaß muss sein). Auch wenn ich weder von BCH noch BSV überzeugt bin, finde ich die Entwicklung der Ökosysteme, die drumherum entstanden sind, sehr beachtlich. Ich wünschte mir aber mehr Offenheit und nicht gegenseitig konkurrierende Systeme, die eigentlich nur die Währung (die praktisch gleich ist), trennt. Verstehen kann ich, dass z.B. Monero oder Ethereum nicht gleich mitintegriert werden, aber BTC, BCH, BSV und auch LTC oder ZEC? Kein großer Unterschied… Okay, wäre noch Lightning, aber das ist ja ein gesondertes Thema und für steigende Adoption ist es leider kein glückliches…

      • Ja, ich bin da. Schau halt mal vorbei, für ein Bier wird es sicherlich reichen. Von den BCHlern in Berlin werden auch einige dasein, soweit ich informiert bin. Entgegen dem Trend der sozialen Medien hängen die BSVler und die BCHler in Berlin noch immer zusammen.

        Thematisch geht es halt um „Metanet“ Dinge, daher macht BTC, BCH, LTC, ETC keinen Sinn.

      • Bin da eher Open-Minded und vielleicht könnte ich sogar etwas zum Thema beitragen, aber wie gesagt reicht es zeitlich nicht für eine 2-tägige Konferenz / Workshop, da meine Kinder erst 7 und 3 sind und sich leider noch nicht ganztägig selbst versorgen können.
        Würde eher einen Ad-Hoc Besuch für 1-2 Stunden bevorzugen, eventuell sogar am Vorabend, wenn das irgendwie gehen würde.

      • Klar. Hast du meine Telefonnummer? Du kannst mir ja eine E-Mail schreiben, dann tauschen wir uns aus.

    • Wie würdest Du denn eine Konferenz besetzen, die „The Lightning Conference“ heißt? Mit Speakern zum Thema Dash und PoS?

      Du kannst Dich übrigens auch einfach als Speaker bewerben, proposals@thelightningconference.com

  2. Ich wollte eigentlich zum Bug schreiben… Dürfte nicht sooo schwer sein, den Fehler zu finden, zumal die Versionen sogar von diversen Implementierungen genannt wurden. Aber man dürfte das eher als „who cares?“ abstempeln und es gibt einfach keine liquiden Channels, die es wert wären, angegriffen zu werden. Inbound Liquidity kostet richtig Geld & Trust, Outbound Liquidity ist kein potenzielles Ziel.

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