Strike von Zap: Lightning ohne Lightning

Jack Mallers versucht, mit seiner Lighting-Wallet Zap eines der schwierigsten Probleme von Kryptowährungen zu lösen: Wie schafft man es, Leute ins Netzwerk zu kriegen? Mit Strike ermöglicht er es nun seinen Usern, eine Lightning-Invoice zu bezahlen – ohne dabei irgendetwas von Lightning selbst mitzukriegen.
Strike, schreibt Jack Mallers auf Medium, sei das “bisher ambitionierteste Projekt von Zap”. Es sei das direkte Resultat von Jahren der Bitcoin- und Lightning Entwicklung, von “unzählbaren Stunden der Analyse und intensiven Produktiteration.” Mit Strike können User “Lightning-Zahlungen mit einem Bankkonto oder einer Debit-Karte ausführen. Man braucht dazu nur das: eine Debitkarte oder ein Bankkonto. Das ist alles. Keine Wallet, kein Node, keine Channels, keine Swaps, kein Liquditäts-Management, nichts von all dem.”
Strike ist eine Fortführung von Olympus. Mit diesem Tool hat Zap zunächst versucht, es dem User so leicht wie möglich zu machen, eine Lightning-Wallet aufzuladen, indem man dafür Debitkarten oder ein Bankkonto verwendet. “Richtig? Nein, falsch. Während unserer Experimente wurde uns rasch klar, dass wir die richtige Antwort auf die falsche Frage geben … wir haben den User komplett vergessen.”
Die Tests mit Usern, die keine Bitcoin-Erfahrung hatte, zeigte dies: “Eine Walle installieren, darauf warten, dass etwas synchronisiert, was man nicht versteht, in seinen Möglichkeiten wegen etwas begrenzt zu sein, das ‘Liquidität’ genannt wird, Bitcoins kaufen müssen und ein Backup zu managen – das war viel zu viel für fast alle User. Viele unserer Tester haben nicht einmal den Punkt erreicht, etwas zu kaufen. Das war überwältigend. Es traf mich tief.” Die Vision, die hinter Strike stand, war die einer maximal einfachen Usererfahrung: “Wie wäre es, wenn ich mit meiner Debitkarte eine Lightning-Invoice bezahlen könnte? Wenn ich mein Bankkonto verbinde, eine Lightning-Invoice scanne, auf Zahlen klicke, und es funktioniert? Keine Wallet, keine Backups, keine Channels, keine Kapazität, keine Volatilität, keine Steuern.” Genau das ist es, was mit Zap nun für eine noch kleine Gruppe von US-amerikanischen Beta-Testern möglich wird.
Wie funktioniert es? Soweit ich es verstehe, überweisen die User von Strike Geld per Debitkarte oder Bankkonto auf ein Konto von Zap. Sobald sie dann mit der App eine Zahlungsaufforderung scannen, teilt diese dem Server von Zap mit, dass der entsprechende User etwas von dem Bankkonto abzieht, und der Server bildet daraufhin eine Lightning-Transaktion. An sich ist es ein einfaches Prinzip. Derzeit wird Strike für die ersten User ausgerollt, die Betagruppe wird laufend erweitert und soll in den kommenden Monaten als Betaversion in die Appstores kommen.
PayPal, neuerfunden, und mit mehr Unabhängigkeit?
Die Methode ist faszinierend, und ich habe einige Gedanken dazu, teils enthusiastisch, teils skeptisch.
1. Es ist beeindruckend, wie sich Zap auf die echten User fokusiert und eine Lösung anbietet, die es diesen extrem einfach macht, Lightning zu benutzen, ohne es überhaupt nur zu bemerken. Mit einem solchen Produkt wäre ein echtes Micropayment möglich, was etwa für Medien dringend notwendig ist.
2. An sich ist die Lösung aber auch nicht so neu. Geld auf das Konto eines Zahlungsdienstleisters übertragen, der dann für einen die Zahlungen ausführt – das gab es doch schon und es hieß so ähnlich wie PayPal, oder? PayPal ist nicht umsonst ein viele Milliarden schweres Unternehmen mit Callcentern und Anwälten in jedem Land. Geld treuhänderisch zu verwahren und Zahlungen auszuführen ist ein schwieriges und hochreguliertes Geschäft. Es kann sein, dass Zap für den Anfang noch unreguliert operieren kann, aber auf Dauer dürfte dies kaum möglich sein. Ob diese Lösung skaliert, hängt nicht von einem Konzept oder einer Technologie ab, sondern maßgeblich davon, wie gut Jack Mallers darin ist, ein Unternehmen zu führen.
3. Es ist möglich, dass die Auszahlung per Lightning den Betrieb eines solchen Geschäftes etwas einfacher macht. Ich bin mir hier nicht sicher. Der Aufwand, die Guthaben auf dem Bankkonto zu verwalten, bleibt gleich, doch die Verwaltung der Auszahlungen könnte einfacher werden. Auf der anderen Seite muss Zap mit der Volatilität von Bitcoin kämpfen. Wenn User 10.000 Dollar auf dem Bankkonto von Zap halten, muss die Firma Lightning-Kapazität im Umfang von 10.000 Dollar bereitstellen. Wenn der Bitcoin-Preis um 10 Prozent sinkt, muss Zap Bitcoins nachkaufen. Sollte der Bitcoin-Preis aber deutlich steigen, könnte Zap seine Reserven auffüllen und gute Gewinne machen.
Jack Mallers räumt in der Ankündigung daher auch ein: “Wir müssen noch eine Menge in Echtzeit ausgeführtes und automatisiertes Risiko-Management und Trading testen, uns um Regulierung und Recht kümmern, und die Anwendungen und die Entwicklung vorantreiben.” Ob Strike langfristig tatsächlich günstiger operieren wird als vergleichbare Services – Kreditkarten oder PayPal – ist daher ungewiss.
4. Ein großer Vorteil gegenüber PayPal ist, dass die Treuhand allein auf der Seite der User stattfindet. Die Händler sind unabhängig von Strike. Damit schafft Zap – trotz der offensichtlichen und starken dritten Partei – mehr Autonomie im Zahlungswesen. Gerade für Personen und Unternehmen, die kein Bankkonto haben, könnte Strike eine Brücke zu denen werden, die eines haben. So ähnlich, wie es bereits etwa Bitwage anbietet.
Allerdings verlangt Zap von den Händlern, einen eigenen Lightning-Node zu betreiben und sich selbst um Liquidität und Volatilität zu kümmern. Daher dürfte das Angebot bei vielen Händlern auf Skepsis stoßen und die Frage aufwerfen, warum Zap ihnen nicht einfach Euro der Dollar auszahlt, ohne diese ganze Sache mit dem Lightning-Netzwerk.
5. Strike ist eine Reaktion auf die typischen Lightning-Probleme. Einige davon – die Volatilität, die Backups, das Kaufen der Coins – existiert auch bei anderen Methoden, Kryptowährungen zu benutzen. Allerdings sind das Aufsetzen von Channels, das Schaffen von Liquidität, das Synchronisieren und die komplexeren Backups typische Lightning-Kinderkrankheiten. Dass diese nun dazu führen, dass User nun eine dritte Partei die Werte verwahren und die Zahlungen ausführen lassen soll, könnte eine erwartbare Konsequenz der Komplexität sein, die Lightning in Wallets bringt.
6. Strike ist für Lightning gebaut, dürfte aber konzeptionell mit jeder Kryptowährung funktionieren. Sollte die App daher ein Erfolg werden und es Jack Mallers gelingen, ihren Betrieb und das Risikomanagement zu skalieren, würde es mich nicht wundern, wenn wir bald ähnliche Apps für so gut wie jede Kryptowährung sehen.
Trotz dieser teils durchwachsenen Gedanken ist Strike eines der Produkte für Lightning, die Euphorie erwecken und Optismus verbreiten, dass es möglich sein wird, die User dort abzuholen, wo sie sich nun mal befinden – und ihnen einen einfachen Einstieg in Zahlungen mit Kryptowährungen zu ermöglichen.
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