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Bitcoin, Corona und der Klimawandel

Das Corona-Virus unter dem Elektronenmikroskop. Bild von NIAD via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Das Coronavirus breitet sich aus und beherrscht die Nachrichtenlage. Wir schauen uns an, was es für Bitcoin bedeutet: Die Kryptowährung ist noch kein sicherer Hafen vor einem Wirtschaftskollaps. Krypto-Unternehmen selbst sind jedoch kaum beeinträchtigt, weil sie meist im virtuellen Raum operieren, während Krypto-Konferenzen allerdings schwer betroffen sind. Langfristig weist die Politik um das Coronavirus auf einen Konflikt zwischen Regierung und Wirtschaft hin, in dem Bitcoin in Zukunft noch eine wichtige Rolle spielen kann.

2020 könnte das Jahr der Katastrophen werden. Nachdem sich der Klimawandel 2019 schon so angefühlt hat, als würde es jetzt ernst werden – die Hitze war spürbar – eskalierten die Buschfeuer in Australien im Januar, wodurch rund 20 Prozent der Wälder des Kontinents abbrannten. Kurz danach, im Februar, brach das Coronavirus aus.

Immer noch kein Safe Asset

Die Furcht vor dem Coronavirus ließ alle Märkte einbrechen. Der Dax verlor mehr als 10 Prozent, die Kryptomärkte gaben um beinah zwanzig Prozent nach, und sogar Gold hat einige Prozent abgedrückt.

Von mehr als 300 Milliarden auf unter 250 Milliarden: Die Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen nach CoinMarketcap

In der Kryptoszene ist die Furch vor der unsichtbaren Gefahr deutlich zu sehen: Die um den 20. Februar in London stattgefundene CoinGeek veröffentlichte einen Leitfaden, wie man sicher durch eine Welt des Coronaviruses kommt und empfiehlt den Teilnehmern, auf das Händeschütteln zu verzichten. Andere Konferenzen wie die Ethereum Development Conference (EDCON), zu der sich die Ethereum-Entwickler in Wien treffen sollten, fallen komplett aus, weil die Veranstalter nicht riskieren wollen, die Gesundheit der wichtigen Entwickler zu gefährden.

In Asien wurden die meisten naheliegenden Krypto-Konferenzen, etwa die TOKEN2049, ebenfalls abgesagt. Andere Konferenzen, wie die Mallorca Blockchain Days ab dem 20. März, finden weiterhin statt, während das bald in Paris stattfindende Blockchain Week Summit auf Dezember vertagt wird. Die Bitcoin2020 Ende März in San Francisko, die vielleicht größte exklusiv Bitcoin gewidmete Konferenz, trotzt dagegen dem Virus. Wie der Veranstalter im Bitcoin-Magazin schreibt, nehme man die Lage aber ernst, und werde Maßnahmen ergreifen. So sollen die Organisatoren viele Desinfektionsstationen aufstellen und professionelle Reinigungskräfte sowie medizinisches Fachpersonal engagieren. Die Sprecher und Teilnehmer aus China werden über Video zugeschalten, was besonders bei Teilnehmern neue technische Lösungen verlangt.

Es scheint langsam überall ausgemacht zu sein, dass die Welt eine bitter Pille schlucken wird, um zu verhindern, dass sich das Coronavirus unkontrolliert ausbreitet: Reisebeschränkungen, Absperrungen ganzer Gebiete, Zwangsurlaube von Mitarbeitern, das Absagen von Massen- und internationalen Veranstaltungen. All das wird die globale Wirtschaft abkühlen, weshalb die Preise hier wie da fallen. Bitcoin glänzt dabei nicht als Notstands- und Weltuntergangswährung, sondern wird, wie alles andere, mit hinabgezogen. Es scheint wenig Nachfrage nach Kryptowährungen zu geben, um den Folgen eines globalen Wirtschaftskollapses zu entgehen. Bitcoin ist noch nicht das “Safe Heaven Asset”, das viele in ihm sehen.

Virtuelle Unternehmen können auch aus der Quarantäne heraus operieren

Wie der Klimawandel spiegelt das Coronavirus den Konflikt zwischen Wirtschaft und Regierung. In Zeiten einer Katastrophe leitet die Regierung das Management und die Schadensverwaltung. Das bedeutet nicht selten, dass sie Maßnahmen ergreifen muss, die vom Markt nicht erwünscht sind, und die mitunter auch des Zwanges bedürfen, um zu wirken. In katastrophalen Zeiten fühlt sich der Staat berufen, wieder stark zu werden.

Der starke Staat China hat das Coronavirus scheinbar weitgehend unter Kontrolle. Zumindest hat es die Regierung geschafft, ein unkontrolliertes Ausbreiten zu verhindern. Dazu hat sie drastische Maßnahmen erlassen, etwa das Absperren ganzer Regionen, weitflächige Ausgangssperren und so weiter.

Es gibt noch viele offene Fragen zum Virus. Wie tödlich ist es? Welche Korrelationen gibt es zu anderen Erkrankungen? Wie sind die Langzeitschäden? Solange diese Fragen nicht geklärt sind, und solange es weder Therapiestandards noch ausreichend Test-Sets, Krankenhausbetten und Personalressourcen gibt, um eine Corona-Epidemie zeitgleich zu einer Grippewälle zu bändigen, ist es unverantwortlich, die weitere Ausbreitung nicht entschieden zu hemmen.

In China hat die Bitcoin-Wirtschaft kaum unter der großflächigen Quarantäne gelitten. Wer in einem Bitcoin-Unternehmen arbeitet, macht dies oft schon jetzt von zuhause; das Geschäft benötigt so gut wie keinen physischen Kontakt im Rahmen von Lieferketten. Die Unternehmen sind schon jetzt stark virtualisiert, oft sind die Mitarbeiter auf der ganzen Welt verteilt und kommunizieren über das Internet. Bitcoin funktioniert auch aus der Quarantäne heraus, Bits und Bytes sind eben nicht ansteckend.

Im schlimmsten Fall behindert das Virus die Arbeit. Coindesk hat unter einigen Unternehmern nachgefragt. Die ZB Group, die eine Börse betreibt, hat ihre Mitarbeiter angewiesen, von Zuhause aus zu arbeiten. Die in Estland ansässige, aber aus China heraus operierende Börse Bibox plant, das Ingenieur-Team in ein anderes asiatisches Land zu verlegen, wo es weniger Infektionen gibt. Während der normale Betrieb nicht beeinträchtigt sei, litten die Entwicklung neuer Produkte und der Kontakt mit Investoren unter dem Virus. Ähnlich sieht es bei der Börse OKEx aus, die die Büros desinfiziert und mit Gesichtsmasken und Desinifizierungs-Stationen ausgestattet hat. Sie fordert Mitarbeiter auf, von Zuhause aus zu arbeiten, Menschenmengen zu vermeiden und Reisen zu unterlassen. Zugleich hat sie die IT-Ausstattung für Telefon- und Videoschaltungen in allen Büros weltweit aufgerüstet, um Heimarbeit besser in Geschäftsprozesse integrieren. Das Corona-Virus beschleunigt den Trend zur Firma ohne Büro.

Natürlich sollte man die Maßnahmen in China auch mit Vorsicht beäugen. Freiheitsrechte sollten niemals in einer Kurzschlussreaktion aufgegeben werden. Wenn es ausreicht, einige Personen in Schutzanzügen auflaufen zu lassen und Bilder von kranken Menschen im Fernsehen zu zeigen, um in der Bevölkerung die Bereitschaft dafür zu schaffen, Freiheitsverluste hinzunehmen, ist auch das gefährlich. Was, wenn die Regierung in China beim nächsten Aufruhr einfach einen Verdacht auf ein neues Virus aus dem Ärmel schüttelt? Und was war nun mit den Protesten in Hongkong? Wird der Seuchenschutz zum nächsten Terrorismus – zur Rechtfertigung für Regierungen, das Volk strenger zu kontrollieren? Und gibt es eine Garantie, dass die Regierungen Freiheitseinschränkungen, die sie wegen des Corona-Virus verhängen, wieder aufheben?

Daher ist es auch zu begrüßen, dass Europa weniger entschlossen als China gegen das Virus vorgeht. Welche Folgen das hat, wird man in den kommenden Monaten sehen. Man kann noch hoffen, dass Corona im Lauf des Jahres abklingt, das sich ein unkontrollierbarer Ausbruch verhindern lässt, ohne dass die Bürger wichtige Freiheitsrechte aufgeben müssen – und dass die Umstände nach einigen Monaten der Einschränkungen wieder wie zuvor sein werden.

Ein Großkonflikt des 21. Jahrhunderts?

Langfristig sehen wir hier aber ein Drehbuch für einen Konflikt, der im Lauf der kommenden Jahre immer wieder auftauchen wird: Den zwischen Wirtschaft und Regierung angesichts von Katastrophen, wie etwa dem Klimawandel. Man stelle sich vor, China ginge mit derselben Radikalität gegen den Klimawandel vor, wie gegen das Virus. Wenn wir noch ein, zwei Jahre haben, in denen es ständig neue Hitzerekorde und arktische Brände gibt, wäre es denkbar, dass die Toleranz für drastische Maßnahmen bei Regierungen und Bürgern wächst. Dies könnte das unschöne Resultat nehmen, dass der Kampf gegen den Klimawandel auf Kosten der Freiheit geht. Und anders als beim Coronavirus wäre dies keine Einschränkung auf Zeit, sondern vermutlich auf Dauer.

Bitcoin könnte in diesen künftigen Konflikten eine Rolle spielen. So ist das Mining eine Art Resteverwertung für Energie – etwa auch für fossile Energie, die womöglich vom Netz abgekappt wird – und Zahlungen in Kryptowährungen könnten benutzt werden, um Klimasanktionen oder Verbote von Produkten und Dienstleistungen, die als klimaschädlich eingestuft werden, zu umgehen. Gleichzeitig könnte Bitcoin eine Art Kontrollinstanz werden, die es verhindert, dass drastische Eingriffe zu extreme und unerwünschte Nebenwirkungen haben, etwa dass die aufgebaute Kontroll-Infrastruktur zum Selbstläufer wird, der weit über das Ziel hinausschießt.

Über Christoph Bergmann (2690 Artikel)
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9 Kommentare zu Bitcoin, Corona und der Klimawandel

  1. Ein überraschendes Wallstreet Halving Event.. 😀
    Hauptsache es wird kein Population Halving Event daraus.

  2. Hans Frosch // 2. März 2020 um 17:29 // Antworten

    Was sollten wir aus diesen Krisen lernen?
    Das Corona-Virus würde sich nicht so rasant ausbreiten und die Klimakatastrophe würde nicht so stark befeuert werden, wenn wir
    1.) regionaler denken würden. Warum müssen Güter um die halbe Welt geschickt werden, wenn wir sie auch vor Ort erzeugen könnten?
    2.) autarker wären. Staaten oder Konzerne wollen dies mit aller Macht verhindern, denn die Autarkie des Einzelnen macht sie selbst überflüssig.
    Folgerungen:
    Wir brauchen flache Hierarchien und Dezentralisierung in allen Bereichen. Bitcoin hat hier Pionierarbeit geleistet und gezeigt, dass dezentrale Geldwertübertragung möglich ist. Wir müssen aber Dezentralisierung viel weiter fassen. Wir brauchen dezentrale Markplätze, dezentrale digitale Kommunikation und dezentrale Verwaltung. Die Probleme unserer Zeit schreien geradezu nach Dezentralisierung.

    • Die Schlussfolgerungen würde ich so unterschreiben. Wir haben allerdings noch einen langen Weg zu gehen.

    • Christoph H. // 2. März 2020 um 23:35 // Antworten

      @Herr Frosch

      Ich würde Ihnen nicht bei allem so zustimmen. Klar hilft manchmal eine regionale Lösung. Ich bin jedoch der Meinung globale Probleme benötigen globale Lösungen. Um das konkret an 2 Beispielen zu verdeutlichen:
      1. Klimawandel
      Der Klimawandel kann nur mit einer globalen Kooperation gelöst werden. Ansonsten werden die dreckigsten Geschäfte nur immer da hinwandern wo sie am wenigsten CO2 Abgaben bezahlen oder so gar nicht bezahlen. Bestes Beispiel wäre z.B. Russland, dieses Land hätte praktisch nur Vorteile vom Klimawandel und müsste bei CO2 Abgaben deutlich auf Einnahmen verzichten (Wegen dem wegfallenden Verkauf von Öl und Gas). Ein weiterer Vorteil wäre, dass sich in Sibirien deutlich mehr Ackerbau betrieben werden könnte. Falls Russland nur für sich schauen würde, sieht es ziemmlich düster aus für die Rest-Welt.
      2. Aktueller Fall Corona-Virus
      Auch hier ist globale Kooperation bei der Bekämpfung und Erforschung extrem hilfreich und zielführend. Der erste Schnelltest konnte dank Kooperation mehrere Institute extrem rasch entwickelt werden die Involvierten Länder waren Deutschland, Frankreich, China (Hong Kong) und USA. Die Schweizer Wissenschaftler haben es geschafft den Virus nun künstlich herzustellen um ihn besser erforschen und ein Gegenmittel herstellen zu können. Dieses Wissen wird nun erneut global geteilt, es liegen schon mehrere Anfragen vor.

      Bezüglich regionaler denken:
      Ja, das finde ich durchaus ein guter Gedanke. Es gibt jedoch immer auch Dinge, bei denen es sich lohnt sich zu spezialisieren und für diese braucht es einen globalen Markt. Im Gegenzug macht es manchmal für ein Land keinen Sinn gewisse Produkte selbst herzustellen. In der Schweiz wird zum Beispiel mit extremen Subventionen Tabak angebaut. Dieser Tabak hat die schlechteste am Markt verfügbare Qualität. Der Verkaufspreis am Markt ist etwa 5x niedriger als die Subventionen für die produzierte Menge. Es macht also für die Schweiz keinen Sinn solchen Tabak lokal zu produzieren. Weil schlicht nicht die guten klimatischen Bedingungen wie in anderen bekannten Tabakproduktionsländern herrschen. Meiner Meinung nach, ist es generell Sinnfrei Tabak zu subventionieren und gleichzeitig Millionen für Suchtprävention auszugeben. Aus meiner Sicht ist das Übel der aktuellen Misere, dass die Energiepreise (vor allem Fossile) generell deutlich zu niedrig sind. Wären diese Preise deutlich höher (Faktor 3-5) wären auch regionale Produkte und vor allem alternative regenerative Energien wirtschaftlicher/wettbewerbsfähiger. Die Transportkosten würden steigen und es würde sich nicht mehr rechnen jeden Unfug in der Welt herum zu karren. Zudem herrschen nicht überall auf der Welt die gleichen Spielregeln. Würden global alle Länder vergleichbare Regeln haben (Staatssubvention, Umweltschutzstandarts, Arbeitsbedinungen, usw.) wäre dies durchaus auch ein Plus für die regionalen Produkte in der EU. Passend dazu ist die WTO wegen der USA blockiert, weil diese die gleichen Spielregeln für China erzwingen will.

      • Hans Frosch // 3. März 2020 um 15:17 //

        Christoph, ich gebe dir uneingeschränkt recht.

        “Aus meiner Sicht ist das Übel der aktuellen Misere, dass die Energiepreise (vor allem Fossile) generell deutlich zu niedrig sind.”
        “Zudem herrschen nicht überall auf der Welt die gleichen Spielregeln.”
        Diese Probleme könnten mittels Distributed-Ledger-Technology prinzipiell deutlich besser gelöst werden als durch Staaten. Ich spreche zwar von einer fernen Zukunft, aber was würde geschehen, wenn jeder Mensch mit seiner Stimme den Preis für fossile Energie mitbestimmen könnte? Ich bin der festen Überzeugung, dass die Preise dann deutlich höher wären. Wer der Allgemeinheit Schaden zufügt, muss ihr diesen auch kompensieren. Das gelingt aktuell in keinster Weise. Politiker wollen gewählt werden. Eine stärkere Belastung des Einzelnen ist da kontraproduktiv. Stattdessen bräuchten wir eine DLT, bei der jeder Einzelne wählen kann, wie viel z.B. eine Tonne CO2 kostet und z.B. könnte man als den tatsächlichen Preis dann den Mittelwert der Stimmen aller Menschen nehmen.

        Unter regionalem Handeln verstehe ich übrigens auch eine dezentrale Energieversorgung und möglichst Ernährung durch regionalem Anbau. Dezentrale Energieversorgung heißt, dass jeder Haushalt nicht nur Strom konsumiert, sondern auch produziert. Hier wäre DLT sehr nützlich. Ich wünsche mir, dass möglichst viel in dieser Richtung geforscht wird, damit dieses Ziel schnell erreicht wird. Ein Hauptaugenmerk muss darauf liegen, Abhängigkeiten von anderen so weit wie möglich zu verringern. Wenn ich meine Energie selbst produzieren und meine Nahrung selbst erzeugen würde und ein Austausch unter Nachbarn stattfinden würde, wäre dies viel besser als auf Energie- oder Nahrungsmittelkonzerne vertrauen zu müssen, die nicht selten vom Staat Steuergelder kassieren, um sich selbst zu bereichern und der Natur sogar zu schaden. Gewisse Güter wie z.B. Kleidung sollten ebenfalls viel mehr vor Ort produziert werden.Das muss sich dringendst ändern.

  3. @Rudi_r und dieser Weg wird nie enden 🙂

  4. NEUER SKANDAL: Corona Test ist Fake, Oliver Janisch beweist hier:
    https://www.youtube.com/watch?v=5kFhw4bNwu4&t=300s

    Schaut mal rein ..

  5. PeterNeuer // 3. März 2020 um 9:13 // Antworten

    Es war so heiß in Australien das die Zündtemperatur von Holz erreicht war. Wusste ich z.b. jetzt auch noch nicht. Man lernt immer dazu.

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