Newsticker

Studie: Wer finanziert die Open-Source-Entwicklung von Bitcoin und Lightning?

Topf mit Geld. Bild von Richard West via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Die Derivate-Börse BitMex hat eine Studie veröffentlicht, welche Gruppen die Open-Source-Entwicklung von Bitcoin und Lightning finanzieren. Die Studie zeigt, dass sich die Geldgeber der Entwicklung in den letzten Jahren weiter dezentralisiert haben – aber dennoch ein relativ kleiner Club bleibt.

Die Bitcoin-Software ist Open Source. Ihr Quellcode ist öffentlich einsehbar, und jeder kann sie kostenlos herunterladen. Anders als bei proprietärer Software steht hinter Bitcoin keine Firma, die Geld durch ihren Verkauf verdient. Dies führt zur oft gestellten Frage, wie sich die Bitcoin-Entwickler denn finanzieren.

BitMex Research, die Recherche-Abteilung der gleichnamigen Börse für Krypto-Derivate, geht dieser Frage in einem ausführlichen Bericht auf den Grund. Dazu haben die Autoren öffentliche Informationen ausgewertet und mit einzelnen Entwicklern gesprochen. Dadurch konnten sie ein recht breites Bild darüber schaffen, wie die Open-Source-Entwicklung von Bitcoin und Lightning finanziert wird. Nicht ganz nachvollziehbar ist allerdings, weshalb sie dabei Lightning und Bitcoin in einen Topf werfen, aber die Entwicklung von (anderen) Wallets außen vor lassen.

Das Ergebnis zeigt, welche Unternehmen oder Institutionen wie viele Entwickler finanzieren. An erster Stelle stehen die Firmen Blockstream und Lightning Labs, die jeweils acht Entwickler bezahlen, gefolgt von Square Crypto mit sechs Entwicklern und der Digital Currency Initiative des MITs, Chaincode Labs und Purse mit jeweils fünf Entwicklern. DG Labs und Acinq finanzieren vier, die Börse Bitfinex drei, die Wallet Xapo, der Hardcore Fund sowie private Sponsoren jeweils zwei, und BitMEX, OKcoin, BTSE und Bit Bull jeweils einen Entwickler.

Diese nackten Zahlen sagen noch relativ wenig aus. Im Prinzip umfassen sie jeden, der an der Open-Source-Entwicklung rund um Bitcoin teilnimmt. BitFinex etwa stellt drei Entwickler, die ein Token-Protokoll für Lightning entwickeln, Bull Bitcoin einen Entwickler für das Cyphernode-Projekt, und Purse hat sechs Entwickler an seiner Zahlungs-App, die auch an der hauseigenen Bitcoin-Implementierung bcoin in JavaScript arbeiten. Und sowohl Lightning Labs als auch Acinq bezahlen ihre Entwickler auch, um Lightning-Wallets zu bilden, die jeweils auch ihre hauseigenen kommerziellen Projekte integrieren. Angesichts dieser Breite der Projekte könnte und sollte man diese Liste noch um die Entwickler von Wallets wie Electrum, von Bibliotheken wie BitcoinJ und von Mining-Software ergänzen. Ohne dies bleibt die Auswahl etwas willkürlich.

Hilfreich ist nun, dass BitMEX aus diesen Werten die aktiven Bitcoin-Core-Entwickler isoliert. Denn diese bilden die wichtigste Implementierung von Bitcoin und arbeiten am Protokoll. Sie sind im Kern von Bitcoin. Also hat sich BitMEX die 33 aktivsten Entwickler herausgepickt und nach ihren Sponsoren gefragt. Dabei fällt auf, dass von den ehemals 62 bezahlten Entwicklern nun nur noch 22 bleiben. Der Großteil derjenigen, die einen Sponsor haben, arbeiten also nicht direkt am Protokoll, sondern eher an einer Anwendung.

11 von den aktivsten 33 Entwicklern sind unabhängig. Sie haben keinen bekannten Sponsor. Die verbleibenden 22 werden von insgesamt 9 Parteien finanziert. Mit sieben Entwicklern auf der Gehaltsliste ist Chain Code Labs der aktivste Sponsor, gefolgt von Blockstream mit drei und dem MIT, DC Labs, Square sowie dem Hardcore Fund mit jeweils zwei Entwicklern.

Was verbirgt sich hinter den Namen – und welche Entwickler finanzieren sie?

All das sagt noch relativ wenig aus, wenn man nicht weiß, was sich hinter den Namen der Sponsoren verbirgt. Daher schauen wir uns hier die wichtigsten Sponsoren von Bitcoin Core an.

ChainCode Labs ist eine New Yorker Firma, die von den Entwicklern Alex Morcos und Suhas Daftuar gegründet wurde. Sie bietet kein kommerzielles Produkt an und finanziert sich vermutlich durch das Vermögen der Gründer, die beide vor Bitcoin im Hochfrequenzhandel gearbeitet haben und wohl durch Bitcoin ein nettes Vermögen gemacht haben. An Entwicklern bezahlt ChainCode Labs neben den beiden Gründern noch John Newbury, Russ Yanofsky, Marco Falke und Carl Dong. Sie dürfte der derzeit aktivste Treiber der Bitcoin-Core-Entwicklung sein und veranstaltet auch Workshops für neue Bitcoin-Entwickler. Mit Marco Falke hat sie auch einen der sechs Maintainer im Boot, der einen Schreibzugriff auf den Code hat.

Blockstream dürfte eine weitgehend bekannte Firma sein. Sie wurde 2014 gegründet, um Sidechains zu entwicklen, und hat zu dieser Zeit eine einzigartige Menge an Bitcoin-Entwicklern angeheuert. Nachdem Gregory Maxwell, Jorge Timon, Patrick Statemen und Matt Corallo die Firma verlassen haben und Luke Dashjr offenbar auch nicht mehr bei ihr arbeitet, ist ihr Einfluss auf das Bitcoin-Protokoll jedoch deutlich gesunken. Mit Pieter Wuille steht aber weiterhin einer der aktivsten Core-Entwickler, der zudem auch Maintainer ist, auf ihrer Gehaltsliste, sowie der Kryptograph Andrew Chow. Vermutlich zählt BitMEX auch Rusty Russel zu den Core-Entwicklern, obwohl sich dieser vor allem auf Lightning fokusiert. Blockstream konzentriert sich mittlerweile offenbar stark auf Lightning und Sidechains, nachdem die Firma zwischen 2014 und 2018 einen extrem starken Einfluss auf die Core-Entwicklung genommen hat.

Die Digital Currency Initiative (DCI) des Massachusetts Institute of Technology (MIT) ist seit langem eine Größe der Core-Entwicklung. Sie hat ehemals den Leitentwickler Gavin Andresen gesponsort, der aber seit 2016 keine Rolle mehr spielt. Heute bezahlt sie mit Wladimir van der Laan den Release-Maintainer, vermutlich die wichtigste Figur bei Core, sowie den Entwickler Cory Fields. Ansonsten finanziert die DCI vor allem unabhängige Forschungen zu Bitcoin, anderen Kryptowährungen und Blockchains.

DG Labs  ist eine japanische Investmentgesellschaft, die aus dem Zusammenschluss mehrerer japanischer Tech- und Investmentunternehmen hervorgegangen ist und sich auf technologische Schlüsselthemen konzentriert, zu denen neben künstlicher Intelligenz und Biotech auch Blockchains gehören. Laut BitMEX finanziert DG Labs zwei bis vier Entwickler, von denen aber lediglich der Core-Entwickler Karl-Johan Alm sowie der Entwickler des BTCPayServers Nicolas Dorier bekannt sind.

Square Crypto ist eine Ausgründung von Square von Twitter-Gründer Jack Dorsey, die mit der Cash App eine App fürs Bezahlen betreiben, über die man auch Bitcoin kaufen kann. Mit Square Crypto möchte Dorsey etwas an das Ökosystem zurückgegeben, indem er die Open-Source-Entwicklung rund um Bitcoin unterstützt. Neben fünf Entwickler, die an Lightning arbeiten, finanziert Square Crypto auch die Arbeit der Core-Entwickler Jon Atack und Matt Corallo. Letzterer hat Blockstream mitgegründet und danach bei Chain Code Labs gearbeitet, sich dann aber für das Programm von Square genießen.

Der Hardcore Fund schließlich ist eine private Initiative, die kleine Stipendien an die Core-Entwickler Luke Dashjr und Ben Woosley vergeben hat.

Interessant an dieser Liste ist auch, wer nicht mehr dabei ist. BitMEX nennt mehrere Firmen, die früher einmal die Entwicklung finanziert haben, dies aber heute nicht mehr machen: BitPay, Bitmain, Blockchain.info, BTCC und die Bitcoin Foundation. Allerdings haben diese Parteien niemals je mehr als einen oder zwei Bitcoin-Entwickler finanziert, und dies zum Teil auch nur vorübergehend.

Wie sieht es bei anderen Kryptowährungen aus?

Keine andere Kryptowährung hat eine mit Bitcoin vergleichbare Diversität der Finanzierung des Kern-Protokolls. Am nächsten kommt dem noch Ethereum. Hier teilen sich die gemeinnützige Ethereum-Foundation und Consensys den Großteil der Finanzierung.

Während die Ethereum-Foundation vor allem den wichtigen Client in Go (Geth) entwickelt und viele Entwickler für die Arbeit an Ethereum 2.0 und experimentelleren Features wie Zero-Knowledge-Proofs bezahlt, fokusiert sich Consensys auf eher anwendungsorientierte Entwicklungen, etwa die Test-Suite Truffle, das Node-Netzwerk Infura oder die Browser-Wallet Metamask. Allerdings finanziert Consensys auch Ethereum-Core-Entwickler.

Gitcoin, ein Smart Contract zur Finanzierung von Open-Source-Entwicklern, dürfte einen Beitrag zur unabhängigen Finanzierung von Entwicklern leisten, auch wenn dieser wohl relativ klein ist verglichen mit der Foundation und Consensys. Bis vor einigen Monaten hat auch Parity mit dem gleichnamigen Clienten eine bedeutende Rolle in der Ethereum-Entwicklung gespielt. Doch mittlerweile hat sich das Berliner Startup von diesem Gebiet zurückgezogen, um sich auf Polkadot zu konzentriert. Daneben dürfte es bei Ethereum noch zahlreiche unabhängige Entwickler geben, die sich entweder durch die enorme Kurssteigerung der Ether seit der ICO oder lukrativen Beraterverträgen finanzieren.

Daneben findet man bei Ethereum eine Legion an Entwicklern auf der Anwendungsseite: Token-Architekten, Dapp-Designer und DAO-Konstrukteure. Man könnte diese mit Entwicklern wie für Lightning, den BTCPayServer oder andere Bitcoin-Anwendungen vergleichen, womit Ethereum vermutlich eine deutlich größere Entwickler-Community als Bitcoin aufstellt.

Auch bei Bitcoin Cash finden wir ein Stückchen Diversität. Es gibt mehrere Clienten: ABC, Bitcoin Unlimited, Bitcoin Verde und BCHD, die unabhängig voneinander entwickelt werden. Ein großes Problem ist hier allerdings die Finanzierung. Während Bitcoin Unlimited über ein gutes Polster aus früher eingegangenen Spenden verfügt, klagen alle anderen Entwickler-Gruppen über einen Mangel an Spenden – obwohl Bitcoin.com und einige chinesische Miner gerne bereit sind, die Entwickler bezuzuschussen. Dennoch scheint es nicht genügend Sponsoren für Bitcoin Cash zu geben.

Bei Bitcoin SV, der Fork von Bitcoin Cash, steht die Finanzierung der Entwicklung zwar auf sicherem Boden, ist aber extrem zentralisiert. Die Entwicklung liegt komplett in den Händen von nChain, das von Craig Wright und dem kanadisch-karibischen Milliardär Calvin Ayre bezahlt wird. Neben der Node-Entwicklung ist aber eine Diversifizierung bei den Anwendungen zu erkennen, wo etwa die Firma von Unwriter in New York einen wachsenden Einfluss genießt, während es unter den Minern sehr aktive Zentren wie MemPool gibt.

Ähnlich zentralisiert wie bei Bitcoin SV ist die Entwicklung bei vielen anderen Kryptowährungen. Etwa Ripple, Stellar, IOTA oder EOS. Hier haben wir entweder eine Firma, die die Entwicklung alleine stemmt, oder eine Stiftung, die sie vorantreibt, indem sie die Einnahmen aus einer ICO oder anderen initialen Erschaffung von Token nach eigenem Ermessen verteilt.

Bemerkenswert ist schließlich das Modell von Dash, bei dem ein Teil der Blockrewards in eine Art DAO fließt, in der die Master Nodes darüber abstimmen, für welche Entwicklungen diese Gelder verwendet werden. Ebenfalls erwähnenswert ist Monero, wo die Entwicklung auf Basis eines Community-Fundraisings bezahlt wird, das Belohnungen für bestimmte Aufgaben ausschreibt und Ziele und Teilziele definiert. Bei den beiden Währungen gelingt es so, die Fortentwicklung des Kernprotokolls und der Node-Software unabhängig von externen Sponsoren zu bezahlen.

Über Christoph Bergmann (2561 Artikel)
Das Bitcoinblog wird von Bitcoin.de gesponsort, ist inhaltlich aber unabhängig und gibt die Meinung des Redakteurs Christoph Bergmann wieder ---

Kommentar verfassen

%d Bloggern gefällt das: