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Sachsen beschlagnahmt 25 Millionen Euro in Bitcoin von Betreiber von Movie2k.to

Sächsische Polizisten auf Pferden in Chemnitz. Bild von Mike Bonitz via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Das Land Sachsen dürfte sich freuen: Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat mehrere tausend Bitcoins und Bitcoin Cash von einem Betreiber der ehemaligen Streaming-Plattform Movie2k.to beschlagnahmt. Für die Urheberrechtsverletzer waren Bitcoins nur eine Station in der Geldwäsche – aber eine enorm lukrative.

Es dürfte die bisher größte Beschlagnahmung von Bitcoins in Deutschland sein:  Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat Bitcoins (BTC) und Bitcoin Cash (BCH) im Wert von 25 Millionen Euro von einem Betreiber der ehemaligen illegalen Streaming-Plattform Movie2k.to sowie einem Berliner Immobilienunternehmer sichergestellt.

Der Fall zeigt, welche Ströme Geld aus illegalen Quellen nimmt und welche Rolle dabei Bitcoin spielt. Movie2k.to war eine Seite, auf der man so gut wie jeden Film und jede Serie kostenlos anschauen konnte; die Plattform selbst hat die Videos nicht gehostet, sondern diese von anderen Filehostern gezogen und ausgestrahlt. Insgesamt haben die Macher laut Angaben der Polizei die Urheberrechte von 880.000 Werken verletzt. Einnahmen erwirtschafteten sie vor allem durch Werbung und Abofallen. Bitcoin spielte dabei offenbar zunächst keine Rolle; die Einnahmen flossen in Euro. Die Betreiber haben diese jedoch ab Mitte 2012 in großem Umfang gegen Bitcoins getauscht und dabei mehr als 22.000 Bitcoins erworben. Das wären heute etwa 220 Millionen Euro.

Der Kauf der Bitcoins war vermutlich nicht als Investment gedacht, sondern als Station in der Wäsche der schmutzigen Einnahmen. Der Zeitpunkt hätte aber nicht besser sein können: Mitte und Ende 2013 ist der Wert von Bitcoin rasant gestiegen; Anfang 2013 lag der Preis je Bitcoin zwischen 10 und 20 Euro, Ende des Jahres kurzfristig bei 850. Vermutlich haben die Betreiber von Movie2k durch die ungewollte Spekulation auf Bitcoin mehr verdient als durch die Plattform selbst.

Die Bitcoins waren feilich nur eine Zwischenstation. Die Programmierer nutzten sie ab 2013, um bei einem Berliner Immobilienunternehmer Immobilien zu kaufen. Diese spielen in der Geldwäsche eine wichtige Rolle. Ein Bericht der BaFin von 2019 stellte fest, dass von Immobilien ein „herausgehobenes Risiko“ ausgeht – ein deutlich höheres als für Bitcoins. Immobilien sind so etwas wie der Königsausstieg. Durch die Bitcoin-Preissteigerung konnten sich die Movie2k-Betreiber vermutlich ein ansehnliches Portfolio an Immobilien leisten – aber möglicherweise waren sie es auch, die die Polizei auf ihre Spur führte. Die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft schreibt dazu etwas kryptisch, die „eindeutige und beweissichere Identifizierung der Bitcoins“ sei „aufgrund von umfangreichen Ermittlungen in Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt und der US-amerikanischen Sicherheitsbehörde FBI durch einen forensischen Sachverständigen“ gelungen.

Zum Glück für die Staatsanwaltschaft Dresden blieben etwa 10 Prozent der Bitcoins im Besitz der Betreiber. Wie der Immobilienunternehmer sitzt einer der beiden Entwickler seit November 2019 in Untersuchungshaft. In der Hoffnung auf Strafmilderung gibt er sich geständig, hilft bei der Suche nach seinem Partner und gab der Polizei die verbleibenden 2.200 Bitcoins (und Bitcoin Cash) freiwillig heraus. Die Staatsanwaltschaft wird die Bitcoins voraussichtlich verkaufen und die erzielten Euro dem Land Sachsen zuschreiben, wo es vermutlich an das Innen- oder Justizministerium geht. Laut einer Übersichtskarte hat die Polizei in Deutschland in den Jahren 2013 und 2014 Güter im Wert von 421 bzw. 251 Millionen beschlagnahmt. Die 25 Millionen in Bitcoins sind darin zumindest eine deutlich sichtbare Summe, über die sich das Land Sachsen freuen kann.

Offenbar hat es fünf bis sechs Jahre gedauert, bis die Polizei den Betreibern auf die Spur kam. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass ähnliche Fälle in Zukunft zu erwarten sind. Bevor Apple, Netflix und Amazon das legale Filmstreaming in hoher Qualität etabliert haben, waren illegale Sharing-Seiten wie Movie2k eine der bequemsten Anlaufstellen, um im Internet Filme zu sehen.

Über den angerichteten Schaden wird diskutiert. Während die Filmindustrie überwiegend dazu tendiert, den Diebstahl des geistigen Eigentums zu sehen, gibt es auch Hinweise, dass das illegale Teilen der Videos die Einnahmen nicht reduziert, sondern sogar erhöht hat. Vor allem Serien wie Games of Thrones oder Breaking Bad wurden von vielen Usern in einer schockierenden Breite auf illegalen Seiten rauf- und runter gestreamt, was sie womöglich erst bekannt machte. Man könnte sogar vermuten, dass die illegalen Seiten eine neue Methode des Serienschauens ermöglicht haben – dass eine Serie nicht im wöchentlichen Turnus angeschaut, sondern Folge auf Folge durchgesuchtet wird. Dies könnte neue Erzählstrukturen etabliert haben, von denen heute etwa Netflix enorm profitiert.

Natürlich besteht aber kein Zweifel, dass sich die Betreiber von illegalen Streamingseiten daran bereichert haben, auf der einen Seite die Urheberrechte von Filmproduzenten massiv zu verletzen, und auf der anderen Seite die User mit Abofallen und zwielichtiger Werbung zu schädigen.

In den goldenen Jahren des illegalen Filestreamings, die ab 2014 oder 2015 zu Ende gingen, ohne dieses jemals zu erreichen, war Movie2k eher ein kleiner Fisch. Der Platzhirsch war kino.to, das zwar schon 2011 geschlossen wurde, aber als kinox.to bald darauf wieder online ging. Deren Betreiber – die auch den movie2k-Nachfolger movie4k betrieben – wurden zum Teil zwar schon 2014 verhaftet, sind aber zum Teil bis heute auf der Flucht. Die Seite ist in jedem Fall noch online und war zumindest noch 2017 eine der 50 meistbesuchten Webseiten im deutschen Internet. Man darf vermuten, dass auch hier Einnahmen oder Geldwäsche durch Bitcoins oder andere Kryptowährungen mit im Spiel sind, die im Umfang die von movie2k vermutlich weit übersteigen. Zumindest wurde 2017 bekannt, dass kinox und movie4k die User während ihres Besuches ohne deren Wissen im Browser Kryptowährungen minen ließen.

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1 Kommentar zu Sachsen beschlagnahmt 25 Millionen Euro in Bitcoin von Betreiber von Movie2k.to

  1. Warum dann bestrafen, wenn illegales Streamen sogar den legalen Konsum von Medien erhöht?
    Was für eine Doppelmoral von Politik und Behörden. Ihre Arbeiten werden über einen Haufen Steuern finanziert und die Gelder, die sie während ihrer Arbeit zu Recht beschlagnahmen, gehören den Geschädigten. Wenn jemand wegen P2P Konsum von Medien, deren geistiges Eigentum nur gegen Bezahlung erhältlich wäre, erwischt wird, muß dieser ja auch eine Strafe an die Medienverwertungsgesellschaft leisten. Und die Medienverwertungsgesellschaft leitet diesen Betrag, minus einer Gebühr, an den Urbesitzer weiter. Alles ganz schön verlogen.

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