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Bundesfinanzministerium: Kryptowährungen spielen minimale Rolle in Geldwäsche

"Money Laundering" von Images Money von flickr.com. Lizenz nach Creative Commons 2.0

Das Bundesfinanzministerium veröffentlicht eine Nationale Risikoanalyse zur Geldwäsche. Die zeigt, dass Bitcoin und andere Kryptowährungen so gut wie irrelevant für die Geldwäsche der organisierten Kriminalität sind. So viele Wirtschaftszweige sind involviert – aber Krypto nicht wirklich. Bemerkenswert ist aber, wie ernst das Ministerium offenbar Monero nimmt.

Im der Ersten Nationalen Risikoanalyse zur Geldwäsche und Terrorfinanzierung schaut sich das Bundesfinanzministerium an, welche Risiken von den jeweiligen Bereichen der Geldwirtschaft ausgehen und wie gut Deutschland diesen begegnet.

Einer Schätzung zufolge werden hierzulande jährlich gut 100 Milliarden Euro gewaschen. Als Land mit einer starken und internationalen Wirtschaft ist Deutschland ein attraktives Zielland für die internationale Organisierte Kriminalität, um ihr kriminell erworbenes Geld in ein sauberes Geld zu transformieren. Dies wird dadurch begünstigt, dass in Deutschland Bargeld weit verbreitet ist, welches sich “grundsätzlich zur Geldwäsche eignet, da es aufgrund seiner Anonymität Spuren vermeidet.” Neben Bargeld sind auch “bestimmte Kryptowerte und Prepaid-Karten” gut geeignete anonyme Zahlungsmittel.

Die Herkunft der gewaschenen Gelders stammt oft aus “Betrug, Drogenkriminalität und Menschenhandel”, aber auch aus “Korruption, Schleusungskriminalität, illegaler Beschäftigung, Steuerdelikten, Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und Produktpiraterie”. Oft sind ausländische kriminelle Gruppierungen involviert, etwa russische, aber auch italienische und andere. Bei der Geldwäsche kommt es aber nicht nur darauf an, Transaktionen zu anonymisieren – sondern vielmehr darauf, das Geld “in den bargeldlosen Zahlungsverkehr zu überführen”, und zwar als legales, rechtmäßig erworbenes und versteuertes Einkommen. Um ihre Identität zu verschleiern, verwenden die Straftäter dafür “Mantelgesellschaften, Treuhänderunternehmen oder komplizierte Firmengeflechte”.

Bitcoin spielt bei all dem kaum eine Rolle. Der Bericht hat Kryptowährungen zwar ein eigenes Kapitel gewidmet, doch dieses fällt relativ kurz und dealarmierend aus.

Keine wirkliche Gefahr durch Kryptowährungen

“Kryptowerte haben in den letzten Jahren insgesamt öffentlich stark an Bedeutung gewonnen und viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen,” notiert der Bericht. Doch es “ist mit Blick auf die vielen verschiedenen Kryptowerte festzuhalten, dass derzeit noch keine großumfänglichen Geldwäscheaktivitäten erkennbar sind.” Daher bewertet das Finanzministerium die Geldwäschebedrohung durch Kryptowährungen als mittel-niedrig.

Er nennt aber eine “wichtige Ausnahme”: Kryptowerte, die bereits “inkriminiert” sind, da sie “etwa im Darknet durch strafbare Handlungen sowie durch Kryptotrojaner erwirtschaftet wurden.” Die auf diese Straftaten folgende Geldwäsche nennt der Bericht eine “volldigitale oder medienbruchfreie Kryptogeldwäsche”, was eventuell eine neue Kategorie der Geldwäsche ist. Zum Teil werden Kryptowährungen auch schon in Betrugsmodellen verwendet, bei denen unschuldige Dritte über ihr Bankkonto die Geldwäsche für Kriminelle erledigen.

Darüber hinaus können Kryptowährungen und -werte auch genutzt werden, um den zweiten und wichtigeren Schritt in der Geldwäsche zu vollziehen: Die Rücküberführung in den legalen Wirtschaftskreislauf: “Es ist denkbar, dass Täter vorgeblich eigenes Mining betreiben und ihre illegalen Kryptowerte als Produkt dieses Minings deklarieren, um so deren illegale Herkunft zu verschleiern.” Der Bericht nennt aber keine Hinweise darauf, dass dies geschieht und in welchem Umfang.

Hinsichtlich der Terrorfinanzierung gibt der Bericht Kryptowährungen die niedrigste Gefahreneinschätzung. Es liegen zwar Hinweise für die Nutzung in Rechtsextremismus und Islamismus vor, aber es existieren “keine gesicherten Erkenntnisse dafür, dass Kryptowerte in größerem Umfang für die Terrorismusfinanzierung genutzt wurden.” Hier dominiert weiterhin die Verwendung von Bargeld. Dieses hinterlässt “keine verfolgbaren Spuren und ist leicht zu handhaben.” Das Finanzministerium geht daher davon aus, dass Terrorfinanzierung “neben Hawala und Geldtransferdienstleistern derzeitig weiterhin hauptsächlich über Bargeldkuriere erfolgt”.

Anschließend spekuliert der Bericht, weshalb Kryptowährungen bei Geldwäsche und Terrorfinanzierung so wenig nachgefragt sind. Einerseits ist es technisch aufwändig und anspruchsvoll, die Transaktionen zu anonymisieren. Bargeld ist hier die einfachere und anonymere Methoden. Daneben sind Kryptowerte “noch immer weniger Zahlungsmittel (oder Transportmittel) als vielmehr Spekulationsobjekt, da sie in ihrem Wert stark schwanken.” Das Finanzministerium meint, dies könne sich “mit dem Aufkommen sogenannter Stablecoins verändern … Bei einer starken Verbreitung könnte dies zu einer Erhöhung der Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiken führen.” Wir finden hier wieder dieselbe Aussage wie schon im Papier der G7 und der BIZ: Die Volatilität macht Bitcoin harmlos, während ein weit verbreiteter Stablecoin gefährlich werden kann. Kann es sein, dass die Volartilität von Bitcoin eine Art Schutz dagegen ist, von den Regierungen stark bekämpft zu werden?

Monero im Aufwind

Einer der überraschendsten Aspekte des Berichts ist, wie oft er Monero nennt. Während das Finanzministerium Bitcoin für kontrollierbar hält, scheint es in Monero ein größeres Gefahrenpotential zu sehen.

Der Bericht unterscheidet zwischen pseudonymen und anonymen Kryptowerten. Pseudonyme Coins wie Bitcoin oder Ethereum lassen “die Analyse von Transaktionsmustern in öffentlichen Blockchains zu und erlauben die Auswertung verdächtiger Bewegungen”. Transaktionen sind öffentlichen Schlüsseln zugeschrieben und öffentlich auswertbar. Zwar mache “die Möglichkeit, sich beliebig viele Public Keys und damit Pseudonyme zuzulegen, die Auswertung einer Historie für eine Person oder Organisation deutlich” schwieriger. Doch insgesamt sei Deutschland bereits sehr gut aufgestellt und habe ein “ein wirksames rechtliches und technisches Instrumentarium” zur “Sicherstellung und Verwertung von inkriminierten Kryptowerten” entwickelt.

Anders sieht es bei anonymen Kryptowährungen aus. Der Bericht nennt hier besonders Monero. Diese sind “besonders anfällig für Geldwäsche”, weil sie den “Nutzern vollumfängliche Anonymität bieten und deren Transaktionen nicht nachvollziehbar sind.” Das mache es einfach, Transaktionen zu verschleiern und “die Nachverfolgung von Geldern unmöglich.” Daher empfiehlt der Bericht, “zukünftig ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung von anonymen Kryptowerten” zu legen. Wegen der “zunehmenden Verbreitung von Monero im Darknet” legt der Bericht nahe, sich auch intensiver mit den Praktiken rund um diesen Coin zu beschäftigen, etwa zu Verwahrung und Verwertung von beschlagnahmten Coins.

Wenn die organisierte Kriminalität also nicht mit Kryptowährungen Geld wäscht – womit macht sie es dann? Der gesamte Rest des Berichts, der nichts mit Kryptowährungen zu tun hat, widmet sich diesem Thema. Wir schauen ein Stück über den Tellerrand der Kryptowährungen.

Banken weiterhin an der Spitze

Banken sind weiterhin die größte Gefahrenquelle für Geldwäsche und Terrorfinanzierung. Mit 65.132 Verdachtsmeldungen stellt das Bankenwesen mehr als 80 Prozent aller Verdachtsmeldungen. Daher stuft der Bericht das Risiko als mittel-hoch ein.

Ein besonderes Risiko stellen die großen, international agierenden Banken dar, weil die Geldwäsche häufiger aus internationalen Zahlungen erwächst. Daher ist die Bedrohung aus dem Inland mittel, die aus dem Ausland dagegen hoch. Oft werden dabei auch Korrespondenzbanken genutzt, um Zahlungen in Offshore-Gebiete zu verschleiern. Nachdem die Beziehungen zu Korrespondenzbanken bereits schärfer überwacht wurden, bauen deutsche Banken sie seit 2014 ab. Das hat einerseits “zu einer Risikominderung im Korrespondenzbankgeschäft” geführt – andererseits aber auch zu einer Verlagerung “hin zum Finanztransfergeschäft bzw. auch zum unerlaubten Finanztransfergeschäft, dem sogenannten Hawala-Banking”, was “die Rückverfolgbarkeit inkriminierter Gelder erschwert.”

Die über Banken laufende Geldwäsche hängt oft mit Bargeldgeschäften zusammen, die daher auch “regelmäßig Gegenstand von Verdachtsmeldungen und Ermittlungen” werden. Etwa wenn jemand große Summen Bargeld einzahlt oder abhebt. Gleichzeitig liegen in der Digitalisierung mehrere Herausforderungen, wie die schnellere Zahlungsabwicklung oder neue, anonymere Zahlungsmethoden.

Viele Branchen

So gut wie jede Branche, bei der es um Geld geht, wird für Geldwäsche und Terrorfinanzierung missbraucht. So stellt der Bericht ein “mittel-niedriges” Risiko durch Versicherungen fest. Er lobt aber, dass Versicherungen mittlerweile kaum mehr Bargeld annehmen, und in den Einzelfällen, in denen dies geschieht, die Transaktion besonders streng überwachen lassen.

Stärker ist die Bedrohung durch Kapitalverwalter im Wertpapierebereich: Sie sei als mittel bis hoch einzustufen. Hier sind besonders komplexe Transaktionen von Spezialfonds mit hohen Volumina riskant. Auch in Finanztransfergeschäften, bei dem ein Geldbetrag überwiesen wird “ohne ein Zahlungskontos auf den Namen des Zahlers oder des Zahlungsempfängers einzurichten”, ist das Risiko hoch, da “Zahlungen in der Regel in bar und häufig außerhalb einer bestehenden Ge-schäftsbeziehung erfolgen”. Gerade im Hawala-Banking notiert der Bericht eine hohe Dunkelziffer, trotz des Verbotes in Deutschland und fortlaufender Ermittlungen der BaFin.

Ein “herausgehobenes Risiko” geht vom Immobilensektor aus. Der Markt ist groß, global bedeutend und umfasst nationale und internationale Verkäufer. Dazu gibt es viele “rechtliche Gestaltungsoptionen von Immobilientransaktionen für in- und ausländische juristische Personen, aber auch für Privatpersonen”, die es möglich machen, die Mittelherkunft und die Eigentumsverhältnisse zu verschleiern. Noch höher wird das Risiko bei Versteigerungen, da hier oft mit Bargeld bezahlt wird. Dies wurde durch eine “Fallstudie zur Organisierten Kri-minalität im sogenannten Clan-Milieu” gezeigt.

Geeignet für Geldwäsche ist auch “der Handel mit hochwertigen Gütern (insbesondere Luxuswaren, Kfz, Antiquitäten)”, da großvolumige Beträge ausgetauscht und die Werte zurück in den legalen Wirtschaftskreislauf geführt werden. Hervorzuheben ist hier besonders der Kfz-Handel. Der grenzübergreifende Autohandel wird dabei erfahrungsgemäß oft als Grund und Vorwand genutzt, um Bargeld über die Grenzen zu bringen oder nach Deutschland einzuführen. Auch der Kunsthandel ist anfällig für Geldwäsche.

Enorm wichtig ist schließlich das Glücksspiel: Hier “treffen zwei Komponenten aufeinander, die diesen Sektor besonders anfällig für die Integration, Verschleierung und Strukturierung von inkriminierten Vermögenswerten machen. Dies sind zum einen die häufig hohen Transaktionsbeträge, die beim terrestrischen Spiel oftmals auch in bar gezahlt werden, sowie zum anderen die hohe Umlauf- und Transaktionsgeschwindigkeit, mit der Gelder umgeschlagen und verschoben werden können.” Mehr noch als lokal treffe dies im Internet zu. Daher stuft der Bericht das Risiko durch diesen Bereich als “hoch” ein. Glücksspiele erlauben es nicht nur, das kriminell erworbene Bargeld zu verschleiern, sondern auch, es in ein legales Geld umzuwandeln.

Alles auser Bitcoin

Banken, Versicherungen, Wertpapiere, Gebrauchtwägen, Glücksspielhäuser, Immobilien, Kunstwerke – all das spielt eine große Rolle für die Geldwäsche der organisierten Kriminalität. Bitcoin und Kryptowährungen dagegen sind, wenn überhaupt, nur marginal bedeutend. Offenbar haben sich all diejenigen geirrt, die meinen, Bitcoins seien nur für Kriminelle nützlich. Der Bericht des Finanzministeriums zeigt, dass es an der Zeit ist, damit aufzuhören, Bitcoin und Kryptowährungen pauschal mit Kriminalität in Verbindung zu bringen.

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3 Kommentare zu Bundesfinanzministerium: Kryptowährungen spielen minimale Rolle in Geldwäsche

  1. Die deutsche Presse schreibt kaum darüber und wenn doch, dann ungefähr so: es konnte keine starke Nutzung von Kryptowährungen zur Geldwäsche beobachtet werden, aber das kann sich ja noch ändern. Passende Überschrift: es gibt Coins, die noch gefährlicher sind, als Bitcoin. Geht’s noch??

    Daher danke für diesen Bericht!

  2. Dass Kryptowährungen kaum zur Geldwäsche geeignet sind, ist eigentlich kaum verwunderlich bei den ganzen KYC/AML Auflagen, die Börsen, die mit Fiat hantieren haben. Offshore-Konstrukte und Immobilien werden diesbezüglich noch lange die Oberhand behalten, das könnte sich erst ändern, wenn Kryptowährungen tatsächlich Adoption bekommen und Exchanges gegen Fiat überflüssig werden…

    Mega interessant ist hingegen (für mich), wie das Bundesfinanzministerium Monero im Vergleich zu Bitcoin einschätzt und dass man Monero extra Beachtung schenkt… Das Projekt ist wie Bitcoin nicht regulierbar, da es komplett dezentralisiert ist und keine Firma oder Stiftung haftbar gemacht werden könnte. Interessant ist auch die Finanzierung, die jeweils über Crowdfunding läuft und meist binnen weniger Stunden vollendet ist, oder sogar übers Ziel hinausschießt wie aktuell https://ccs.getmonero.org/proposals/xiphon-part-time-2.html
    “Raised 302.97 of 237.00 XMR”

  3. Wenn Herr Bergmann schreibt: “…dass Bitcoin und andere Kryptowährungen so gut wie irrelevant für die Geldwäsche der organisierten Kriminalität sind”, sollte er die Nationale Risikoanalyse weiterlesen: “…Die Entwicklung sollte aber verstärkt beobachtet werden, da
    eine Zunahme der Geldwäscheaktivitäten nicht ausgeschlossen werden kann”.
    Tja, inzwischen schreiben wir das Jahr 2021 und Geldwäsche duch Bitcoin & Co. ist leider nicht mehr vernachlässigbar und für Geldwäschebeauftragte in Unternehemen und Banken ein unschönes Thema.

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