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Russische Regierung reguliert Kryptowährungen hart – und verkauft sie indirekt in der Schweiz

Aufnahme in Moskau. Bild von Alf Altendorf via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Russlands Regierung ordnet mit einem neuen Gesetzesvorschlag eine strenge Pflicht zum Bericht über Krypto-Transaktionen an. Gleichzeitig verkauft die teils im Staatsbesitz befindliche Gazprombank Schweiz Bitcoins an ihre Kunden. Widersprüchlich ist das nur auf den ersten Blick.

Der schweizer Ableger der russischen Gazprombank beginnt, gewerblichen und institutionellen Kunden den Handel mit und die Verwahrung von Kryptowährungen zu ermöglichen. Diesen Service bietet die Bank testweise ersten, ausgewählten Kunden an; derzeit beschränkt er sich noch auf Bitcoin, doch er soll auf zahlreiche “digitale Assets” ausgeweitet werden.

Die Bank hat dafür jüngst die Erlaubnis der Schweizer Finanzaufsicht Finma erhalten und die ersten Bitcoin-Transaktionen ausgeführt. Technisch arbeitet die Gazprombank mit dem Softwareanbieter Avaloq sowie METACO zusammen. Letztere Firma ist dafür bekannt, auch für die Sygnum-Bank die Infrastruktur zu stellen.

Die Gazprombank bemüht sich, von vorneherein jeglichen Verdacht von Geldwäsche zu zerstreuen. So nutzt sie eine spezielle Software, die zusätzliche Maßnahmen einführt, um den Schweizer Regeln gegen Geldwäsche gerecht zu werden. Dazu tritt sie dem OpenVASP-Verband bei, einer Schweizer Initiative, um die “Reiseregel” der Financial Action Task Force (FATF) für Kryptowährungen umzusetzen. Diese verlangt, dass Sender und Empfänger einer Transaktion Informationen zu den Identitäten der Beteiligten austauschen.

Mit einer so vorbildlichen Befolgung der Regeln möchte die Bank vermutlich vorsorglich ihren Ruf bewahren. Der leidet noch immer darunter, dass sie 2018 von der Finma sanktioniert wurde, nachdem die Panama Papers enthüllt hatten, dass die Bank in Geldwäsche um einen Vertrauten von Russlands Präsident Vladimir Putin verwickelt war. Die Finma stellt bei dem Geldinstitut einen Mangel an Sorgfalt bei der Umsetzung von Geldwäscheregeln fest und verbot ihm vorübergehend, neue Privatkunden anzunehmen.

Die Gazprombank Schweiz ist zu 100 Prozent im Besitz der Gazprombank, einer der größeren Banken Russlands. Diese ist indirekt über Rentenfonds und das Energieunternehmen Gazprom zu großen Teilen im Besitz des russischen Staates – womit die Integration von Kryptowährungen zu einem spannenden und heiklen politischen Zug wird. Der russische Staat, könnte man sagen, wird zum Bitcoin-Dealer.

Dabei ist die Lage rund um Kryptowährungen in Russland alles andere als einfach und von vielen Widersprüchen geprägt: Auf der einen Seite plant die Börse Moskau, den Handel mit Kryptowährungen einzuführen, während das Mining in Russland dank der mitunter günstigen Energiepreise und angenehm kühlen Temperaturen floriert und zum Teil staatlichen Unterstützung genießt. Auf der anderen Seite arbeitet die Regierung an äußerst strengend Gesetzen gegen Kryptowährungen. Dem zum Trotz berichtet der Analyst Chainalysis, dass Russland eines der Länder ist, in denen die Verbreitung von Kryptowährung am weitesten ist, was aber zu einem nicht geringen Teil auf kriminellen Akteuren wie den Autoren von Ransomware und Darknetmärkten basiert. So ist der Darknetmarkt Hydra das größte russische Krypto-Unternehmen überhaupt.

Die letzten Wochen brachten ein wenig Klarheit, wie es mit Bitcoin in Russland weitergehen wird. So hat das Finanzministerium trotz des Protestes von Wirtschaftsorganisation ein Gesetz auf den Weg gebracht, welches eine strenge Meldepflicht mit drakonischen Strafen vorsieht: Ab einem Volumen von 600.000 Rubel im Jahr – das sind etwa 6600 Euro – besteht die Pflicht, Guthaben und Transaktionen einer Wallet beim Finanzamt anzumelden. Das Finanzministerium möchte nun User mit bis zu drei Jahren Haft bestrafen, wenn sie Transaktionen von mehr als 45 Millionen Rubel – gut 500.000 Euro – nicht melden. In Kraft treten soll die Regel allerdings erst 2022.

Kurz darauf kündigte Premierminister Michail Mischustin bei einer Kabinettssitzung an, Kryptowährungen in “eine zivile Richtung” zu lenken und die durch Bitcoin angetriebene Schattenwirtschaft zu bekämpfen. Der danach von der Regierung vorgelegte Gesetzesentwurf möchte diese Absicht nun umsetzen: Er erkennt Kryptowährungen als Eigentum an – womit die juristische Grundlage gelegt ist, um einen einklagbaren Besitz zu beanspruchen – und setzt die Vorschläge des Finanzministeriums um.

Sollte das Gesetz durchgehen, wären Kryptowährungen in Russland reguliert: Sie wären als Eigentum anerkannt, und die Besitzer wären strengen Meldepflichten unterworfen. Damit käme Russland dem, was die FATF fordert, relativ weit entgegen. Der Bitcoin-Handel der Schweizer Gazprombank könnte unter dieser Perspektive ein Versuch sein, Kryptowährungen auf eine Weise zu integrieren, mit der nicht nur die schweizer Finanzaufsicht, sondern auch die russische Regierung einverstanden ist.

Über Christoph Bergmann (2557 Artikel)
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