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Petition fordert Bundesbank auf, Bitcoins zu kaufen

Zentrale der Deutschen Bundesbank. Quelle und Inhaberin aller Rechte ist die Bundesbank, die das Bild zur redaktionellen Verwendung bereitstellt

Eine Petition verlangt, dass die Deutsche Bundesbank eine „strategische Bitcoin-Position“ aufbaut. Ganz ernst gemeint ist das nicht – auch wenn doch ein kleines Stückchen Hoffnung mitschwingt: Wenn nicht jetzt, dann vielleicht ein andermal. Wir nehmen das zum Anlass, um einen Blick auf das Portfolio der Bundesbank zu werfen.

Auf OpenPetition.de findet man derzeit eine aufsehenserregende Petition: Sven Hildebrandt, ein Hamburger Berater mit dem Schwerpunkt Blockchain und Kryptowährungen, ruft die Deutsche Bundesbank dazu auf, sich „eine strategische Bitcoin-Position“ aufzubauen.

Warum? Die „ausufernde Geldpolitik“ der Zentralbanken gefährde Sparguthaben und bürde künftigen Generationen eine enorme Schuldenbelastung auf. Damit Deutschland „auch in einem möglichen Krisenfall solvent“ bleibt, solle die Budnesbank eine Bitcoin-Position aufbauen. Gerade derzeit, in Zeiten der Pandemie, entblößen sich die Abgründe einer politisch beeinflussten Führung von Zentralbanken in „grotesken Szenarien“: „Die Wirtschaft liegt am Boden, Existenzen zerbrechen – indes schreiben die Börsen Rekordstände bei gleichzeitigem Stillstand des Absatzes in vielen Industrien“.

Der einzige Ausweg aus diesem Dilemma liege in einem „ultraharten Asset“, welches über die politische Beeinflussung und die Erhöhung der Geldmenge erhaben ist. Dies treffe auf nichts so sehr zu wie auf den „vom Kreditwesengesetz umfassten Kryptowert Bitcoin“. Daher sollte die Bundesbank diesen als strategischen Wertspeicher anlegen. Dies sollte nicht auf einen Schlag geschehen, sondern langsam über einen längeren Zeitraum, „wobei wir 1-5 % als erstrebenswerten Reservewert erachten.“

Bisher hat die Petition 333 Unterstützer, was noch ein gutes Stück von den notwendigen 50.000 entfernt ist. Sven Hildebrandt ist klar, dass er vermutlich nicht genügend Stimmen zusammenbringen wird; und selbst wenn wird dies die Bundesbank kaum dazu bringen, einfach so Bitcoins in ihr Portfolio aufzunehmen. Aber er will das Thema in die Öffentlichkeit bringen und daran erinnern, was möglich ist.

Wäre es denn, rein theoretisch – möglich? Und auch sinnvoll?

An sich schon. Die Deutsche Bundesbank hält tatsächlich „Werte“, welche im Krisenfall den Euro und die Solvenz Deutschlands erhalten sollen. Diese Reserven sind natürlich nicht dafür da, unbedingt gewinnbringend zu sein, sondern sie haben den Zweck, auch im schlimmsten Fall – einem drohenden Kollaps des Euros – die Solvenz zu erhalten.

Schauen wir uns an, woraus diese Reserven bestehen.

Die Bilanz der Bundesbank

Im Jahresbericht 2019 notiert die Bundesbank ihre Aktive. Unter diesen findet man Gold im Wert von 142 Milliarden Euro. Dabei handelt es sich um 3366 Tonnen, was heute etwa 162 Milliarden Euro wert ist. Dies macht die Bundesbank also zu einer der großen Gewinnerinnen der Corona-Krise, welche den Goldpreis auch nach oben trieb – und in gewisser Weise auch von den von ihr mitgetragenen Geldinjektionen in die Eurozone.

Daneben stehen in den Aktiva unter anderem etwa 50 Milliarden an Forderungen bei Banken oder dem IWF, rund 568 Milliaden an Wertpapieren von Unternehmen der Eurozone, 895 Milliarden „sonstige Forderung“ und eine verwirrende Fülle eher kleinerer Positionen. Insgesamt kommt die Aktiva der Bundesbak auf 1,7 Billionen Euro. Nicht alles, aber ein starker Teil davon sind „Assets“; diese haben wie alle Assets im vergangenen Jahr eine bemerkenswerte Wertsteigerung hingelegt: Sie sind von 1,16 Billionen 2019 auf 1,46 Billionen Anfang 2021 geklettert.

Die Guthaben bei ausländischen Banken bestehen überwiegend aus Dollar (29 Milliarden Euro), zu denen noch kleinere Anteile in Yen (1,7 Milliarden Euro) und australische Dollar (1,1 Mrd. Euro) hinzukommen. Diese 31,19 Milliarden Euro stellen die Fremdwährungsreserven der EZB dar. Dazu kommen noch 568 Milliarden Euro EU-Wertpapiere, welche auf die von der EZB beschlossenen Ankäufe „für geldpolitische Zwecke“ zurückgehen, was ein Hinweis auf die oben erwähnte Verquickung von Politik und Notenbanken sein könnte. Der größte Posten, die 895 Milliarden Euro an „sonstigen Forderungen“, stellen Nettoforderungen an die EZB dar, welche sich aus den Verrechnungssalden der grenzüberschreitenden Zahlungen im Eurosystem bilden.

Die „offiziellen Reserven“ der Bundesbank betragen laut einer weiteren Aufstellung 219,86 Milliarden Euro, von denen Gold, Fremdwährungen und Aktien oder Anleihen – von diesen aber nur 27 Milliarden Euro – sowie Forderungen an den Internationalen Währungsfonds (IWF) den absoluten Großteil ausmachen.

Wir haben also ein Portfolio, das überproportional auf Gold setzt – es besteht zu rund 73 Prozent daraus – und die restlichen 27 Prozent durch einige wenige Fremdwährungen – vor allem Dollar – sowie Anleihen und Forderungen abdeckt.

Diesem Portfolio steht eine große Menge an möglicherweise unsicheren Aktien aus der Eurozone gegenüber (568 Milliarden oder 250 Prozent) sowie Forderungen an die EZB, die sich aus dem Geschäftsbetrieb ergeben (895 Milliarden oder 406 Prozent) – wobei ich den letzten Punkt nur sehr oberflächlich verstehe.

Insgesamt könnte man wie Sven Hildebrandt feststellen, dass das Portfolio der Bundesbank die Risiken recht einseitig auf Gold abladet. Eine „strategische Bitcoinposition“ könnte in der Tat helfen, das Portfolio zukunftsfester zu machen, um nicht zu sagen: resistenter gegen mögliche Risiken, die aus Investitionen in europäische Unternehmen und Forderungen an ausländische Zentralbanken erwachsen könnten.

Die konservative Rate von 1-5 Prozent dürfte dafür sorgen, dass selbst ein erheblicher Werteinbruch von Bitcoin – oder gar ein vollständiger Ausfall – unmöglich existenzielle Gefahren nach sich ziehen würde, verglichen mit beispielsweise der Insolvenz eines Staates oder einem Verlust von 10 Prozent am Aktienmarkt.

Aber steht das überhaupt zur Debatte?

Vermutlich nicht. Erst vor kurzem hat die EZB-Präsidentin Christine Lagarde in einem Interview noch einmal betont, dass sie Bitcoin nicht für eine richtige Währung ansieht. Es sei „sehr unwahrscheinlich — ich würde sagen, es steht nicht zur Debatte“ dass Zentralbanken in absehbarer Zukunft Bitcoin in den Korb der Reservewährungen aufnehmen werden.

Lagarde ist dafür bekannt, Bitcoin-kritisch zu sein. Im Januar rief sie nach einer strengeren Regulierung von Bitcoin und anderen Kryptowährungen. Sie erklärte dabei, Bitcoin sei „ein hochspekulatives Asset, das einige lustige Unternehmungen hervorgebracht hat und einige interessante und absolut verwerfliche Geldwäsche-Aktivitäten.“ Es müsse Regulierung geben, und diese Regulierung müsse global stattfinden, „denn wenn es ein Versteck gibt, dann wird dieses Versteck auch genutzt.“

Ihre Behörde, die Europäische Zentralbank, hat ihre Bilanzsumme während der Corona-Krise ordentlich ausgeweitet. Diese hat sich im Lauf des vergangenen Jahres von etwa 4,6 Billionen auf gut 7 Billionen Euro gesteigert. Dass die Bundesbank rund ein Viertel davon verbucht, ist erstaunlich. Ein großer Teil der Ausweitung der Bilanzsumme der EZB geht auf ein Notkaufprogramm zurück, in dessen Rahmen die EZB für bis zu 1,85 Billionen Euro Aktien und Staatsanleihen kauft.

Angesichts dieser massiven Risiken, die sich die EZB ins Portfolio aufnimmt, wäre es auch bei ihr zu begrüßen, wenn sie ein neues Hartgeld wie Bitcoin nicht kategorisch ablehnen würde. Aber was heute nicht zur Debatte steht, kann ja übermorgen schon die neue Normalität sein. Und indem ihr bei der Petition mitmacht, leistet ihr vielleicht einen kleinen Beitrag dazu.

Über Christoph Bergmann (2802 Artikel)
Das Bitcoinblog wird von Bitcoin.de gesponsort, ist inhaltlich aber unabhängig und gibt die Meinung des Redakteurs Christoph Bergmann wieder ---

2 Kommentare zu Petition fordert Bundesbank auf, Bitcoins zu kaufen

  1. UNTERSCHRIEBEN 🙂 Tolle Sache, auch wenns mehr um aufzeigen geht als wirklich eine Änderung zu bewirken.

  2. Habe gerade die Petition unterzeichnet. Hoffe, dass sich viele weitere Unterzeichner finden.
    Mir ist klar, dass die Bundesbank keine Bitcoin kaufen wird. Das käme einer eigenen Bankrotterklärung gleich und stünde auch ganz im Gegensatz zu dem offiziell propagierten Bild von Bitcoin. (Randerscheinung, Kriminelle, Blase, könnte über Nacht wertlos sein, usw…)
    Trotzdem sorgt diese Petition für Presse und ich habe die geheime Hoffnung das einer der hohen Beamten mal anfängt nachzudenken und sich eventuell mal über Bitcoin informiert….

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