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Trotz Honduras und Madeira: Die Ausbreitung von Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel stockt

Madeiras Präsident Miguel Albuquerque mit Samson Mow auf der Miami 2022.

Auf der Bitcoin 2022 bekennen sich Madeira, eine Region von Honduras sowie eine mexikanische Senatorin zu Bitcoin als Zahlungsmittel. Die Auftritt werden zu der Nachricht aufgeblasen, weiterer Länder würden Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel anerkennen. Dies ist aber eine sehr gedehnte Interpretation von dem, was wirklich passiert.

Samson Mow, ehemals Manager bei Blockstream, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Regierungen dieser Welt davon zu überzeugen, El Salvador nachzueifern und Bitcoin zum gesetzlichen Zahlungsmittel zu machen. Dafür hat Mow im Lauf der letzten Monate zahlreiche Länder bereist.

Auf der größten Bitcoin-Konferenz der Welt, der Bitcoin 2022 in Miami, stellt er nun vor, was er bisher erreicht hat. Auf Youtube findet man ein Video des Auftritts unter dem Titel „Countries adopting Bitcoin“, was man auf mäßig treffend durch „Länder nehmen Bitcoin an“ übersetzen kann – und was eine gewaltige Übertreibung von dem ist, was Samson tatsächlich präsentiert.

Zunächst ruft er Joel Bomgar auf die Bühne. Bomgar ist Präsident von Próspera, einer Sonderwirtschaftszone auf der Insel Roatán, die zu dem zentralamerikanischen Land Honduras gehört.

Bomgar erklärt, dass Próspera Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel anerkennen wird. Dies bedeute: „Keine Kapitalsteuern auf Bitcoin-Gewinne, keine Beschränkungen auf Transaktionen, und ihr könnt Steuern und Gebühren bei uns in Bitcoin bezahlen.“

Darüber hinaus kündigt Bomgar an, „Bitcoin Bonds“ zu ermöglichen. Sowohl Regierungen anderer Länder als auch Unternehmen – außerhalb der USA – können über Prospera Bitcoin-Bonds herausgeben. Solche Bonds laufen auf – vermutlich – der Liquid-Sidechain von Blockstream und sollen Anleihen ersetzen, ob nun für Staaten oder Unternehmen.

Und drittens wird Próspera Security Token herausgeben, so dass jeder akkreditierte Investor in das Unternehmen Próspera Inc investieren kann. Hierfür benutzt die Sonderwirtschaftszone die Securitize-Plattform.

Nach Bomgar ruft Samson Miguel Albuquerque auf die Bühne. Albuquerque ist Präsident der Autonomen Region Madeira, einer zu Portugal gehörenden Inselgruppe rund um die Insel Madeira.

Albuquerque erklärt, Madeira werde Bitcoin annehmen („adopt“). „Ich glaube an die Zukunft, und ich glaube an Bitcoin“, so der Präsident. Madeira sei ein fantastischer Ort, um zu leben und zu arbeiten, und er kündigt an, „eine fantastische Umgebung für Bitcoin“ zu schaffen. Im ersten Schritt werde man keine Einkommenssteuern für Bitcoin-Steuern zu bezahlen haben.

Auf den Präsidenten von Madeira folgt Indira Kempis, Senatorin Mexiko. Mit Mexiko ist Samson bekanntlich schon länger in Verhandlungen, da auch dort ein Interesse daran besteht, Bitcoin zum gesetzlichen Zahlungsmittel zu machen.

Indira erklärt, dass in Mexiko weiterhin 67 Millionen Menschen nicht ins Finanzsystem integriert sind. „Bitcoin ist die Antwort, um dieses Problem zu lösen.“ Sie und andere Politiker arbeiten derzeit an mehreren Gesetzen, die unter anderem die finanzielle Inklusion zum verfassungsgemäßen Recht machen und „Änderungeren in der Fintech-Regulierung und im Geldgesetz“ einführen.

Nachdem Samson insinuiert, dies sei ein „Bitcoin Gesetz“, bestätigt sie: Man diskutiere einen Plan, Bitcoin zum gesetzlichen Zahlungsmittel zu machen, ja!

Samson und die Politiker schaffen es, diese drei Nachrichten groß erscheinen zu lassen. Allerdings sind sie, bei Licht betrachtet, eher kleine Nachrichten, die bei weitem nicht an El Salvadors Bitcoin-Gesetz heranreichen.

El Salvadors Präsident Nayib Bukele hat in einer kleiner, aber immerhin 6,5 Einwohner großen Nation Bitcoin formell zum gesetzlichen Zahlungsmittel gemacht. Unter ihm investiert das Land in Bitcoins, kauft Staatsanleihen, beginnt Mining-Farmen zu errichten und verpflichtet oder unterstützt die Händler dabei, Bitcoins zu akzeptieren.

Davon sind Madeira, Honduras und Mexiko meilenweit entfernt. So ist Próspera kein Nationalstaat, noch nicht mal eine Region eines solchen, sondern eine Stadt auf einer Insel vor der Küste Hondurads, welche eine Sonderwirtschaftszone bildet oder bilden soll. Próspera ist oder wird eine Art quasi-autonomer Stadtstaat, der von US-amerikanischen Libertären wie Patri Friedman oder Peter Thiele gegründet wird.

Und selbst diese offenbar noch nicht mal bewohnte libertäre Musterstadt geht nicht so weit wie El Salvador: Weder kündigt Bomgar an, Teile des städtischen Kapitals in Bitcoin zu investieren, noch skizziert er eine Verpflichtung zur Annahme von Bitcoin.

Noch geringer ist der Nachrichtenwert der anderen Auftritte. Madeiras Präsident Albuquerque präsentiert lediglich eine als „Bitcoin-Adoption“ aufgeblasene Steuersenkung sowie die bisher nichtssagende Ankündigung, eine „fantastische Umgebung“ zu schaffen, und Mexikos Senatorin Kempis versprüht zwar Begeisterung, bleibt aber vage. Hier gibt es noch nicht wirklich etwas zu erzählen, sondern nur zu wiederholen, dass ein schon seit Monaten geplanter (und bekannter) Gesetzesentwurf Bitcoin zum gesetzlichen Zahlungsmittel machen soll.

Wenn man vom Auftritt von Samson und den Politiker auf der Bitcoin 2022 etwas mitnehmen kann, dass dies: Politik ist das Bohren dicker Bretter, wie Max Weber gesagt hat, die Ausbreitung von Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel stockt – und man sollte Jubelnachichten aus dem Bitcoin-Universum nicht vertrauen, sondern so validieren wie die Signatur einer Transaktion.

Über Christoph Bergmann (2801 Artikel)
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1 Kommentar zu Trotz Honduras und Madeira: Die Ausbreitung von Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel stockt

  1. „El Salvadors Präsident Nayib Bukele hat in einer kleiner, aber immerhin 6,5 Einwohner großen Nation Bitcoin formell zum gesetzlichen Zahlungsmittel gemacht. “ Was, fast 7 Einwohner? ^_^

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