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Kursprognosen für 2022 durch Crash deutlich gedämpft

Eine Adler-Eule. Bild von Stuart Richards via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Anfang Juni haben wir eine kleine Umfrage mit unseren Lesern durchgeführt. Dabei ging es um generelle Fragen zu Bitcoin, dazu, wie ihr den Crash verkraftet, und auch ein wenig um die Ukraine und Corona. Hier kommt nun die Auswertung eurer Antworten. Dabei findet sich auch die eine oder andere Überraschung.

Ich schulde euch noch die Auswertung einer Umfrage. Die ist schon ein wenig her, nämlich von Anfang Juni. Die Umfrage habe ich anlässlich der Verlosung einiger Exemplare des BlockMagazins ausgerichtet, was vielleicht erklärt, weshalb weniger Leser teilgenommen haben als bei anderen Umfragen.

Nichtsdestoweniger sind die Ergebnisse einmal mehr interessant. Wir gehen sie Schritt für Schritt durch.

Was ist Bitcoin für euch?

Die Frage steht für sich. Bitcoin ist eine neue Technologie, von der noch nicht ganz klar ist, was sie ist oder sein wird. Ich habe versucht, euch die üblicherweise populären Antworten zur Option zu geben. So habt ihr euch entschieden:

Der Sieger ist ohne Zweifel der Wertspeicher. Für 44 Prozent von euch ist Bitcoin ein Wertspeicher. Weit abgeschlagen davon folgt mit 24 Prozenbt das spekulative Investment, und erst danach, mit 22 Prozent, folgte meine persönliche Lieblingsantwort: Bitcoin ist monetäre Autonomie. Den Aspekt des Zahlungsmittels, der in den jungen Jahren von Bitcoin im Vordergrund stand, halten nur noch 7 Prozent von euch für das wichtigste.

Die Bonusantworten  von euch waren: Eine Illusion, eine experimentelle Währungstechnologie und die Hoffnung auf ein besseres System.

Insgesamt macht dieses Tortendiagramm vor allem eines überdeutlich: Für euch ist Bitcoin sehr viel mehr Investment oder Wertspeicher, als Zahlungsmittel oder Instrument.

Und damit ist die Bahn frei für die nächste Frage.

Welche Anwendungen habt ihr schon einmal verwendet?

Ich denke, dass Bitcoin und Kryptowährungen ein gutes, interessantes Investment abgeben. Aber ich denke auch, dass dieses Investment nicht viel Wert hat, wenn es nicht auch genutzt wird. Daher habe ich gefragt, welche Anwendungen ihr schon einmal verwendet habt.

Wie sich zeigt, ist das Speichern von Bitcoins für euch die maßgebliche Anwendung. 86 Prozent von euch haben schon mal eine eigene Wallet verwendet (es waren mehrfache Antworten erlaubt, daher ist das im Tortendiagramm nicht zu sehen), anstatt die Coins nur auf der Börse liegen zu lassen, und 64 Prozent haben Erfahrungen mit Hardware-Wallets. Prima!

Etwas weniger wird es, wenn wir zu Lightning kommen, aber dass etwa jeder Dritte von euch bereits Lightning verwendet hat, spricht dafür, dass die Offchain-Zahlungen langsam ankommen. Ein Viertel hat bereits DeFi ausprobiert, etwa 15 Prozent Non Fungible Token (NFT), und minimal weniger eine Art von Privacy-Technik.

Insgesamt zeigt dies, dass zwar das Speichern – und damit das Investieren und Werte speichern – für euch die mit weitem Abstand wichtigste Anwendung von Bitcoin ist. Aber dennoch sind sehr viele von euch offen für weitere Anwendungen, wobei das Bezahlen mit Lightning leicht dominiert.

Habt ihr beim aktuellen Crash verloren?

Die Umfrage ist einen Monat alt. Zu dieser Zeit stand der Kurs bei heute traumhaften 30.000 Dollar, war aber zuvor von 40.000 Dollar gefallen. Daher hat mich interessiert, ob ihr dabei etwas verloren habt.

Gut zwei Drittel von euch (68 Prozent) haben durch den Crash ein wenig oder sehr verloren. Aber beinah 30 Prozen haben nichts verloren, während 4 Prozent sogar Gewinn gemacht haben. Ich vermute, das Ergebnis würde anders aussehen, wenn wir die Frage heute stellen würden.

Aber neben den finanziellen haben mich auch die mentalen Veränderungen durch den Crash interessiert.

Hat der Crash eure Einstellung zu Bitcoin geändert?

Niemand lässt es ungerührt zurück, wenn er sich erst für eine Sache wie Bitcoin auf eine Weise begeistert, die typisch für Bitcoin ist, und dann miterleben muss, wie ihr Wert in den Keller sinkt. Daher habe ich gefragt, ob und wie sich eure Einstellung dadurch verändert hat.

Der Großteil von euch – etwa 60 Prozent – bleibt ungerührt. Ein Bitcoin ist ein Bitcoin, und daran ist nichts zu rütteln. Ein nicht unbedeutender Teil – etwa 10 Prozent – hat offenbar das Vertrauen in Altcoins verloren und konzentriert sich nun nur noch auf Bitcoin und vielleicht Ethereum. Einige haben nachgekauft – was zumindest zum heutigen Stand nicht die beste Entscheidung war – und etwa sechs Prozent haben ihre kurzfristigen Prognosen angepasst. Fünf Prozent von euch bekommen Zweifel, ob Bitcoin nicht zu volatil ist, und weitere fünf Prozent erkennen, dass der Kurs im Vergleich zur Ideologie eher Nebensache ist.

Unter den weiteren Antworten haben zwei von euch geschrieben, dass sie halten und es aussitzen („HODL“). Ein weiterer ist ebenfalls entspannt, da es nicht sein erster Marktzyklus ist, und jemand anderes meint schließlich, Bitcoin brauche die Adaption als Zahlungsmittel.

Insgesamt hat euch der Crash also relativ kalt gelassen. Nur wenige von euch korrigieren ihre Prognosen, und noch weniger erkennen darin ein fundamentales Problem für Bitcoin. Die absolute Mehrheit von euch glaubt weiterhin fest an die Kryptowährung.

Allerdings weckt die nächste Frage daran Zweifel.

Welchen Wert hat Bitcoin an Heiligabend 2022?

Die Prognose des Preises ist einer der Klassiker unserer Umfragen. Ich stelle eure Antworten wieder als Kurvendiagramm dar:

Eure Prognosen sind relativ maßvoll. Als der Preis bei etwa 30.000 Dollar lag, haben die meisten von euch einen moderaten Anstieg über das Jahr hin auf 30.000 bis 40.000 erwartet, manche auch etwas mehr. Aber nur wenige erwarten neue Rallys, die den Preis auf neue Allzeithochs von mehr als 70.000 Euro treiben. Ebenso wenige erwarteten allerdings, dass der Preis unter 20.000 Euro fällt, was mittlerweile geschehen ist. Aber es kann sich ja ändern, und wenn ihr zu dem steht, was ihr in der Umfrage geantwortet habt, sollten die aktuellen Preise für euch nette Rabatte sein.

Sehr interessant ist hier, dass ich dieselbe Frage Anfang April bereits gestellt habe. Wir können also vergleichen, wie sehr der Crash eure Einstellung tatsächlich verändert hat.

Die Kurven zeigen auf den ersten Blick, dass sich eure Prognosen zwischen April und Juni massiv verändert haben. Im April hat noch ein sehr großer Teil ein neues Allzeithoch von mehr als 70.000 Euro erwartet, und nur wenige, dass der Preis unter 40.000 Euro liegen würde. Macht das Fragen nach Prognosen wertlos, weil nicht der Preis diesen folgt, sondern sich die Prognosen andersherum an den Kurs anpassen?

Krieg und Krankheit

Zuletzt hat mich noch interessiert, ob und wie sich eure Einstellungen zu den beiden dominierenden politischen Themen dieser Zeit verändert haben – zu Corona und zum Krieg in der Ukraine. Dafür habe ich zwei Items aus der letzten Umfrage im April wiederholt.

Hier die Ergebnisse zum Krieg in der Ukraine:

Dieses „Heat-Map“ gibt an, wie sich eure Antworten in einer Umfrage-Matrix verteilen. Vergleichen wir es mit demselben Diagramm aus der April-Umfrage:

Zum größten Teil blieb alles beim alten; viele kleinen Unterschiede dürften mit den unterschiedlichen Teilnehmerzahlen ausreichend erklärbar sein. Tendenziell scheint euer Verständnis dafür, dass die Nato Russland zum Angriff gezwungen hat, noch weiter gesunken zu sein, während zugleich eure Entschiedenheit, die Ukraine zu unterstützen, leicht sinkt. Deutlich weniger von euch glauben, dass der Krieg das Ende des Petrodollar-Systems einleitet, doch die meisten von euch sind in dieser Frage weiter unentschlossen. Die Gefahr eines Atomkrieges ist für euch mittlerweile noch etwas geringer.

Wenn überhaupt, dann hat sich eure Einstellung zum Ukraine-Krieg seit April also nur minimal veränder. Wie sieht es bei Corona aus?

Das ist das Ergebnis der aktuellen Umfrage – und so sah es im April aus:

Auch hier sind leichte Verschiebungen zu beobachten: Corona ist für euch heute tendenziell weniger vorbei als noch im April, während jedoch die Furcht vor Long Covid leicht zurückgegangen ist. Bei Maßnahmen, Masken und Erfahrungen mit einer Infektion sind keine signifikanten Änderungen feststellbar, lediglich bei der Frage nach dem Ursprung des Viruses scheinen nun mehr unter euch für die Labor-These aufgeschlossen zu sein.

Manchmal ist kein Ergebnis auch ein Ergebnis – nämlich, dass eure Einstellungen sowohl zu Corona als auch dem Ukraine-Krieg sich in den vergangenen Monaten nur geringfügig geändert haben. Und damit kommen wir zum Ende unserer Auswertung. Mit Dank an jeden, der bei der Umfrage mitgemacht hat.

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8 Kommentare zu Kursprognosen für 2022 durch Crash deutlich gedämpft

  1. Vielen Dank für die Auswertung! Und vor allem für das Blockmagazin, wozu ich noch gar nicht gekommen bin, aber habe eine Lektüre für die Ferien 😀 🙂

    Was mich an der Umfrage stark irritiert, dass die meisten Teilnehmer ihre Prognose so stark am aktuellen Preis festmachen. Das dürfte aber auch erklären, warum professionelle Trader solche Gewinne abschöpfen können… Meine Preisprognose war stabil, in der letzten Umfrage 20-30, in dieser genauso. Ich bin aber kein Trader, also im Unterschied zu technischen Aspekten lasse ich mich darauf nicht festnageln.

  2. dass die meisten Teilnehmer ihre Prognose so stark am aktuellen Preis festmachen

    Das zeigt, Prognosen haben sowieso immer mehr mit Gefühlen zu tun als mit echten Wahrheiten. Das gilt auch für Profis.

    Gäbe es gute Prognosen, würden viele Trader, die nach Prognose optimalen Zeitpunkte (höchster Wert) nutzen, um zu verkaufen. Und weil die Prognose annerkannt gut wäre, würden das auch genug Trader machen, um den Preis wirksam nach unten zu drücken.
    Vielleicht ein Segen, dass es keine wirklich guten (oder zumindest anerkannt gute) Prognosen gibt … Unterhaltsam sind sie trotzdem.

  3. > scheinen nun mehr unter euch für die Labor-These aufgeschlossen zu sein

    Haha, selektive Wahrnehmung gibt es auch bei statistikerfahrenen Blogautoren, die an die Laborthese glauben. Ich brauchte ne Weile, um zu verstehen, wie Christoph auf diese Aussage gekkommen ist. Ich lese eher das genaue Gegenteil aus den Zahlen. Aber ich glaube auch nicht so an die Laborthese.

    Ich überlass das mal dem geneigten BlogLeser, wie man sowohl die eine wie auch die andere Interpretation aus den Zahlen ziehen kann. Die Zahlen lügen nicht 😉

  4. Mich würde mal interessieren, warum, oder wie, so viele Leser beim Crash verloren haben. Das passiert doch nur wenn man unter dem Preis verkauft zu dem man eingekauft hat, also das typische Laienverhalten. Sind 68% der Leser Laien?

    • Ich vermute mal, viele haben teuerer neu- oder nachgekauft als der aktuelle Kurs gerade ist.

      Laien vielleicht insofern, dass das eigentlich noch kein Verlust ist. Verlust ist nur, wenn man panisch verkauft und nicht in Ruhe bis zum nächsten Aufschwung hodlt.

      Hätten die Umfrageteilnehmer panisch mit Verlust verkauft, wäre die Antwort auf die nächste Frage aber ganz sicher nicht so entspannt ausgefallen.

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