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Amazon und Apple waren FTX-Kunden — Sam Bankman-Fried hat an jeden dritten Abgeordneten der USA gespendet

Bild von Bybit via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Wir haben mal wieder Neuigkeiten von FTX, der derzeit berühmtesten pleite gegangenen Krypto-Börse. Das Insolvenzverfahren bringt ans Licht, wer alles Kunde von FTX war – und an welche Politiker der Gründer Sam Bankman-Fried Geld gespendet hat.

Ein Insolvenzverfahren ist wie eine Autopsie. Der Patient ist schon tot, und der Pathologie schneidet Hautschichten auf und verbiegt Knochen, um herauszufinden, wie es um die inneren Organe bestellt ist und an welcher Krankheit er verstorben ist. Dabei kommt vieles ans Licht, was ansonsten verborgen gewesen wäre. So auch das Insolvenzverfahren um FTX – es beschert uns nun zwei Neuigkeiten.

Apple, Netflix und die halbe Krypto-Branche

Erstens wurde im Zuge des Gerichtsverfahrens ein Dokument veröffentlicht wurde, das auf 116 Seiten die institutionellen bzw. unternehmerischen Kunden von FTX listet (9,7 Millionen Privatleute werden nicht genannt). Auf der Liste findet man Universitäten, Fluglinien, Wohlätigkeitsorganisationen, Banken, Stadtverwaltungen und weltbekannte Unternehmen.

Einige Beispiele: Medienunternehmen wie das Wall Street Journal, Fortune, Fox und Netflix. Universitäten wie Stanford, Krypto-Unternehmen wie Binance, Bitstamp, Bitmain, Bitgo, Chainalysis und Coinbase, Tech-Giganten wie Apple. Ich habe mir die Buchstaben A bis C angeschaut und viele interessante Namen gefunden: Alibaba, Amazon, Apple, das Finanzministerium von Bahamas, die Zentralbank von Zypern, Blackrock, Bloomberg, die Börse von Chicago, die Citygroup, die Stadtverwaltungen von Chicago und Los Angeles, die Kommerzbank von Dubai. Die ganze Welt war offenbar Kunde von FTX.

Die Liste nennt zwar nicht, wie viel Geld FTX wem schuldet. Aber die insolvente Börse hat laut Coindesk zugegeben, dass sie den 50 Top-Gläubigern 3,1 Milliarden Dollar schuldig ist und die größten Posten 226 und 203 Millionen Dollar betragen.

Jeder dritte Senator

Aber damit hört es noch nicht auf. Denn FTX bittet nun, im Zuge des Insolvenzverfahrens, Politiker, denen die Börse bzw. Sam Bankman-Fried (SBF) gespendet hat, darum, das Geld zurückzuzahlen. Genauer gesagt: Er bittet nicht, er verlangt.

Denn es könnte sich im Zuge des Prozesses herausstellungen, dass die Spenden, mit denen Manager der Börse politische Kampagnen beglückt haben, den Tatbestand der „fraudulent conveyance“ erfüllen, der betrügerischen Übertragung mit dem Ziel, eine Rückzahlung von Schulden zu vermeiden. In dem Fall sind die Empfänger verpflichtet, die Spenden zurückzuzahlen.

In diesem Zuge wurde öffentlich bekannt, an wen SBF alles gespendet hat. Und die Liste der Politiker und Kampagnen, die von ihm Geld erhalten haben, ist atemberaubend.

Eines von drei Mitgliedern des Kongresses, rechnet Coindesk nach, hat Geld von Sam oder anderen FTX-Managern erhalten: 196 von 339 Abgeordneten. Die größten Beträge gingen an Organisationen und Kampagnen, vor allem der Demokraten: etwa das Wahlkampfkommittee der Demokraten, die Kampagne von Joe Biden, den Heartland Resurgence Fonds, Activate America. In fast jedem Bundesstaat spendete FTX etwa 10 Millionen Dollar an die Kampagne der Demokraten: Arizona, Texas, North Carolina, Minnesota, Ohio, Maryland, New Mexico, Kansas, Massachussetts, Maine, Washington State, Iowa, Indiana, Wisconsin, Kentucky, Hawaii, Alaska, Arcansas, California und so weiter.

Politiker und Institutionen der Republiker sind deutlich seltener vertreten. Aber FTX hat beispielsweise auch das National Republican Congressional Committee (NRCC) großzügig unterstützt. Auch zahlreiche einzelne Politiker sind zu finden, darunter wieder mehr Demokraten als Republikaner.

Die Summe der Spenden stellt das, was man schon wusste, weit in den Schatten. Es war bekannt, dass Sam Bankman-Fried zweistellige Millionenbeträge gespendet hatte. Nun zeigt sich aber, dass die Spenden in den mittleren dreistelligen Bereich gehen.

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4 Kommentare zu Amazon und Apple waren FTX-Kunden — Sam Bankman-Fried hat an jeden dritten Abgeordneten der USA gespendet

  1. Demokratische Bestechung. Da wird schon was übrigbleiben.

  2. Ich halte politische Spenden zwar ohnehin für fragwürdig, denn sie stehen der Korruption sehr nahe, aber falls diese innerhalb aller gesetzlichen Bestimmungen / Höchstgrenzen erfolgt sind, halte ich es für absurd, sie zurückzufordern, denn ich gehe nicht davon aus, dass die Empfänger zum Zeitpunkt der Spende wussten, dass diese von einem Kriminellen kommen.

    Je mehr Ausnahmen im Insolvenzrecht für Rückforderungen gemacht werden, desto abenteuerlicher wird die Geschäftswelt an sich, denn wie soll ich als Unternehmer feststellen, ob mein Geschäftspartner kurz vor der Insolvenz steht oder gar Kundengelder unterschlagen/veruntreut hat? Gerade im Fall FTX haben wohl nur wenige geahnt, was bereits wenige Monate später eingetroffen ist…

  3. Die Ironie, dass ausgerechnet der Kryptospace, der eher libertär und anarchistisch angehaucht ist, die Demokraten finanziert hat…

    Bin gespannt, was bei FTX noch alles an die Oberfläche kommt..
    War bestimmt alles reiner Zufall und das hat der kleine Sam Bankman-Fried ganz alleine aufgezogen, ohne jegliche Hilfe oder Einfluss.

    Ich war und bin zwar nicht mehr allzu aktiv in dem Space, aber ich habe bis vor kurzem noch nie etwas von FTX gehört. Und ich kenne auch niemanden, der da einen Account hatte.
    Ich würde behaupten das wurde einzig und alleine zu Betrugs- und Geldwäschezwecken gegründet. Natürlich von Bankman-Fried alleine, dem kriminellen Mastermind der ganzen Operation.
    Ist immer äußerst praktisch, wenn man einen alleinigen Sündenbbock hat.

    Ist aber reine Spekulation von meiner Seite.

    • Ist ja eine Einzelperson, ich würde da nicht zu viel hereininterpretieren. SBF war ja immer laut für Regulierung, wahrscheinlich dachte er sich, unter der Laterne ist es immer am dunkelsten…

      Und natürlich hatte er Komplizen bzw. Mitarbeiter, die er dazu gebracht hat, aber wenn man sich die Buchhaltung ansieht bzw. deren Fehlen, die durch den Insolvenzverwalter öffentlich geworden ist, ist es sogar plausibel, dass Mitarbeiter sich nichts dabei gedacht haben und selbst SBF keinen Überblick hatte. Ausgaben über Chats genehmigt, ohne sie irgendwo zu verbuchen usw.

      In der Politik vermute ich kaum direkte Mitwisser, mit den Spenden hatte er aber „Argumente“, die gegen eine genauere Überprüfung sprachen, wobei das Offshore Konstrukt alleine ziemlich sketchy… Die Behörden haben sicher auch geschlafen, aber sie hatten wohl auch nicht gerade beste Voraussetzungen, FTX zu überprüfen und ohne konkretes Verdachtsmoment auf Amtshilfe zu hoffen. Bleibt nur zu sagen, dass man gerade bei neuen Akteuren im Cryptobereich vorsichtig sein sollte und nicht gerade seine Lebensversicherung dort zu halten. Ähnliches war aber auch außerhalb unserer Szene „gang und gäbe“ mit diversen Schiffs-, Immobilien- oder Solarfonds, bei denen Anlegergelder veruntreut wurden.

      Crypto sollte das eigentlich lösen und ohne Vertrauen auskommen, aber leider wurde mit zentralisierten Exchanges, Paymentanbietern und sogar treuhändischen Wallets all das übernommen, was wir loswerden wollten. Das Ziel sollte sein, diese Entwicklung wieder umzukehren und zu den Basics zurückzukommen. Bei Exchanges auf Atomic Swaps und dezentralen Handel, eigenverantwortliche (Open Source) Wallets & Payment Lösungen zurückzugreifen usw.

      Akteure wie Saylor & Co., die nach mehr Regulierung schreien, sind am Ende schädlich für uns alle.

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