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Die Furcht des IWF vor dem Kontrollverlust

Bild aus dem Blog des IMF.

Weil Krypto groß wurde, fürchtet der IWF, dass Regierungen die Kontrolle über die Geldpolitik und das Finanzwesen verlieren. Mit neun Geboten sollen die Nationalstaaten darauf reagieren.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat ein Framework veröffentlicht, wie Regierungen mit Kryptowährungen umgehen sollen. Dieses enthält neun “Schlüsselelemente”, um eine “effektive Politik” einzurichten, die die Risiken, die Kryptowährungen verursachen, eindämmen.

Denn der IWF beginnt, Kryptowährungen zu fürchten. Und das ist fast interessanter als die konkreten Maßnahmen. In einer Pressemitteilung erklärt die Institution, dass “die wachsende Adoption von Krypto-Assets in einigen Ländern, die über-territoritale Natur von Krypto-Assets und ihrer Anbieter, sowie die zunehmende Verwobenheit mit dem Finanzsystem” das Bedürfnis begründen, “umfänglich, konsistent und koordiniert zu antworten.”

Krypto wurde groß, und das schreckt den IWF auf.

Riesige Risiken

Als Vorspann zu den Maßnahmen veröffentlicht der IWF eine umfrangreiche Liste von Risiken, die mit der Ausbreitung von Krypto einhergehen. Es ist die umfassendste mir bekannte Liste mit Risiken. Man könnte sie als Sorge vor einem umfassenden finanzpolitischen Kontrollverlust der Staaten zusammenfassen.

Diese wahrgenommenen Risiken erstrecken sich auf vier Bereiche:

Geldpolitik: Krypto könnte “die Effektivität der Geldpolitik” bedrohen. Wenn Unternehmen und Haushalte beginnen, in Krypto-Assets zu investieren, die nicht an heimische Fiatwährungen gebunden sind, schwindet der Spielraum der monetären Politik – und damit die Fähigkeit der Staaten, Wirtschafts- und Schuldenpolitik mit der Notenpresse zu führen.

Kapitalströme: Krypto-Assets können “Folgen für das Volumen und die Volatilität von Kapitalströmen” haben. Wenn sie grenzübergreifende Transaktionen günstiger machen, könnten Investoren mehr Geld ins Ausland bewegen. Wenn dies mit “ungedeckten Kryptowährungen” – also Coins wie Bitcoins – geschieht, könnten die Kapitalströme volatiler werden. Da Kryptowährungen in der Regel schwer zu zensieren sind, würde es den Regierungen auch schwerer fallen, diese Ströme zu kontrollieren, etwa um Kapitalflucht zu verhindern.

Finanzstabilität: Schwankende Wechselkurse von Kryptowährungen können das nationale und internationale Geldsystem volatiler machen. Wenn Privatleute und Finanzinstitute in breitem Umfang Kryptowerte halten, können rapide Kursänderungen die Stabilität des Finanzwesens bedrohen. Auch Hacks, Bugs oder Angriffe durch Governance-Token könnten das Finanzsystem bei entsprechender Adoption destabilisieren.

Fiskalische Stabilität: Wenn klare Regelungen zur Besteuerung fehlen, kann die Verbreitung von Krypto-Assets zu fiskalischen Einbußen führen, da die Finanzämter nicht wissen, wie sie Steuern einziehen. Die pseudonyme Natur von Krypto-Assets könnte zudem Steuervermeidung begünstigen. Wenn eine Kryptowährung wie in El Salvador zudem zum gesetzlichen Zahlungsmittel wird, dringen Wechselkursrisiken in die Steuereinnahmen durch.

Eine weite Verbreitung von Kryptowährungen, ob Token, echte Kryptowährungen oder Stablecoins, legt den Regierungen also viele Herausforderungen auf. Daher rät der IWF diesen mit einem Framework, wie sie darauf reagieren sollten.

Die neun Gebote

Die Direktoren des IWF sind sich zwar einig, dass “strikte Verbote nicht die beste erste Option sind”. Doch sie räumen ein, “dass gezielte Restriktionen greifen können”, je nach Notwendigkeit. Einige Direktoren meinen zwar, ein vollständiges Verbot sollte nicht ausgeschlossen sein, aber der breite Konsens ist, dass die Regulierung Innovationen nicht abwürdigen sollte.

Mithilfe von neun Grundsätzen sollen Regierungen in der Lage sein, auch mit einer weiter steigenden Adoption von Kryptowährungen umzugehen, ohne einen vollständigen Kontrollverlust zu erleiden. Sie sollen, rät der IWF …

1. die monetäre Souveränität stärken, die Geldpolitik stabilisieren und auf keinen Fall Kryptowährungen zu gesetzlichen Zahlungsmitteln machen,

2. gegen eine exzessive Volatilität der Kapitalströme vorgehen und die Effizienz von Steuerungsmaßnahmen erhalten,

3. fiskalische Risiken analysieren und klare Regeln zur Besteuerung von Krypto-Assets setzen,

4. Rechtssicherheit schaffen und rechtliche Risiken durch Krypto-Assets identifzieren,

5. alle Akteure des Kryptomarktes gründlich und streng überwachen,

6. zu diesem Zweck ein behördenübergreifendes Framework schaffen und

7. mit internationalen Partnern kooperieren.

8. Darüber hinaus sollen sie den Einfluss von Krypto-Assets auf die Stabilität des Finanzsystems beobachten und

9. mithilfe globaler Kooperationen die digitale Infrastruktur für grenzübergreifende Transaktionen modernisieren.

Interessanterweise geht es bei den Punkten 1.), 2.) und 9.) gar nicht direkt um Krypto. Vielmehr werden Kryptowährungen zum Anlass, lange fällige Modernisierungen im Finanzbereich anzugehen.

Über Christoph Bergmann (2638 Artikel)
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