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Top und Flop auf der Bitcoin 2023 in Miami

Mathias Reder auf der Bitcoin 2023. Bildrechte bei Matthias Reder, für diesen Artikel zur Verfügung gestellt.

Am Wochenende fand in Miami die Bitcoin 2023 statt, die größte Bitcoin-Konferenz der Welt. Wenn es einen Ort gibt, an dem die großen Neuigkeiten des Jahres ausgetauscht werden, dann dort. Matthias Reder war beruflich dort und lässt uns an seinen Einblicken teilhaben.

Von Matthias Reder von Coinfinity

Um ehrlich zu sein: Nachdem ich nach der langen Anreise die Ausstellung betreten habe, war ich zunächst enttäuscht. Wenn man schon man in den USA war, weiß man, dass man dort nicht kleckert, sondern klotzt. Das konnte man auf der Bitcoin 2022 in Miami gut beobachten. Es wurde nicht mit Effekten und Glanz gespart.

Doch in diesem Jahr war der „Entertainment“-Faktor war wie weggeblasen: Wo ist die große Musikbühne? Die riesigen Bullenstatuen, die im letzten Jahr ein Blickfang waren? Es gibt keine sieben Vortragsbühnen mehr, und es sind viel weniger Leute da als im letzten Jahr, als 30.000 Besucher gezählt wurden. Das wirkte zuerst wie ein Rückschritt. Als würde die Konferenz schrumpfen, und damit womöglich auch der Bitcoin Space. Haben wir ein Stück an Dampf verloren?

Das Coinfinity-Team auf der Bitcoin 2023. Bildrechte bei Matthias Reder, Nutzung für diesen Artikel gestattet.

Wenn man etwas genauer hinschaut, merkt man jedoch, dass sich die Bitcoin-Zeiten auch in den USA geändert haben: Weniger ist mehr, und Qualität geht über Quantität. Anstatt Pomp und Glorie zu zelebrieren, konzentriert man sich nun auf das Wesentliche: Auf die Inhalte und die Aussteller der Branche. Es zieht ein wenig mehr Ernsthaftigkeit ein. Und so gesehen hat mich die Konferenz dann, sobald ich angekommen bin, gänzlich überzeugt.

Hier ist mein Plus/Minus der Bitcoin 2023 in Miami: was mir besonders gut gefiel und was eher nicht.

  • Die Keynotespeaker auf der großen Nakamoto-Bühne waren allesamt erstklassig und brachten den Spirit der Szene auf den Punkt. Für mich als Ex-Banker besonders super: die vielen Wirtschaftsthemen und Speaker wie Caitlin Long oder Lyn Alden.
  • Auch bei den Ausstellern und der Expo war die Qualität hoch: Banken und Miner, aber auch Anwälte wie Stadler Völkel  aus Österreich.
  • Die Stimmung war trotz der durchwachsenen Marktlage überall top: Die Unternehmer:innen blicken optimistisch in die Zukunft. Wer noch da ist, hat ein funktionierendes Geschäftsmodell, das offensichtlich nicht so stark vom Preis abhängig ist.
  • Für mich im Vertrieb war der Networking-Bereich natürlich wichtig. Hier konnte man sich treffen, austauschen und Kontakte pflegen. Mittels einer Konferenz-App konnte man sich sogar Termine buchen. Bei diesem Thema möchte ich auch das wundervolle Roof TOP Event von Bitcoin News & Coinfinity erwähnen.
  • Eine kleine Randbeobachtung, die mich zum Nachdenken brachte: Während man sich in Europa alle Mühe gibt, Bitcoin-Unternehmen zu vergraulen, werben auf der Bitcoin 2023 ganze Länder um Bitcoiner:innen und deren Business, etwa Indonesien.
  • Zu meiner Freude gab es auch einen Deutschen auf der Bühne, Christoph B. von Fulmo.

Nun kommen wir zu den Schattenseiten …

  • Die App, Karte, der Plan mit den Ausstellern und der Zeitplan waren etwas konfus. Dadurch war ich mehrmals „lost“. Das hätte man sicherlich besser lösen können.
  • Mir gefiel es nicht, dass die Konferenz Politiker:innen eine Wahlkampfbühne gegeben hat. Kann sein, dass das in den USA mittlerweile dazugehört, aber ich finde, Bitcoin ist für alle da. Wenn etwa Robert F. Kennedy Jr. seine Rede für Wahlkampfzwecke missbraucht, wirkt das für mich, das würde versucht, die Bitcoin-Szene für eine politische Seite zu vereinnahmen. Das könnte auch sachlicher gehen.
  • Bei den Headlinern wie Michael Saylor oder Jack Mallers gab es nicht genügend Stühle. Daher mussten wir stehen.
  • Die Preise für Merchandise waren zum Teil astronomisch und haben auch das, was angesichts der Fiat-Inflation angemessen wäre, weit in den Schatten gestellt. 30 Dollar für eine PEZ Bitcoin Süßigkeit ist schon dreist. Da lobe ich mir den Satoshistore.io von Janine Griesser.

Das war es auch schon, was mich gestört hat. Bei den angenehmen Seiten musste ich lange auswählen, was ich erwähne und was nicht, und ich könnte lange über Einzelheiten und Vorträge schwärmen, während ich bei den unangenehmen Aspekten suchen musste, um überhaupt eine solche Liste zusammenzubringen.

Mein persönliches Highlight war Alex Gladstein mit einem Vortrag über den International Monetary Fund. Unser aktuelles Geldsystem trägt eine gravierende Mitschuld an den großen weltweiten Problemen wie Hunger und Armut. Ich denke, das ist etwas, das wir nie vergessen sollten. Denn darum – und nicht um steigende Kurse, um Bullen und um Parties – geht es bei Bitcoin.

Auch Jack Mallers Vortrag macht Hoffnung. Er kündigte an, dass die Lightning-App Strike seit Mitte Mai 2023 in 65 (!!!) Ländern verfügbar ist. Damit haben über 3 Milliarden Menschen Zugang zur App, mit der sie ein Konto in USD sowie in Bitcoin führen können. Wir West- und Mitteleuropäer sind nicht dabei, Strike zielt vor allem auf die zweite und dritte Welt ab und expandiert nach Afrika, Südamerika, Asien und Osteuropa.

Eine solche App ist nicht neu. In El Salvador gibt es bereits die App Chivo, die es den Menschen dort ermöglicht, ihre USD und Bitcoin parallel zu halten, zu versenden und jederzeit gegeneinander zu tauschen – übrigens auch automatisiert bei Eingang, so dass man Bitcoin erhalten kann, diese aber sofort in USD umgewandelt werden.

Damit ist die Frage des Zugangs geklärt und der Weg zur globalen Geld-App geebnet. Bleibt die Frage der Verwendung. Echte Bitcoiner:innen werden definitiv bei ihrer Selbstverwahrung bleiben (“Not Your Keys – Not Your Coins”). Aber der Durchschnittsbürger mit niedrigem Bildungs- und Einkommensniveau hat mit einer solchen App einen schnellen, kostengünstigen und direkten Zugang zu einem Konto bzw. einer Wallet (sind solche begrifflichen Trennungen überhaupt noch relevant?). Bei über einer Milliarde Menschen in den derzeit 65 Ländern, die KEIN Konto im herkömmlichen Sinne haben, ist die Zielgruppe damit klar definiert. Denn ein Smartphone hat fast jeder.

Um die Adaption von Bitcoin weiter voranzutreiben finde ich den Ansatz von Strike sehr gut. Ich hoffe, dass sich viele mit den Vor- und Nachteilen von Bitcoin auseinandersetzen, denn nur dann ist der Umgang kein Problem. Das kann ja auch außerhalb der Strike App passieren.

Insgesamt hat sich die Reise über den Ozean für mich somit gelohnt. Dabei wurde mich mal wieder klar, was für ein Glück ich habe, dass solche Ausflüge zu meinem Job bei Coinfinity gehören.

Über Christoph Bergmann (2695 Artikel)
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3 Kommentare zu Top und Flop auf der Bitcoin 2023 in Miami

  1. Ihr habt es nicht nötig, das Gender Geschwurble der Hofberichterstatter auch hier noch zu zelebrieren. Redet bitte so, wie wir es seit hunderten von Jahren tun.
    Gruß Gerd

    • Hallo Gerd, ich persönlich gendere nicht, weil ich es sprachlich unansprechend finde. Aber wenn ein Gastautor gendert, akzeptiere ich das.

    • Man kann ja über Gendern diskutieren, aber die Argumentation etwas zu tun, weil man es bereits seit Jahrhunderten so tut zeugt nicht gerade von einem fortschrittlichen Geist.

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