Swift plant, tokenisierte Assets blockchainübergreifend zu transferieren

Das Kommunikationsnetzwerk SWIFT aus Belgien ist der globale Standard internationaler Überweisungen. Nun möchte das Unternehmen dahinter auch zum Standard für blockchainübergreifende Transaktionen werden. Die Ambition ist Ausdruck eines Bewusstseinswandels im etablierten Finanzwesen.
Swift kündigt an, mit seinen Partnern an einer Lösung zu arbeiten, um tokenisierte Assets blockchain- und grenzübergreifend zu versenden.
Tokenisierte Assets meint alles, was einen Wert hat und als Token auf einer Blockchain abgebildet wird. Das können “Security Token” sein, also Wertpapiere wie Aktien oder Staatsanleihen, Edelmetalle wie Gold, Kryptowährungen wie Bitcoin, Fiat-Währungen wie der Dollar, oder auch Immobilien oder Kunstwerke.
Weil institutionelle Investoren sich zunehmend für tokenisierte Assets interessieren, aber technisch oft vor der Herausforderung stehen, dass sie auf verschiedenen nicht interoperablen Blockchains laufen, entwickelt Swift eine Lösung, die die Fragmentierung der Infrastruktur überwindet.
Dazu arbeitet Swift nicht nur mit mehreren internationalen Großakteuren des traditionellen Finanzwesens zusammen – darunter BNP Paribas, BNY Mellon, Citi, Clearstrem, Euroclear, SIX Digital Exchange und anderen – sondern auch mit dem Web3-Service Chainlink. Während die traditionellen Finanzdienstleister nach einem Weg suchen, die Swift-Infrastruktur auf tokenisierte Assets auszudehnen, wird Chainlink für die Verbindung zu öffentlichen und privaten Blockchains sorgen.
In einem ersten Test werden tokenisierte Assets zwischen zwei Wallets auf einer öffentlichen Blockchain überwiesen, dem Sepolia Testnet von Ethereum. Im folgenden Test werden tokenisierte Assets von Ethereum auf eine geschlossene Blockchain transferiert, danach auf eine andere öffentlichen Blockchain.
“Immer mehr Institutionen ergründen, wie sie ihren Kunden mit privaten und öffentlichen Blockchains dienen können,” erklärt Jonathan Ehrenfeld von Swift. Darin drückt sich ein Perspektivenwechsel unter etablierten Finanzinstitutionen aus. Anstatt wie früher die Blockchain neu erfinden zu wollen, beabsichtigen sie nun, erklärt die Pressemitteilung, “ihre existierende Infastruktur aufzuwerten, um sie mit Blockchains zu verbunden, auf denen Token verzeichnet sind.”
Dass Swift dabei mittlerweile eine treibende Kraft ist, ist gleichermaßen naheliegend als auch überraschend. Denn wenn es eine Institution gibt, die in Konkurrenz zu Blockchains steht, dann ist es das in Belgien ansässiges Telekommunikationsnetzwerk. SWIFT ist DER Standard für internationale Banküberweisungen und mittlerweile auch für Wertpapiertransfers. Das Unternehmen verbindet mehr als 11.000 Banken, Broker und Börsen aus 200 Ländern, leitet am Tag mehr als 40 Millionen Nachrichten weiter und versendet im Jahr mehr als 35 Billionen Euro.
Aufgrund dieser Stellung bekommt Swift natürlich mit, worüber man im Finanzwesen redet und was man plant. Es gebe, erklärt das Unternehmen, eine wachsende Überzeugung, “dass die Blockchain-Technologie das Potenzial hat, Effizienzen zu schaffen, Kosten zu reduzieren und neue Geschäftsmodelle zu erschließen.”
Daher beschäftigt sich Swift schon seit einigen Jahren mit Blockchains. Dabei wurde klar, so Tom Zschach, Chefmanager für Innovationen, “dass es nicht auf ein einzelnes verbleibendes Blockchain-Netzwerk” hinauslaufen werden. Stattdessen erwartet er eine “Vielzahl verschiedener Plattformen, die alle ein unterschiedliches Kundensegment mit maßgeschneiderten Fähigkeiten und Anforderungen bedienen.” In einem solchen “hochfragmentierten Ökosystem” braucht es ein Zentrum, das die verschiedenen Blockchains verbindet.
Swift erhebt nun also den Anspruch, dieses Zentrum zu werden, womit das Unternehmen seine bisherige Stellung im internationalen Transaktionsgeschehen nahtlos auf die Blockchain-Welt ausdehnen würde.
Interessanterweise wird Swift damit zum Konkurrenten von Startups wie Li.fi aus Berlin, die als Brücken-Aggregator mehr oder weniger dasselbe Produkt anbieten – wenn auch ohne den tiefen Zugang zum etablierten Finanzwesen.
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