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“… und dann kann der User bezahlen, womit er will, und du bekommst es als das Asset, das du möchtest, auf der Chain, die du möchtest.”

Philipp Zentner kennt sich mit beidem aus: mit Berlin und Brücken. Bild von Jeanne Menjoulet via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

LI.FI aus Berlin aggregiert Bridges – was in einer Zukunft multipler Blockchains eine essenzielle Infrastruktur sein wird. Wir haben mit Philipp Zentner gesprochen, dem Mitgründer des Startups, das in nur zwei Jahren rasant gewachsen ist – und es sogar in die wichtigste Web3-Wallet überhaupt geschafft hat.

Philipp Zentner. Bildrechte vollständig bei ihm, für dieses Interview bereitgestellt.

Wenn Philipp Zentner sagt, er sei Unternehmer aus Leidenschaft, kann er das auch belegen: Er hat mit 15 sein erstes Unternehmen gegründet, eine Musikplattform für Künstler aus NRW, mit 17 sein zweites, eine Plattform für Social Shopping, mit 21 sein drittes und so weiter. Vor gut zwei Jahren stieß er auf Blockchains und begriff, dass diese künftig multichain skalieren müssen. Daher gründete er LI.FI, das mittlerweile schon als Hidden Champion des Krypto-Marktes gelten kann. Es wäre gar nicht so weit hergeholt, es das Swift der Blockchains zu nennen.

Du sagst, die Zukunft von Blockchains sei multichain – was meinst du damit?

Wir werden in Zukunft viele spezialisierte Chains haben anstatt eines Systems. Nur so kann das ganze skalieren. Der Blockchain-Boom hat viele kryptographische Forschungen angestoßen und finanziert, und daraus entstehen neue, moderne Blockchains, wie Aptos, Sei oder AlephZero, die alle gut gefunded sind und ihre eigenen Go-To-Market-Strategien haben.

Es geht bei LI.FI um „Cross-Chain-Bridges“. Was ist das?

Man kann sich das vorstellen wie zwei Länder, in denen die Leute unterschiedliche Sprachen sprechen und Übersetzer vermitteln. Blockchains entscheiden auf ihre Weise, wann etwas gültig ist, und es gibt Bridges, die zwischen ihnen sitzen und Assets, Daten oder Proofs übertragen können. Es geht aber bei LI.FI viel weiter gefasst darum, wichtigste Infrastruktur zu aggregieren und abstrahieren. Die Aggregation von Bridges ist dabei am komplexesten.

Aber diese Brücken sind auch nicht alle gleich …

Ja. Es gibt die „Arbitrary Data Messaging Systems“, die können vieles, aber vor allem verbrennen sie Assets auf der einen Chain ein und schaffen sie auf der anderen. „Liquidity Networks“ dagegen minten und burnen nicht, sondern haben einen Pool an Assets auf beiden Chains und funktionieren nach einem “Lock & Release Mechanismus” – es gibt aber noch viele andere Typen.

Und diese letzte Art, die Liquidity Networks, wurden so oft Opfer von Hacks?

Ja, genau. Da ist eine unheimlich große Nachfrage auf sehr unreife, sehr zentralisierte Lösungen gestoßen. Es gibt auch dezentrale Bridges, die wurden auch nicht gehackt, aber die zentralen waren schneller am Markt und konnten sich so große Anteile sichern.

Und in diesem Spiel der Brücken, was macht da LI.FI?

Wir sind ein Meta-Aggregator. In einer Multichain-Umgebung gibt es verschiedene Infrastrukturteile, die man zusammenschweifen muss, was unheimlich schwierig ist. Wir aggregieren Dezentrale Exchanges, Bridges, Data Services und Blockchains, und können Transaktionen über Blockchains hinweg in welcher Form auch immer ausführen. Wir können etwa Swap-Bridge-Swap-Stake-Konstruktionen in einer Transaktion zusammengefasst werden.

Ich glaube, das war zu schnell. Lass uns mal damit beginnen, wer eure Software für was benutzen will?

Wallets, Fintechs, Banken, Hedgefonds – jeder der Assets auf mehreren Chains nutzen will. Wir geben Zugang zu allen Assets auf allen Chains, indem wir Brückensysteme aggregieren. Ich könnte zum Beispiel eine Transaktion von einer Blockchain auf eine andere ausführen. Sagen wir, jemand hat ein Uniswap-Token auf Arbitrum, will aber auf Polygon ein NFT kaufen. Dann muss man swappen, bridgen, swappen, also UNI in ein Dollar-Token oder ETH wechseln, das von Arbitrum auf Polygon bridgen, und dort gegen ein NFT tauschen. Da sind neben der Brücke auch dezentrale Börsen im Spiel. Wir sprechen alle DEX-Aggregatoren und Brücken gleichzeitig an, und haben einen Smart Routing-Algorithmus, der den perfekten Weg über DEXs und Brücken findet.

Kann man mit eurer Software auch Coins empfangen?

Du als Webseitenbetreiber kannst unser Widget und unser SDK einführen, und dann kann der User mit allem bezahlen, womit er will, und du bekommst es als das Asset, das du möchtest, auf der Chain, die du möchtest.

Also, nehmen wir an, eine Supermarktkette möchte USDC auf Ethereum empfangen, und die User können mit einer beliebigen Wallet bezahlen, wie Metamask, von welcher Chain aus sie wollen …

Ja, genau!

… mit jedem Token, das sie zufällig gerade haben …

Ja, genau!

… und der Supermarkt erhält am Ende USDC auf seine Ethereum-Wallet?

Ja, exakt das ist möglich. Wenn du willst, kannst du sie mit derselben Transaktion auch gleich über ein DeFi-Protokoll gegen Zinsen verleihen.

Wow. Ich bin beeindruckt. Welche Blockchains unterstützt ihr?

Derzeit 20 Netzwerke, vor allem die Ethereum- bzw. EVM-Netzwerke, so wie Polygon, BSC, Arbitrum, Optimism, Fantom und Avalanche. In Zukunft auch Solana, Cosmos und andere.

Bitcoin ist noch nicht dabei?

Noch nicht, aber das wird auch kommen, auch mit Lightning. Wir wissen noch nicht, wie es mit Bitcoin weitergeht und endet, aber es gibt einige spannende Entwicklungen und auch eine Nachfrage, daher ist das wichtig für uns.

Verwahrt ihr während des Prozesses auch Coins?

Nein, wir sind komplett non-custodial, die Schlüssel bleiben jederzeit im Besitz von Sender und Empfänger. Unsere Software bildet nur die Transaktionen, die vom Nutzer über ein Wallet oder anderweitig von Entwicklern signiert werden müssen.

Ihr bietet eine API, ein SDK und ein Widget an – was kann man mit den Produkten machen?

Das SDK bildet alles ab, was die Entwickler brauchen, für 80 Prozent der typischen Use-Cases, aber nur für JavaScript und TypeScript. Wer andere Sprachen benutzt oder komplexe Strategien abbildet, muss die API direkt ansprechen. Wer dagegen nur etwas fürs Frontend braucht, kann einfach unser Widget verwenden.

Die typischen Use-Cases, was sind die denn? Und was wäre eine komplexere Anwendung?

Typisch ist ein Any-to-Any-Swap über Blockchains hinweg, wie im Beispiel oben von Arbitrum zu Polygon. Auch noch typisch ist ein Swap-Bridge-Stake, wenn jemand ein Token wechselt, auf eine andere Blockchain bringt und im selben Zug staked. Eine komplexere Anwendung ist es dagegen, wenn jemand ein Assets auf einer anderen Chain hält, sich dann einen Proof dafür holt und mit diesem Geld auf einer anderen Chain leiht. Manchen Market Makern hilft LI.FI, die Liquidity Pools auf verschiedenen Chains auszubalancieren.

Auf eurer Webseite steht, eure Software hat mehr als 500 Mio Dollar und mehr als 500k Transaktionen abgewickelt. Wie ist das gemeint?

Die Daten sind alte Daten. Mittlerweile haben wir knapp eine Million Transaktionen und fast eine Milliarde Dollar Volumen. Wir sind recht schnell gewachsen.

Haben schon Wallets und Börsen LI.FI integriert?

Am größten ist Metamask. Die schicken 95 Prozent ihres Bridging-Volumens seit November über uns. Um mit Metamask zu bridgen muss man die Portfolio-Seite öffnen, bald wird es aber auch in der Extension verfügbar sein. Aber sie bieten nur begrenzte Funktionen an, das reine Bridging, und zum Beispiel nicht das Senden an andere Adressen in anderen Token auf anderen Chains.

Warum habt ihr eigentlich kein Token? Oder habe ich das übersehen?

Nein. Das ist noch ein gutes Stück weg. Wir fokussieren uns auf das Produkt, und ein Token ist ein eigenes Produkt, das auch Arbeit macht. Wir haben richtig Bock auf das, was wir machen, und wir haben nicht vor, nach bereits zwei Jahren auszucashen. Außerdem brauchen wir es nicht. Wir haben schon 5,5 Millionen Euro eingesammelt und schließen gerade eine Series A ab. Ich kann natürlich noch keine Details nennen, aber wir sind gut aufgestellt, um die nächsten drei Jahren zu wachsen und zu expandieren.

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2 Kommentare zu “… und dann kann der User bezahlen, womit er will, und du bekommst es als das Asset, das du möchtest, auf der Chain, die du möchtest.”

  1. Erstmal schön, ein weiteres Startup im Cryptoumfeld aus Berlin zu sehen!

    Wir werden in Zukunft viele spezialisierte Chains haben anstatt eines Systems. Nur so kann das ganze skalieren.

    Das sehe ich nicht so, durchschnittliche Nutzer sind bereits heute verwirrt ob der verschiedenen Coins und Wallets. Wenn wir überhaupt in die breitere Adoption kommen, werden sich wenige Projekte herauskristallisieren. Konkurrenz ist gut, aber analog zur Open Source Entwicklung gibt es wenige führende Projekte, die Kontinuität beweisen, auch die meisten Kryptowährungen sind eher Pump&Dump Eintagsfliegen, geforkt von anderen und wenig bis keine eigene Innovation einbringend, geschweige denn kontinuierlich weiterentwickelt…

    Bitcoin ist noch nicht dabei?

    Noch nicht, aber das wird auch kommen, auch mit Lightning.

    Verständlich, dass man sich zunächst auf “programmierbare” Blockchains mit kompatiblen Protokollen konzentriert, da Swaps dort mehr oder weniger trivial sind. Da Li.Fi aber lediglich der Aggregator der Swaps ist, warte ich neben Bitcoin auch auf Monero, zumal eine ETH-XMR Bridge und mehrere BTC-XMR schon verfügbar sind 😉

    Nein. Das ist noch ein gutes Stück weg. Wir fokussieren uns auf das Produkt, und ein Token ist ein eigenes Produkt, das auch Arbeit macht.

    Löblich. Ich halte Token für Produkte, die das nicht zwingend benötigen für höchst fraglich, auch z.B. bei Bisq…

  2. Wir sprechen alle DEX-Aggregatoren und Brücken gleichzeitig an, und haben einen Smart Routing-Algorithmus, der den perfekten Weg über DEXs und Brücken findet

    Hm, ich frag mich schon die ganze Zeit wie ein Bridge ohne Wechselkurs funktioniert. Im Wesentlichen muss ein Bridge doch immer mit einer DEX zusammenarbeiten. Die DEX führt Trader zusammen, und bestimmt den Kurs, die Bridge erlaubt zu einem bestimmten Kurs Coins verschiedener Arten zu swappen.

    Bitcoin ist noch nicht dabei?
    Noch nicht, aber das wird auch kommen, auch mit Lightning.

    Für Ethereum Token untereinander gibt es ja schon viele Möglichkeiten, da ist die Technik mehr oder weniger trivial. Bridges zu autonom funktionierenden heterogenen Coins ist hingegen eine echte Herausforderung. Wer hier als erster funktionierende Bridges vereint, kann sicher die First Mover Advantage voll ausschöpfen.

    zumal eine ETH-XMR Bridge und mehrere BTC-XMR schon verfügbar sind

    Was nutzt Du?

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