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Bank of China und UBS geben 26-Millionen-Euro-Wertpapier als Token auf Ethereum heraus

Dschunke vor Hongkong. Bild: "The Duk Ling" von Vin Crosbie via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Es hat gedauert, aber langsam dämmert es dem Finanzwesen: Nur öffentliche Blockchains lösen die Versprechen der Tokenisierung ein. Dass sich ausgerechnet die Bank of China Investment an die Spitze dieses Fortschritts stellt, ist faszinierend.

Die Bank of China Investment (BOCI) hat eine tokenisierte Schuldverschreibung im Wert von 200 Millionen Offshore-Renminbi (CNH) auf der Ethereum-Blockchain herausgegeben. Dies entspricht knapp 26 Millionen Euro.

Das Projekt wurde von der Hongkonger Abteilung der Schweizer Großbank UBS geführt, welche die Token ihren Kunden im asiatisch-pazifischen Raum anbietet. Es handelt sich um eine strukturierte digitale Schuldverschreibung nach Schweizer und Hongkonger Recht.

UBS arbeitet schon länger an der Tokenisierung von „Real World Assets“. Dies meint Produkte des traditionellen Finanzwesens, wie Anleihen oder Schuldscheine. Im vergangenen Jahr hat UBS eine Anleihe im Umfang von 50 Millionen Dollar auf einer Blockchain herausgegeben, jedoch auf einer geschlossenen Version von Ethereum.

Mit den nun tokenisierten Schuldverschreibungen führen UBS und die BOCI erstmals im pazifisch-asiatischen Raum ein Wertpapier als Token auf einer öffentlichen Blockchain ein. Die Pressemitteilung der UBS notiert dies als Meilenstein, Ying Wang, Vizechefin der BOCI, sieht die beiden Unternehmen damit an der „Speerspitze des Fortschritts im digitalen Finanzwesen“.

Die tokenisierte Schuldverschreibung ist eine sogenannte „structured note“. Dies meint eine Art Schuldverschreibung, deren Auszahlung von verschiedenen Faktoren abhängt und sich auch ändern kann. Es ist ein relativ komplexes, nicht-standardisiertes Instrument, bei welchem das Vertrauen in den Herausgeber eine große Rolle spielt. Indem man solche Wertpapiere tokenisiert, könnte man die Regeln zugleich komplexer machen und ihre Exekution automatisieren.

Eventuell meint Aurelian Troendle von der UBS das, wenn er kommentiert, dass „die hochfrequente Herausgabe von den breiten Effizienzgewinnen durch die Blockchain-Technologie profitiert.“ Dabei dürften UBS und BOCI maximal an der Oberfläche kratzen. Die Potenziale sind endlos, wie die Integration in ein Ökosystem von Smart Contracts und Token traditionelle Finanzprodukte verändern und verbessern kann.

Einlösen lassen sich diese Potenziale nur auf einer öffentlichen Blockchain, was mittlerweile offenbar weitläufig im Finanzwesen verstanden wurde. Es scheint schon fast Einigkeit zu bestehen, dass das künftige Finanzwesen auf Ethereum oder einer EVM-kompatiblen Blockchain aufbauen wird.

Erstaunlich ist bei all dem vor allem eine Beteiligte: Die BOCI, ein Tochterunternehmen der staatlichen Bank of China, einer der größten Banken der Welt. Angesichts der Feindseligkeit der Regierung Chinas gegenüber offenen Blockchains hätten wir kaum damit gerechnet, die BOCI an der Speerspitze des Fortschritts zu sehen. Der Grund dürfte in der merkwürdigen Sonderstellung der Sonderwirtschaftszone Hongkong liegen, das irgendwie zu China gehört, aber irgendwie auch nicht, und sich zumindest in ökonomischer Hinsicht beträchtlicher Freiheiten erfreut.

So gehört die BOCI zwar vollständig der Bank of China, operiert aber unabhängig und nach Hongkonger Finanzrecht. Sie nimmt laut Eigenbeschreibung eine „führende Position im Hongkonger Kapitalmarkt“ ein und verbindet diesen mit dem Rest Chinas sowie der asiatisch-pazifischen Welt.

Diese Sonderstellung Hongkongs äußert sich auch darin, dass die Metropole derzeit versucht, sich als Krypto-Hub aufzustellen. Johnny Ng, Mitglied des Verwaltungsrates, lud erst vor wenigen Tagen Kryptounternehmen wie Coinbase ein, sich auf eine Lizenz in Hongkong zu bewerben. Er reagierte damit auf die Bedrängnis, in die die Börsenaufsicht SEC viele Unternehmen derzeit bringt. Wenn die USA Coinbase nicht mehr will, nimmt Hongkong es mit offenen Armen.

Schon im Januar positionierte sich Hongkong als kryptofreundlich. Der Finanzsekretär Paul Chan erklärte die Absicht der Regierung, ein starkes Ökosystem für Krypto- und Fintechunternehmen aufzubauen. Laut Insidern gibt es Zeichen dafür, dass die Regierung in Beijing, die eine sehr harte Haltung zu Kryptowährungen durchsetzt, den Plänen in Hongkong freundlich gegenübersteht.

China zeigt damit einmal mehr, wie widersprüchlich eine Nation sein kann. Auf der einen Seite gilt im kontinentalen Land eine beispiellos harte Regelung, die Krypto faktisch fast vollständig verbietet. Auf der anderen Seite darf sich eine Sonderwirtschaftszone an die Spitze des Fortschritts stellen. Vorschnelle Urteile führen hier fast immer in die Irre.

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2 Kommentare zu Bank of China und UBS geben 26-Millionen-Euro-Wertpapier als Token auf Ethereum heraus

  1. Marius Göcke // 14. Juni 2023 um 8:01 // Antworten

    Ich hab den Eindruck, das ist einfach Chinas Politik. Im Inland möchte man Kryptowährungen nicht haben. Aber man sieht ein, dass sie im globalen Finanzsystem eine Rolle spielen und außerhalb von China nicht verbieten oder totreden kann. Und wenn die Kryptobranche dann in Hongkong zu Hause ist, kann man sie immernoch besser kontrollieren als wenn sie in anderen Ländern ist. Es geht hier denke ich wieder darum, dass China allgemein weiter Einfluss in der Welt gewinnen möchte, so wie China das global politisch auch in anderen Branchen versucht.

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