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US-Steuerservice IRS möchte dezentrale Börsen wie Uniswap in die Pflicht nehmen

Die diebische Elster. Der Name des Vogels wurde skurilerweise zum Namen der wichtigsten Software für die Steuererklärung. Bild von Dennis via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Mit einem Gesetzesentwurf plant der US-Steuerservice IRS, Krypto-Broker zu Gehilfen des Steuereinzugs zu machen. Wie bereits Banken oder Börsen. Doch eine unklare Definition weckt unschöne Befürchtungen – und regt den Widerstand der Branche an.

Wenn man traditionell spart oder investiert, bezahlt sich die Steuer für Erträge von selbst. Banken, Börsen und andere Broker sind verpflichtet, den Kunden über die anfallenden Steuern auf den Cent genau zu unterrichten; idealerweise führen sie diese gleich für ihn ab.

Diese Praxis plant der US-Steuerservice IRS nun auch auf den Krypto-Markt ausdehnen. Dies soll die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Steuerschulden, die sogenannte „Tax Gap“, etwas schließen. Diese summiert sich in den USA insgesamt auf geschätzt 15-18 Prozent der gesamten Steuerschuld; bei Kryptowährungen steht sie im Verdacht, deutlich höher zu liegen.

Der Veröffentlichung des Gesetzesentwurfs Ende August ging eine Warnung des Internationalen Währungsfonds (IWF) voraus, dass Krypto „signifikante Steuerprobleme“ verursachen könnte. Eine 20-prozentige Steuer auf Krypto-Gewinne hätte laut IWF im Boomjahr 2021 globale Steuereinnahmen von 100 Milliarden Dollar eingespielt. Die größte Schwierigkeit bei der Besteuerung von Krypto liege dabei nicht darin, Regeln zu beschließen – sondern diese umzusetzen. Ein großes Problem dabei stelle die Pseudonymität von Transaktionen dar.

Dem schlossen sich Anfang August einige krypto-kritische US-Senatoren an, darunter Elizabeth Warren und Bernie Sanders. Sie forderten mit einem offenen Brief den IRS dazu auf, die Steuerlücke für Kryptowährungen zu schließen, welche sie nach aktuellen Schätzungen mit 50 Milliarden Dollar beziffern. Solange die Möglichkeit bestände, „werden Steuervermeider und hilfsbereite Krypto-Intermediäre das System weiterhin ausnutzen.“ Man dürfe ihnen „diese Chance nicht länger geben.“

Ohnehin habe der IRS durch das Infrastrukturgesetz von 2021 das Mandat, betonen die Senatoren, die üblichen Verfahren der Steuereinholung auch auf die Krypto-Branche anzuwenden. Es werde Zeit, dies einzulösen.

Ab wann ist jemand ein Broker?

Mit einem fast 300-seitigen Gesetzesentwurf möchte der IRS nun dafür sorgen, dass Krypto-Gewinne in Zukunft konsequenter besteuert werden.

Im Kern geht es darum, dass das, was bei traditionellen Investments gilt, auch in Krypto gelten soll: Broker, die mit digitalen Assets wie Kryptowährungen arbeiten, sollen in normierten Berichten die Steuerverwaltung, aber auch die Kunden darüber informieren, ob eine Steuerschuld in welcher Höhe besteht.

Das klingt an sich fair. Investoren, die willig sind, ihre Steuern zu begleichen, werden dies sogar begrüßen, da es das bisher umständliche und zeitaufwändige Verfahren, die eigene Steuerschuld beim Krypto-Handel auszurechnen, erheblich abkürzt. Gerade bei Verlusten dürfte eine normierte Berichterstattung hilfreich sein, diese vor dem Finanzamt geltend zu machen.

Allerdings schießt das Gesetz auch über das Ziel hinaus. Der entscheidende Hebel ist die Frage, wer als „Broker“ zu verstehen ist.

Der Begriff des Brokers, erklärt der Entwurf, „umfasst einen Händler, eine Wechselbörse und jede andere Person, die regelmäßig als Mittelsmann auftritt.“ Jeder, der „einen Verkauf bewirkt“ oder „bei einem Verkauf als Agent auftritt“ ist per Definition ein Broker „wenn er üblicherweise Kenntnis von den Erlösen des Verkaufs hat.“

Im Kryptobereich wird zum Broker, „wer regelmäßig irgendeinen Service anbietet, der den Transfer von digitalen Assets im Auftrag anderer bewirkt“. Der Begriff meint explizit jeden, der mit seinem Service dazu beiträgt, einen Verkauf zu bewirken, sofern er nur „üblicherweise die Identität des Verkäufers kennen oder in einer Position steht, ihn kennen zu können, sowie über die Transaktion und die Erlöse informiert ist.“ Um zum Broker zu werden, reicht es, „die Fähigkeit“ zu haben, „den Betrieb einer Plattform so zu modifizieren, dass man Kundeninformationen erhält.“

Eine solche weite Definition ist offensichtlich heikel. Im traditionellen Finanzwesen operieren isolierte Akteure, bei denen die Zuständigkeit in so gut wie jedem Schritt klar ist. Bei Krypto hingegen handelt es sich um ein offenes System, in dem in jeder Aktion unzählige Akteure mitwirken können. Das macht es schwierig, zu bestimmen, wer kein Broker ist.

Der IRS ist sich dessen bewusst. Er erklärt, dass nach dem Entwurf „auch die Betreiber einiger Plattformen, die üblicherweise als dezentrale Börsen bezeichnet werden, in der Pflicht stehen werden, Kundeninformationen zu sammeln und Verkaufsinformationen zu berichten, wenn sie als Broker definiert werden.“ Auch nicht-treuhänderische Wallets, die ihren Usern Hilfe erlauben, Token zu kaufen oder zu wechseln, können als Broker gelten.

Noch nicht in Stein gemeisselt

Während die Branche weitgehend Verständnis dafür hat, dass die Pflichten klassischer Broker auch für Börsen und andere Krypto-Unternehmen gelten, hadert sie mit der Ausdehnung auf dezentrale Börsen. Dies würde nicht nur deren Geschäftsmodell torpedieren, sondern auch die Kernidee ruinieren, dass es einen unabhängigen Smart Contracts und viele Interfaces für diesen gibt.

Daher betont Coindesk, dass der Entwurf, „bisher eben nur das ist“ – ein Entwurf. Die Regierung nimmt bis zum 30. Oktober öffentliche Kommentare an und wird am 7. und 8. November die Meinung von Experten öffentlich konsultieren. Auch danach wird die Branche noch einige Monate lang Zeit haben, bei den Gesetzgebern für lockerere Regeln zu lobbyieren, bevor das Gesetz verabschiedet wird, um ab dem Steuerjahr 2025 in Kraft zu treten.

Die Details können sich also noch deutlich ändern. Klar ist aber, dass der Krypto-Branche damit die nächste Auseinandersetzung mit der Regierung bevorsteht.

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14 Kommentare zu US-Steuerservice IRS möchte dezentrale Börsen wie Uniswap in die Pflicht nehmen

  1. Eine Steuerschuld entsteht doch nur, wenn es einen KAUF und einen anschliessenden VERKAUF mit Gewinn bei derselben Platform gibt. Der blosse KAUF erzeugt noch keinen realisierten Gewinn. D.h. die Platform kann doch nur auf Steuerschulden hinweisen, wenn sie von beiden Vorgängen genaueste Kenntnis hat.

    Kaufe ich bei einer Platform, und verkaufe bei einer anderen, kann sie das doch beim besten Willen nicht wissen.

    • Doch, klar, mit der geplanten Travel-Rule schon.

      • Bist du dir da sicher? Ich glaube bei der Travel-Rule geht es hauptsächlich um Geldwäsche und um die Identitäten der jeweiligen Partner. Um Veräußerungsgewinne bestimmen zu können, müsste die verkaufende Börse die genauen Einstandskurse und Kaufzeitpunkte von der abgebenden Plattform übermittelt bekommen. Jetzt lassen wir noch andere Coins des Besitzers zuvor auf der verkaufenden Börse gelandet sein, evtl. von einer cold Wallet des Besitzers, und dann überträgt der Besitzer wieder ein paar Coins zurück auf seine Hardware-Wallet bevor dann ein paar wenig Coins verkauft werden. Wer soll da am Ende trotz Travel-Rule noch den Überblick behalten können, welche Coins als erstes und mit welchem steuerlichen Gewinn veräußert worden sein sollen? Insbesondere auch unter Berücksichtigung der je nach Nationalität unterschiedlichen Steuerregelungen.

      • Stimmt, die Travel Rule alleine reicht nicht. Aber sie könnte ein Ansatz sein, um weiter nachzufragen. Das wird aber hoffentlich noch lange dauern, bis es flächendeckend eingeführt ist

      • Tom Mayer // 6. September 2023 um 19:40 //

        Ah Mist, da war doch was, die Travel Rule

        Wenn ich zwischen KAUF und VERKAUF ein zwei Seitweitsbewegung auf meinem privaten Wallet mache, ist wahrscheinlich noch alles safe. Bis man Committer auf Opensource-Wallets massiv heimlich unter Druck setzt, die Travel Rule einzubauen. (Aber Forken ist ja ein Menschenrecht …)

        Man sollte sich aber echt nicht darauf verlassen, dass die wirksame Einführung der Travel Rule noch so lange hin ist. Die Befürworter entwickeln das nämlich mit Nachdruck und stetig in kleinen Schritten weiter und werden das Ziel dann auch irgendwann erreichen. Besser, es wird vorher ein für alle tragbarer Kompromiss daraus.

        Mir geht es echt nicht ums Steuern vermeiden. Und Auswandern will ich auch nicht.
        Ich persönlich glaube, dass Steuern wichtig sind, für alles was ansonsten unter der “Tragedy of the Commons” den Bach runter gehen würde. (Bildung, Feuerwehr, Krankenhaus, etc… )

        Ich möchte aber schon vermeiden, komplett gläsern und bis ins kleinste Detail “steuer”-bar zu werden.

        Mein aktuelles Zeitschriften-Abo fällt wahrscheinlich noch unter die 1000 EUR Travel Rule Grenze. Aber vieles anderes schon nicht mehr. Alle diese Gesetze lassen sich auch immer weiter anpassen, wenn man irgendwann dann auch gegen das Nasebohren in der Öffentlichkeit vorgehen möchte.

        Bei Bargeld war die Nichtigkeitsgrenze vor noch gar nicht solanger Zeit, bei 15.000 EUR.
        Ein viel sinnvollerer Betrag, der mich mit MICA und Travel Rule eher versöhnen könnte.

    • Wenn man Coins einer Kryptowährung gegen Coins einer anderen kryptowährung tauscht, ist das steuerrechtlich in Deutschland auch ein Verkauf. Auch wenn man kein Fiatgeld bekommt: man muss den aktuellen Gegenwert in Fiat ausrechnen, dann den ursprünglichen Kaufpreis abziehen und die Differenz versteuern. Das führt Trading je nach Anwendungsfall manchmal ad absurdum, ist aber so. Frag deinen Steuerberater.
      Im Zweifelsfall sag deinem Finanzamt, du hast kryptowährungen gegen kryptowährungen gehandelt und frag, ob du das in der Steuererklärung angeben sollst. Die werden sich die Hände reiben.
      Es ist dabei auch unerheblich ob die Behörde auch vom Kauf weiß oder nur vom Verkauf. Wenn der Kaufpreis nicht ermittelt werden kann, wird er geschätzt.
      Und die Finanzämter werden zumindest für europäische Börsen bald über einige Käufe informiert werden, man muss nur mal nach DAC-8 googlen. Das ist meine ich sogar unabhängig von travel rule.

      • Tom Mayer // 13. September 2023 um 22:48 //

        Macht auch Sinn das als Verkauf anzusehen, schliesslich kann man durch solches Tauschen je nach Zeitpunkt und Händler zum Teil erhebliche Arbitragegewinne (oder Verluste) erzeugen. Ich nehme an, das gilt beim Tausch anderer Commodities genauso.

        Wenn ich damit spekuliere, dass ich 100g Gold gege 5 Tonnen Kies und zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurücktausche, muss ich auf eine solchen Gewinn bestimmt Steuern zahlen.

        Ausser ich behalte etwas davon für mindestens 1 Jahr bis zum nächsten Tausch.

  2. Wie einfach und pragmatisch es doch wäre, Steuern genau (nur) in dem Moment anfallen zu lassen, wenn Krypto in Fiatgeld getauscht wird.
    Z. B. auf den Philippinen (aber auch in einigen weiteren Ländern) wird das so gehandhabt und ist einer der Gründe (neben anderen), weshalb wir gerade im Begriff sind, dorthin auszuwandern.

    • Interessant, heißt das, wenn Waren mit Bitcoin gekauft werden, dann fallen auf den Philippinen prinzipiell keine Veräußerungsgewinne an?
      Ich finde eigentlich bereits die steuerliche Regelung in Deutschland nicht unvorteilhaft. Man muss hier die gekauften BTC lediglich ein Jahr “ruhen” lassen, und kann diese dann außerhalb der Spekulationsfrist auch steuerfrei veräußern, bzw. verkaufen.

  3. > Interessant, heißt das, wenn Waren mit Bitcoin gekauft werden, dann fallen auf den Philippinen prinzipiell keine Veräußerungsgewinne an?

    Das ist eine gute Frage, die ich mir auch schon gestellt (aber noch nicht beantwortet) habe. Krypto-in-Krypto-Täusche, Staking-Gewinne, Airdrops, Krypto-Gaming-Gewinne usw. sind jedenfalls zunächst steuerfrei, bis man irgendetwas davon in fiatgeld umtauscht.

    Ich könnte selbst dann gut damit leben, wenn ich beim direkten Kauf von Waren mit Bitcoins Steuern zahlen müsste – wenn nicht: umso besser!

    Was in den Philippinen auch praktisch ist, ist wie einfach BTC bei Bedarf in Pesos umgetauscht werden können:
    https://goodbyematrix.com/mit-bitcoin-auf-den-philippinen-leben/

    Ja, natürlich ist die Haltefristregelung in Deutschland sehr kulant. Aber das nutzt mir nichts, wenn ich z. B. Staking-Gewinne in Währungen habe, In-Game-Währungen in Spielen verdiene bzw. Airdrops erhalte (z. B. in Splinterlands) die danach rapide an Wert verlieren. wenn ich nicht schnell genug verkaufe (was oft nur über mehrere Schritte überhaupt möglich ist), können Steuern entstehen, die höher sind als der Gesamtwert dieser Währungen, die ich insgesamt noch besitze. Ohne ins hier Detail gehen zu wollen, versichere ich dir, dass dadurch völlig absurde Steuerszenarien entstehen können.

    Muss ich einfach dann Steuern zahlen, wenn ich die Kryptos verkaufe, ist alles einfach, sicher und kalkulierbare: Hohe Kryptoauszahlungen = hohe Steuern (dann aber auch OK, weil ich ja tatsächlich den Gewinn realisiert habe und er nicht nur fiktiv irgendwann theoretisch mal vorhanden war) und bei niedrigem Wert der umgetauschten Kryptos sind auch die Steuern niedriger: Fair und transparent.

    • Ich denke ein Grund weshalb diese Form von “nachgelagerter Besteuerung” auch ihre Nachteile hat, ist dass Vermögende ihr Vermögen beliebig steigern könnten (und sozusagen stille Reserven aufbauen können) ohne zunächst einen einzigen Cent Steuern dafür bezahlen zu müssen. Das Vermögen welches nicht ausgegeben wird, kann unversteuert weitere Zinseinnahmen generieren, z.B. in Form von Staking-Erträgen, welche dann auch wieder zunächst unversteuert bleiben. Ich glaube dies wäre nicht im Sinne unserer sozialen Marktwirtschaft, und würde die Schere zwischen Reich und Arm nur weiter auseinander gehen lassen.

  4. Hm, die Strassen in den Phillipinen sollen sehr schlecht sein. Nicht gerade gut, wenn man den niegel-nagel-neuen von den gesparten Steuergeldern gekauften Lambo mal ausführen möchte.

    Also keine sehr wirksame Drohung gegen schlechte Gesetze.

    • Ich ‘drohe’ niemandem, sondern will lediglich in Ruhe, Freiheit und ohne unnötige Komplikationen leben (und Luxus – Lambos etc. – zur Schau zu stellen ist meine Sache ohnehin nicht).
      Abgesehen davon sind die Philippinen groß, divers und weisen Orte durchaus gut funktionierender Infrastruktur auf. Ich denke z. B. nicht, dass BGC einen Vergleich mit beispielsweise Berlin scheuen müsste … Wobei ich derzeit eher das kühlere Tagaytay als langfristiges Ziel im Auge habe. 🙂
      Aber ich bin ganz sicher nicht hier, um irgendjemanden davon zu überzeugen, es mir gleich zu tun. Möge jeder auf dem für ihn als Individuum passenden Weg sein Glück finden (und sei es in Deutschland)! 🙂

    • Hey alles gut, wenn die Phillipinen Dir gefallen, mach das. Die Phillipinen sind wirklich ein sehr schönes Land. 🙂

      Ich höre nur in Diskussionen oft dieses Argument: Wenn die Gesetzgebung sich nicht bessert, geh ich ins Ausland.

      Ich will nur darauf hinweisen, dass solche Aussagen keinen – und wirklich absolut keinen – Regulierer wirklich jucken.

      Die meisten deutschen Auswanderer kehren nach relativ kurzer Zeit schon wieder nach DE zurück, wenn sie merken, dass es im Wunschland auch nicht alles Paradies ist. Nicht nur in Sendungen wie “Goodbye Deutschland”. Politiker und Regulierer, wissen das sehr gut.

      Das klingt bei Dir aber zumindest so, als wärst Du schon ein öfter in den Phillipinen gewesen. Das ist definitiv ein Vorteil.

      Den anderen würde ich sagen, dass der Weg, sich hierzulande für eine vernünftige Regulierung einzusetzen, zwar unbequemer, dafür am Ende aber auch deutlich wirksamer ist.

      Die Frage, ob die hiesigen Regulierungen auch ausländische Fachkräfte wirksam nach DE locken, ist hingegen ein Argument, dass hiesige Politiker im Auge behalten.

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