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Warum die deutsche Wirtschaft die Bitcoin-Revolution nicht verschlafen sollte

"Broken Down Mercedes" by William Murphy via flickr.com. Lizenz: Creative Commons 2.0

Die Forbes gibt einen Überblick über die Bitcoin-Wirtschaft in Europa. Die stärkste Volkswirtschaft des Kontinents kommt darin gar nicht vor. Falls der Bitcoin, wie hierzulande oft gedacht, tatsächlich eine leere Blase bleibt, ist das in Ordnung. Falls nicht, wird die deutsche Wirtschaft für ihre Zurückhaltung künftig einen hohen Preis bezahlen müssen.

An dem Überblick, den die Forbes über Europas Bitcoin-Wirtschaft gibt, ist vor allem interessant, was nicht darin steht. Die Autorin räumt ein, dass das Investment in Bitcoin-Startups in den USA mit 200 Millionen Dollar noch deutlich höher ist als in Europa, wo bisher nur 10 Millionen Dollar investiert worden sind. Dennoch spiele Europa, dank innovativer Unternehmen in den aktivsten Ländern des Kontinents, eine wichtige Rolle im Bitcoin-Netzwerk.

Dann beginn die Autorin aufzuzählen: KnC-Miner in Stockholm, LocalBitcoins in Finnland, BitFury in den Niederlanden, blockchain.info in Großbritannien, das La Maison du Bitcoin in Paris, der Zahlungsservice Bips in Dänemark, die Börse Justcoin in Norwegen, Cryptostore und The Bitcoin Jar in Polen, BTCxchange.ro in Rumänien, HitBTC in Estland. Deutschland kommt nicht vor. Man kann im Browser nach „germany“ suchen – man wird nichts finden.

Die Liste ist natürlich nicht vollständig und etwas willkürlich. In Großbritannien gibt es noch Bitstamp, in den Niederlanden einige Market Maker, Coinqy und Cointopay, in Frankreich Paymium, in Bulgarien/Zypern BTC-E, und, natürlich, in Deutschland Bitcoin.de, BitcoinCommodities und Bitcoins Berlin. Aber was auffällt, ist, dass fast überall in Europa neue Bitcoin-Unternehmen entstehen und wachsen und gedeihen, während die nennenswerten deutschen Bitcoin-Unternehmen bereits 2-3 Jahre alt sind. In der Pionierphase war die Bundesrepublik ein Kernland des Bitcoin, in der Ausbauphase herrscht Stagnation. Das zeigt auch die Statistik von BitPay Europe: 21,25% der Kunden von BitPay sind aus Großbritannien, 8,56 aus Deutschland und 6,57 aus den Niederlanden. Wenn man diese Werte auf die Einwohnerzahl umschlägt, hinkt Deutschland deutlich hinterher. Und von den 10 Millionen Investitionskapital in Europa ist, soweit mir bekannt ist, nichts an deutsche Start-Ups geflossen.

Gut so, könnte man sagen. Sollen die Investoren ihr Kapital in Schweden, den Niederlanden, Großbritannien, Polen und natürlich den USA versenken. Die Bitcoin-Wirtschaft zeigt viele Anzeichen einer Blase – etwa dass es 10 Mal mehr von Investoren unterfütterte und unproftable Handelsplätze gibt, als der Markt benötigt – und wäre es da nicht besser, Deutschland übt sich in gepflegter Zurückhaltung? Man hat ja bereits bei der Dotcom- bzw. Neue Technologien Blase genügend geblutet.

Allerdings gibt es genau zwei Möglichkeiten, was die Zukunft des Bitcoins angeht. Entweder er ist, wie man hierzulande gerne glaubt, eine Lösung für ein Problem, das es nicht gibt und damit eine leere Blase, die vielleicht nicht sang- und klang-, aber alternativlos platzen wird. Oder er ist eine Währung, die in Zukunft eine große Rolle im Online-Handel und im internationalen Zahlungsverkehr spielen wird. Technologisch haben der Bitcoin und andere virtuelle Währungen das Zeug dafür.

Falls die erste Möglichkeit eintritt, dann erspart sich die deutsche Wirtschaft eine Handvoll Fehlschläge in einer volkswirtschaftlich absolut vernachlässigbaren Größe. Falls nicht, wird sie in zehn bis zwanzig Jahren die Rechnung dafür bezahlen, dass sie jetzt zögert. Denn die gesamte Infrastruktur, die eine Währung wie der Bitcoin benötigt, ist im Ausland. Es gibt keine deutschen Market-Maker, keine echte deutsche Börse, keine Payment-Provider und nicht mal Online-Wallets. Die Export- und Importindustrie sowie der Onlinehandel müssten künftig Gebühren an Unternehmen bezahlen, die in anderen, innovationsfreundlicheren Ländern sitzen.

Dabei wäre das nicht nötig. Mit den hohen Anforderungen an Finanzdienstleister, den reifen Standards im Datenschutz und der technologischen Kompetenz könnte Deutschland seine Stellung als führende Wirtschaftsnation Europas auch im Bitcoin-Business durchsetzen.


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Über Christoph Bergmann (2823 Artikel)
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7 Kommentare zu Warum die deutsche Wirtschaft die Bitcoin-Revolution nicht verschlafen sollte

  1. Zitat:
    „Es gibt keine deutschen Market-Maker, keine echte deutsche Börse, keine Payment-Provider und nicht mal Online-Wallets. “

    Wie soll das auch gehen, wenn z.B. nichtmal eindeutig geklärt ist, dass auf Cryptocurrencies (logischerweise) keine Umsatzsteuer entfällt, und man als Startup in den genannten Bereichen quasi eine Bankenlizenz braucht, mit allem, was dazu gehört. DAS muß erstmal alles geklärt und geändert werden, dann wird sich hier eine entsprechende „Industrie“ entwickeln. Dazu brauchen wir allerdings eine gründungsfreundliche Politik und deshalb sollte vordringliches Ziel sein, eine entsprechende Lobbygruppe zu gründen und ihre Arbeit in Berlin machen zu lassen.

  2. Heinz Schumacher // 5. August 2014 um 16:08 // Antworten

    Das gute am Bitcoin ist das er weder eine Börse noch eine Wirtschaft benötigt. Deswegen wird man an ihm auf Dauer auch nicht signifikant verdienen. Wer denkt das er mit Bitcoin das große geld machen kann ist sowieso auf dem Holzweg. Bitcoin ist eine Währung – sonst nichts.

    • Name not required // 6. August 2014 um 1:24 // Antworten

      Zitat:
      “ Wer denkt das er mit Bitcoin das große geld machen kann ist sowieso auf dem Holzweg. Bitcoin ist eine Währung – sonst nichts.“

      Seltsam, dass viele Leute mit Euro, Dollar und Co. reich geworden sind, finden Sie nicht?

  3. ………oder arm

    • Kein Name nötig // 6. August 2014 um 14:15 // Antworten

      Ja, aber das liegt nunmal in der Natur der Sache …
      Das Geld ist ja nicht weg, es hat dann nur jemand anderes.

  4. …die erste Applikation der Erfindung..keine Währung.
    Rechningseinheiten in multilateralen Verrechnungskreisen ;D

  5. Reblogged this on MYRON Swiss AG.

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