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Deloitte: Virtuelle Währungen sind nächster Schritt in Evolution des Geldes

Das überraschende langfristige Potenzial des Bitcoin

Unter dem Titel „Bitcoin: Fact. Fiction. Future“ hat die Deloitte-University-Press einen Bericht zum Bitcoin herausgegeben. Das Urteil einer Abteilung einer der einflussreichsten Prüfungs- und Beratungsgesellschaften der Welt: Die Bitcoin-Technologie könnte viel mehr verändern, als man bisher meint, und ihr disruptives Potenzial geht weiter über eine Währung hinaus. Der Bericht ist ein Aufruf an Unternehmen, Politiker und Behörden, die virtuellen Währungen ernst zu nehmen. Außerdem beleuchtet er vier mögliche Zukunftsszenarien.

Wollte man den Artikel der Deloitte University Press in einem Absatz zusammenfassen, wäre es wohl folgender: „Wacht auf! Die Zeit, virtuelle Währungen wie Bitcoins zu ignorieren, geht vorüber. Informiert euch über Chancen und Risiken, bevor es zu spät ist – bevor die Sache außer Kontrolle gerät und bevor euch andere den Kuchen wegschnappen! Macht nicht nochmal denselben Fehler wie mit dem Internet.“

Aber fangen wir vorn an: Die Deloitte University Press ist das Magazin der Führungskräfte-Akademie von Deloitte, einer der vier größten Beratungs- und Prüfungsgesellschaften der Welt. Auch wenn der Artikel nicht zwingend die Haltung von Deloitte wiedergeben muss, ist sein Einfluss auf das Denken und Handeln von Beratern und Unternehmen weltweit kaum zu unterschätzen. Wenn eines der einflußreichsten „Metaunternehmen“ überhaupt empfiehlt, sich mit dem Bitcoin zu beschäftigen, dann ist das keine heiße Luft, sondern ein ernstzunehmender Ratschlag, der Gehör bei den Machern und Lenkern der Wirtschaft findet.

Medien berichten vor allem über Skandale und Krisen

Der recht lange Artikel beginnt mit der Erklärung, warum er überhaupt nötig: Bitcoins werden nämlich, trotz einer Explosion der medialen Berichterstattung, falsch verstanden. Indem die Medien bevorzugt über Skandale wie den Zusammenbruch von Börsen, die extreme Volatilität und die Kriminalität schreiben, könnten sie Regierungen davon ablenken, die „potenzielle langfristige Bedeutung [des Bitcoins] als eine disruptive neue Technologie für Geld“ zu erkennen. Was die deutschen Massenmedien angeht können wir das, nach einem Jahr der Beobachtung, durchweg unterschreiben. Artikel gibt es meistens, wenn was schiefgeht, good news are no news.

Auch danach sagt der Bericht etwas, das wir auf diesem Blog schon lange predigen: Der Bitcoin ist nicht nur eine andere, effizientere Methode, um im Internet zu shopppen. Der Bitcoin ist ein Protokoll, um Werte ohne Mittelsmänner über das Netz zu übertragen, und die Folgen davon gehen weit über die 2-3 Prozent hinaus, die der Handel an Gebühren sparen kann:

„Auf den öffentlichen und privaten Sektor werden neue Herausforderungen, Chancen und Verantwortlichkeiten zukommen […] In der Zukunft könnte Bitcoin sogar die Art, wie wir Geschäfte betreiben und über Arbeit denken, revolutionieren. Je früher der öffentliche und private Sektor das Potenzial dieser neuen Technologie versteht, desto besser werden sie darauf vorbereitet sein, mit den Herausforderungen umzugehen und die Vorteile zu nutzen, die mit Bitcoin und anderen virtuellen Währungen entstehen.“

Man kann es nicht oft genug sagen: Beschäftigt euch damit! Die Bitcoin-Technologie ist da, und sie wird nicht einfach so verpuffen. Nur weil es derzeit noch ein „Nischenphänomen“ ist (so vollkommen richtig Carl-Ludwig Thiele, Chef der Bundesbank), bedeutet das nicht, dass es das auch bleiben wird. Bitcoins ist Geld – ein Protokoll für Werte – das effektiver und sicherer und schneller ist als jedes andere vorangegangene vergleichbare Werkzeug. Blockchains sind neue Wesen im Internet; Code, der nicht manipulierbar ist. Es muss nicht heute sein und nicht in fünf Jahren, dass diese Technologie ihr volles Potenzial entfaltet. Aber man sollte darauf vorbereitet sein.

Vorteile und Nachteile des Bitcoin

Zurück zum Bericht: Der empfiehlt, Bitcoins als „natürlichen nächsten Schritt in der Evolution von Geld“ zu verstehen. Nach einer zusammengerafften Erklärung, wie Bitcoins funktionieren, erklärt der Bericht einige Vorteile virtueller Währungen:

  • Sie benötigen keinen Zwischenmann, um überwiesen zu werden. Bitcoins sind damit so etwas wie Bargeld fürs Internet
  • Das System ist offen und dennoch sicher. Andere Überweisungsmethoden sind dagegen nur sicher, wenn die privaten Daten der Beteiligten verborgen bleiben.
  • Bitcoin läuft mit Eigenantrieb: Es benutzt sich selbst, um diejenigen zu bezahlen, die es am Laufen halten. Damit fällt ein Überbau weg, den andere Zahlungsanbieter benötigen.

Das bedeutet aber nicht, dass die Deloitte University Press sich nicht über die aktuellen Probleme im Bitcoin-Space bewusst ist. Es sind folgende:

  • Die Volatilität: Dank der Spekulanten weist der Bitcoin extreme Preisschwankungen auf, was seine Eignung als Zahlungsmittel begrenzt. Solange dies so bleibt, wird der Bitcoin weniger als Geld denn als Mittel der Spekulation und „Get Rich Quick“-Modellen genutzt, ähnlich wie Penny Stocks.
  • Die unsichere rechtliche Lage: Die globale Bitcoin-Regulierung ist derzeit unklar. Jede Neuigkeit von behördlichem Vorgehen gegen Bitcoins kann den Preis beeinflussen. Zugleich zögern Unternehmen, mit Bitcoins Geschäfte zu machen, solange sie dadurch Ärger mit der Regierung bekommen könnten.
  • Sicherheitsprobleme: Wie unter anderem Mt. Gox gezeigt hat, besteht ein eklatantes Sicherheitsproblem auf Seiten von Börsen und zum Teil auch Online-Wallets. „Um zu reifen, müssen die Börsen eine Sicherheit haben, die so stark ist wie die traditioneller Banken.“
  • Die hohe notwendige Menge an Speicher und Bandbreite, um im Peer2Peer-Netzwerke eine große Menge an Transaktionen zu prozessieren.

„Mehr als eine Währung“

Nach dieser Aufzählung von Vor- und Nachteilen geht der Bericht dazu über, das weitere Potenzial der Bitcoin-Technologie zu erläutern:

Bitcoin und andere virtuelle Währungen erschaffen eine neue Architektur um Informationen über das Internet zu versenden – Peer2Peer, offen aber sicher, und nahezu reibungslos. „Stellen Sie sich vor, wie andere Systeme, die auf Mittelsmännern beruhen, etwa die Grundstücksübertragung, die Vertragsabschließung oder das Identitätsmanagement, von solchen Peer2Peer Systemen verändert werden können.“ Im Einzelnen kann der Bitcoin oder eine Bitcoin-artige Technik disruptiv für folgende Bereiche sein:

  • Remittance: Für internationale Überweisungen fallen oft Gebühren von bis zu 10 Prozent an. Das wäre mit dem Bitcoin hinfällig.
  • Der Einzelhandel: Wenn man kleine Produkte per Kreditkarte (oder EC) kauft, sind die Gebühren oft größer als der Gewinn. Hier könnte der Bitcoin den Händlern 10-20 cent je Überweisung ersparen.
  • Eigentumsübertragung: Derzeit verlangt die Übertragung von Eigentum signifikant viel Zeit und Ressourcen. Mit der Blockchain-Technologie könnte man einfach einen Coin zum Repräsentant von Eigentum machen und damit die Übertragung günstiger und viel schneller machen.
  • Das Vertragswesen: Verträge sind komplizierte Konstrukte, die viel Zeit und Mühe in Anspruch nehmen. Über die Blockchain könnten Verträge transparenter werden und sich selbst ausführen. Beispiele sind Optionen auf Käufe, die in der Blockchain so gespeichert sind, dass sie sich zu einem bestimmten Zeitpunkt lösen.
  • Identitätsmanagement: Das herkömmliche Identitätsmanagement beruht auf Papier. Ausweise und so weiter werden daher oft gestohlen und gefälscht. Die Datenbanken von Interpol listen derzeit rund 39 Millionen gestohlene Reisedokumente. Mit einem dem Bitcoin ähnlichen Netzwerk ließen sich diese Papierberge durch kryptographische Schlüssel ersetzen.

Weitere, weniger ausführlich beschriebene Anwendungsgebiete virtueller Währungen sind das Banking in Regionen ohne Bank sowie das Mikropayment. Danach kommt eines der spannendsten Kapitel des Berichts:

Vier mögliche Zukunftsszenarien für Bitcoin

Leben am Rand: Es geht so weiter wie bisher. Die Vertrauens- und Sicherheitsprobleme werden niemals gelöst. Börsen klappen weiter zusammen, der Bitcoin bleibt ein Zahlungsmittel für kriminelle Aktivitäten. Die meisten Bitcoins sind in der Hand von Spekulanten, und anstatt einer virtuellen Währung ist der Bitcoin ein Penny Stock.

Corporate Coin: Unternehmen implementieren den Bitcoin in ihre eigenen Zahlungsprotokolle. Anstatt im Vordergrund wird der Bitcoin jedoch im Hintergrund genutzt, um Transaktionen zu prozessieren. Konsumenten bezahlen weiterhin in Euro. Die Bitcoin-Technologie wird zu einer Art Rückgrat im Transaktionswesen.

Satoshis für alles: Bitcoin wird das Protokoll für jeden Transfer von Werten. Dadurch wird die allgemeine Transparenz erhöht und die Gebühren für vieles sinken.

Neue Netzwerke: Bitcoin ändert das Wesen der Arbeit. Mikropayment macht es Leuten möglich, für viele kleine Aufgaben in digitalen Netzwerken Geld einzusammeln. Während bei Emails und Suchmaschinen die User nicht die Kunden, sondern das Produkt sind, das für die Unternehmen dahinter den Mehrwert schafft, werden bei Bitcoin-artigen-Technologien die User sowohl Produkt als auch Kunde sein, da sie den Mehrwert, den sie erzeugen, auch erhalten können.

Welches dieser Szenarien auch immer wahr werden wird – der Bericht schließt mit einer Ermutigung an Unternehmen und Staaten, die neue Technologie ernst zu nehmen:

Bitcoin ist ein weiteres Beispiel dafür, wie neue Technologien und Trends scheinbar aus dem Nirgendwo auftauchen und neue Probleme und Chancen für Regierungen erzeugen, während sich noch herausstellt, wie auf sie zu reagieren ist. Die meisten Regierungen haben es bevorzugt, sich herauszuhalten, als das Internet in den 80er Jahren entstand. Doch die Lehren aus dem Internet sollten eine Warnung sein, dass neue Technologien aus dem Nirgendwo auftauchen und alles verändern können. Die direkte Relevanz des Bitcoin für traditionelle Bereiche der Regierung, wie die Währung und Steuern, verdient eine spezielle Berücksichtigung. Bedenkt man die breiten Auswirkungen vom Vertragswesen zum Identitätsmanagement, so sollten Behörden, die mit diversen Operationen beauftragt sind, von der Finanzmarktaufsicht hin zu Grenzkontrollen, die Evolution des Bitcoins beobachten. Regierungen müssen verstehen, wie sich der Bitcoin in naher Zukunft entwickelt. Aber, noch wichtiger: Sie müssen erkunden, wie die Konzepte hinter dieser neuen Technologie sich mit ihren Aufgaben künftig kreuzen könnten.

 

 

Über Christoph Bergmann (2796 Artikel)
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7 Kommentare zu Deloitte: Virtuelle Währungen sind nächster Schritt in Evolution des Geldes

  1. Werner Müller // 2. Juli 2014 um 17:51 // Antworten

    Muß schon sagen, das sind verdammt viele Nachteile und fast kein einziger handfester Vorteil. Noch ein “ kleiner“ Nachteil: außer ein paar Fanatikern will niemand den Bitcoin. Er wird auf immer und ewig Spekulationsobjekt bleiben und jede nachfolgende Krypto Währung auch. Der Anfang war schon das Ende. Schade drum.

    • Name is not required // 2. Juli 2014 um 18:39 // Antworten

      Zitat:
      „Er wird auf immer und ewig Spekulationsobjekt bleiben und jede nachfolgende Krypto Währung auch. Der Anfang war schon das Ende. Schade drum.“

      Ja, ja, so wie das Internet heute auch immer noch nur den Nerds vorbehalten ist, wie damals von ähnlichen Skeptikern wie Ihnen gemutmaßt wurde. Iss klar, ne …

    • LittleOldMe // 2. Juli 2014 um 18:40 // Antworten

      Whao da hat wohl jemand nen anderen Artikel gelesen als ich? Von ca 6milliarden Menschen haben gerade einmal 1milliarde Zugang zu einem sowieso bereits kaputten Banksystem welches keiner mehr nutzen will. 2Milliarden haben Internet, dieses Verbreitet sich allerdings rasant. Heisst da sind 5 Milliarden Potenzielle Bitcoin-Nutzer in der Welt. Die Welt ist ebend größer als Deutschland und USA und man muss auch mal über den Tellerrand hinausschauen.

      • Frankfurter Würstchen // 3. Juli 2014 um 19:24 //

        „sowieso bereits kaputten Banksystem“

        Das Banksystem ist nur die Wirkung des kaputten Geldsystems, also wie Geld entsteht und wie Geld in de Umlauf kommt. Das Schuldgeldsystem ist an vielem Schuld. 😉 Ich muss immer schmunzeln wenn sie die uninformierten über die Schulden des Staates unterhalten ohne zu wissen: Wenn der Staat keine Schulden mehr hat, aber die Geldmenge gleich bleiben muss, müssen sich Andere mehr verschulden, im Zweifelsfall die, die sich über die hohen Schulden des Staates aufregen. Da heißt natürlich nicht das ich einen hoch verschuldeten Staat gut finde, sondern, dass ich das Schuldgeldsystem für fundamental falsch halte.

  2. Bitcoin ist schon lange keine Sache von ein paar Nerds und Fanatikern mehr. Allein zwischen der letzten und der vorletzten Difficulty, also innerhalb von 11 Tagen, wurden grob geschätzt nur an Mining Rechenleistung zwischen 12 und 15 Millionen EUR neu in das Netz gepumpt. Wer immer das tut – ein paar Fanatiker sind das nicht… In zwei, spätestens drei Monaten ist privates Bitcoin Mining vorbei und die Großinvestoren teilen das Bitcoin Netz unter sich auf, genau so, wie ein paar Großbanken und Großinvestoren das bisherige Finanzwesen dieser Welt kontrollieren. Natürlich wird die Poolverteilung immer so aussehen, als wäre alles in Ordnung, aber in Wirklichkeit – was hat sich dann geändert? Genau – NICHTS. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist der Bitcoin unter Kontrolle und alles wird gut… 😉

    • Frankfurter Würstchen // 3. Juli 2014 um 19:38 // Antworten

      Dabei vergisst du aber, die Geldvermehrung im Bitcoin System erfolgt nicht durch Schuld und die nicht geschöpften Zinsen gibt es auch. Das ist ein Umstand, der von vielen noch nicht wahrgenommen wird.
      Ich reiß das Thema mal kurz an: Beim klassischen Geldsystem ist es so, wenn du ein genügend großes Vermögen hast kannst ohne vom Grundvermögen etwas wegzunehmen auf Grund des Zinses und Zinseszinses trotzdem konsumieren. Deine Schuldner bezahlen durch ihre Arbeitskraft dein Leben. Im Bitcoin System geht das nicht. Entweder musst du selber Arbeitskraft investieren oder dein Vermögen wird durch Konsum automatisch kleiner.
      Hier mal ein paar fiktive Zahlen zur Verdeutlichung:
      Startguthaben sind jeweils 5.000 Einheiten. Zur Vereinfachung gehen wir von 1:1 Wechselkurs aus. Zum Leben brauchst du 10 Einheiten pro Jahr. Im alten System gibt es aber 5% Zinsen. Was hast du nach einem Jahr? 4.990,- Einheiten von beim neuen System. Beim alten System sind es 5.000 + 5% Zinsen => 5.250 – 10 Einheiten zum Leben = 5.240 Einheiten. Das ist natürlich stark vereinfacht dargestellt, aber die Tendenz stimmt dennoch.
      Merkst du den Unterschied?
      Oder in kurz Form: Das haben von BTC bringt dir nichts, nur eine virtuelle Zahl auf deinem Konto. Erst wenn du BTC ausgibst, erhalten sie für dich einen realen Wert!

      • Dein Beispiel geht davon aus, dass man Bitcoins nicht für Zinsen verborgen kann.
        Was am Bitcoinsystem verhindert die Aufnahme/Vergabe von Krediten ?
        Was am Bitcoinsystem verhindert es, dass der Kreditgeber Zinsen für Kredite verlangt ?
        Dein Beispiel ist doch eher damit vergleichbar, ob jemand sein Geld für Zinsen anlegt oder als Bargeld unter dem Kopfpolster hortet. Es hat aber nichts mit Bitcoins zu tun.

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