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Bitcoin Unternehmen flüchten aus New York

"Statue of Liberty 1" von thenails via flickr.com. Lizenz nach Creative Commons 2.0

Wer wissen will, was eine zu strenge Regulierung bewirkt, sollte nach New York schauen: Dort treibt die vor kurzem in Kraft getretene BitLizenz immer mehr Firmen aus. Eine Börse nach der anderen blockiert Kunden aus New York.

Regulierung mag gut und vorteilhaft sein, um Standards zu schaffen, aber wie bei allem ist das richtige Maß entscheidend. Eine Regulierung wie die BitLizenz, scheint über das Ziel hinauszuschießen, indem sie verlangt, was sich die Finanzaufsicht wünscht, anstatt das, was möglich ist. Firmen, die mit virtuellen Währungen arbeiten, müssen nicht nur einen teuren Antrag stellen und ein enormes Eigenkapital nachweisen, sondern auch ihre Mitarbeiter und Kunde ausspionieren. Für einen Großteil der Bitcoin-Firmen scheint dies über ein gesundes Maß hinauszugehen.

In der vergangenen Woche haben nach Shapeshift auch Bitfinex, localbitcoins, Vaultoro, Kraken, Bitquick, GoCoin und Paxful New York verlassen bzw. und genauer gesagt: sie blockieren Kunden mit einer New Yorker IP-Adresse. Bitstamp, Coinbase und Coinsetter dagegen beantragen eine BitLizenz, während ItBit bereits über eine Kooperation mit einer Bank das Recht hat, den Bitcoin-Handel in New York zu betreiben.

Mit der New Yorker BitLizenz treffen zwei Welten zusammen: die zentralisierte, lokale Regulierung und die dezentrale, weltweite Struktur des Internets. In der Folge muss jede Bitcoin-Firma, die Kunden aus New York bedient, den Anforderungen der New Yorker Finanzaufsicht genüge tun – unabhängig davon, wo die Firma ihren Sitz hat. Die Anforderungen sind:

  • die Registrierung bei FinCEN (der US-Finanzaufsicht) sowie das Ausfüllen der KYC (Know your customer) und AML (Anti money laundering) Papiere
  • Die Einreichtung eines 31-seitigen Antrag nebst einer Gebühr vo 5.000 Dollar. Der Antrag muss von einer dritten Partei geprüft worden sein.
  • Die Einreichtung der Fingerabdrücke aller Angestellten
  • Anschließend muss die Firma mit der New Yorker Finanzaufsicht verhandeln, wie hoch ein an die Aufsicht zu übergebender Sicherheitsbetrag ausfällt. Außerdem ist ein etwa 500-seitiger Antrag auszufüllen.

Wer mithilfe teurer Berater und Anwälte diesen kostspieligen Schritt gehen kann, muss im Anschluss die strengen Vorgaben der BitLizenz berücksichtigen. Diese beinhalten eine genaue Überwachung der finanziellen Aktivitäten der Kunden, regelmäßige Audits, eine jahrelange und ausführliche Dokumentation sowie das Halten großer Beträge von Sicherheitskapital. Man könnte einwenden, dass die Auflagen der Lizenz im Sinne des Kundenschutzes seien, was jedoch übersieht, dass die genannten Firmen zum Teil seit mehreren Jahren sehr zuverlässig und sicher arbeiten.

Für viele Bitcoin-Firmen, die sich naturgemäß für finanzielle Privatsphäre einsetzen, ist die Auflage, die Kunden zu überwachen, der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, während für andere Bitcoin-Startups die mit dem Antrag einer BitLizenz verbundenen Kosten schlicht nicht zu stemmen sind. Befreit von der BitLizenz sind hingegen Banken, die bereits über die notwendigen Rechte verfügen, um mit virtuellen Währungen zu handeln.

LocalBitcoins, die Plattform, die Bitcoin-Nutzer live zusammenbringt, ist an sich nicht in New York verboten, doch vermutlich benötigen diejenigen, die über LocalBitcoins handeln, eine BitLizenz. Aus diesem Grund schließt das finnische Unternehmen von nun an Kunden aus New York aus. Dasselbe trifft im Übrigen mit denselben Gründen auch auf Deutschland zu.

Für die Einwohner New Yorks haben sich damit die Möglichkeiten, Bitcoins zu kaufen, zu verkaufen und zu benutzen, innerhalb kürzester Zeit deutlich reduziert. Neben dem weitgehenden Abbau der Möglichkeiten, außerhalb einiger weniger Börsen mit Bitcoins zu handeln, dürfte die Blockade durch den Zahlungsdienstleister GoCoin besonders unangenehm sein. Es ist zu erwarten, dass weitere Firmen folgen werden, wie etwa Mining-Pools, Online-Wallets oder Crowdlending- und Crowdfundingplattformen. Die chinesischen Börsen, die wie OkCoin auch den Dollar-Handel anbieten, haben bisher nicht reagiert. Vermutlich vertrauen sie darauf, dass der mit der BitLizenz betriebene New Yorker Rechtsimperialismus zwar nach Europa reicht, aber sich in China nicht durchsetzen lässt. Das Risiko trüge damit der Kunde.

New Yorker Bitcoiner werden somit gezwungen sein, entweder auf viele Möglichkeiten rund um Bitcoin zu verzichten, oder ein VPN bzw. das Tor-Netzwerk zu benutzen, um sich bei den Dienstleistern anzumelden. Damit verspielen sie jedoch alle Möglichkeiten auf einen minimalen Rechtsschutz. Faktisch bedeutet eine Regulierung, die Firmen vertreibt, welche bisher sehr gut im Interesse der Kunden funktionieren, für den Kunden nicht mehr, sondern weniger Verbraucherschutz.

Über Markus Städler (23 Artikel)
Ist freier Journalist und Autor. Er beschäftigt sich überwiegend mit technologischen und wirtschaftlichen Themen. Seit er Ende 2013 den Bitcoin kennengelernt hat, ist die Kryptowährung sein absolutes Lieblingsthema geworden.

2 Kommentare zu Bitcoin Unternehmen flüchten aus New York

  1. Jede staatliche Regulierung ist eine Unterwanderung des Verbraucherschutzes. Eine Aufnahme des Bitcoins in bestehende Handelsgesetze reicht aus um den Verbraucher zu schützen. Der hat dann die Möglichkeit der Reklamation bzw. Klage o.ä.
    Nachdem sich im Fall MtGox herausgestellt hat dass es nun wohl doch nicht so sehr die Hacker waren, ist NY mit der Lizenz über das Ziel hinausgeschossen. Die Anforderungen dieser Lizenz ermöglichen jedoch die Überwachung des Bürgers und seines Finanzverhaltens. Unter Betrachtung der Einschränkungen bei Bargeldzahlungen in unseren Nachbarländern räume ich der Lizenz jedoch hohe Chancen ein, verfolgen die Regierungen damit doch gleiche Ziele.

  2. Hallo von der Nordseeküste!

    Das ist einfach der Kampf der Großen gegen die Kleinen. Sie wollen das Bargeld abschaffen. Die Restriktionen in New York sind ein weiterer Test um Bitcoin ,den Hals umzudrehen’.

    Wird das nicht klappen kommt ein Verbot mit drakonischen Strafen. Da werden 90 % der Weltbevölkerung kuschen.

    Vielleicht gibt es ein paar Staaten, die länger durchhalten. Aber letzten Endes werden auch sie sich dem dicken Kapital beugen müssen – oder die USA überfallen das kleine Land, weil ,,sie sich bedroht fühlen”.

    Das haben sie mit Grenada auch schon vorexerziert. Und dass die Amis die Weltherrschaft wollen, das ist wohl klar. Immer schön unter dem Deckmantel der Demokratie. Dabei gehen sie sogar über Millionen von Leichen!

    Trotzdem eine dynamische Woche und immer ein paar BTC auf dem Rechner für den ,Notfall’!

    Gerd Taddicken – Nordenham

    2015-08-17_Mo., gg. 09.02 h

    +++

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