Studie: Dafür werden Bitcoins genutzt
Eine Forscherin der Uni Münster hat eine der ausführlichsten mir bekannten Umfragen zum Bitcoin erstellt. Die Ergebnisse zeigen, wer Bitcoins wie und weshalb wofür benutzt und welche Risiken er damit verbindet. Der größte Reiz des Bitcoins liegt in seinem experimentellen Charakter, anonyme und illegale Zahlungen sind dagegen wenig wichtig.
Swetlana Abramova, Doktorantin am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Münster und wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bitcrime Forschungsprojektes, hat im vergangenen Jahr eine Online-Umfrage zur Bitcoin-Nutzung erstellt. Insgesamt haben 112 Personen teilgenommen.
Man muss nun zugeben, dass die Studie – für mich erfreulicherweise – nicht ganz repräsentativ ist: Von den 112 Teilnehmern kamen mehr als 60 über einen Link auf dem Bitcoinblog zur Studie. Also, liebe Leser, es geht um euch!
Nicht weiter überraschend finde ich, dass sich 40% der Teilnehmer ein gutes technisches Verständnis des Bitcoins zuschreiben und sich 7% als Experten bezeichnen. Das kann man mit einem Blick in die Kommentare unter vielen Artikel ganz gut nachvollziehen. Viele andere Ergebnisse der Studie sind allerdings doch überraschend.
Die Teilnehmer
Von 112 Teilnehmern lieferten 106 valide Antwortsamples. 64 davon kamen aus Deutschland, die anderen verteilten sich auf verschiedene Länder weltweit. Dies dürfte daran liegen, dass der Link zur Umfrage nur über unser Blog sowie über zwei Facebook-Gruppen verteilt wurde.
61% der Teilnehmer waren zwischen 25 und 44 Jahre alt, jeder zweite hat einen Hochschulabschluss und 4% einen Doktor. Der allergrößte Teil der Teilnehmer arbeitet in technischen Berufen: 31,1% im IT-Bereich, 12,3% als Ingenieur und 9,4% in der Forschung und Entwicklung. Kreativberufe spielen mit 3,8% nur eine relativ geringe Rolle, was überraschenderweise auch auf den Finanzbereich zutrifft. Hier hätte ich mehr erwartet.
Dieser Hintergrund spiegelt sich auch darin wieder, dass mehr als 70% der Teilnehmer bereits ein Programm oder eine Webseite geschrieben haben. Immerhin 60% haben bereits auf konventionellen Finanzmärkten gehandelt, allerdings wohl eher privat (irgendwo musste das nette Einkommen eines Informatikers oder Ingenieurs ja angelegt werden, bevor der Bitcoin entdeckt war :)).
Die meisten Befragten sind dem Bitcoin relativ treu: Mehr als 50% beschäftigen sich seit 2-4 Jahren mit dem Bitcoin, 9% seit mehr als 4 und 29% seit 1-2 Jahren. Bitcoin ist, könnte man sagen, kein Hype, sondern ein Hobby.
Die Verwendung von Bitcoins
Kommen wir zum spannenden Punkt: wofür werden Bitcoins verwendet? Fast 80 Prozent der Teilnehmer der Studie gaben an, Bitcoins zum Bezahlen zu verwenden. Beinah gleichauf ist das Investieren / Handeln. Auch Experimentieren / Lernen ist mit 70% recht gut vertreten, gefolgt vom Verkauf von Gütern (~45%) und dem Mining. Glücksspiele liegen mit 15% recht abgeschlagen, vielleicht weil Leute, die mit Bitcoins traden oder auf Altcoins spekulieren, ihren Bedarf nach Glücksspiel bereits gedeckt haben.

Dafür benutzen die Teilnehmer der Umfrage Bitcoins
Etwas anders sieht es bei der beruflichen Nutzung aus: Während Bezahlen immerhin fast 25% ausmacht, liegt das Investieren und Handeln bei gerade mal 10%. Bitcoins sind, das zeigt die Studie, wohl noch kaum bei professionellen Tradern angekommen (oder die professionellen Trader werden vom bitcoinblog nicht angesprochen). Lernen/Experimentieren, Dinge verkaufen und Software entwickeln liegen dagegen mit 20-25% weiter vorne, woraus zu schließen ist, dass sich mehr Firmen als man denkt bereits mit Bitcoin beschäftigen.
Eine zweite Statistik konkretisiert die Nutzung, indem sie fragt, wie häufig Bitcoins für welche Zwecke genutzt werden. Hier zeigt sich, dass am häufigsten getraded wird: nur 17,7% traden niemals, während 11,5% täglich, 9,4% wöchentlich und 21,9% monatlich mit Bitcoins auf Börsen oder Marktplätzen handeln. Dies könnte jedoch auch verfälscht sein, da viele Leser dieses Blog über einen Link des Marktplatzes Bitcoin.de ansteuern. Relativ häufig ist auch der Kauf von Software, Cloud Services oder anderen digitalen Gütern, der zwar niemals täglich oder wöchentlich, aber von 15,6% monatlich, von 12,5% alle drei Monate und von 22,9% immerhin etwa einmal im Jahr getätigt wird. Für den Kauf physischer Güter, für Glücksspiele oder die Bezahlung von Angestellten und Freelancern wird der Bitcoins dagegen nur sehr selten und vereinzelt verwendet. Hier besteht wohl noch ein starkes Wachstumspotenzial. Denn Gelegenheiten gibt es genug, wie die Bit-Seiten beweisen. Auf dem allerletzten Platz liegt jedoch das Bezahlen von Gütern oder Dienstleistungen, die “in meiner Jurisdiktion beschränkt” sind. 84,4 Prozent haben das noch nie gemacht. Ich hätte ja schon vermutet, dass Darkweb-Einkäufe nur eine Minderheitsanwendung sind – aber so wenig?
Warum benutzen die Teilnehmer Bitcoins?
Auch diese Frage ist enorm spannend: weshalb nutzen Menschen Bitcoins, und welche Vorteile schreiben sie ihnen im Vergleich zum Euro zu?
An dieser Stelle möchte man meinen, dass das Umfrage- oder Auswertungsformat nicht ganz optimal gewählt war. Die Teilnehmer konnten mehreren Aussage zustimmen, neutral bleiben oder sie ablehnen. Da die meisten der vorgeschlagenen Aussagen für einen Bitcoin-Fan zutreffend sind, erhalten fast alle eine Zustimmungsquote von mehr als 80 Prozent. Dennoch gibt es einige hauchzarte Unterschiede: Die größte Zustimmung erfuhren die Aussagen, man verwende Bitcoin, 1. weil es innovativ ist, 2. weil es dezentral ist, 3. weil es mir die Kontrolle über mein Geld gibt und 4. weil man damit weltweit bezahlen kann. Am wenigsten Zustimmung erfuhr überraschenderweise der Punkt “weil es wenige oder gar keine Gebühren für Transaktionen gibt.”
Ähnlich, aber ein wenig anders war die Frage, welche Vorteile mit Bitcoins verbunden werden. Auch hier hat Frau Abramova nach Zustimmung von Aussagen gefragt. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Punkten sind zwar ebenfalls nicht sehr groß, aber merkwürdierweise doch etwas markanter. Sehr überraschend ist die Zustimmung zu einer Aussage am größten, die für Außenstehende schwer nachvollziehen sen dürfte: Man kann einfach Geld überweisen (80-90%). Bitcoin ist also, wenn man mal drin ist, gar nicht so kompliziert. Auch dem zweiten Platz steht die Sicherheit. Bitcoins erscheinen also, wenn man mal drin ist, als sehr sicher – was jedoch, wie wir gleich sehen werden, einen gewissen Widerspruch zu einem anderen Ergebnis der Umfrage provoziert.
Ideologische Gründe wie dass es keine Inflation gibt oder dass man das konventionelle Finanzsystem verabscheut, liegen dagegen ebenso wie der Vorteil der Anonymität eher unten. Dass die Anonymität aber über 40% noch deutlich über dem Anteil von Nutzern liegt, die mit Bitcoins illegale Dinge kaufen, verdeutlicht, dass die meisten Bitcoiner klug genug sind, um nicht auf Pseudoargumente wie “Ich habe doch nichts zu verbergen” hereinzufallen. Auch gesetzestreue Bürger brauchen Privatsphäre!
Welche Programme und Plattformen nutzen die Teilnehmer?
Auf die Frage, welche Webplattformen die Befragten nutzen, wurden Bitcoin.de und Blockchain.info mit weitem Abstand am häufigsten genannt.
In Sachen Wallet-Benutzung sind die meisten Teilnehmer recht verantworungsbewusst: 71 von ihnen verwenden PC-Wallets und 42 Paper Wallets. Sehr gut. Dagegen benutzen 46 Web Wallets und 45 Smartphones. Dass es mehr Antworten als Teilnehmer gibt, beweist, dass die meisten gerne mit Bitcoin experimentieren. Paperwallets und Hardware-Wallets werden als am sichersten eingeschätzt, Webwallets als am unsichersten, woraus man schließen sollte, dass die meisten in ihren Web Wallets eher kleine Beträge speichern.
Welche Risiken werden genannt?
Ungeachtet der Tatsache, dass sehr viele Studienteilnehmer am Bitcoin seine Sicherheit schätzen, hat ein Viertel aller Teilnehmer bereits Bitcoins verloren. Und das in nicht geringen Mengen: 9% von diesen haben mehr als 100 Bitcoin verloren, 27% 11-100 Bitcoin, und weitere 27% 1-10 Bitcoin. Die am häufigsten genannte Quelle war der Zusammenbruch einer Börse (MtGox lässt grüßen), gefolgt von Verlusten beim Glücksspiel sowie dem Verlust von Passwörtern. Dass so viele Teilnehmer trotz dieser Erfahrungen den Bitcoin als sicher einschätzt und trotz dieser hohen Verluste weiterhin am Ball bleben, dürfte daran liegen, dass sie Sicherheit für eine systemimmanente Eigenschaft des Bitcoins halten und ihre Verluste auf menschliches Versagen oder konsequente Quittung für Risiken zurückführen. Man verurteilt ja auch nicht den Euro, weil eine Bank pleite geht. Diese geistige Differenzierung wiederum könnte den hohen Bildungsgrad der Teilnehmer bestätigen, was schließlich nahelegt, dass in der Studie weitgehend ehrlich geantwortet wurde.
Als das größte Risiko schätzen die Befragten jedoch die Volatilität ein, gefolgt von einem Verbot durch Regierungen sowie dem Verlust durch Unglücksfälle wie Hacks, Malware oder verlorene Passwörer.
danke für die Zusammenfassung, hatte diese Woche noch überlegt, was wohl aus dieser Umfrage wurde.