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memo.cash: Ein Twitter auf der Blockchain von Bitcoin Cash

Für Bitcoin Cash wurde letzte Woche memo.cash veröffentlicht: Ein etwas rudimentärer Klon von Twitter, der die Tweets bzw. memos vollständig auf der Bitcoin-Cash-Blockchain abspeichert. Man kann dies genial oder irrsinnig finden. Die Märkte scheinen es offenbar zu mögen – der Preis von Bitcoin Cash hat sich innerhalb von einer Woche verdoppelt.

Letzte Woche ging memo.cash online, eine Art Twitter auf der Bitcoin-Cash-Blockchain. Man kann hier Kurznachrichten mit maximal 75 Zeichen absenden, anderen Usern folgen und Memos von anderen ein „like“ schenken. Jede Aktion erfordert eine Mikrotransaktion, womit man auch verdienen kann, wenn ein Tweet oft genug geliked wird.

Was auf den ersten Blick wie ein Twitter für Arme wirkt, ist eine durchaus interessante Technologie. Denn die Webseite memo.cash ist lediglich ein Interface, um mit einem Protokoll zu interagieren, das vollständig auf der Blockchain arbeitet. Ein Code am Anfang der Nachricht gibt an, was diese bewirkt. Neben den bisher implementierten Codes – Name setzen, folgen, entfolgen, liken und Nachricht absenden – sind noch weitere Codes geplant, etwa für das Retweeten oder Antworten.

Memo.cash ist damit unzensierbar. Memos, die einmal bestätigt wurden, können nicht mehr gelöscht werden. Gleichzeitig ist memo.cash unabhängig vom konkreten Interface. Zwar dürfte die Memo-Webseite die bevorzugte Anlaufstelle sein, doch an sich kann jeder die Blockchain nach Nachrichten mit dem entsprechenden Kürzel durchsuchen. So gibt es etwa bereits einen Memo-Cash-Explorer auf der Webseite WEWO.cash, der wohl alle memos anzeigt. Zugleich hat WEWO.cash eine API veröffentlicht, durch die jeder seinen eigenen Client für Memo bauen kann. Auch Cryptograffiti.info zeigt bereits memos an, wenn auch ohne sie zu markieren.

Man könnte sagen, der Unterschied zwischen memo.cash und Twitter ist derselbe wie zwischen Bitcoin und PayPal: Es ist ein offenes, dezentrales Protokoll, das jeder mit gleichem Recht benutzen kann – während PayPal und Twitter lediglich APIs für die Benutzeroberfläche für einen zentralen Server bereitstellen. Damit wird die Bitcoin-Cash-Blockchain zu einem Instrument für unzensierbare Kommunikation.

Viele finden, dass dies Wahnsinn und Zweckentfremdung ist. Schließlich ist Bitcoin Cash ein dezentrales digitales Bargeld, und kein dezentrales Twitter. Das Kerndesign der Blockchain ist darauf angelegt, resilient zu sein und eine verbindliche Historie von finanziellen Transaktionen bereitzustellen. Ein solches System ist für Kurznachrichten nicht nur in der Regel unnötig, sondern es verhindert auch, dass es skaliert. Wenn jeder Computer im Netzwerk jedes Memo speichert und propagiert, ist man schnell bei einer extremen Datenlast, wenn Memo auch nur im Ansatz so viel Erfolg hat wie Twitter. Wenn man Bitcoin Cash als Server für dezentrale Nachrichten missbraucht, riskiert man, dem System selbst mehr zu schaden als zu nutzen.

Ein Beitrag auf yours.org rechnet durch, ob dies funktionieren kann. Sein Ergebnis könnte man als „jein“ zusammenfassen: Es ist nicht so tragisch, wie man auf den ersten Blick meinen mag. Man kann die per OP_Return versendeten Nachrichten prunen, also aus der Blockchain seines eigenen Nodes löschen, womit sie der Integrität des Netzwerkes nicht zwingend schaden müssen. Darüberhinaus ist die Datenlast, zumindest am Anfang, noch recht überschaubar. Sollte memo.cash mit demselben Tempo wachsen wie Twitter, wird das Volumen bis 2020 oder 2021 noch relativ unproblematisch sein. Danach jedoch steigt es, dem exponentiellem Wachstum sei’s gedankt, rapide an. Um allein so viele Nachrichten zu prozessieren, wie es Twitter 2013 getan hat, bräuchte man 1GB-Blocks.

Das Potential von memo.cash dürfte sicherlich nicht in einem Ersatz für Twitter liegen, aber eventuell in der Übermittlung und Veröffentlichung zensurresistenter Nachrichten. Dies könnte nützlich sein, wenn Twitter verboten ist, wie etwa im Iran oder in der Türkei, oder wenn Twitter selbst länderspezifisch zensiert. Im Gespräch ist auch, einen memo.cah-Code dafür zu verwenden, um BitTorrent-Download-Links zu verbreiten. Dies würde das (illegale) Filesharing zensurresistent machen, was moralisch und rechtlich natürlich zweifelhaft ist.

Daneben zeigt memo.cash zwei Dinge, die durchaus gute Signale für Bitcoin Cash setzen. Zum einen folgt die Webseite dem Wallet-Standard für Mikropayments, den bereits Yours etabliert hat: Jede Transaktion findet Onchain statt, und man kann seinen Schlüssel exportieren und etwa in Electron Cash importieren. So hat man die Coins, die man auf Yours oder memo.cash verwendet, in der eigenen Wallet, und selbst dann, wenn man das Passwort verloren hat oder die Seite offline ist, kann man die Coins überweisen. Dies könnte ein netter Standard für Mikropayments sowie jede Art von Plattform werden, die mit Onchain-Transaktionen arbeitet.

Zum zweiten zeigt memo.cash einen gewissen Enthusiasmus der Bitcoin Cash Community: Wenige Tage nach der Bekanntgabe von memo.cash entstand wewo.cash und nahm Cryptograffiti die memos auf. Auch Bitcoin.com hat schon erklärt, memo in die Wallet zu integrieren, und ein User hat bereits eine Brower Extension für Chrome programmiert, mit der Memo.Cash gleich viel besser aussieht. Es wurde auch schon vorgeschlagen, per ECIES Nachrichten zu verschlüsseln. Jeder, der eine Aktion auf memo.cash macht, veröffentlicht seinen öffentlichen Schlüssel, wodurch es an sich möglich ist, ihm eine asymetrisch verschlüsselte Nachricht zu senden. Dies könnte den bisher fehlenden „Verwendungszweck“ für Transaktionen einführen.

Offensichtlich ist hier Dynamik drin. Wenn man nun noch die anstehende Hardfork dazunimmt, die die maximale Blocksize auf 32 Megabyte und den Raum im OP_Return-Feld auf 220 Byte erhöht, darf man optimistisch sein. Die Märkte sind es in jedem Fall: Der Preis von Bitcoin Cash ist seit Mitte letzter Woche kräftig am Steigen. Von gut 600 Euro ist er auf mittlerweile knapp 1.200 gestiegen. Keine andere Kryptowährung hat in den letzten sieben Tagen so gut performt.

Über Christoph Bergmann (2814 Artikel)
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9 Kommentare zu memo.cash: Ein Twitter auf der Blockchain von Bitcoin Cash

  1. Ich meine gelesen zu haben, dass es laut Satoshis Vision ausdrücklich nicht erwünscht war Nachrichten / Text auf der Blockchain speichern zu können?

    • Satoshi sagt, absolut alles kann gespeichert werden, sofern die Gebühr dafür bezahlt wird. Es gibt seiner Ansicht nach keinen Spam.

      • Namecoin beruht auf einem Vorschlag von Satoshi, weil er meinte, man solle nicht alles auf eine Chain packen.

      • zuspaet // 24. April 2018 um 7:23 //

        Merkt ihr eigentlich, wie ihr über Satoshi redet, als sei er der neue Jesus,? nur weil ein Typ 2009 irgendwas irgendwo geschrieben hat, ist das noch kein Maßstab oder Argument.

      • littleskunk // 25. April 2018 um 14:30 //

        Wer ist Jesus? 😀

  2. Hat Bitcoin Cash denn einen Plan, wie skaliert wird, wenn der verfügbare Block-Space irgendwann tatsächlich mal voll sein sollte?

    Sollen die BCash Twitter-Spambots jetzt die Blöcke füllen? 😀

    • Die Blocksize weiter erhöhen?

      Der Jackpot wären UTXO-Commitments. Damit wäre die Synchronisierung von der Kapazität unabhängig. Pruning macht Festplattenspeicher unproblematisch, CPU ist sowieso bis zu ein paar tausend tx/sek harmlos. Bleibt als Flaschenhals die Bandbreite. Sobald sich wegen ihr die Latenz für Blockübertragungen erhöht, werden die Miner die Blöcke sowieso klein halten. Dann steigen die Gebühren.

      Ich selbst hoffe, dass die Miner anfangen werden, so was wie memos mit Gebühren zu besteuern, um langfristig kostenlose Transaktionen zu subventionieren.

  3. Typische Anwendungsfall, für den man keine Blockchain braucht. Das würd ebenso nicht skalieren bei massiver Verwendung, obviöslich.

    Schaut euch mal https://www.scuttlebutt.nz/ an! So sieht ein dezentrales soziales Netzwerk aus idealerweise. Man braucht keinen aufwändigen globalen State, außer mal muss Double Spending verhindern.

    • Name required // 24. April 2018 um 13:49 // Antworten

      Völlig richtig. Es ist komplett gegen das System der Blockchain, irgendwelchen Unsinn neben den reinen Transaktionsdaten da ‚rein zu speichern. Jede unnötige Info mehr, die es zu speichern und zu übertragen gilt, fördert letztlich die Zentralisierung, weil man für deren Verarbeitung überall mehr Leistung braucht. Und der normale User, welcher ja eigentlich die tragende Säule des P2P-Systems ist, wird da nicht mithalten können.
      Im Artikel steht, dass einzelne Nodes ja mittels Pruning die Last reduzieren könnten. Ja, aber damit konterkariert man die Dezentralität massiv.

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