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Chinesen besiegen Zensur durch Blockchain

"Silhouette" von Johnathan Nightingale via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Ein Arzneimittel-Skandal empörte die chinesische Öffentlichkeit. Nachdem die Regierung Artikel und Kommentare zensieren ließ, stellte ein User sie auf die Ethereum-Blockchain. Dies ist nicht das erste Mal, dass eine Blockchain genutzt wird, um Informationen der Zensur durch die chinesische Regierung zu entziehen.

Vor einer Woche wurde die chinesische Öffentlichkeit von einem Skandal um gefälschte Impfstoffe erschüttert. Die Firma Changchun Changsheng Biotech verkaufte Impfstoffe für Tollwut, Diphterie, Keuchhusten und Tetanus, zum Teil schon für Babys ab drei Monaten. Der Skandal: die Herstellungsdaten waren gefälscht, Hunderttausende Lieferungen wurden rückwirkend als Mangelware erklärt.

Der Skandal ist nicht der erste (und vermutlich nicht der letzte) seiner Art. Gefälschte Waren gehören in China zum Alltag, und dies erstreckt sich zum Entsetzen chinesischer Eltern oft auch auf Lebensmittel und Arzneien für Kinder. Während die Empörung durch die sozialen Medien schwappte, kündige die Regierung zwar eine Untersuchung an und verhängte eine eher bescheidene Geldstrafe – verhinderte ansonsten aber vor allem, dass die Panik übergriff.

So ließ die Regierung etwa einen besonders beliebten Artikel löschen, der detailreich aufzeigte, wie Changchun Changsheng zu einem der führenden Arneizmittelherstellers China geworden ist, indem die Firma minderwertige Ware undeklariert in den Handel gebracht hat. User, die den Artikel gespeichert hatten, versuchten ihn in Umlauf zu halten, indem sie ihn erneut posteten. Doch auch diese Versionen wurden rasch gelöscht. Weiter ließ die Regierung Kommentare unter anderen Artikeln und mehr löschen. Sie reagierte also, einmal mehr, mit Zensur auf einen Skandal.

Nur hatte die Regierung diesmal nicht mit der Blockchain gerechnet. Ein chinesischer User sendete sich selbst 0,001 Ether und schickte den Text des Original-Artikels als Metadaten mit. Wer die Transaktion anschaut, kann das nachvollziehen, indem er die Input-Data als “UTF-8” anzeigen lässt. Da Ethereum eine dezentrale Blockchain ist, kann die chinesische Regierung diese nicht zensieren. Sie kann jedoch die Webseiten von Blockexplorern oder den Link zur Transaktion blockieren.

Bereits im April hatten Aktivisten die Ethereum-Blockchain benutzt, um einen offenen Brief an die Mitarbeiter der Universität Beijing unzensierbar zu veröffentlichen. Der Brief war von einer Studentin geschrieben worden, die in ihm die sexuelle Belästigung durch Universitätsmitarbeiter anprangerte. Nachdem der offene Brief online zensiert worden war, wurde auch er unzensierbar auf der Ethereum-Blockchain ausgestellt.

Der Vergleich der beiden Nachrichten auf der Blockchain ist auch hinsichtlich der Gebühren interessant. Im April kostete das Hochladen der Daten lediglich 36 Cent an Gebühren, während der Artikel zum Impfstoff-Skandal bereits 3,60 Dollar gekostet hat. Der Anstieg der Gaspreise macht sich eben bemerkbar.

Neben Ethereum bietet sich auch Bitcoin bzw. Bitcoin Cash an, um unzensierbare Nachrichten auf die Blockchain hochzuladen. Insbesondere Bitcoin Cash mit seinem Memo.Cash-Protokoll und den sehr günstigen Gebühren dürfte eine gute Wahl sein, um nicht nur Artikel, sondern auch deren Diskussion dem Zugriff der Zensurbehörden zu entziehen.

So oder so – Kryptowährungen sind drauf und dran, eine Kernstrategie der Öffentlichkeitsarbeit der chinesischen Regierung zu durchkreuzen. Man kann eine dezentrale Datenbank eben nicht zensieren.

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7 Kommentare zu Chinesen besiegen Zensur durch Blockchain

  1. Man kann eine dezentrale Datenbank eben nicht zensieren.

    Diesen Umstand halte ich auch für eine zentrale Gefahr aller Blockchain Projekte, nicht nur in China.

    Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das KiPo Argument aufkommt und jemand tatsächlich sowas in eine Blockchain packt, sei es auch nur, um dieser zu schaden. Auch sonstiges extremes Gedankengut wird dafür herhalten, die Copyright Trolle stehen wahrscheinlich auch schon in den Startlöchern und werden öffentliche Block Explorer z.B. mit Störerhaftung zur Zensur zwingen wollen. Als Node Betreiber dürfte man auch in Bedrängnis kommen, da man diese Inhalte offensichtlich speichert und auch verbreitet.

    Wie kann man als Node Betreiber überhaupt EU-DSGVO-konform sein, wenn man von jemandem aufgefordert wird, seine persönlichen Daten zu löschen und nicht weiterzuverbreiten, die er selbst oder jemand anders in die Blockchain gepackt hat?

    Mit Terrorismusfinanzierung wurde Bitcoin ja schon längst in Verbindung gebracht, auch wenn das bis heute afaik noch nicht einmal nachgewiesen wurde.

    • Lieber Paul, das KiPo-Argument kam bereits vor jahren und erneut nachdem in Aachen jemand die Inhalte der Bitcoin Blockchain untersucht hatte. Sogar Anwälte verlauten, dass damit nach deutschem Recht das Speichern der Blockchain illegal ist insofern man die Teile nicht entfernen kann.
      Aber die Macht des Faktischen führt dazu, dass dies einfach nicht über Einzelfälle hinaus durchsetzbar wird. Daher muss der Staat früher oder später die Realität anerkennen. Mal sehen wie lange das dauert.

      • Das KiPo Argument wurde aber noch nicht breitgetreten, dafür gab es bisher scheinbar noch keinen besonders wichtigen Anlass, ein paar Asse im Ärmel schaden nie. Spätestens mit einfachen Sharingfunktionen, wie sie bei Sia geplant sind, wird die Debatte aufkommen und man wird feststellen, dass dies (etwas umständlicher) auf jeder Blockchain machbar ist.

        Wenn wir davon ausgehen können, dass es ähnlich läuft wie mit der Störerhaftung bei offenen WLANs, dann vergehen noch mindestens einige Jahre in Ungewissheit und mit im Einzelfall gegensätzlichen Urteilen.

    • Wenn man sich dann mal überlegt, was auf einen Node-Betreiber zukommen könnte, der vielleicht vom FA auch noch gewerblich eingestuft wurde ……..???

      • Dann wird man seine Nodes Offshore hosten müssen, ähnlich hat ja Freifunk jahrelang die Störerhaftung umschifft und allen Betreibern Exit Proxies in Tschechien angeboten…

  2. Coinschaer // 29. Juli 2018 um 9:19 // Antworten

    Ein Grund mehr die Anforderungen an einen Mode gering zu halten. Viele kleine Nodes sind schwerer zu Schliessen wie wenige grosse.

    • Die Gefahr sehe ich eben bei den “kleinen” Nodes, die das als Hobby betreiben. Ich hatte vor Jahren auch Mal ein offenes WLAN, bis die erste Abmahnung ins Haus geflattert ist… Das selbe sieht man bei TOR Exit Nodes, die mittlerweile eher durch große Vereine wie den CCC oder eben im Ausland, wo die Rechtslage nicht so verzwickt ist, betrieben werden.

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